Babylonische Begriffsverwirrung

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 02.02.2011, 07:55

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Ladon
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Hallo allseits,

mir fällt immer wieder auf, dass mit schöner Regelmäßigkeit Dialoge im Forum "aneinander vorbei" geführt werden. Das ist angesichts unserer hauptsächlichen Themen (Gold/Silber/EM, Geld, Finanzwesen ...) im Grunde kein Wunder. Nicht einmal "professionelle" Ökonomen und Volkswirtschaftler verfügen über ein einheitliches Vokabular - und daraus entstehen so manche Missverständnisse und Irrtümer. Gelegentlich diskutiert man sogar, obwohl eigentlich Konsens besteht!

Ich könnte mir vorstellen, dass wir hier ein paar Begriffe abklären und uns bei anderen auf eine "forumsinterne" Festlegung einigen.

Dies könnte - wenn das die User wünschen - also eine Art Miniatur-Lexikon zum internen Foren-Gebrauch werden. Ggf. kann man bei Missverständnissen in Diskussionsforen (debattieren sollten wir HIER dann nicht) dann hierauf verweisen.

Ich fang' mal an ... und dann: Schau' mer mal smilie_07
Zuletzt geändert von Ladon am 20.02.2012, 16:09, insgesamt 1-mal geändert.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 02.02.2011, 08:08

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Ladon
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Ich schlage die sachliche Trennung der beiden Begriffe "Darlehen" und "Kredit" in der Form vor, wie sie u.a. von Bernd Senf verwendet wird:

Darlehen
Ist das Verleihen von vorhandenem Geld (Bargeld und Giralgeld), das seinem Besitzer direkt zur Verfügung steht (im Gegensatz zu längerfristigen Spareinlagen, Festgeldern usw.).
Dieses wirkliche quasi-physische Verleihen kann auch im Rahmen von alternativen Geldsystemen ohne (großen) Schaden mit Zins belegt werden! Das wird ganz oft übersehen.

Kredit
Ist das zur Verfügung stellen von für diesen Zweck "geschöpftem" Geld. Dabei kann man zunächst die kontroverse Frage ob Geschäftsbanken nun tatsächlich zur Geldschöpfung in der Lage sind oder nicht, getrost beiseite lassen, denn fraglos ist jede Geschäftsbank in der Lage über Kreditvergabe ein positives Guthaben zu erschaffen, das nur in der Bilanz, nicht aber auf Konten anderer Bankkunden mit dem entsprechenden Minus-Betrag erscheint.
Vor allem aber bezeichnet "Kredit" dann die basale Geldschöpfung der Zentralbanken - und dass dies gegen Zins ein Problem des Systems ist, steht außer Zweifel.


Ich wiederhole nochmal: Das sollen foreninterne Definitionen sein. Es gibt eine ganze Reihe von Ökonomen, die diese Begriffe in der angebotenen Weise benutzen ... aber auch andere, die das nicht tun. Hier geht es rein und rar um besere Verständlichkeit im Forum, NICHT aber um eine Diskussion der Begrifflichkeiten!
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 18.02.2011, 07:24

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Tubenhannes
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Ist es für einen Pleitegeier nicht egal ob er mit einem Darlehn oder einem Kredit in den miesen ist?

Beitrag 19.02.2011, 21:10

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Silberhörnchen
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Tubenhannes hat geschrieben:Ist es für einen Pleitegeier nicht egal ob er mit einem Darlehn oder einem Kredit in den miesen ist?
Dem Pleitegeier schon, aber für den, der das Darlehen bzw. den Kredit gewährt, macht es schon einen Unterschied ob dafür bereits vorhandenes "echtes" Geld genommen wird, oder per Kredit eine Geldschöpfung stattfindet.
From the notebook of Lazarus Long (Robert Heinlein 1973):
Stupidity cannot be cured with money, or through education, or by legislation. Stupidity is not a sin, the victim can't help being stupid. But stupidity is the only universal capital crime.

Beitrag 19.02.2011, 21:31

Helgabsch
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Also, die Definitionen kann ich nur eingeschränkt nachvollziehen, aber darum soll es ja auch nicht gehen.

Beide Begriffe werden doch im Regelfall synonym verwendet und jeder versteht, was gemeint ist. Das Darlehen
kann man auch als Kreditform bezeichnen.

Ich kann nicht so recht verstehen, warum hier im Forum gerade bei diesen beiden Begriffen eine abgrenzende
Definition beachtet werden soll. Was soll das bringen? Selbst bei Kreditinstituten werden beide Begriffe nicht
sauber getrennt.

Beitrag 19.02.2011, 21:42

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lobsens
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Guten Abend,

die Definitionen von ladon gefallen mir sehr gut und treffen meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf. Wissenschaftlich gesehen ist die Trennung sauber!

