griechenland dieses wochenende haircut?

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 28.05.2011, 08:20

hsc50
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Was ich nicht verstehen kann:
Im Jahre 1997 hatten die Professoren Wilhelm Hankel,Wilhelm Nölling, Joachim Starbatty und Karl Albrecht Schachtschneider beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Vertrag von Amsterdam zur Einführung des Euro eingereicht.
Die Klage wurde jedoch von den Karlsruher Richter abgewiesen!
Jetzt zeigt sich, daß die Klage durchaus berechtigt war!
Für mich stellt sich die Frage,
wieso die Richter am Bundesverfassungsgericht nicht nach
“anerkannt wissenschaftlichen Erkenntnissen” der Kläger geurteilt haben!

War das Urteil etwa ein “Kniefall" vor der Politik?

Beitrag 28.05.2011, 08:20

Metaller
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Wohnort: im Haus
Die nächsten Probleme sind bereits im Anmarsch.
Der IWF will seinen Finanzierungsanteil nicht übernehmen, wenn es nicht neue Bürgschaften seitens der EU gibt.
http://www.ftd.de/politik/international ... campaign=/
Da bin ich mal gespannt, wie man dies lösen will? Über staatliche Garantien wohl kaum machbar, da sich in einigen Ländern doch langsam der Widerstand gegen weitere "Hilfen" verstärkt.
Bliebe die EZB oder der Start des "dauerhaften Rettungsmechanismus" smilie_20 muss vorgezogen werden.

@ di-em-ex
mit der Geldmenge M3 sehe ich das ähnlich wie Du. Irgendwann (zum Ende dieses FIAT-Zyklus) fragt dieses freie (bis dahin temporär blasenbildende) Geld nach echten Werten und Gütern. Und dann haben wir dieses Geld doch zur Inflationsberechnung heranzuziehen. Bislang "versteckt" es sich weitgehend in diversen Papieren, Zertifikaten etc.
Aber wehe wenn es losgelassen wird. (Weizenpreis, ...)

Derzeit sehe ich sowohl deflationäre als auch inflationäre Tendenzen, die sich jedoch überlagern.
Durch die Geldmengenausweitung bedingt, müsste die Inflation bereits massiv zu spüren sein. Da jedoch das nachfragewirksame Einkommen der breiten Masse innerhalb der letzten Jahre kaum gestiegen ist, drückt das auf die erzielbaren Einzelhandelspreise. Entgegen der Jubelmeldungen der MSM, wonach die Einkaufslaune der Deutschen bestens sei, stelle ich fest, dass die Einzelhandelsumsätze in verschiedenen Bereichen empfindlich eingebrochen sind. Vermutlich zählt der Kraftstoff- und Heizölumsatz ebenso zum Einzelhandel ?!

Ich kann mir gut vorstellen, dass die vielen Treffen der G8 und G20 genutzt werden, um eine neue Weltwirtschafts und -währungsordnung zu erörtern und zu installieren. Vor diesem Hintergrund muss Griechenland bis dahin eben solange funktionieren, koste es was es wolle. Und mit dieser Annahme im Hinterkopf erscheinen viele Entscheidungen erheblich plausibler. Und daß man sich derzeit Zeit erkauft ist hier im Forum wohl unstrittig.
Der Kopf ist rund damit das Denken die Richtung ändern kann

Beitrag 28.05.2011, 08:41

regenbogendieb
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Ladon hat geschrieben:
Weil DU diese Jahreszahl als "Wendepunkt" genannt hast.
Stimmt, aber nicht im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum, sondern als Startpunkt für den Aufbau eines schuldenbasierten Sozialstaats.
Ladon hat geschrieben:
Moment mal! smilie_16
Was soll denn jetzt diese "Beweisumkehr"?
Gar nix, war nur ´ne Frage, ganz ohne Hintergedanken.

