Inflation & Deflation - Stammfaden

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 21.10.2016, 16:53

lifesgood
Dabei stellt sich die Frage, ob Unternehmen noch Geld in steigende Produktivität investieren würden, wenn der Vorteil daraus nicht bei ihnen bliebe, sondern auf die Löhne draufgeschlagen werden müßte.

Der finanzielle Vorteil wäre weg, weil in höhere Löhne investiert und durch die Investition würden die Gewinne dann sinken.

Rein betriebwirtschaftlich gesehen also kontraproduktiv. Volkswirtschaftlich betrachtet sieht es anders aus ... ;)

lifesgood

Beitrag 21.10.2016, 17:29

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:Der finanzielle Vorteil wäre weg, weil in höhere Löhne investiert und durch die Investition würden die Gewinne dann sinken.
Wie sowas läuft kennst du bestimmt auch aus deiner eigenen Erfahrung.
Vielleicht mit Müllabfuhr?
Die Müllabfuhr hat ihre Kosten, die zu 90% Fixkosten sind und nur zu 10% aus der Müllmenge beeinflusst werden.
Wenn ALLE versuchen so wenig Müll wie möglich zu produzieren, haben alle einen grösseren Aufwand und bezahlen trotzdem am Ende genauso viel wie vorher.

Warum machen wir das trotzdem?
Weil Müll beim Privatverbraucher nach Müllmenge berechnet wird.
Die Ersten die mit Müll vermeiden anfangen haben zu Anfang eine Ersparnis, weil sie anteilig weniger bezahlen, auch wenn sie wieder genauso viel bezahlen wie vorher, nachdem die Anderen nachgezogen haben.
Die Letzten die nachziehen bezahlen bis dahin am Meisten.

Genau dasselbe passiert auch mit Löhnen und Automatisierung.
Zuerst müssen die Löhne erhöht werden, damit Automatisierung sich lohnt.
Die Ersten die dann automatisieren haben zu Anfang einen Vorteil und zwingen die Anderen nachzuziehen, wobei am Ende die Kostenverhältnisse wieder genauso sind wie vorher, nur mit mehr Nachfrage durch die höheren Löhne, die von mehr Produktion befriedigt wird, wobei die Hersteller bei kleinerem Profit pro Stück durch die höheren Verkaufszahlen auch mehr Profit machen als vorher.

Um aber im Thema zu bleiben:
Inflation gibt es dabei nicht, solange die Lohnerhöhung genauso gross ist wie die Produktivitätssteigerung durch die Automatisierung, weil das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage gleich bleibt.

Das ganze System funktioniert schlicht nur dann, wenn man nicht nur die Normalverbraucher via Lohnerhöhungen am wachsenden Wohlstand beteiligt, sondern diese Lohnerhöhungen im Voraus gegen den Willen der Arbeitgeber durchsetzt.
Man muss sozusagen die Arbeitgeber zu ihrem Glück zwingen.
Dass es zur Zeit in Europa nicht funktioniert, dass Produktion und Wachstum fast stagnieren, liegt schlicht daran, dass die Arbeitnehmer aufgrund der Millionen von Arbeitslosen nicht genug Macht haben um Lohnerhöhungen durchzusetzen.

Beitrag 21.10.2016, 20:03

Mehrgoldfüralle
Thomasio hat geschrieben:
Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Wie wäre es denn, in den nördlichen Ländern, vor allem in Deutschland, Löhne zu bezahlen, die dem Produktivitätszuwachs entsprechen, da wäre einiges nachzuholen.
Das ist die Lösung von Heiner Flassbeck, der seit mehreren Jahren fordert, dass die Löhne in Deutschland mindestens 15 Jahre lang mindestens um 5% über der Produktivität steigen müssen, aber aus irgendeinem Grund wählen die Deutschen beständig gegen Lohnerhöhungen, als ob die deutschen Arbeitnehmer gar nicht mehr Geld haben wollen.
Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Eine weitere Alternative bestünde darin, die Produktivität im Süden zu verbessern durch Investitionen.
Das ist dann wieder was die Amis "Trickle-Down-Politik" nennen, also erst investieren, mehr produzieren und dann erwarten, dass die Verbraucher durch mehr Konsum die Wirtschaft ankurbeln.
Das kann nicht funktionieren, weil alle Hersteller von egal was keinerlei Interesse haben in mehr Produktion zu investieren, weil die alle sehen können, dass schon jetzt mehr produziert wird als die Verbraucher an Nachfrage erzeugen.
Selbst wenn der Staat auf Pump investiert kann das nichts werden, weil egal wie viel mehr produziert wird, die Nachfrage davon nicht steigt, solange nicht auch die Löhne steigen.
Wenn aber die Löhne steigen müssen, dann kann man die Vorab-Investition auch bleiben lassen, denn dann ergibt die höhere Nachfrage aus den höheren Löhnen von alleine, dass die Industrie mehr investiert.
Ich kenne meinen Flassbeck auch. Die Steigerung der Produktivität bedeutet aber nicht, automatisch mehr zu produzieren, sondern günstiger zu produzieren. Wie der Mehrwert dann verteilt wird, steht auf einem anderen Blatt.

Beitrag 21.10.2016, 20:52

lifesgood
Thomasio hat geschrieben: Genau dasselbe passiert auch mit Löhnen und Automatisierung.
Zuerst müssen die Löhne erhöht werden, damit Automatisierung sich lohnt.
Die Ersten die dann automatisieren haben zu Anfang einen Vorteil und zwingen die Anderen nachzuziehen, wobei am Ende die Kostenverhältnisse wieder genauso sind wie vorher, nur mit mehr Nachfrage durch die höheren Löhne, die von mehr Produktion befriedigt wird, wobei die Hersteller bei kleinerem Profit pro Stück durch die höheren Verkaufszahlen auch mehr Profit machen als vorher.
Da waren wohl mal wieder die Finger schneller als der Kopf ... ;)

Auch wenn Du es kaum glauben wirst, aber auch Unternehmen können jeden Euro nur einmal ausgeben.

