griechenland dieses wochenende haircut?

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 28.05.2011, 15:26

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thEMa
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Sagt ja auch keiner, dass wir uns auf dem besten und direkten Wege in eine glänzende Zukunft befinden.
Vielleicht läßt sich daraus aber auch nur ableiten, dass sich ausser dem Staat schon keiner mehr ausreichend verschulden will/kann.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 28.05.2011, 16:01

Suedwester
Man kann es auch anders ausdruecken. Durch den Anstieg staatlicher Ausgaben werden private Investitionen verdraengt. Was in einer Marktwirtschaft durch Privathand effizienter gemacht werden koennte, macht jetzt der Staat. Der Staat mischt sich in zu vielen Bereichen der Wirtschaft ein. Warum z.B. Unsummen fuer eine Bankenrettung ausgeben? Ist eine Bank nicht mehr wettbewerbsfaehig, verschwindet sie vom Markt, Konkurrenten treten an ihre Stelle. Ist Solarkraft (jetzt mal nur als Beispiel) nicht rentabel, setzt die Wirtschaft eben auf, sagen wir, Windkraft. Warum sollte da der Staat die Solarkraft foerdern, die nie auf eigenen Beinen stehen koennte. Dadurch werden Gelder - durch den Staat, der auch noch dafuer Kredite aufnimmt - in Bereiche gelenkt, die keinen Mehrwert schaffen, und die vielleicht dauerhaft von Subventionen abhaengig sind...

Der Staat sollte fuer Gesetze und Rahmenbedingungen und eine gewisse Infrastruktur (z.B. Strassen/Bahn, Strom, Wasser, Polizei/Armee) verantwortlich sein. Dafuer zahlen wir Steuern. Alles andere koennen private Firmen besser.

Ich bin gespannt, was passiert, wenn die BRD irgendwann kein Hartz4 mehr zahlen koennte, oder wenn sie z.B. Beamtengehaelter kuerzen muesste (so wie jetzt in Suedeuropa). Ein Grossteil der Staatsausgaben wird doch nur gezahlt, um Gruppen ruhigzustellen. Wenn kein Geld mehr dafuer da ist, dann...!!

Beitrag 28.05.2011, 16:01

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k1
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Suedwester hat geschrieben:Griechenland haette sich vielleicht die U-Boote (und vieles andere) nicht leisten koennen, wenn es dafuer Drachmen Anleihen zu 10% haette platzieren muessen und mehrere hundert Drachmen fuer einen Euro oder fuer eine Mark haette hinlegen muessen. Mit Euro Anleihen zu Minizinsen war der Kauf sicher ein Schnaeppchen...........
weiss jemand hier im forum, ob wenigstens eines (!) der bestellten vier uboote (typ 214, modernstes nichtnukleares boot, stückpreis 700 millionen €) bezahlt wurde?
oder war bereits bei vertragsabschluss unter fischer/schröder angedacht worden, hierfür letztendlich den deutschen steuerzahler haften zu lassen?
Just landed at John Galt´s gulch,

gern gehandelt mit silberbaron

Beitrag 28.05.2011, 16:23

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Landgraafer
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@K1

Dies wird niemals in Erfahrung gebracht werden kónnen. Jedenfalls nicht real, da die Rústung im Prinzip Sache der Regierung ist und auch somit VS-geheim!

Es ist halt Lobby-Politik.


@Suedwester

Hier gebe ich dir vollkommen Recht.
Die Regierung, welche sich nur auf ihre rudimentáren Angelegenheiten bezieht gibt es nicht mehr.
Alles ist mehr oder weniger Lobby-Politik und die Lobby bestimmt wer und was regiert.
Die Macht vom Volke aus - gibt es nicht....
Wer die wirkliche Macht hat ist doch allen klar - es sind doch nicht die auswechselbaren Marionetten unserer Regierungsvertreter - sondern máchtige Bosse der Wirtschaft und deren Lobbisten sitzen in Berlin in Brússel und sonstwo auf der Welt....