Ladon hat geschrieben:
Deutschland ist sowohl größter Abnehmer (zusammen mit Italien), wie auch größter "Zulieferer" für Griechenland.
2009 noch für 6,7 Milliarden nach GR exportiert. Das ergibt immerhin noch Rang 25 der Länder in die wir exportieren. Dagegen nimmt sich Argentinien mit 1,6 Milliarden (ca. jeweils für Ein- und Ausfuhr, im Jahr 2006)
Ja, sag ich doch.

Beitrag 28.05.2011, 08:47

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Ladon
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Suedwester hat geschrieben:...

Uebrigens, wusstet ihr, dass 150 Jahre alte US Dollar Banknoten immer noch gueltig sind? Irgendwas haben die Amis dann ja wohl richtig gemacht, dass ihr Papiergeld sich so lange gehalten hat... Vielleicht kann man sagen, die schleichende Entwertung von Papiergeld ist zwangslaeufig, aber nicht der voellige Crash? Ich bin nicht so sehr der Theoretiker, aber dass unterschiedliche Volkswirtschaften unterschiedlich wirtschaften, mit oft sehr unterschiedlichen Ergebnissen, das ist eindeutig.
Zum ersten (hier nicht zitierten) Teil:
Großteils Zustimmung.
Ich füge aber (wiederum!) hinzu, dass, wenn die Schulden erst mal da sind, unabhängig von der Sinnhaftigkeit ihres Entstehens der Schuldendienst geleistet werden muss und die Nutznießer die Besitzer der zu den Schulden auf der anderen Seite gehörenden "Vermögen" sind. Jede Schuld bedeutet eine Forderung.
Und ich bestehe darauf smilie_10 dass dies berücksichtigt wird!

Zum Dollar:
Das habe ich schon mindestens ein Dutzend mal im letzten halben Jahr geschrieben, wenn mal wieder der Untergang des Abendlandes und das Verschwinden des Euro prophezeit wird: Dollar (und auch Pfund, in gewisser Weise auch Franken (denn auch die leben mit Preissteigerungen - genießen aber mehr "Vertrauen"; mehr ist da auch nicht hinter)) haben als "Begriffe" seit vielen Jahrzehnten überlebt und so manche Umstrukturierung überstanden.
Aber wenn ich sage, dass genau aus diesem Grund durchaus auch der Euro noch sehr lange "existieren" könnte, bekomm' ich hier immer Haue smilie_02

Und zuguterletzt:
Noch einmal möchte ich den "Verdacht" formulieren, dass Griechenland (auch Portugal und Irland) m.E. "Sandboxes" sind, Spielwiesen, die wegen ihrer Kleinheit nicht wirklich gefährlich sind (das behaupten nur amerikanische Ratingagenturen) und mit denen ausoprobiert wird, wie man "das System" unter Kontrolle halten kann. Zynismus pur für die betroffenen Menschen: Hier wie dort.

Komplexe System verhalten sich wie riesige, mit Wasser gefüllte Ballons, die auf einer komplzierten Bahn geahlten werden sollen. Wenn irgendwer einfach hinten rein drückt, um den Ball zu schieben, passiert erst mal gar nichts. Nur eine Beule. Erst ganz langsam kommt das Ding in Bewegung. Und wenn jetzt aber Dutzende von Kräften in verschiedene Richtungen drücken und auf der Bahn überdies so manches Hindernis eingebaut ist, dann ist das enorm schwierig und unkalkulierbar.
Überdies sorgt die Trägheit dafür, dass enge Kurven praktisch nicht zu meistern sind.
Die "einfache Lösung" wäre den Ballon platzen zu lassen - dann sind wir alle nass. Und vor allem: Bislang wurde praktisch immer und überall (Ausnahmen sind bei "statistischen Betrachtungen" obligatorisch) der Ballon dann durch einen neuen, noch größeren ersetzt.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 28.05.2011, 08:50

Suedwester
Ich vermute auch, dass hinter den Kulissen intensivst verhandelt wird. Ob das jetzt nur wegen der PIIGS-Euro-Verschuldungskrise ist, oder weiter als das geht, wissen wir natuerlich nicht.