Wenn die Firmen die Produktivitätssteigerung in Form von Lohnerhöhungen an die Mitarbeiter weitergeben sollen oder sogar 5% mehr, worum es ja in dieser Diskussion geht, haben sie eben keinen Vorteil bei den Kosten, der andere zwingt nachzuziehen.

Im Gegenteil Sie müssen Maschinen kaufen, aber der zusätzliche Ertrag dieser Maschinen in Form von höherer Produtkivität ginge an die Arbeitnehmer des Betriebes. Somit kein Nutzen für die Fa. sondern nur Kosten und auch kein Preisvorteil bei der Produktion.

Ein Unternehmen investiert nur dann, wenn die Investition mittel- bis langfristig einen Vorteil bringt Wir das Unternehmen verpflichtet, diesen Vorteil weiterzugeben, wird damit auch der Anreiz für dies Investition vernichtet.

lifesgood

P.S.: Auch von den Müllkosten hast Du offensichtlich keine Ahnung. Bei uns in der Region sind in den letzten Jahren die Kosten der Müllentsorgung zweimal gesunken. Das liegt aber auch daran, dass die Hersteller der Produkte einen guten Teil der Müllkosten durch ihre Zahlungen an ein Duales System (früher war das nur der Grüne Punkt heute gibt es verschiedene Anbieter) tragen. Dass die Fixkosten bei 90% und nur 10% der Kosten von der Müllmenge abhängen, dürfte in Zeiten, in denen eine hohe Recyclingquote angestrebt wird, was wiederum einen hohen Sortierbedarf beim Restmüll erfordert, wohl weit an der Realität vorbeigehen.

Beitrag 21.10.2016, 21:46

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:Wenn die Firmen die Produktivitätssteigerung in Form von Lohnerhöhungen an die Mitarbeiter weitergeben sollen oder sogar 5% mehr, worum es ja in dieser Diskussion geht, haben sie eben keinen Vorteil bei den Kosten, der andere zwingt nachzuziehen.
Eieieieieiei, Mathematik mangelhaft, bzw. in Mengenlehre nicht aufgepasst.
Mal am praktischen Beispiel, vielleicht ein Produkt wo der Anteil der Löhne an den Produktionskosten bei 50% liegt, was laut Wikipedia die Grenze zwischen normaler und personalintensiver Produktion ist:

1000 Produkte zu 200€ pro Stück verkauft, bei 100€ Herstellungskosten inkl. 50€ Löhne.
Macht für den Unternehmer vor Steuern 1000 x 100 = 100.000€ Profit

Nu 4% Lohnerhöhung bei 2% Preiserhöhung (Inflationsziel) und 4% mehr Umsatz.

1040 Produkte zu 204€ pro Stück verkauft bei 102€ Herstellungskosten inkl. 52€ Löhne.
Macht für den Unternehmer vor Steuern 1040 x 102 = 106.080€ Profit.

Nach Abzug von 2% Inflationsziel haben also die Arbeiter real 2% mehr in der Tasche und der Unternehmer 4% mehr Profit, was nach Steuern auch für den Unternehmer auf so etwa 2% mehr rauslaufen dürfte.
Gleichzeitig nimmt der Staat 2% mehr Steuern ein, was nach Inflation auf Null rausläuft, aber die Staatsschulden werden relativ zum BiP durch die Inflation um 2% kleiner.

Dass Flassbeck 5% über Produktivität verlangt liegt daran, dass die Deutschen gegenüber dem Rest von Europa 16 Jahre Lohndumping aufholen müssen, denn sonst bricht die EU auseinander.

Beitrag 22.10.2016, 07:20

lifesgood
... die Unternehmen, die bei 100 € Kosten ein Produkt für 200 € verkaufen können, mußt Du mir zeigen.

Zu Deiner Rechnung:

Wenn man wesentliche Faktoren einer Rechnung bewußt wegläßt, kann man auch das Ergebnis erreichen, das man gerne hätte.

Die Maschine, die für die Produktivitätssteigerung angeschafft werden muss, kostet Geld. Wo ist dieser Betrag in Deiner Rechnung???

Wenn das Unternehmen 2% mehr verdient werden diese 2% eben nicht reichen um die Anschaffungskosten der Maschine über deren Lebensdauer verteilt zu decken. Dazu kommen noch die Zinsen, wenn der Kaufpreis der Maschine finanziert wird.

Auch der Vorteil für den Staat wird es nicht in der von Dir prognostizierten Form geben, weil das Unternehmen zum Einen die Zinsen der Finanzierung steuermindernd geltend macht und zugleich die Abschreibung für Abnutzung für die Maschine.

Und schwups haben Unternehmen und Staat deutlich weniger und die Arbeitnehmer geringfügig mehr. Beim Staat fällt das weniger etwas geringer aus, weil man ja etwas mehr Lohnsteuer generiert.

Außerdem gehst Du wie selbstverständlich davon aus, dass sich das Produkt bei einer normalen Preissteigerung um die Inflation in höherer Stückzahl als vorher verkaufen läßt, auch das muss nicht zwangsläufig so sein.

Ach ist die Welt einfach, wenn man mit Scheuklappen durch die Welt läuft und Fakten, die nicht zum selbstgestrickten Weltbild passen, einfach ausblendet.

Deine Rechnung ginge einigermaßen hin, wenn Maschinen zur Produktivitätssteigerung kostenlos vom Himmel fielen, aber ich denke selbst Du wirst eingestehen müssen, dass dies nicht der Fall ist.

Willkommen in der Realtität! Weitere Faktoren wie der zunehmende Druck der Einkäufer bzw. Handelsunternehmen auf die Industrie (die wollen bei jedem Jahresgespräch was rausholen und listen Dich gnadenlos aus, wenn Du denen nicht zumindest ein bisschen entgegenkommst) usw. will ich Dir ersparen. Ich will Dir ja Dein Wochenende nicht verderben.

lifesgood

P.S.: Die Fähigkeit rechnen zu können ist ein wichtige Voraussetzung. Aber einen Nutzen bringt sie erst, wenn man auch in der Lage ist zu erkennen, welche Faktoren man in eine Rechnung mit einbeziehen muss ;)

Beitrag 22.10.2016, 13:27

Thomasio
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Ich gebe dir ein Stück Realität.
Es ist tatsächlich gar nicht so einfach einen Hersteller zu finden, der nur 100% Gewinn am Produkt macht.

