Deutschland - wie funktioniert eine Staatspleite?

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 12.04.2011, 09:49

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Ladon
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:shock:

Irgendwie ja niedlich - aber bei diesen "Selbstschutz-Tipps" platzt mir immer der Kragen.

Ich habe mich ziemlich viel in der Jugendarbeit hier vor Ort engagiert und da gibt es natürlich auch immer mal Informationsveranstaltungen, wo Polizisten dabei sind. Egal. Jedenfalls hat da mal einer der grünen Herrn was gesagt, was ich höchst interessant und merkenswert fand:

Eine Nahkampfwaffe in der Hand eines ungeübten oder körperlich unterlegenen Verteidigers verwandelt sich in 9 von 10 Fällen innerhalb weniger Sekunden in eine Nahkampfwaffe in der Hand des Angreifers.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 12.04.2011, 10:08

nameschonweg
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Ladon hat geschrieben:Eine Nahkampfwaffe in der Hand eines ungeübten oder körperlich unterlegenen Verteidigers verwandelt sich in 9 von 10 Fällen innerhalb weniger Sekunden in eine Nahkampfwaffe in der Hand des Angreifers.
Da hat der gute Mann recht gehabt. Hinzu kommt noch - wenn jemand eine Waffe in die Hand nimmt, muss dieser jemand auch den WILLEN haben, sie einzusetzen. Wenn man sich da auch nur im Ansatz unsicher ist - keinesfalls die Waffe ziehen, sie wird sich gegen einen wenden. Ein unbewaffneter aber entschlossener Angreifer wird jeden zögernden Waffenträger überwinden.

Eine neue Waffe führt in den allermeisten Fällen zu einer weiteren Eskalation der Situation. Auf diese Weise kann eine Situation lebensbedrohlich werden, die mit einer einfachen Herausgabe der Brieftasche und dem Verlust von vielleicht ein paar hundert Euro erledigt gewesen wäre. Und jedes Leben ist mehr Wert als jeder noch so große Betrag in Papiergeld, den man bei sich führen könnte.

Beitrag 12.04.2011, 11:24

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Nacanina
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"Aber im Ernst ... ich finde durchaus beachtlich, dass in einem Forum mit dem Titel "gold.de" so viel sozialer und humanistischer Geist zu finden ist. Eigentlich würde man unter dieser Domain den Hort der Ausbeutung, des Manchester Kapitalismus und aller Systemverteidiger vermuten ... bin stolz auf Euch, und dies meine ich ohne jeden Anflug von Ironie!"

GENAU SO EMPFINDE ICH DAS AUCH!
Absolut erstaunlich. Haette ich nicht gedacht.

Macht weiter so.
smilie_14

Gruesse

Nacanina
PS sehr schoen ausgedrueckt, nameschonweg
Zuletzt geändert von Nacanina am 12.04.2011, 11:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag 12.04.2011, 11:25

Spongebob
Diese Diskussion hatten wir doch schon einmal?!
Da wir hier letzte Woche aktuell einen Amoklauf in Hamburg hatten, bin ich definitiv für ein Scheiss-Waffenverbot in diesem Land auch für Sportschützen. Wieso müssen die ihre Knarren zu Hause haben?
Oder wir machen es, wie im gelobten Land, alle dürfen eine Waffe tragen. smilie_10

Beitrag 12.04.2011, 13:36

sonstwer
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Spongebob hat geschrieben: Oder wir machen es, wie im gelobten Land, alle dürfen eine Waffe tragen. smilie_10
Die Schweiz? ;-)

Beitrag 12.04.2011, 14:20

Goldstaub
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@ Ladon

Danke für die zusätzlichen Anmerkungen zum Sozialstaat. Es ist richtig, dass die Einkommen aus Vermögen in den letzten Jahren stark gestiegen sind und die Einkünfte aus Arbeit nur noch gut 60% des BIP ausmachen. Hingegen sind die direkten Sozialausgaben (HartzIV aber auch Blindenrenten etc.) zusammen genommen nicht einmal 40 Milliarden Euro (Quelle: destatis.de). Die Hetze gegen diese Gruppe, dass diese angeblich für den Ruin des Staates verantwortlich sind, entbehrt also jeder Grundlage.

Noch ein Wort zur Inflation. Es wird ja in letzter Zeit sehr viel von (angeblicher) Inflation geredet. Ich sehe eigentlich keine klassische Inflation, die durch eine Lohn-Preis-Spirale entfacht wird. Die Geldentwertung, die ich sehe beruht doch offensichtlich auf der Flucht aus dem Geld in die Sachwerte. Natürlich treibt das den Preis der Sachwerte nach oben, aber mit klassischer Inflation hat das eigentlich nichts zu tun, nur das Symptom (Geldentwertung) ist dasselbe.