Jedenfalls geht es bestimmt nicht nur um die Geschaeftsbanken. Selbst die EZB sitzt ja mittlerweile mit so vielen Griechen-Anleihen in ihrem Depot. Wenn sie da 50% abschreiben muesste, waere die Zentralbank vermutlich selbst bankrott. Und wir reden hier nicht einmal ueber ein wirtschaftlich wichtiges, grosses EU Land, sondern ueber einen eher unwichtigen kleinen Staat am Rande Europas. Man kann sich also vorstellen, was passiert, wenn groessere Staaten kippen.

Dann ist natuerlich die Frage, welche Auswirkungen es auf die gemeinsame Waehrung geben wird - Stichwort Innenwert (Inflation) und Aussenwert (Wechselkurs). Und natuerlich die Auswirkungen auf das Zinsniveau.

Beitrag 28.05.2011, 08:53

regenbogendieb
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hsc50 hat geschrieben:Was ich nicht verstehen kann:
Im Jahre 1997 hatten die Professoren Wilhelm Hankel,Wilhelm Nölling, Joachim Starbatty und Karl Albrecht Schachtschneider beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Vertrag von Amsterdam zur Einführung des Euro eingereicht.
Die Klage wurde jedoch von den Karlsruher Richter abgewiesen!
Jetzt zeigt sich, daß die Klage durchaus berechtigt war!
Für mich stellt sich die Frage,
wieso die Richter am Bundesverfassungsgericht nicht nach
“anerkannt wissenschaftlichen Erkenntnissen” der Kläger geurteilt haben!

War das Urteil etwa ein “Kniefall" vor der Politik?

Das Verfassungsgericht ist auch nur eine verlängerte Werkbank der Politik. Die dortigen Richterposten werden nach Parteibuch besetzt und die Richter werden sich hüten die Totengräber des EURO zu werden. Man wird, wie so oft, versuchen einerseits nach Recht und Gesetz zu urteilen, andererseits sein eigenes Gesicht zu wahren um aus dieser Nummer unbeschädigt rauszukommen.

Beitrag 28.05.2011, 09:04

Suedwester
Scheinbar schaffen es einige Staaten, Stabilitaet - wie auch immer - ueber Jahrzehnte zu gewaehrleisten, waehrend andere ins Trudeln geraten.

Wenn Einnahmen und Ausgaben sich annaehernd die Waage halten - dann steigen auch die Schulden nicht.

Wenn die Schulden parallel zur Inflation oder parallel zum Wirtschaftswachstum steigen, sehe ich auch keine groesseren Probleme.

Manche Staaten haben immer wieder Haushaltsueberschuesse. Auch diese Staaten haben nur Papierwaehrungen. Das eine schliesst das andere also nicht aus.

Man sollte aber nicht vergessen, dass andere Nationen andere Wohlstandsbegriffe haben. Fuer manche bemisst sich Wohlstand an der Zahl der Kinder, der Zahl der Rinder, oder an der Groesse des eigenen Feldes, und nicht an monetaeren Groessen.

Beitrag 28.05.2011, 09:10

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Ladon
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regenbogendieb hat geschrieben:...
Ja, sag ich doch.
Nö. Du hast gesagt, dass wir mit eigener Währung von der Griechenlandsache genauso wenig betroffen wären wie von Argentinien:
Andere Währung, relativ geringe Handelsbeziehungen, also nicht unser Problem
Das hast Du ohne "Begründung" in den Raum gestellt.

Daraufhin habe ich (nachprüfbar) gezeigt, dass unser Handelsvolumen mit Griechenland mindestens 4x so groß wie mit Argentinien ist. Mithin also einer Deiner beiden "Nicht unser Problem" Faktoren nicht zutrifft.
Jetzt heißt's aber "sag ich doch". Das ist schon ein wenig redundant, das Gespräch.