Im Alltag allerdings ist der Gebrauch in der Tat kaum noch zu trennen - wie so vieles in unserer Sprache heutzutage durcheinander geworfen wird.

Deshalb: In diesem Falle nicht so streng sein! :wink:

lobsens

Beitrag 19.02.2011, 23:19

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Silberhörnchen
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Helgabsch hat geschrieben:Ich kann nicht so recht verstehen, warum hier im Forum gerade bei diesen beiden Begriffen eine abgrenzende
Definition beachtet werden soll. Was soll das bringen? Selbst bei Kreditinstituten werden beide Begriffe nicht
sauber getrennt.
Ich hatte das ganze so aufgefasst, dass damit ein Anfang gemacht werden soll und nicht dass die Definition von Darlehen vs. Kredit die Fragen aller Fragen zum Universum etc. darstellt.

Etwas was m.M. nach in der Öffendlichkeit und auch hier im Forum dauernd durcheinander gebracht wird sind Dinge wie Inflation, Teuerung, CPI

Irgendwelche Vorschläge auf was man sich begrifflich einigen könnte? Soll ja kein Workshop in BWL/VWL werden, und auch keinen Anspruch auf wissenschaftliche Bedeutungshoheit anstreben, aber der Ansatz, sich zu einigen was man eigentlich meint ist erfahrungsgemäß für eine sinnvolle Diskussion nicht von der Hand zu weisen.

Dumme Sprüche kann man ja trotzdem bei gelegenheit zur Auflockerung loslassen smilie_02 smilie_02
From the notebook of Lazarus Long (Robert Heinlein 1973):
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Beitrag 19.02.2011, 23:35

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Baron58
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Beiträge: 33
Registriert: 20.01.2011, 08:01
Hallo Ladon,

Ich finde Deinen Vorstoß ausgesprochen positiv... smilie_09 - alleine die Tatsache, dass es sogar hier noch immer Leute gibt die es normal finden beide Begriffe synomym zu verwenden und keinen Unterschied sehen wollen zeigt doch die Notwendigkeit.

Das hat ja nun auch gar nichts mit VWL zu tun, es ermöglicht bestenfalls das Leben ein wenig zu verstehen...
Wer damit nun gar nichts zu tun haben will kann sich ja weiterhin damit begnügen, dass man ungefragt geboren wurde und irgendwann das Licht ausgeht....

Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen!
Bürger gegen Demokratur!

Beitrag 20.02.2011, 07:15

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Tubenhannes
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Ja, es ist sehr wichtig beide Begriffe synonom zu verwenden und auch den Unterschied genau zu kennen. Wer z.B. 30 bis 40 k Miese hat -evtl. Konsumschulden/ich bin doch blöd- kann ja beim Ablauf der Zinsbindung/Rückzahlungsfrist einen wissenschaftlichen Dialog mit dem Banker anfangen ob er jetzt sein Darlehn oder seinen Kredit zurückzahlt. Fragt sich nur wie und womit. Wird mit Sicherheit sehr wissenschaftlich und interessant. VWL und BWL Kenntnisse helfen da nicht weiter.......Zahltag ist Zahltag.

Beitrag 20.02.2011, 07:34

Fin
Ladon hat geschrieben:Ich schlage die sachliche Trennung der beiden Begriffe "Darlehen" und "Kredit" in der Form vor, wie sie u.a. von Bernd Senf verwendet wird:
...
Ich wiederhole nochmal: Das sollen foreninterne Definitionen sein. Es gibt eine ganze Reihe von Ökonomen, die diese Begriffe in der angebotenen Weise benutzen ... aber auch andere, die das nicht tun. Hier geht es rein und rar um besere Verständlichkeit im Forum, NICHT aber um eine Diskussion der Begrifflichkeiten![/size]
Das wäre wünschenswert, ist aber nicht umsetzbar.
a) nicht jeder wird sich die Definitionen vor dem Forumsbesuch aneignen oder gar merken.
b) selbst in der ökon. Welt sind Begriffe unterschiedlich besetzt (wie Du richtig sagst), aber wer in x denkt, kann nicht hier auf y wechseln.
c) im Sprachgebrauch sind Begriffe nun einmal (auch falsch) belegt. Soll heißen, der werte Schreiber merkt gar nicht, daß er einen Fehler begeht, selbst wenn er zehnmal Korrektur lesen würde.

Als Beispiel:
Als Teilnehmer des Forums verstehe ich den Begriff "Inflation" als steigende Preise.
Als Anhänger der Ö.S. aber ist Inflation eine Erhöhung der Geldmenge für mich. Steigende Preise sind also nur EIN Symptom der Inflation (=der steig. Geldmenge).

Es ist eben zuweilen etwas schwierig.
Ein Appell an uns alle etwas sauberer zu denken beim Schreiben, ist sicher gerechtfertigt. Aber mehr glaube ich geht einfach nicht.

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