Die Kosmetik-Industrie arbeitet mit Gewinnspannen um die 1000%, sprich wenn eine Creme oder sowas für 1€ (inkl. Arbeit) hergestellt wird, liegt der Verkaufspreis bei 9,99€.
Ein Preis den du vielleicht auch kennst ist der von Smartphones.
Ob Apple oder Samsung, die Materialkosten liegen bei etwa 150€, der Arbeitsanteil für den Zusammenbau liegt bei 30€, Verkaufspreise der neuesten Modelle liegen aktuell bei etwa 900€, Gewinnspanne 500%.
Ein Preis den ich genau kenne kommt aus den neumodernen E-Zigaretten, da liegen die Herstellungskosten der Liquids bei so etwa 8 Cent pro 10ml, Arbeitsanteil unter 1 Cent, weil das alles voll automatisiert ist, Verkaufspreis übers Internet, ohne weitere Personalkosten, weil selbst die Verpackung automatisiert ist, 5€, Gewinnspanne 6250%.

Gewinnspannen von nur 100% oder noch weniger gibt es nur bei grossen, teuren Produkten wie Autos, weil bei Preisen von 20.000€ auch 50% Gewinn schon über 6.000€ Gewinn pro verkauftem Auto ausmachen.

Selbst Service-Jobs, von Friseur bis Paketboten arbeiten mit deutlich über 100% Gewinnspanne.
Eine Friseuse bekommt in aller Regel Mindestlohn, also 8,50€.
Hast du mal mitgezählt, wie viele Haarschnitte die pro Stunde schaffen, das mit dem Preis für den Haarschnitt multipliziert und ausgerechnet, was der Ladeninhaber dabei verdient?
Selbst nach Abzug der Lohnnebenkosten und der Unterhaltskosten für den Laden bleiben da mehr als 100% der Kosten an Gewinn hängen.

Mein Bäcker hier bei mir in der Strasse hat gerade das Arbeiten aufgegeben und eine Verkäuferin eingestellt, weil im Vergleich zur Gewinnspanne am Brot der Lohn der Verkäuferin so klein ist, dass die Inhaberin gesagt hat, ich bin doch nicht blöd und geh für so wenig Geld arbeiten, ich lehn mich zurück und kassiere jeden Abend die Tageseinnahmen.

Die allermeisten Hersteller von Alltagsprodukten könnten die Löhne ihrer Angestellten ver10fachen und es würde im Endkundenpreis gerade mal 1-2% Unterschied ausmachen.

Ist dir vielleicht mal aufgefallen, dass du in sämtlichen grossen Firmen niemals den Inhaber bei der Arbeit findest?
Warum wohl?
Vielleicht weil der Arbeitslohn für Mitarbeiter die dem Chef die Arbeit abnehmen im Vergleich zum Gewinn so klein ist, dass der Inhaber nicht einsieht für so kleines Geld arbeiten zu gehen?

Erinnerst du dich an das Fan-T-Shirt vom deutschen Fussballteam zur letzten Weltmeisterschaft?
Herstellungskosten in Bangladesh 50 Cent, Verkaufspreis in Deutschland 80€?
Noch Fragen?

Wenns dann noch nicht reicht, ein Blick in die Geschichte:
In den 60ern, 70ern und teilweise auch noch in den 80ern hat das ganz prima funktioniert, in Europa genau wie in den USA.
Die Löhne stiegen dank starker Gewerkschaften und einer Politik die Gewerkschaften unterstützt hat, die Industrie hat in Automatisierung investiert wie blöd, 5-7% Wachstum gab es so ziemlich jedes Jahr, genau wie heute in China, wo heute die Löhne so schnell steigen wie in den 70ern in Deutschland.
Zusätzlich zu Lohnerhöhungen gab es regelmässige Arbeitszeitverkürzungen, wann immer die Industrie durch Automatisierung mal wieder Arbeitskraft eingespart hatte.
Ist in Deutschland in den 70ern die Industrie zusammengebrochen, weil sie die Automatisierung nicht bezahlen konnten, haben die aufgehört zu automatisieren, weil sie bemerkt haben, dass jede Automatisierung zu weiteren Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen geführt hat, oder waren die 70er eine Zeit in der von Arbeitern bis Unternehmern alle eine frohe Zukunft in Wohlstand vorausgesehen haben?

Erst seit die Löhne nicht mehr steigen, weil die Politik den Gewerkschaften die Zusammenarbeit gekündigt hat und die Gewerkschaften ihre Macht verloren haben, geht es flächendeckend bergab.

Beitrag 23.10.2016, 08:18

lifesgood
... das sind so viele Falschaussagen, da weiss man gar nicht wo man anfangen soll und stellt sich die Frage, ob es überhaupt Sinn macht zu antworten.

Du behauptest, dass die Firmen mehr als 100% Gewinn auf das Produkt aufschlagen, das bedeutet im Umkehrschluß, dass die Umsatzrendite (also der Gewinnanteil im Umsatz) über 50% liegen müßte.

Klar, wenn man die reinen Produktionskosten eines Produktes nimmt, dabei alle weiteren Kosten wie Entwicklung, Logistik, Verwaltung usw. usw. vergißt und dem dann den Endkundenpreis incl. MWSt. und verschiedener Händlermargen gegenüberstellt kommt man auf gewaltige Aufschläge.

Fakt ist jedoch, dass z.B. der von Dir als Beispiel angeführte Apple-Konzern weit von 50% Umsatzrendite entfernt ist. Die liegt bei ca. 30% und damit ist Apple schon eines der renditestärksten Unternehmen auf dieser Welt. http://www.apfelnews.de/2014/08/10/appl ... tzrendite/

Schaut man in den deutschen Mittelstand, so liegt die durchschnittliche Umsatzrendite bei 7%. https://de.statista.com/statistik/daten ... -branchen/

Selbst bei den Daxunternehmen geht die Spanne der Umsatzrendite von - 5% bis maximal 19,8 % (SAP) https://de.statista.com/statistik/daten ... ternehmen/

Wenn ich hier Dein Friseurbeispiel lese, stellt sich mir die Frage ob Du tatsächlich so wenig Ahnung von Betriebswirtschaft hast, oder ob Du hier bewußt polemisierst. Ich denke eher zweiteres.