Leider bestimmen diese Máchte auch den Geldfluss und darum wird fúr deren TUN immer Geld da sein...
Was letztendlich getan wird oder werden muss um die Masse bei Laune zu halten - das Volk - bleibt abzuwarten...
Erfolgreich gehandlt: Positiv 4 - Negativ 0

Beitrag 28.05.2011, 16:40

di-em-ex
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Suedwester hat geschrieben:
hall500 hat geschrieben:
thEMa hat geschrieben:Ich glaube, man greift hier zu kurz, wenn man nur die Staatsverschuldung betrachtet.
Stimmt, im Vergleich mit dem Vermögen verliert es an Dramatik:

http://draketo.de/proj/schuldenuhr-vermoegensuhr/
Allerdings: Die Staatsschulden nehmen prozentual staerker zu als das Netto-Privatvermoegen. Der Trend ist also negativ.

(Und die Staatsverschuldung laut www.staatsverschuldung.de ist z.B. um 200 Milliarden hoeher als auf Deiner Seite... und Deine Seite geht von 100 Mio Buergern aus. Aber was sind schon 200 000 000 000 Euro unter Freunden? - Sind da eigentlich schon die ganzen Rentenversprechen, Buergschaften ("wir garantieren fuer alle Spargelder") usw. mitgerechnet?)
Also die Seite finde ich jetzt nicht so erschreckend. Wenn ich richtig gerechnet habe würde der Punkt an dem die Schulden größer als das Vermögen werden würde nach ziemlich genau 87,4 Jahren erreicht sein mit 4,3145% Schuldenzuwachs und 2,59% Vermögenszuwachs pro Jahr.
Habe dafür nur die Daten der Seite genommen und wie Suedwester schon erwähnte kommt da eigentlich noch einiges mehr dazu. Mit den Zahlen von staatsverschuldung.de wären es übrigens nur noch 44 Jahre bis wir komplett pleite wären.
Und in der Wachstumsrate stecken die Werte auch noch nicht drin die die Kreditvergabepolitik unseres Oberhauptes zur Rettung unserer Nachbarstaaten bewirkt.

Beitrag 28.05.2011, 17:01

dobby
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Suedwester hat geschrieben:Ich bin gespannt, was passiert, wenn die BRD irgendwann kein Hartz4 mehr zahlen koennte, oder wenn sie z.B. Beamtengehaelter kuerzen muesste (so wie jetzt in Suedeuropa). Ein Grossteil der Staatsausgaben wird doch nur gezahlt, um Gruppen ruhigzustellen. Wenn kein Geld mehr dafuer da ist, dann...!!
ICH WILL DAS GAR NICHT WISSEN - GESCHWEIGE DENN ERLEBEN!!!! :cry: smilie_04

Es genügt mir die Vorstellung, was es für kommunale Sozial- und damit Gesamt-Haushalte bedeuten wird, wenn die Energie-/Heizkosten dieses Jahr stark steigen....

Beitrag 28.05.2011, 17:33

Suedwester
Nehmen wir an, um bei der Schuldenuhr zu bleiben, das Netto-Vermoegen schliesst auch Grundbesitz mit ein (ich vermute, es ist da mit drin). Wenn die Staatsverschuldung immer weiter steigt, werden die Steuern angehoben, das Zinsniveau koennte steigen, es ist weniger Geld verfuegbar bzw. teurer, die Nachfrage nach Wohneigentum sinkt. Die Grundstueckpreise koennten also deutlich sinken, und damit das Netto-Vermoegen der Buerger...

Beitrag 28.05.2011, 18:00

MapleHF
... meines Wissens sind bei den Vermögen nur Bankguthaben, Aktienvermögen, Lebensversicherungen usw., aber kein Immobilienvermögen berücksichtigt.

Zudem sind die Immobilienpreise (Städte wie München mal ausgenommen) ohnehin schon am Sinken. Je nachdem was fiskalisch auf uns zukommt, kann das durchaus noch deutlich schlimmer werden.

Auch die Erbschaftsbesteuerung tut hier ihren Teil dazu, denn häufig liegt der Wert der für die Erbschaftssteuer angesetzt wird (12,5 fache Jahresmiete abzügl. Altersabschlag) über dem real erzielbaren Verkehrswert.

Man muss es sich, wenn es nicht aus der direkten Linie (Eltern) kommt, auch leisten können, eine Immobilie zu erben oder per Schenkung übertragen zu bekommen.