Oder willst Du sagen Thyssen hätte die U-Boote nicht an Griechenland verkauft, wenn wir die Mark noch hätten?
Und die HRE hätte keine Griechenlands-Bonds mit Fantasie-Verzinsung gekauft usw.?

Ich fürchte, da erliegst Du einer schönen Illusion. Das ist einfach nicht realistisch - selbst wenn ich zugestehe, dass wir in einem "isolierten" (nicht negativ gemeint, eher im Sinne von "neutral" und "abgeschottet") sich selbst versorgenden Deutschland mit ausgeglichener Handelsbilanz (das wäre ja dann auch wichtig, sonst fließt entweder die schöne DM ab oder wertloses Geld zu) möglicherweise "glücklicher" wären.
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Beitrag 28.05.2011, 09:16

Suedwester
Griechenland haette sich vielleicht die U-Boote (und vieles andere) nicht leisten koennen, wenn es dafuer Drachmen Anleihen zu 10% haette platzieren muessen und mehrere hundert Drachmen fuer einen Euro oder fuer eine Mark haette hinlegen muessen. Mit Euro Anleihen zu Minizinsen war der Kauf sicher ein Schnaeppchen.

Zeigt natuerlich, dass die deutsche Industrie zunaechst Vorteile von einer gemeinsamen Waehrung hatte. Jetzt aber wird die Rechnung praesentiert: die Nachteile (sprich: die Kosten) ueberwiegen massiv.

Beitrag 28.05.2011, 09:31

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Suedwester hat geschrieben:Scheinbar schaffen es einige Staaten, Stabilitaet - wie auch immer - ueber Jahrzehnte zu gewaehrleisten, waehrend andere ins Trudeln geraten.

Wenn Einnahmen und Ausgaben sich annaehernd die Waage halten - dann steigen auch die Schulden nicht.

Wenn die Schulden parallel zur Inflation oder parallel zum Wirtschaftswachstum steigen, sehe ich auch keine groesseren Probleme.

Manche Staaten haben immer wieder Haushaltsueberschuesse. Auch diese Staaten haben nur Papierwaehrungen. Das eine schliesst das andere also nicht aus.

Man sollte aber nicht vergessen, dass andere Nationen andere Wohlstandsbegriffe haben. Fuer manche bemisst sich Wohlstand an der Zahl der Kinder, der Zahl der Rinder, oder an der Groesse des eigenen Feldes, und nicht an monetaeren Groessen.
Richtig!
... fast smilie_16

Der Kern, den Du ganz klar herausstellst, ist die Frage nach der "Bescheidenheit". Exportweltmeister z.B. wäre ein Ziel, das man sich mal abschminken müsste. Es ist richtig, dass eine AUSGEGLICHENE Handelsbilanz erstrebenswert sein müsste.
Aber da spielt die Industrie - unter Hinweis auf die Arbeitsplätze - natürlich hierzulande nicht mit.

Wenn die Schulden und/oder die Inflation parallel zum Wirtschaftswachstum steigen wäre es in Ordnung? Nein! DAS ist nicht richtig.
Das ist ist die Denke der Politik und führt genau in die Falle.
Warum?
Mir hat mal folgende Überlegung auf die Sprünge geholfen: Das Wirtschaftswachstum wird ja immer im Vergleich zum Vorjahr berechnet. Das heißt aber, dass quantitativ ausgedrückt heute 1,5% Wirtschaftswachstum UNGLAUBLICH VIEL MEHR ist als 1955!
Das ist die Zinseszinsrechnung (ohne dass es um Zinsen gehen muss):
Jahr 1: 1,5% von 100 ausgehend = 1,5
Jahr 2: 1,5% von 101,5 ausgehend = 1,5225
Jahr 3: 1,5% von 103,02 ausgehend = 1,5453375
und so weiter. Mach das jetzt mal von 1950 bis zum Jahr 2000! Du wirst staunen.
@ regenbogendieb
Das ist übrigens auch Hintergrund für Deinen Denkfehler bezüglich des Beginns des "schuldenbasierten Sozialstaates".