Wenn die Friseurin einen Stundenlohn von 8,50 € erhält (das ist zu wenig, da bin ich vollkommen bei Dir) heißt das nicht, dass sie den Geschäftsinhaber nur 8,50 € die Stunde kostet. Denn dazu kommt noch der Urlaubsanspruch, Kranktage, Schwangerschaft (bei jungen Frauen sehr häufig), Lohnnebenkosten, Berufsgenossenschaft usw. usw.. Ich denke die realen Kosten pro geleisteter Arbeitsstunde bewegen sich dann eher bei 15,-- €. Zudem muss der Inhaber noch den Friseursalon stellen, also Einrichtung, Miete, Nebenkosten usw. usw.

Zudem kannst Du nicht davon ausgehen, dass eine Friseurin den ganzen Tag Kunden hat. Das mag an Freitagen und Samstagen so sein, nicht aber die ganze Woche. Und von dem was Du bezahlst muss der Inhaber erstmal die MWSt. abführen.

Daher haben Friseurketten wie z.B. Klier eine Umsatzrendite von 2 - 3%, bei freien Salons mag sie vielleicht im niedrigen 2-stelligen Bereich liegen, das war es aber dann auch schon.

Zudem würde ich Dir mal empfehlen, nach den 50 oder 100 reichsten Deutschen zu suchen und diese mal duchrzuklicken. Du wirst feststellen, dass ein Großteil von Ihnen im Unternehmen mitarbeitet (natürlich nicht bei der Essensausgabe in der Kantine) und das häufig in einem Alter, in dem ein normaler Arbeitnehmer schon Jahre seinen Ruhestand genießt.

Klar hatten wir in den 70er massive Lohnerhöhungen. Das hatte aber auch zur Folge, dass manche Industriezweige fast keine Produktionsstandorte mehr in Deutschland haben. Es gab in D mal eine optische Industrie und eine Elektroindustrie von Weltrang, eine Textilindustrie, eine Porzellanindustrie usw. usw..

Heute wird da meist nur noch ein Deutsches Label draufgeklebt, bestenfalls noch Komponenten zusammengesteckt, aber 80 - 90% der Wertschöpfung finden nicht mehr in D statt.

Ich sehe die stagnierenden Reallöhne in D sicher nicht als wünschenswert an, hier sollte was passieren. Aber man sollte bei der Argumentation auch bei der Wahrheit/Realität bleiben, wir sind ja keine Politiker ;). Was Du hier von Dir gibst hat nichts, aber auch gar nichts mit der Realität zu tun.

Mit solchen offensichtlichen Falschaussagen, wie Du sie von Dir gibst, kann man vielleicht ein paar Dumme an den Stammtischen einfangen, aber sicher nicht hier im Forum. Denn jeder der über wirtschaftliche Grundkenntnisse und ein wenig Rechenkenntnisse verfügt, erkennt sofort, dass dies meilenweit von der Realität entfernt ist. Offen gestanden empfinde ich das fast als Beleidigung gegen die Forenmitglieder, dass Du glaubst, sie nehmen Dir das ab :D

Ich persönlich gewinne bei Deinen Postings häufig den Eindruck, dass Du meinst, Du hättest es hier mit einem Haufen Idioten zu tun, denen Du die Welt (oder zumindest Deine Sichtweise davon) erklärst.

lifesgood

Beitrag 23.10.2016, 12:28

Thomasio
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Das mit den Iditoten hast du gesagt.
Ich (wie auch viele Andere hier im Forum) gehe davon aus, dass weite Teile vom Mainstream in vielen Dingen völlig daneben liegen.
Ich gehe aber (im Gegensatz zu vielen Anderen hier im Forum) auch davon aus, dass viele hier im Forum ebenfalls daneben liegen.
Für mich liegt die Wahrheit (wie so oft) irgendwo in der Mitte.

Veröffentlichte Umsatzrenditen halte ich für geschönte Zahlen fürs Finanzamt.

Eine Levis Jeans kostet mit ALLEN Nebenkosten, INKLUSIVE der Kosten die der Einzelhandel damit hat brutto 16,19€.
Muss ich die Liste aller Kosten die schon drin sind aufschreiben, oder kannst du es selber auf der Seite lesen?
http://www.santafetex.com/blog/jherstel ... angladesh/
Selbst die Werbung ist schon drin.

VK ist aber 60 - 100€.
http://www.levi.com/DE/de_DE/mens-jeans ... rand=Levis
Nach Abzug ALLER Kosten und Umsatzsteuer bleiben da also pro Hose so etwa 30 - 60€ über.
Und du glaubst die machen nur 5-10% Gewinn?

Un nu nochmal zum eigentlichen Punkt:
Was da unter "Kosten Einzelhandel" steht, beinhaltet den Lohn für die Verkäufer/innen.
Selbst wenn die $3,68 vollständig nur Lohn wäre (also wenn Ladenmiete und Zeug nichts kosten würde) dann würde eine Lohnerhöhung um 10% für die Verkäufer/innen eine Erhöhung im Gesamtpreis von $0,368 auch auch 0,33€ ausmachen.
Sagen wir durch Lohnnebenkosten verdoppelt sich das nochmal, also 0,66€ mehr Lohnkosten.
Dann macht bei 60€ VK eine 10% Lohnerhöhung für die Verkäufer/innen einen Preisunterschied von ca. 1% am Produkt.
Würde man den tatsächlichen Lohnanteil der Verkäufer/innen aus den "Kosten Einzelhandel" rausrechnen, käme man vermutlich eher auf 0,3% auf den Produktpreis oder so.