Eine Großtante hatte mir 2006 zwei Häuser geschenkt. Das Geld, das ich an Schenkungssteuer bezahlt hatte, habe ich bis heute nicht raus, weil eben doch auch verschiedene Investitionen (Dachbodendämmung usw.) gemacht werden mußten.

Sie wollte mir vor kurzem noch eine leerstehende Immo schenken, ich habe ihr empfohlen sie zu verkaufen, weil ich wohl dasselbe machen würde.

MapleHF

Beitrag 29.05.2011, 05:58

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Ladon
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Weil irgendwo oben geschrieben wurde, dass sich Geldvermögen (da sind keine "Immobilien" drin) und Verschuldung nicht gleichförmig entwickeln würden ...

Bild

Aus der Erläuterung:
... Wie auf einen Blick erkennbar, haben sich die jeweiligen Gesamtbestände - wenn
auch mit geringfügigen Unterschieden - in den erfassten 55 Jahren weitgehend
deckungsgleich auf rund das Fünffache der Ausgangsgrößen
entwickelt! Oder an
der Wirtschaftsleistung gemessen: Während die Geldvermögen und Schulden 1950
noch bei rund zwei Dritteln des BIP lagen, sind sie bis 2005 auf mehr als das Drei-
fache desselben angestiegen! Das heißt, unsere Volkswirtschaft ist, gemessen an
ihrer Leistung, heute rund fünf Mal so hoch mit Schulden belastet wie zu Beginn
unserer Wirtschaftsepoche! ...


Und dazu der hier noch:

Bild

... Der Überanstieg der Geldvermögen- bzw. Schuldengrößen wird vor allem durch den
Zins- und Zinseszinseffekt ausgelöst, der in einer älter werdenden Wirtschaftsepoche
immer wirksamer und damit folgenschwerer wird. Denn weitgehend im Gleichschritt
damit nehmen auch die Zinslasten zu, die aus der Wirtschaftsleistung befriedigt
werden müssen
. Während dafür Anfang der 50er Jahre lediglich etwa 3 Prozent des
BIP erforderlich waren, sind es heute etwa 15 bis 18 Prozent. Dabei sind mit dieser
Größe nur die Zinsströme erfasst, die jedes Jahr in Deutschland an die Banken
fließen. Die anderweitig anfallenden Zinslasten, vor allem die Zinsen für das
schuldenfreie Sachkapital, die sich in den Gewinnen und Renditen der Unternehmen
niederschlagen, dürften die hier angeführten Zinslasten mindestens noch einmal um
die Hälfte erhöhen!
Da aber mit diesen wachsenden an das Kapital fließenden Zinsströmen der
verbleibende Anteil des Volkseinkommens für die Arbeit relativ immer mehr
zurückfällt, müssen die sozialen Spannungen zwangsläufig zunehmen. Diese werden
noch dadurch verstärkt, dass die Salden aus den empfangenen und gezahlten
Zinsen bei rund 90 Prozent der Haushalte negativ sind. Das heißt, die Haushalts-
Mehrheit trägt mit allen Ausgaben deutlich mehr Zinslasten, als sie selbst an
Zinserträgen erhält. Diese Verluste der Mehrheit schlagen als positive Zins-Salden
bei den reichsten 10 Prozent der Haushalte zu Buche ...


(Quelle: H.Creutz (Hervorhebungen von mir))

P.S.
Für diejenigen die ihn nicht kennen: Creutz steht nicht "im Verdacht" irgendwie politisch "links" angeordnet zu sein.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 29.05.2011, 09:24

hasocuk
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Hallo Ladon,

die Grafik sagt für mich mehr als 1000 Worte. Wenn man sich noch die Bevölkerung dazu rechnet, Rentner und Arbeitervolk. Kann es ja nur in eine Richtung gehen und zwar nach unten. Die Last wird sich soweit steigern bis es zusammenbricht!!!

Gruß

Hasocuk
Hasocuk

Beitrag 29.05.2011, 09:32

Suedwester
Interessanter Beitrag und natuerlich nicht ganz von der Hand zu weisen.