Und das ist jetzt ein gleichmäßiges, moderates Wirtschaftswachstum bei dem dann Deiner Meinung nach die Schulden im Gleichschritt wachsen dürften?
Denn, das kommt nun noch hinzu: Ein solches Wirtschaftswchstum verlangt nach einer steten Ausweitung der Geldmenge. Sonst droht die "Deflation". Und also - weil Geld durch Schuld entsteht - "muss" die Geldmenge wachsen und auch das geht dann irgendwann (!) durch die Decke. (Wie das dann gehandhabt wird, ist eine ganz andere Frage.)

Und ja, gerade ich glaube, dass man durchaus auf der Basis von Papiergeld die Dinge in kontrollierten Bahnen halten könnte. Es sind die Rand- und Anfangsbedingungen die über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Die lauten aber nicht "Misswirtschaft in Griechenland", sondern "Antreben immerwährenden Wachstums". Und mit dieser Forderung stehen wir Deutsche leider in der ersten Reihe.
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Beitrag 28.05.2011, 10:33

di-em-ex
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Also wenn ich mir das so ansehe hab ich immer mehr das Gefühl, dass tatsächlich an Griechenland getestet wird wie weit man gehen kann, man übt sozusagen. Was soll denn schon groß für Europa passieren wenn es nicht klappt, dann lässt man das Land halt fallen.

PS: Zur Rechnung von Ladon, ich hoffe mal das rechnet jetzt nicht jeder einzeln aus :-) : 1,015^49 = 2,074 und 1,015^50 = 2,1052
=> 0,0312 => 3,12% sind für das Jahr 2000 daraus geworden (für 2011 sogar schon 3,66%).

Beitrag 28.05.2011, 10:38

Suedwester
Nehmen wir an, das BIP liegt bei 100, die Staatsschulden bei 20.

Durch Inflation und / oder reales Wachstum, liegt in einigen Jahren das BIP 100% hoeher, bei 200, die Staatsschulden parallel dazu 100% hoeher bei 40. Was waere daran schlimm? Die Staatsverschuldung waere immer noch 20% des BIP. Das Geld waere real weniger wert, die Schulden koennten aber genauso bedient werden wie zuvor.

Problematisch waere es doch erst, wenn jetzt der Staat beschliesst, wir weiten die Verschuldung auf 100 aus, und dann auf 200, denn "wir kriegen das Geld doch irgendwie durch das kuenftige Wachstum wieder ueber die Steuern rein."

Bei entwickelten Volkswirtschaften aber sinkt tendentiell das Wachstum, da irgendwann auf allen Gebieten eine Art Saettigung erreicht ist, und tendenziell sinkt die Inflation, da effizienter gewirtschaftet wird bzw. es eher Gleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage gibt als in Entwicklungslaendern, wo es gewoehnlich noch massive Fehlallokationen und Mangelwirtschaft gibt. Wenn aber das Wachstum langfristig sinkt (und auch staatliche Interventionen hier nichts mehr ausrichten koennen), ist es toedlich, wenn weiterhin Schulden gemacht werden, denn dann wachsen die Schulden nicht nur nominal, sondern auch real (in % des BIP), und der Anteil des Schuldendiensts am Staatshaushalt wird immer groesser, was dazu fuehrt, dass in anderen Bereichen Geld fehlt und neue Schulden aufgenommen werden muessen, nur um die Zinsen der Altschulden zu bedienen.

Die Schulden der BRD steigen steil an, waehrend sich die Wirtschaft seitwaerts bewegt. Grosses Wirtschaftswachstum ist nicht zu erwarten. Die BRD sitzt in der Falle.