Selbst eine Ver10fachung der Löhne für die Näherinnen in Bangladesh, also 1000% Lohnerhöhung würde im Endpreis gerade mal 5% Preiserhöhung ausmachen.

Entsprechend könnte man nahezu ALLE Löhne nahezu ALLER Arbeiter um 10% aufstocken und hätte am Produktpreis maximal 3% Unterschied, sprich 7% Reallohnerhöhung für die Arbeiter und wenn man diese 7% zu gleichen Teilen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilen würde, hätten bei 6,5% Lohnerhöhung abzüglich 3% Preiserhöhung (also Inflation) die Arbeitnehmer real 3,5% mehr in der Tasche und die Arbeitgeber 3,5% mehr Gewinn.

Das hat in den 70ern funktioniert, weil die Arbeitnehmer tatsächlich diese 3,5% bekommen haben und das funktioniert heute nicht mehr, weil seit ca. 30 Jahren die Arbeitgeber die 7% vollständig selber einsacken wollen.
Dumm ist halt, dass sich die 3% Inflation dann nicht mehr durchsetzen lassen, weil die Arbeitnehmer, die gleichzeitig die Konsumenten sind, das Geld nicht haben um die höheren Preise zu bezahlen und DAS ist der Grund, warum die Inflation nahe NULL rumkrebst und die Unternehmer alle stöhnen, dass sie nicht genug Gewinn machen.
Zuletzt geändert von Thomasio am 23.10.2016, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 23.10.2016, 13:04

lifesgood
... bisher ging die Diskussion um die Lohnkosten und die Gewinne des produzierenden Gewerbes.

Schau Dir mal Dein Jeans-Beispiel an, was die Fabrik an der Jeans verdient - 0,26 €. Das ist aber weit von 100% Aufschlag entfernt smilie_20

Na klar, die Umsatzrenditen sind geschönte Zahlen fürs Finanzamt smilie_20

Schon mal eine Betriebsprüfung mitgemacht? Kannst ja mal versuchen, Kosten geltend zu machen, die nicht nachweislich entstanden sind und das Geld geflossen ist.

Das Finanzamt hat Regelsätze an Rohaufschlag bzw. daraus resultierend Umsatzrenditen für die verschiedenen Branchen. Wer davon stark abweicht, hat ein Problem.

Das hat so manche XXL-Gaststätte schon in arge Erklärungsnot gebracht, weil der Rohaufschlag und damit auch die Umsatzrendite deutlich unter dem Branchendurchschnitt lag.

Hier mal ein Beispiel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73989799.html

Und nein, auch beim Handel beschränken sich die Kosten nicht aufs Verkäufergehalt. Wenn man ein Textilgeschäft entsprechend einrichten und gestalten möchte sind schnell 6-stellige Summen vernichtet. Und was die Mieten in guten Lagen kosten, kann sich jeder selbst ausmalen. Diese wiederum sind im gewerblichen Bereich meist indexgesichert. soll heissen mit der Inflation steigen auch die Mieten.

Aber wieso mache ich mir überhaupt die Mühe? Du bist so in Deiner Pippi-Langstrumpf-Mentalität ("ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt") gefangen, dass Du Dich von sachlichen Argumenten sicher nicht davon abbringen läßt.

lifesgood

Beitrag 23.10.2016, 13:14

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:... bisher ging die Diskussion um die Lohnkosten und die Gewinne des produzierenden Gewerbes.

.....

Und nein, auch beim Handel beschränken sich die Kosten nicht aufs Verkäufergehalt.
Jetzt sagst du es selber und genau darum gehts.
Würde man die Löhne kräftig erhöhen, macht das im Endpreis nur kleine Unterschiede und ALLE hätten bei moderater Inflation real mehr in der Tasche.

Versucht man aber diese Tatsache hinter anderen Aspekten von Unternehmensführung zu verstecken und zwingt sein Gegenüber in endlose Diskussionen darüber, welche Kosten ein Unternehmer hat, dann kommt man zu den Begründungen die die Unternehmer für kleine Löhne vorschieben und dann kommt man sehr schnell zu NULL Inflation und NULL Wachstum.



Edit: Nachdem du so sehr darauf bestehst, dass die armen Arbeitgeber so hohe Kosten und winzige Gewinnspannen haben, mache ich dir ein Beispiel vom anderen Ende.

Sagen wir ein Produkt wo 50% der Herstellungskosten Löhne sind und der Endpreis dem Unternehmer nach Steuern nur 3% Gwinn bringt?
Also 100 Stück zu 100€ Verkaufspreis bei 97€ Herstellungskosten inkl. Gewerbesteuer, MwSt., Ladenmiete, usw., und 48,50€ Löhnen inkl. aller Lohnnebenkosten, Krankheit, Urlaub, usw., einverstanden?
Da macht der Unternehmer an 10.000€ Umsatz offensichtlich 300€ oder auch 3% Gewinn.

Nu erhöhen wir die Löhne um 10% brutto.
Den Produktpreis erhöhen wir um 5% (Inflation).
Der Staat muss nicht mehr Steuern einnehmen als vorher, er braucht nur die 5% Inflationsausgleich, auch Krankenversicherung, Rente und sonstwas muss nicht steigen, da reicht immer der Inflationsausgleich (der Finanzminister müsste DAS allerdings noch begreifen und solange Schäuble dran ist wird das schwierig), also bleibt den Verbrauchern eine zusätzliche Kaufkraft von 7,5%.
(Wollte man auch noch höhere Sozialabgaben und Rentenbeiträge einrechnen, müsste man ebenfalls einrechnen, dass dann auch die Sozialhilfeempfänger und die Rentner mehr Produkte kaufen können und es kommt wieder aufs Selbe raus.)

Wir kommen also auf 107,5 Produkte zu 105€ Verkaufspreis, bei 101,85€ Herstellungskosten inkl. 53,35€ Löhnen.
Jetzt macht der Unternehmer 107 x 3,15 = 337,05€ Gewinn, was nach Abzug von 7,04€ (19% MwSt. auf die zusätzlichen 37,05€) und 10€ Gewerbesteuern (wir nehmen mal 30% Gewerbesteuern auf den zusätzlichen Umsatz an) für den Unternehmer (gerundet) 320€ Gewinn ergibt.
Bei 5% Inflation bleiben also auch dem Unternehmer 5€ mehr netto Realgewinn übrig.