Das unser Wirtschaftswachstum künstlich schön gerechnet wird ist ja auch bekannt. Es sei daran erinnert, dass wir auch jetzt noch nicht einmal den Stand haben, den wir vor der Finanzkrise hatten. Die ganzen Wirtschaftsjubelmeldungen sind reine Propaganda, die schönen Prognosen z.B. für den Einzelhandel werden regelmäßig nicht erfüllt.

Du bist der Meinung, es sei keine Bösartigkeit im Spiel, wenn immer die falschen wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen werden, sondern es sei systemimmanent, da unsere Politiker mit ihrem Denken nicht aus ihrem System ausbrechen können.

Wirtschaftswissenschaften hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem Blick in die Glaskugel zu einer ernstzunehmenden Wissenschaft weiterentwickelt. Viele Probleme kann man heute wissenschaftlich entscheiden, man muss da nicht mehr auf ideologische Grundannahmen zurück greifen. Wenn die Politik diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bewusst ignoriert und statt dessen lieber auf neoliberale Glaubensgrundsätze ("der Markt wird es richten") zurück greift, dann hat das für mich schon etwas bösartiges an sich. Man weiss wie es eigentlich richtig zu machen ist, handelt aber nicht danach, weil es den eigenen Interessen oder den Interessen der eigenen Klientel zuwider läuft (schönes Beispiel wo dieses Handeln ausserhalb der Wirtschaftspolitik in letzter Zeit sichtbar wurde ist die Atompolitik).

Ich erwarte eigentlich von der Politik, dass konkrete wissenschaftliche Erkenntnisse von der Politik zeitnah in politisches Handeln umgesetzt werden. Das ist die Aufgabe unserer "Volksvertreter", dafür werden sie fürstlich entlohnt.

Beitrag 12.04.2011, 15:31

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Ladon
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Hm, das mit den Wirtschaftswissenschaftlern sehe ich etwas anders. Das ist (IMHO) eher so wie in der Medizin:

Die sogenannte "Schulmedizin" hat unbestreitbar ihre Erfolge, sie hat Gebiete (mir fällt spontan Zahnarzt und Chirurgie ein), in denen sie Unglaubliches zu leisten vermag, aber eben auch höchst fragwürdige Bereiche.
Statistiken und Zahlen ersetzen oft den gesunden Menschenverstand.
Alternative Methoden werden regelmäßig als Scharlatanerie abgetan (Und durch dieses "in die Ecke stellen" können sich dort auch Scharlatane entwickeln!) oder von oben herab belächelt. Erfolge gelten als Zufall, Misserfolge (die es in der Schulmedizin ebenfalls zuhauf gibt) seien vorhersehbar, heißt es dann.

Ist es in der Volkswirtschaftslehre oder überhaupt den Wirtschaftswissenschaften nicht ähnlich? Wirkliche "Reformer" sind selten - und oftmals wagen sie sich erst zu Ende ihrer akademischen Karriere aus der Deckung. Mithilfe von Mathematik werden Dinge für Wirklichkeit erklärt (Beispiel: Multiple Geldschöpfung. Kennt jeder Student, ist aber in der Realität so überhaupt nicht existent).
Alternative Ansätze werden herabgesetzt (Unwissenschaftlich!), "Dissidenten" vom Establishment geschnitten.
... und in der "Ecke" gedeihen prächtig auch irgendwelche Scharlatane mit abstrusen Ideen.

Die geltende Lehre sagt: Wirtschaftswachstum > Inflationsrate => alles okay
Also versucht die Politik mit allen Mitteln diese Formel zu erfüllen (um das jetzt mal ganz einfach zu formulieren). Eine Systemänderung wagt einfach keiner.