Logisch, was bei mir auf der Aktiva Seite der Bilanz steht, steht bei jemand anderem (z.B. der Bank) auf der Passiva Seite, und was bei mir unter Passiva steht, ist Aktiva fuer die Gegenpartei.

Allerdings handelt es sich hier nur um "Geldvermoegen"!

In meinem Fall entspricht mein Geldvermoegen vielleicht 10% meines Gesamtvermoegens. Den Grossteil machen Haus und Auto aus. Bei vielen anderen wird das ebenso sein. Was sind Zahlen zum angeblichen "Netto-Vermoegen" wert, wenn die groessten Vermoegens- und Schuldenposten ausgeklammert, also nicht enthalten, sind!

Die Schulden aus Immobilienbesitz duerften dann also in der "Geldverschuldung" auch nicht enthalten sein. Und die Staatsschulden mit dem Geldvermoegen der Buerger zu vergleichen - naja - ist dann wenig aussagekraeftig. Ich habe die Vermutung, dass, je nach Autor, nur selektiv Zahlen verglichen werden, um entweder das eine oder das andere zu "beweisen" ("alles halb so schlimm", oder doch lieber "Zins ist Ursprung allen Uebels", oder...).

Interessant die starke Abflachung des Wachstums, und auch die Tatsache, dass die "Zinsen" weniger stark gestiegen sind als die Verschuldung.

Der Autor erwaehnt, dass die "Zinsen" nur die Betraege ausmachen, die an die Banken gezahlt worden sind. Allerdings haben Banken natuerlich auch Zinsen an Anleger gezahlt - und sie haben Gehaelter und Mieten von diesen Zinsgewinnen gezahlt, ihre Lieferanten bezahlt, Steuern entrichtet, Dividende ausgeschuettet usw. Der Netto-Effekt der Zinsen auf den Anstieg der Verschuldung ist nicht klar ersichtlich, nicht eindeutig quantifizierbar, und das waere sicher der Hauptkritikpunkt an dieser Darstellung - neben der Tatsache, dass nur das "Geldvermoegen" dargestellt worden ist.

Abgesehen davon, ist natuerlich die Verteilung von Geldvermoegen und Geldverschuldung auf Staat, Unternehmen und Privathaushalte von Interesse. Aber wie schon gesagt, wieviel ist der Vergleich wert, wenn die groessten Vermoegens- und Schuldenposten ausgeklammert sind? (Und in wieweit hat der massive Anstieg der Aktienkurse (= Luft) zu dem Anstieg des Geldvermoegens beigetrage?)

Was mir auch nicht klar ist, sind Forderungen an und von Ausland und IWF/Weltbank, Buba/EZB etc. in den Statistiken ausgeklammert oder inbegriffen? Wo wuerden staatliche Buergschaften reflektiert werden (gar nicht?).
Zuletzt geändert von Suedwester am 29.05.2011, 10:32, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 29.05.2011, 10:30

Suedwester
Noch eine Anmerkung zum Zins. Die Bank verlangt eine "Gebuehr", wenn sie Geld verleiht, genannt Zins. Ich verlange eine "Gebuehr", wenn ich arbeite, genannt Gehalt. Beides - Zins und Arbeit - entsteht aus dem Nichts! Die Diskussion faengt natuerlich dann an, wenn es um den Zinseszins geht.

Aber, nur weil die BRD und einige andere Staaten Europas und die USA die Kontrolle ueber ihre Ausgaben verloren haben, ist dies noch kein Beweis fuer den "boesen" Zins (oder Zinseszins)! Keiner zwingt einen Staat, das Sozialamt der Welt zu werden, Arbeitslosigkeit zu belohnen, oder in Bereiche der Wirtschaft einzugreifen, die besser von Privatunternehmen bedient werden koennten. Klientelpolitik ist natuerlich eine Krankheit jeder Demokratie (und jeder Diktatur).

Im Falle der DDR (und nicht nur dort) bedienten sich die Sieger am Volksvermoegen, es wurde jahrzehntelang kaum investiert, und dann wurden bei der Vereinigung ganze Industrien plattgemacht, die Konkurrenz zu Westfirmen haetten werden koennen. Eigentlich ein Nullsummenspiel, denn fuer jeden Verlierer gab es auch einen Gewinner.