Oder in kurz: Selbst bei minimalsten Gewinnspannen für Unternehmer bedeutet eine Lohnerhöhung sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber IMMER mehr Geld in der Tasche WENN der Staat dabei nicht gierig wird.
Dass 3% von 10.000 weniger ist als 2,7% von 11287,50 ist halt ein Konzept, was viele Laien erst noch lernen müssen, genau wie die Unternehmer noch lernen müssen, dass sie nicht mehr Zeug verkaufen können als die Verbraucher Geld haben.

Beitrag 23.10.2016, 20:33

Thomasio
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Hier

https://www.youtube.com/watch?v=nii1dff7BvE&t=45m35s

eine kleine Anmerkung vom Ökonomie-Experten zur Frage, ob man im Crash Gold oder Geld oder Konsumgüter im Keller haben sollte.
Er mag den totalen Crash zwar nicht vorhersagen, weil er (noch) an ein Überleben der Märkte glaubt, aber WENN es crasht, dann sollte man seiner Meinung nach insbesondere in Deutschland Bargeld haben, weil in Deutschland Bargeld "unheimlich" aufwerten wird.

Beitrag 24.10.2016, 05:28

lifesgood
Ach Thomasio,

weil wir nun doch meilenweit von meiner Kernaussage entfernst sind, kopiere ich sie hier nochmal.
lifesgood hat geschrieben:Dabei stellt sich die Frage, ob Unternehmen noch Geld in steigende Produktivität investieren würden, wenn der Vorteil daraus nicht bei ihnen bliebe, sondern auf die Löhne draufgeschlagen werden müßte.

Der finanzielle Vorteil wäre weg, weil in höhere Löhne investiert und durch die Investition würden die Gewinne dann sinken.

Rein betriebwirtschaftlich gesehen also kontraproduktiv. Volkswirtschaftlich betrachtet sieht es anders aus ... ;)

lifesgood
Ohne Anreiz wird kein Unternehmen in höhere Produktivität investieren.

Wenn ein Unternehmen eine produktivere Maschine kauft, muss diese Maschine in ihrer Lebenszeit die höheren Kosten amortisieren und zugleich die Zinsbelastung für das Darlehen decken.

Erst wenn der Ertrag der Maschine über diesen beiden Kostenfaktoren liegt, generiert sie einen Vorteil für das Unternehmen.

Du hast in Deinen ellenlangen Beiträgen noch nirgendwo erklärt wie diese Kostenpositionen zusätzlich zu den Lohnerhöhungen wegen der Produktivitätssteigerung gedeckt werden sollen.

Immer dann, wenn Du an einem Punkt nicht mehr weiterweißt, machst Du eine neue Baustelle auf. Dies allerdings so komplett falsch dargestellt, dass man nicht umhin kommt, darauf zu antworten und schon gerät der eigentlich Punkt in Vergessenheit.

Aber das scheint wohl eine Masche zu sein (hatten wir hier schon öfter), die Diskussion immer wieder zu erweitern, um auf den eigentlichen Punkt nicht eingehen zu müssen, wenn die Argumente fehlen ;)

lifesgood

Beitrag 24.10.2016, 12:01

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:Ohne Anreiz wird kein Unternehmen in höhere Produktivität investieren.
Hallo?
Habe ich dir gerade vorgerechnet, dass bei Lohnerhöhungen AUCH der Unternehmer mehr verdient?
Wie viel mehr müsste er denn verdienen, damit du das als Anreiz siehst?
Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass Unternehmen ohne Lohnerhöhungen in einer Deflationsspirale enden, bei der sie am Ende genauso Pleite sind wie ihre Kunden.

Die EINZIGEN beiden Gründe, warum es keine Lohnerhöhungen gibt sind:

1) Jeder einzelne Arbeitgeber, der im Konkurrenzkampf seinen Arbeitern die Löhne ein kleines Bisschen weiter drücken kann als seine Konkurrenz hat einen Wettbewerbsvorteil, darum kann eine gewinnbringende Lohnerhöhung nur vom Staat, oder von Gewerkschaften organisiert werden, die dann für ALLE gilt.
So hat z.B. die Einführung von 8,50€ Mindestlohn entgegen heftigster Widerstände der Industrie NICHT zu mehr, sondern zu weniger Arbeitslosen geführt, schlich weil die Lohnerhöhung zu mehr Kaufkraft, mehr Umsatz, mehr Investitionen geführt hat.
2) Bei völlig offenen Grenzen, globalisiertem Freihandel, usw., führt eine Lohnerhöhung zu Nachteilen gegenüber ausländischer Konkurrenz.
Nachdem es aber unmöglich ist eine Lohnerhöhung weltweit durchzusetzen, ist also Wohlstand im eigenen Land nur dann möglich, wenn man Freihandel abschafft und menschenverachtende Hungerlöhne in Asien und Afrika mit massiven Zöllen belegt.
Solange die Industrie im eigenen Land damit argumentiert, dass sie ja mit Bangladesh konkurrieren müssen, fordert diese Industrie im wahrsten Sinne des Wortes, dass die Deutschen für 1€ am Tag 12 Stunden arbeiten gehen sollen und genau da werden wir hin kommen, wenn wir nicht bald ein paar Politiker finden, die bereit wären Gewerkschaften zu stärken.

Beitrag 24.10.2016, 12:39

lifesgood
Thomasio hat geschrieben:
lifesgood hat geschrieben:Ohne Anreiz wird kein Unternehmen in höhere Produktivität investieren.
Hallo?
Habe ich dir gerade vorgerechnet, dass bei Lohnerhöhungen AUCH der Unternehmer mehr verdient?
Du meinst die Rechnung, wo Du die Kosten der Maschine nicht berücksichtigt hast und mit 100% Profit für das Unternehmen gerechnet hast?