Die heute zu beobachtenden inflationären Tendenzen sind m.A.n. Folge der ungeheuren Ausweitung der Geldmenge. Und das wird noch durch den beliebig aufblähbaren "Finanzmarkt" momentan abgefedert. Das Thema hatten wir hier:
https://forum.gold.de/was-sind-eigentli ... html#31974
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Beitrag 12.04.2011, 16:59

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thEMa
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Goldstaub hat geschrieben:Du bist der Meinung, es sei keine Bösartigkeit im Spiel, wenn immer die falschen wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen werden, sondern es sei systemimmanent, da unsere Politiker mit ihrem Denken nicht aus ihrem System ausbrechen können.
Es gibt Rahmenbedingungen, die stellen einfach erhöhte Anforderungen an den Charakter. Ich denke das Problem steckt schon zu größten Teil in den Spielregel. Ansonsten würde es ja (in der Politik)genügen ein paar Köpfe auszutauschen, um das Problem zu lösen.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 12.04.2011, 17:52

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Ladon
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thEMa hat geschrieben:Es gibt Rahmenbedingungen, die stellen einfach erhöhte Anforderungen an den Charakter. Ich denke das Problem steckt schon zu größten Teil in den Spielregel. Ansonsten würde es ja (in der Politik)genügen ein paar Köpfe auszutauschen, um das Problem zu lösen.
So sehe ich das auch: Komplexe Systeme erhalten sich selbst und sorgen (ohne jedes "Bewusstsein" oder gar "Verschwörungsgruppierungen") dafür, dass ihre Eliten systemkonform sind. Sprich: Wer wirklich reformieren möchte, macht i.d.R. keine Karriere.
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Beitrag 12.04.2011, 21:40

Goldstaub
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@ Ladon

Ich stimme dir ja weitgehend zu, dass in unserem Wirtschafts und Gesellschafts-System ein ungeheures Beharrungsvermögen integriert ist.

Dennoch gibt es einfache belegbare Tatsachen in den Wirtschaftswissenschaften, so z.B. zu den Ursachen der Eurokrise, siehe z.B.

http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=8242

Die Ursachen, nämlich die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Staaten (verursacht im wesentlichen durch Lohndumping in Deutschland) sind weitgehend bekannt und wirtschaftswissenschaftlich fundiert nachgewiesen. Das Problem ist eindeutig, dass die Politik dies schlicht nicht zur Kenntnis nimmt, da unsere führenden Politiker nicht selbstständig nachdenken, sondern sich von Lobbygruppen (Ackermann und Co) "beraten" lassen, diese aber nicht wissenschaftlich sondern ideologisch an diese Fragen rangehen. Unsere Bundesmerkel hat immer noch nicht verstanden, dass Deutschland mit seiner exportorientierten Politik genauso Schuld ist am Eurodebakel wie Griechenland mit seiner masslosen Schuldenpolitik.

Hier prallen ja nicht unterschiedliche Meinungen oder Sichtweisen aufeinander, sondern es werden schlicht Fakten ignoriert. Das ist es was mich so nachhaltig ärgert. Der Vergleich mit der Schulmedizin ist nicht schlecht, nur das im Fall der Wirtschaftspolitik eindeutig die Scharlatane an der Macht sind, die ihre falschen Entscheidungen auch noch als "alternativlos" hinstellen, während sie die belegbaren und nachgewiesenermaßen funktionierenden Therapien als unrealistisch darstellen.

Der Glaubenssatz, dass die Märkte alles richten, müsste doch spätestens nach dem staatlichen Eingriff zur Bankenrettung - immerhin 480 Milliarden Euro - in den Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden. Dem ist aber nicht so. Selbst nachdem der sprechende Hosenanzug selbst den Beweis angetreten hat, dass es ohne staatliche Eingriffe nicht geht, tut sie jetzt wieder so, als sei alles wie vorher und die Märkte könnten völlig unreguliert weiter machen. Das widerspricht doch jeder Logik und das tut einfach weh...

Beitrag 13.04.2011, 04:25

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Ladon
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Goldstaub hat geschrieben:...
Hier prallen ja nicht unterschiedliche Meinungen oder Sichtweisen aufeinander, sondern es werden schlicht Fakten ignoriert. Das ist es was mich so nachhaltig ärgert. Der Vergleich mit der Schulmedizin ist nicht schlecht, nur das im Fall der Wirtschaftspolitik eindeutig die Scharlatane an der Macht sind, die ihre falschen Entscheidungen auch noch als "alternativlos" hinstellen, während sie die belegbaren und nachgewiesenermaßen funktionierenden Therapien als unrealistisch darstellen
...
Vorausgeschickt: Ich verstehe Dich eigentlich so, dass wir uns völlig einig sind.