Dagegen war es egal, dass damals die Staatsverschuldung in Griechenland in Drachmen geregnet jedes Jahr stieg - die Inflation war das Ventil, das den realen Wert der Schulden immer wieder schrumpfen liess. So platzte der Ballon nie.

Beitrag 28.05.2011, 11:08

di-em-ex
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... kommt davon wenn man den letzten abschnitt nich liest, bitte löschen.
Zuletzt geändert von di-em-ex am 28.05.2011, 11:13, insgesamt 2-mal geändert.

Beitrag 28.05.2011, 11:10

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Ladon
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@ suedwester

Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, das wir eigentlich das gleiche sagen ... aber ich bin mir nicht ganz sicher smilie_08

Was die Berechnungen angeht, verweise ich einfach mal auf einschlägige Literatur (seriöse Rechnungen findet man u.a. bei Creutz, Senf; aber auch in der "systemkonformen" Volkswirtschaft). Das sauge ich mir ja nicht am Samstagmorgen aus den Fingern.
Fakt ist:
Bei einem gleichmäßigen "Wachstum" von 1,5% bedeutet
1950: 1,5% für eine Basis von 100 = 1,50 Wachstum
daraus wird
2000: 1,5% für die entstandene Basis von 210,52 = 3,1578 (der Unterschied zur Rechnung von di-em-ex mag in linearer unterjähriger Progression begründet sein)

Um also das gleiche PROZENTUALE Wachstum zu haben, muss REAL mehr als das Doppelte gewachsen werden!
Und das bei Preisstabilität! Denn einen "Wertverfall" soll es im Idealfall ja nicht geben.
Dass dies zumindest "problematisch" ist, wird wohl niemand bestreiten. Und dieses Problem ist im Kern vorhanden - alles andere über das wir hier hin und her und mit vielen "Ja, aber"s reden staucht oder streckt ausschließlich die Zeitachse!

Zusatz @ di-em-ex
"Sparen" heißt ja (leider) nur "weniger Schulden machen" ... nicht dass was "wir Naivlinge" unter Sparen verstehen. smilie_24
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Beitrag 28.05.2011, 12:36

Suedwester
Na, die Probleme unseres Wirtschaftssystems sehen wir doch alle jeden Tag, und das - mehr oder weniger - in jedem Land.

Wenn man Schulden hat, ist das Zinseszins-System natuerlich ein ganz gemeines System. Wenn man dagegen schuldenfrei ist (und es soll ja auch Laender geben, die keine oder kaum Staatsschulden haben), mag das anders sein. Da sorgt man sich dann eher um die richtige Anlage seine Geldes.

Wie Wirtschaftswachstum und Inflation berechnet werden, waere vielleicht eine Diskussion wert. Manche Statistiker sehen es ja schon als Fortschritt und damit "Wachstum", wenn der Computer ploetzlich schneller rechnet als im Vorjahr oder das Handy noch ein paar sinnlose Funktionen mehr aufweisen kann. Da geht es dann auch um Qualitaet, und nicht mehr nur Quantitaet.

Gluecklicherweise ist die Anzahl der Nullen nach oben unbegrenzt. (In Zimbabwe wurde an den Boersen mit Quadrillionen gezockt.) Unendliches, exponentielles Wachstum ist also - theoretisch - moeglich! Ob damit reale Werte geschaffen werden, steht auf einem anderen Blatt.