Einseitig den Zins fuer alle Probleme verantwortlich zu machen, waere nicht richtig. Hier werden zum Teil Ursache und Wirkung verdreht. Die enormen, teils wirtschaftlich unsinnigen und unrentablen, Ausgaben des Staates fuehren zu hoeherer Zinsbelastung, und nicht anders herum. Zuerst kommt das Defizit, dann die Zinsen! Wenn Einnahmen und Ausgaben sich die Waage halten wuerden - wie dies andere Staaten durchaus vormachen - waere keine Kreditaufnahme noetig, und es waeren keine Zinszahlungen faellig. Mich zwingt auch keiner, mich fuer ein neues Auto zu verschulden. Ich kann arbeiten, Geld verdienen, und dann das Auto bar kaufen.

Beitrag 29.05.2011, 10:53

MapleHF
... ich denke, man muss das differenzierter betrachten.

Sicherlich trägt der Zins- und Zinseszinseffekt erheblich mit zum Anwachsen der Schulden bei, allerdings fehlt mir ein Aspekt hier vollkommen.

Die privaten Konsumkredite.

Wenn ich heute so durch ein Autohaus, ein Möbelhaus, ja selbst durch einen Elektromarkt gehe, habe ich zunehmend Probleme, auf einen Blick den Preis eines Produktes zu erkennen.

Denn in großen Lettern prangt an der Ware nur noch die Monatsrate, den eigentlichen Kaufpreis muss man häufig mit der Lupe suchen. Ich denke dass ich nicht falsch mit der Vermutung liege, dass dies deshalb so ist, weil der eigentliche Kaufpreis für den Großteil der Käufer keine Rolle mehr spielt, weil ohnehin nicht mit dem Ersparten bezahlt wird.

Das bestätigen mir auch Gespräche mit einem befreundeten BMW-Verkäufer, der unumwunden zugibt, dass der Barzahler bei einem Neufahrzeug immer mehr zum "Exoten" wird.

Warum ist das so? Meines Erachtens ist das ein Instrument, um den Wachstumskurs zu erhalten.

Irgendwann war der Punkt erreicht, da konnte die Wirtschaft, deren Güter die Konsumenten mit ihrem ersparten gekauft haben, nicht mehr im gewohnten Maße weiterwachsen.

Also hat man nach Auswegen gesucht, die man dann in Form von Finanzierungs- oder Leasingmodellen gefunden hat.

Allerdings kann diese Entwicklung meines Erachtens nicht nachhaltig sein. Denn wer mit seinem Ersparten konsumiert, hat in der Vergangenheit dafür Konsumverzicht geübt. Wer heute einen Finanzierungs- oder Leasingvertrag unterschreibt, gibt ein Versprechen ab, in Zukunft Konsumverzicht zu üben.

Da jedoch in den letzten Jahren bei der "normalen Bevölkerung" die Kostensteigerungen deutlich höher sind, als die Einkommenssteigerungen, läßt sich in absehbarer Zeit mit diesem Geschäftsmodell auch kein Wachstum mehr generieren.

Mit ein Grund, warum ich den positiven Wachstumsprognosen von Politik und Wirtschaftsweisen sehr skeptisch gegenüberstehe.

MapleHF

Beitrag 29.05.2011, 11:22

Suedwester
Das deckt sich weitgehend mit meinen eigenen Ansichten und Beobachtungen.

Niedrigere Zinsen und einfacherer Zugang zu Krediten fuehren zu hoeherer Kreditaufnahme und - zunaechst - zu hoeherem Konsum (der dann allerdings in der Zukunft nicht mehr stattfinden kann). Ist der Zins schuld? Oder doch eher derjenige, der auf die Werbung hereinfaellt?

In entwickelten Volkswirtschaften wird es kein oder kaum noch Wachstum geben koennen, und daher ist der hohe Stand der Staatsschulden dort ein solches Problem. Dort wirkt sich der Zinseszins-Effekt dann fatal aus. Allerdings, noch einmal, zuerst kommt das Deficit Spending, dann der Zins (wobei niedrige Zinsen natuerlich nicht nur die Buerger, sondern auch den Staat quasi zum Schuldenmachen einladen - siehe Griechenland), und schliesslich der Zinseszins.