Den Auszug oben habe ich zitiert, weil das genau den Zirkelschluss darstellt, der Dich (meiner Ansicht nach) in die Irre führt. Denn das was Du da schreibst ist "unsere" Ansicht! Diejenigen, die "an der Macht" sind (die "Schulmediziner" der Wirtschaft ...), sehen das doch genau anders herum! Für die sind Deine (und meine ... und viel andere) Ansichten "Scharlatanerie".
Wenn Du heute (ich polemisiere und vereinfache natürlich, man nehme mir das nicht übel) zum "etablierten Schulmediziner" gehst und ihm "eindeutige Beweise" hinlegst, dass Dein Magengeschwür nach der Einnahme eines homöopathischen Medikamentes abgeheilt ist, wird er Dir antworten, dass dies reiner Zufall ist, Du verdammt Glück gehabt hast und eigentlich nur die von ihm angebotene (schmerzhafte) Operation die einzig sinnvolle Behandlung gewesen wäre. (Mit einer nachgewiesenen Erfolgsquote von meinetwegen 80% - was in der Medizin oft tatsächlich der Fall ist) Wenn Du Pech hast, nennt er Dich "unverantwortlich", weil Du einer Methode vertraust, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand hält (dabei wird er nicht erwähnen, dass diese Methode natürlich nicht mit den Mittel einer schulmedizinischen Überprüfung getestet werden kann, weil sie ja "anders" ist).
(Mir gefällt dieses Bild auch immer besser. Trifft den Sachverhalt sehr anschaulich.)
Und das ist der Knackpunkt! Wir "Homöopathen des Ge/oldes" möchten den "Schulmedizinern der Wirtschaftspolitik" ins Gesicht schreien, sie schütteln und rufen: "Ja, seht ihr das denn nicht? Die Zahl Eurer Misserfolge ist mindestens genauso hoch wie bei uns! Selbst wenn ihr unsere Methode als "Placebo" diffamiert, bringt sie doch oft Heilung! Es ist doch egal, ob man den Wirkmechanismus nachweisen kann oder nicht. Hauptsache er bringt Linderung. Ihr macht doch auch viel "kaputt" mit Nebenwirkungen, unmenschlicher Maschinenmedizin und einem System, das völlig aus dem Ruder gelaufen ist! Wäre es nicht an der Zeit vorbehaltlos nach einem "dritten Weg" zu suchen?"

... aber "wir" werden nicht gehört. :shock:
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Beitrag 13.04.2011, 07:29

Metaller
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ich lese hier seit geraumer Zeit mit und habe viele Anregungen und Denkansätze "mitgenommen". DANKE.
Auf die Gefahr, im ersten Post gleich eins rüberzukriegen,...
Ich habe nun schon mehrfach "marktkritische" Äußerungen gelesen. Ich persönlich bin von der Funktion und dem Funktionieren des Marktes fest überzeugt.
Beispiel Atomkraft: Würde die Politik die Rahmenbedingungen korrekt setzen und sämtliche Kosten inkl. Entsorgung und Lagerung sowie Risikovorsorge würden Einzug in die Preisbildung finden, hätten wir kein einziges AKW. Wir hätten eine breit aufgestellte dezentrale Stromversorgung.
Beispiel Griechenland: Hätte die Politik die bekannten griechischen Schummeleien mit berücksichtigt, wäre Griechenland heute nicht im Euroverbund und könnte abwerten.
Beispiel deutsche Verschuldung: Wären die Zinskosten bei Kreditaufnahme bereits als Kostenvortrag in die aktuellen Haushalte eingeflossen, dann wäre diese Augenwischerei mit der Staatsverschuldung offensichtlich geworden und "dem Wohle des deutschen Volkes verpflichtete" smilie_10 Politiker wären womöglich zu anderen Entscheidungen gekommen.
Mein Eindruck ist, dass der Markt immer dann nicht funktioniert und zu Verwerfungen führt, wenn (meist politisch gewollte) Eingriffe erfolgen, die das Wirken von Angebot und Nachfrage beeinflussen.
Nun bin ich aber auch nicht so naiv zu glauben, dass es freie Märkte im großen Umfang gibt.
Der Kopf ist rund damit das Denken die Richtung ändern kann

Beitrag 13.04.2011, 08:16

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Ladon
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@ Metaller

Warum solltest Du hier "eins drüber kriegen"? Wir sind doch hier nicht bei ... smilie_16