Beitrag 28.05.2011, 13:15

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thEMa
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Ich glaube, man greift hier zu kurz, wenn man nur die Staatsverschuldung betrachtet.
Wenn sich nicht der Staat verschuldet, dann zumindest seine Bürger und seine Wirtschaft. (mal die typische Eigenkapitalquote eines Unternehmens anschauen) Der Zins saugt kontinuierlich (und beschleunigt) einem immmer größer werdenden Anteil an der Wertschöpfung ab. Und das passiert auch dann, wenn der Staat selbst nicht verschuldet ist. Und selbst dann, wenn nicht einmal der Endverbraucher selbst verschuldet ist - die Zinsen sind überall eingepreist und werden abgeschöpft.
Sicherlich mag es hier und dort eine Insel der Glückseeligen mit wenigen Systemverlierern geben, aber wenn man etwas zurücktritt, um den Blickwinkel zu erweitern, stimmt spätestens bei der globalen Betrachtung die Gleichung "Geldmenge = Schuldenmenge" wieder.

Problematisch wird es im Schuldgeld- System immer dann, wenn es nicht mehr genug Schuldner gibt, d.h sich nicht mehr genug Leute in ausreichender Höhe verschulden wollen oder können, um den Zinshunger der ständig steigenden Geldmenge zu stillen (auf der Schuldnerseite ist die Zahl der Nullen nach oben nämlich nicht unbegrenzt) Und lässt sich das Problem nicht auf das Ausland abwälzen, muss eben der Staat selber ran ..... und voilà ! Die Staatsschulden wachsen, aber das Problem bleibt ....
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 28.05.2011, 13:21

di-em-ex
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Suedwester hat geschrieben: Wenn man Schulden hat, ist das Zinseszins-System natuerlich ein ganz gemeines System. Wenn man dagegen schuldenfrei ist (und es soll ja auch Laender geben, die keine oder kaum Staatsschulden haben), mag das anders sein. Da sorgt man sich dann eher um die richtige Anlage seine Geldes.
Das sollte eigentlich jedem von klein auf ins "finanzielle Bewusstsein" eingetrichtert werden, dass Schulden aufnehmen in der wenigsten Fällen eine gute Idee ist und man eigentlich alles Mögliche tun sollte keine einzugehen.

Was mich dabei aber etwas erstaunt ist folgendes:

Zu den Ländern die du in der Klammer erwähnst gehören ganz klar die Skandinavier, ganz vorne natürlich Norwegen, welches anscheinend gar keine Schulden hat. Das vorbildlichste ist wohl dass sie sämtlichen Erlös für den Verkauf ihres Erdöls in einen Fonds stecken der für die nachkommenden Generationen gedacht ist.

Auch Schweden geht es ja relativ gut, okay >40% Schulden ist schon einiges, aber man darf nicht vergessen dass die selbst eine Bankenkrise vor 20 Jahren hatten und da nunmal Spuren bleiben. Dennoch hat sich die Regierung 2010 geäußert dass das höchste Ziel sein soll einen Überschuss zu erreichen.

Es ist also bei beiden Ländern ein großes Bewusstsein und Verantwort vorhanden für Krisenzeiten etwas auf der Kante zu haben.
Ich war schon in beiden Ländern und kenne auch einige Leute dort. Hab da etwas witziges festgestellt: In Schweden sind die Leute eher vorsichtig mit ihren Finanzen und sparen so gut es geht, die Einkommenststeuer ist enorm aber dennoch wird gespart.
In Norwegen hingegen kaufen schon viele mit 20 ihr erstes Haus! Viele haben auch ein Boot oder ein Ferienhaus mit 40. Alles auf Pump!
=> Um auf den Vorredner zurückzukommen, es ist also offenbar auch der Fall, dass wenn man gar keine Schulden hat (Norwegen) die Menschen in dem Land wiederrum viel unbedachter mit Schulden umgehen. Also ist die Anlage sogar unwichtig geworden! Denn dann gibt es den interessanten Effekt dass man unbedacht sparen kann (oder in dem Fall seinen Lebenserwerb vorausziehen), das Geld kann ja gar nicht entwertet werden*, wie denn auch? Das Land hat ja keine Verbindlichkeiten.
Wäre interessant zu sehen wie sich das auf die Politik in 10 Jahren auswirkt ob dann ein umdenken zu erkennen ist und Norwegen plötzlich schulden macht weil die neue Generation es so gewöhnt ist.