Sorry, das war, freundlich ausgedrückt eine Lachnummer, weil zum Einen die Aufschläge illusorisch waren und zum Anderen die Kosten nicht berücksichtigt. Zudem bist Du davon ausgegangen, dass sich höhere Stückzahlen zu einem höheren Preis absetzen lassen (die Frage ob Du schon mal an einem Jahresgespräch mit einem Handelsunternehmen teilgenommen hast, erübrigt sich vermutlich ;) ) .

lifesgood

Beitrag 24.10.2016, 12:49

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:Du meinst die Rechnung, wo Du die Kosten der Maschine nicht berücksichtigt hast und mit 100% Profit für die das Unternehmen gerechnet hast?
Hallo?
Wo sind denn teurere Maschinen nötig, wenn mit denSELBEN Produktionskosten pro Stück einfach nur mehr hergestellt wird?
Wenn man 100 Stück zu 97€ pro Stück herstellen kann, dann kann man 200 Stück zu 194€ herstellen, ohne dass da höhere Stückkosten entstehen.
Man braucht doppelt so viel Personal und doppelt so viele Maschinen, aber man braucht KEINE höheren Kosten pro Stück.
Erhöht man die Löhne und die Produktion gleichzeitig, muss man einfach nur dafür sorgen, dass die Kaufkraft der Bevölkerung um so viel steigt, dass die Verbraucher so viel mehr kaufen können, dass der Unternehmer an der höheren Stückzahl unterm Strich auch mehr Gewinn macht.

Neue, bessere, teurere Maschinen schafft die Industrie NUR dann an, wenn die Kosten der Maschine kleiner sind als die Löhne der Arbeiter die dieselbe Arbeit machen und das ist für Lohnerhöhung inkl. Gewinnsteigerung und Wachstum NICHT nötig solange es 3 Mio. Arbeitslose gibt.


Edit: Versuchs mal andersrum.
WENN deine Idee stimmt, dass höhere Löhne schlecht für die Unternehmer sind, dann müssten ja niedrigere Löhne gut für Unternehmer sein, oder?
Also stellen wir uns einfach mal vor, wir senken ALLE Löhne auf 0,076€ pro Stunde (das ist der aktuelle Lohn von Näherinnen in Bangladesh).

Und dann machen wir die Rechnung nochmal, Zahlen lasse ich aber mal weg, dass die mikroskopisch sind kannst du dir auch so vorstellen.
Wie viele der hergestellten Produkte kann der Unternehmer noch für 100€ pro Stück an die Konsumenten verkaufen, wenn es 1315 Arbeitsstunden dauert, bis der Arbeitnehmer 100€ verdient hat?
Wird da offensichtlich, dass der Preis der Produkte so weit sinken müsste, dass der Verkaufserlös nicht mal mehr für das Rohmaterial reicht, sprich jede Produktion vollständig eingestellt werden würde, woraufhin nicht nur der Arbeiter sondern auch der Unternehmer Pleite wäre?
Ausnahme natürlich, wenn man ein Ausland hat, wohin man exportiert und wo man trotz so niedriger Löhne 100€ pro Stück bekommen kann.
Dummerweise ist aber Exportüberschuss nach wie vor glatt verschenkt, weil das Defizit-Ausland immer nur mit Abwertung der Währung bezahlt.

Beitrag 24.10.2016, 13:27

lifesgood
Du läßt ja wirklich nichts aus, um Dich zu blamieren ...

Es ging doch um die These, dass Produktivitätssteigerungen an Löhnen weitergegeben werden sollen.
Thomasio hat geschrieben: Wenn man 100 Stück zu 97€ pro Stück herstellen kann, dann kann man 200 Stück zu 194€ herstellen, ohne dass da höhere Stückkosten entstehen.
Man braucht doppelt so viel Personal und doppelt so viele Maschinen, aber man braucht KEINE höheren Kosten pro Stück.
Wenn man mit doppelt so vielen Maschinen und doppelt so viel Personal die doppelte Menge an Gütern erzeugt, hat man die Prodkuktivität nicht gesteigert, sondern nur die Menge.

Die Produktivität steigert man nur, wenn man für dasselbe Produkt weniger menschliche Arbeitskraft braucht als vorher.
Thomasio hat geschrieben:Erhöht man die Löhne und die Produktion gleichzeitig, muss man einfach nur dafür sorgen, dass die Kaufkraft der Bevölkerung um so viel steigt, dass die Verbraucher so viel mehr kaufen können, dass der Unternehmer an der höheren Stückzahl unterm Strich auch mehr Gewinn macht.
Auch das stimmt so nicht. Laufe ich mit mehr Einkommen mit mehreren Smartphones rum, oder hänge ich mir 3 Fernseher ins Wohnzimmer, wenn ich mehr Einkommen habe? NEIN!!! Es wird bestenfalls schneller mal gewechselt oder was Hochwertigeres gekauft.

Nachdem die Großunternehmen meist keine Direktvermarkter sind, erfolgt der Verkauf an den Endkunden meist über Handelsunternehmen. Diese Handelsunternehmen wiederum wollen mit jeder Umsatzsteigerung auch bessere Einkaufskonditionen vom Hersteller (daher oben mein Hinweis mit dem Jahresgespräch). Somit ist es schlicht und ergreifend unmöglich höhere Absatzzahlen zum selben Verkaufspreis zu erreichen. Ausnahmen, gibt es natürlich immer, wenn man ein Produkt hat, das jeder haben will, wie z.B. Apple. Aber das ist eben nicht der Normalfall.
Thomasio hat geschrieben: Neue, bessere, teurere Maschinen schafft die Industrie NUR dann an, wenn die Kosten der Maschine kleiner sind als die Löhne der Arbeiter die dieselbe Arbeit machen ...
Genau das sage ich ja die ganze Zeit und Du widersprichst mir.
Thomasio hat geschrieben: und das ist für Lohnerhöhung inkl. Gewinnsteigerung und Wachstum NICHT nötig solange es 3 Mio. Arbeitslose gibt.
... das wiederum ist ein Trugschluß, weil alleine die Tatsache, dass es 3 Mio Arbeitslose gibt, nicht heißt, dass diese Leute von ihrer Ausbildung her auch in der Lage sind, diese Arbeiten auszuführen, oder dass sie geographisch betrachtet, dort leben, wo diese Arbeit anfällt.