Das was Du sagst ist nicht ohne Grundlage. Und wenn Interesse an einer Vertiefung der Diskussion besteht, würde ich für "Pro und Contra Neoliberalismus" lieber einen eigenen Thread vorschlagen, weil das an dieser Stelle doch recht weit (und wahrscheinlich recht intensiv) vom eigentlichen Thema weg führt.
Daher hier nur eine kurze Erwiderung:
Es ist ja nicht so, dass die unregulierten Märkte z.B. aus der Zeit der Industrialisierung alles zum Guten gewendet hätten. Was, wenn ein Überangebot an Arbeitskräften durch die Kräfte des Marktes in ihrem Einkommen unter das Existenzminimum gedrückt werden? Soll man das zulassen?
Wie verhindert man das Ausnutzen von marktbeherrschenden Stellungen? Kleine Konkurrenten - die vielleicht innovative Verbesserungen in der Schublade hätten - werden durch schiere Marktmacht an den Rand gedrängt.
Die THEORIE - und Du bringst ganz ausgezeichnete Beispiele! - klingt gut. Die Praxis scheint, wie so vieles, an der Gier und Machtgeilheit der Menschen zu scheitern. Ich bin da sehr vorsichtig.
Und ich glaube, man müsste komplett davon abgehen "olle Kamellen" aus der Mottenkiste der Geschichte auszukramen. In der einen, wie der anderen Richtung! Wir (die Welt) brauchen (braucht) einen Paradigmenwechsel! Keine Rückkehr oder Hinwendung zu Systemen, die vor 100 und mehr Jahren "erdacht" wurden.
So sehe ich das. Und ich denke, da bin ich nahe an dem, was "alternative" Wirtschaftswissenschaftler einen "dritten Weg" nennen.
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Beitrag 13.04.2011, 13:47

Goldstaub
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@ Ladon

Auch ich denke, dass wir inhaltlich dicht beieinander liegen.

Nur in einem Punkt folge ich dir nicht. Du stellst "unsere" Vorstellung von Wirtschaft und die neoliberalen Wirtschaftsmodelle auf eine Stufe, sowie du Schulmedizin und z.B. Homöopathie auf eine Stufe stellst. Dabei gibt es doch eine gravierende Unsymmetrie in beiden Fällen. Die Schulmedizin hat zwar alle von dir aufgelisteten Nachteile, sie ist m.E. zu teuer, hält die Leute krank (nur dann sind sie Kunden), lässt sich von der Pharmaindustrie einlullen, ist extrem arrogant gegenüber alternativen Heilmethoden, hat zu vielen Problembereichen (insbesondere chronische Leiden) keine erfolgsversprechenden Angebote, dafür einen Allmachtsanspruch etc.

Aber - sie ist zumindest vom Ansatz her wissenschaftlich, und das was über saubere nichtmanipulierte Studien (von denen es leider auch nicht sooo viele gibt) nachgewiesen wurde, das hat Gültigkeit sozusagen für die Ewigkeit.

Die Homöopathie kann das schon vom Ansatz her nicht leisten, d.h. nun keineswegs dass sie nicht funktioniert (ich bin aus eigener Erfahrung davon überzeugt, dass sie funktioniert) aber der wissenschaftliche Nachweis (und nicht nur der empirische vielleicht an X-Fällen vollzogene) Nachweis fehlt eben. Und ich empfinde das schon als einen gewissen "Mangel".

Aber Homöopathie und Schuldmedizin wiedersprechen sich zumindest nicht, beides kann ohne Probleme nebeneinander existieren.

Nun zu den Wirtschaftsmodellen. Du sprichst von "Homöopathen des Goldes" und "Schulmedizinern der Wirtschaftspolitik". Ich sehe das genau anders herum. "Wir" sind die "Schulmediziner des Goldes" und die Neoliberalen sind die "Homöopathen der Wirtschaftspolitik". Wenn man Ausführungen von z.B. Flassbeck, Horn oder Bofinger folgt, dann ARGUMENTIEREN diese Leute, bringen Belege für ihre Thesen, Zahlenmaterial, das ihre Thesen stützt etc. Das kann ich logisch nachvollziehen.

Ausführungen der Neoliberalen, wie Sinn etc. kann ich nur GLAUBEN. Diese Leute haben Dogmen an die sie glauben und leiten daraus Schlüsse ab. Da kann ich gar nichts logisch nachvollziehen, im Gegenteil stosse ich da ständig auf Widersprüche in sich. Es handelt sich daher nicht um 2 Gedankengebäude, die auf der gleichen Stufe stehen.

So ähnlich wie für mich die Evolutionstheorie auch nicht mit den kruden Religionstheorien zur Schöpfung einiger Evangelikaler in den USA auf einer Stufe stehen. Das eine ist belegbar und in sich schlüssig, das andere ist ein reines Gedankengebäude mit vielen Schwachstellen.