* Das Problem mit dem Leitzins sei mal ignoriert.

Anmerkung:
Da Norwegen und Schweden bekannt dafür sind ihre Energie zu 100% aus Wasserkraft zu gewinnen und sogar Deutschland beliefert könnte man behaupten dass Sie eben aufgrund dieser natürlichen Ressourcen einen Vorteil haben. Ich finde allerdings das kommt auch auf den Willen der Regierung und des Landes an, die Windpark Idee in der Ostsee oder Desertec in Spanien sind auch sehr realistische Unterfangen die aber wiedermal aufgrund von anderer Ziele leiden müssen (Wenn man schon Exporteur Nr. 1 ist sollte man sich zufrieden geben und sich ein neues Ziel setzen! Sonst ruht man sich ja nur darauf aus...)
Zuletzt geändert von di-em-ex am 28.05.2011, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 28.05.2011, 13:27

hall500
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thEMa hat geschrieben:Ich glaube, man greift hier zu kurz, wenn man nur die Staatsverschuldung betrachtet.
Stimmt, im Vergleich mit dem Vermögen verliert es an Dramatik:

http://draketo.de/proj/schuldenuhr-vermoegensuhr/

Beitrag 28.05.2011, 15:01

regenbogendieb
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Ladon hat geschrieben: Daraufhin habe ich (nachprüfbar) gezeigt, dass unser Handelsvolumen mit Griechenland mindestens 4x so groß wie mit Argentinien ist. Mithin also einer Deiner beiden "Nicht unser Problem" Faktoren nicht zutrifft.
Jetzt heißt's aber "sag ich doch".
Richtig, denn 4 x von sehr wenig ergibt immer noch wenig. Es ist also kein Widerspruch.
Ladon hat geschrieben: Ich fürchte, da erliegst Du einer schönen Illusion. Das ist einfach nicht realistisch - selbst wenn ich zugestehe, dass wir in einem "isolierten" (nicht negativ gemeint, eher im Sinne von "neutral" und "abgeschottet") sich selbst versorgenden Deutschland mit ausgeglichener Handelsbilanz (das wäre ja dann auch wichtig, sonst fließt entweder die schöne DM ab oder wertloses Geld zu) möglicherweise "glücklicher" wären.
Ich habe nirgends etwas von alldem geschrieben.
Ladon hat geschrieben: @ regenbogendieb
Das ist übrigens auch Hintergrund für Deinen Denkfehler bezüglich des Beginns des "schuldenbasierten Sozialstaates".
Nö, hat damit nix zu tun. Ich habe lediglich aufgezeigt, daß Karl Schiller 1972 zurückgetreten ist, weil er den Brandt´schen Schulden-Haushalt ablehnte. Die bis dahin angesammelten Staatsschulden hätte man noch locker weginflationieren können.

Beitrag 28.05.2011, 15:20

Suedwester
hall500 hat geschrieben:
thEMa hat geschrieben:Ich glaube, man greift hier zu kurz, wenn man nur die Staatsverschuldung betrachtet.
Stimmt, im Vergleich mit dem Vermögen verliert es an Dramatik:

http://draketo.de/proj/schuldenuhr-vermoegensuhr/
Allerdings: Die Staatsschulden nehmen prozentual staerker zu als das Netto-Privatvermoegen. Der Trend ist also negativ.

(Und die Staatsverschuldung laut www.staatsverschuldung.de ist z.B. um 200 Milliarden hoeher als auf Deiner Seite... und Deine Seite geht von 100 Mio Buergern aus. Aber was sind schon 200 000 000 000 Euro unter Freunden? - Sind da eigentlich schon die ganzen Rentenversprechen, Buergschaften ("wir garantieren fuer alle Spargelder") usw. mitgerechnet?)
Zuletzt geändert von Suedwester am 28.05.2011, 15:35, insgesamt 3-mal geändert.

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