Sieh Dich doch mal beim Handwerk um, die ersticken in Arbeit, suchen händeringend nach Leuten und finden niemanden.

lifesgood
Zuletzt geändert von lifesgood am 24.10.2016, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 24.10.2016, 13:37

Thomasio
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lifesgood hat geschrieben:Es ging doch um die These, dass Produktivitätssteigerungen an Löhnen weitergegeben werden sollen.
Was, wie? Warum?
Zuerstmal geht es darum, dass höhere Löhne zu mehr Wohlstand für alle führen.
lifesgood hat geschrieben:Wenn man mit doppelt so vielen Maschinen und doppelt so viel Personal die doppelte Menge an Gütern erzeugt, hat man die Prodkuktivität nicht gesteigert, sondern nur die Menge.
Richtig.
Man hat den Gewinn verdoppelt und die Anzahl derer die die Produkte kaufen auch verdoppelt.
Dadurch entstehen mehr Service-Jobs die von den neu eingestellten Arbeitern nachgefragt werden, wo die Inhaber der Service-Job wiederum mehr Produkte vom Hersteller kaufen, so dass der Hersteller NOCH mehr verkaufen kann.
lifesgood hat geschrieben:Die Produktivität steigert man nur, wenn man für dasselbe Produkt weniger menschliche Arbeitskraft braucht als vorher.
Was aber gleichzeitig dazu führt, dass die Arbeiter die dann nicht mehr gebraucht werden auch keine Produkte mehr kaufen, wodurch die höhere Produktion sinnlos wird.
Darum ist eine Lohnerhöhung parallel zu Produktivitätssteigerung notwendig, auch wenn die Unternehmer dabei weniger Gewinn machen, denn wenn die Hersteller die Löhne nicht erhöhen können die Konsumenten die Produkte nicht kaufen.

In der Summe dieser beiden Dinge wird ein Schuh draus.
Löhne erhöhen um Kaufkraft zu erhöhen, Produktion erhöhen um Gewinne zu erhöhen, dann hat man aus den erhöhten Gewinnen und den erhöhten Löhnen genug Reserven um den Kaufkraft- und Gewinnverlust der Automatisierung zu kompensieren.


Sowas wird halt immer erst deutlich, wenn man es ins Extrem übertreibt.
Stell dir vor, ALLES wäre 100% voll automatisiert.
Von Rohstoffgewinnung über Transport bis Produktion und Verkauf, menschliche Arbeitskraft nicht mehr nötig.
WOHER nehmen dann die Menschen das Geld das zu kaufen, was die automatisierte Produktion herstellt?
Wie viel würden die Hersteller am Verkauf verdienen?
NULL vielleicht?
Zuletzt geändert von Thomasio am 24.10.2016, 13:51, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 24.10.2016, 13:51

lifesgood
Das Problem liegt ganz woanders.

Ich habe es hier schon etliche male geschrieben.

Wir haben die Technik des 21. Jahrhunderts in Verbindung mit einem Sozialsystem aus dem frühen 20. Jahrhundert.

Die menschliche Arbeitskraft wird zur Herstellung von Gütern immer weniger benötigt, gleichzeitig wird aber nach wie vor nur die menschliche Arbeitskraft herangezogen, die Sozialversicherungssystem zu finanzieren.

Durch diese Lohnnebenkosten bleibt zum Einen dem Arbeitnehmer zu wenig von seiner Arbeit und zugleich wird die Arbeitsstunde, wenn der Unternehmer sie in Rechnung stellt extrem teuer (Arbeitgeberanteile, Urlaubsanteil, MWSt. usw. usw.).

Es ist doch pervers wenn heute z.B. ein Angestellter 4 - 5 Stunden arbeiten muss, damit er das netto verdient hat, was er für eine Handwerkerstunde bezahlen soll.

lifesgood

Beitrag 24.10.2016, 13:57

Thomasio
500 g Barren Mitglied
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lifesgood hat geschrieben:Es ist doch pervers wenn heute z.B. ein Angestellter 4 - 5 Stunden arbeiten muss, damit er das netto verdient hat, was er für eine Handwerkerstunde bezahlen soll.
Aha!
Also wenn wir nur alle Sozialleistungen abschaffen, und die Mindestlöhner ihre 8,50€ steuerfrei behalten können, dann gehts allen gut?

Wie wäre es mit der Erkenntnis, dass hierzulande jeder einzelne Arbeiter mehr produziert als 3 Andere verbrauchen?
Würde man Umverteilung abschaffen, hätte man SOFORT 3/4 der Bevölkerung so verarmt, dass die überhaupt nichts mehr kaufen würden.
Sofort danach würde 3/4 der Produktion eingestellt werden, weil nicht mehr verkaufbar.
Daraufhin würde von dem 1/4 die noch Arbeit haben weitere 3/4 arbeitslos und wir hätten 88% Arbeitslose.

Eine mögliche Lösung wäre, wenn man allen Arbeitern inkl. allen Selbständigen per Gesetz verbieten würde mehr als x Stunden zu arbeiten, wobei x so klein sein müsste, dass alle die heute von der Umverteilung leben so viel Anteil an der Produktion haben, dass sie sich von ihrem Lohn selber unterhalten können.
Irgendwer hat mal ausgerechnet, dass wenn man unnütze Arbeit weglassen würde 10 Wochenstunden pro Nase reichen würden, aber weil ich dafür keine Quelle habe, nehmen wir einfach mal die offiziellen Zahlen.
3 Mio. Arbeitslose plus weitere 12 Mio. die so wenig verdienen, dass sie auf HartzIV aufgestockt bekommen.
15 Mio. von etwas über 40 Mio. Arbeitsplätzen heisst 37,5% Arbeitszeitverkürzung für alle, damit Umverteilung nicht mehr nötig ist, also müssten aus 38,5 Wochenstunden dann 24 Wochenstunden werden.

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