Und was noch viel schlimmer ist, im Gegensatz zu Homöopathie und Schulmedizin widersprechen sich die Aussagen der beiden Wirtschaftsmodelle, es können also nicht beide gleichzeitig richtig sein. Man muss sich ganz klar für eine Sichtweise entscheiden (hier hinkt dein schönes Modell leider etwas ;-). Von daher empfinde ich meine Ausführungen auch nicht als Zirkelschluss, da ich diese Unsymmetrie als vorhanden ansehe. Es ist wie bei der Evolutionstheorie, die Gegenseite möchte gerne beides auf gleiche Stufe stellen, zwei "Meinungen" halt, dabei ist nur eines Meinung und das andere Fakt.


@Metaller

Du glaubst also daran, dass der Markt falls nur ohne äußere Einflüsse installiert, immer die richtigen Lösungen findet. Deine Beispiele kann ich ja nachvollziehen. Aber was ist denn mit der letzten Weltfinanzkrise? Ursache hierfür waren doch die völlig deregulierten und von jeder Aufsicht befreiten Finanzmärkte. Widerspricht das nicht deiner Theorie vom "Funktionieren der Märkte" aus sich heraus?

Beitrag 13.04.2011, 14:09

Spongebob
http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 78,00.html

Lest euch das mal durch.
Es ist zum Heulen, ehrlich.
Muss man den USA alles nachmachen? Auch die Fehler?

Beitrag 13.04.2011, 14:41

silverlion
Aus Spongebobs Spiegelquelle:

"2012 soll das Staatsdefizit dann auf eineinhalb Prozent sinken, 2013 auf ein Prozent und 2014 auf ein halbes Prozent. Das mittelfristige Ziel des Europäischen Stabilitätspakts würde damit schon 2014 erreicht. Mit einer Neuverschuldungsquote von 0,5 Prozent wäre die Regierung in drei Jahren nahe bei dem seit langem gesteckten Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts."

smilie_20 smilie_11 smilie_12

Beitrag 13.04.2011, 14:45

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Nacanina
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@ Goldstaub,

ich muss dir widersprechen, was Homöopathie und Schulmedizin anbetrifft.
Bei Heilen von chronischen Krankheiten ist der Ansatz ein komplett anderer.
(Diskutieren möchte ich das in diesem Faden aber nicht!)
Akute Krankheiten lassen sich schon eher vergleichen (bewährte Indikation).

Viele Grüße

Nacanina
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Beitrag 13.04.2011, 15:09

Knoxler
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Na und, es ist doch nur eine Zahl. Mit 3 Nullen mehr sähe diese auch nicht viel anders aus. Der Großteil der künftigen Betrachter kann die mangels Bildung sowieso nicht mehr verarbeiten. Das geht ja nun seit 1948 so, warum nicht erstmal wieder bis '48? Seit es Giral - oder Buchgeld gibt, ist es doch egal was da für echtes Geld dahinter steht.
Wenn Du dann heut mal auf die Kasse gehst und willst mal bissel rosa Scheine haben, mußte 1/4 Jahr im Voraus anmelden. Was einem trotzdem nicht die dumme fragende Mine hinterm Schalter erspart.

Gruß Knoxler

Beitrag 13.04.2011, 17:58

dobby
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Registriert: 16.08.2010, 16:58
Gestern Abend, 45 min, auf Bayern 3, jetzt in der Mediathek unter "Münchener Runde":

http://www.br-online.de/bayerisches-fer ... 728991.xml

Fazit:
1. Keiner der Diskussionsrunde glaubt, dass Griechenland die Euros zurück zahlen kann.
2. Bei der griechischen Staatspleite sind für die Deutschen 600 Milliarden im Eimer...
3. Die 600 Milliarden (Euro-Rettung, griechische Anleihen bei den Banken und deutschen Kapitallebensversicherern....)

Dazu finde ich nicht einmal mehr die passenden Smilies....!!!

Beitrag 13.04.2011, 18:39

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Ladon
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Goldstaub hat geschrieben:...zwei "Meinungen" halt, dabei ist nur eines Meinung und das andere Fakt ...
Chapeau! Brillant argumentiert und pointiert abgeschlossen.

Bleibt mir nur "demütig" darauf hinzuweisen, dass "das eine" leider existente Realität ist - ob nun Meinung oder Fakt. Und von daher die "normative Kraft des Faktischen" in Anspruch nehmen kann - und dadurch in der Lage ist "das andere" einfach zur Scharlatanerie zu ERKLÄREN (ungeachtet dessen Argumentation).
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