In Namibia, wie schon an anderer Stelle erwaehnt, bewegen sich die realen Staatsschulden seit 15 Jahren seitwaerts um die 25% vom BIP, in 3 der vergangenen 6 Jahre wurden Ueberschuesse erzielt, und der Schuldendienst des Staates sinkt. Allerdings gibt es hier auch stetes Wirtschaftswachstum (und maessige Inflation), und der Staat geht keine unkalkulierbaren Risiken ein.

Beitrag 29.05.2011, 11:40

MapleHF
... stellt sich die Frage, weshalb Namibia Überschüsse erzielt.

Denn (und das schreibe ich vollkommen ohne Wertung) leistungsloses Einkommen findet nicht nur ganz oben, sondern auch ganz unten in der Bevölkerung statt.

Und hier begeht die Politik und die Wirtschaft den nächsten kapitalen Fehler.

Es kann nicht die Lösung sein, nach dem Zuzug ausländischer Arbeitnehmer zu rufen ohne das im Land schlummernde Potential zu nutzen. Bevor hier ein Zuzug in größerem Stil stattfindet, sollte man erst die Resourcen im eigenen Land, durch entsprechende Aus- und Weiterbildung ausschöpfen.

Es kann nicht sein, dass junge, arbeitsfähige und -willige Mitbürger zu Hause sitzen müssen und zugleich ausländische Arbeiter ins Land geholt werden.

MapleHF

Beitrag 29.05.2011, 12:30

Suedwester
Namibia hatte kurz nach der Unabhaengigkeit 1990 einen deutschstaemmigen Finanzminister, Herrn Herrigel, von manchen auch "Sperriegel" genannt. Er wollte keine Schulden machen. Sein Nachfolger war dann ein wenig (nicht viel) grosszuegiger.

Namibia profitiert von einer kleinen Bevoelkerung, wichtigen Bodenschaetzen (u.a. Diamanten, Uran, Gold), und gerade die Diamantenindustrie wird hoch besteuert. Ich denke, die muessen 50% ihrer Gewinne abliefern (und der Staat hat eh einen grossen Anteil an Namdeb). Dann gibt es ein Zollabkommen im suedlichen Afrika, in dem Namibia wohl erfolgreich seine Interessen durchgesetzt hat, denn von den Einnahmen erhaelt Namibia einen schoenen Anteil. Ausserdem koennen Banken nicht so ruecksichtslos zocken wie in EU und USA - die Bankenkrise und Wirtschaftskrise in Uebersee hatte nur eine kleine, indirekte Auswirkung auf Namibia. Es werden auch keine irrsinnigen Sozialleistungen gezahlt, und schon gar nicht an Auslaender oder Asylanten.

Auslaender werden nur eingestellt, wenn keine qualifizierten Buerger vorhanden sind. Asylanten werden abgeschoben. Es gibt weiterhin Kontrollen bei der Kapitaleinfuhr und -ausfuhr. Grenzenloses Zocken ist also nicht moeglich. Banken konzentrieren sich vorwiegend auf das Kreditgeschaeft, und manche vertreiben in kleinerem Massstab auch Staatsanleihen oder Aktienfondsanteile.

Der Namibia Dollar ist an den Rand gekoppelt - die Devisenreserven machen ein vielfaches der umlaufenden Namibia Dollar aus, die Paritaet mit dem Rand kann also problemlos verteidigt werden. Es sind auch genug Devisen fuer Importe von 4 oder 5 Monaten vorhanden.

Beitrag 29.05.2011, 12:43

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Ladon
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Zu den genauen Definitionen der Begrifflichkeiten möchte ich bitten in der einschlägigen Literatur selber nachzulesen. Ich kann ja hier nicht ganze Bücher und Herleitungen posten. Es handelt sich hier um "volkswirtschaftliche" Berechnungen zum Geldsystem und dessen basalem Fehler. Die Kritik, hier seien wichtige Dinge ausgeklammert ist also falsch, denn es geht um die Mechanismen eines volkswirtschaftlichen Zyklus und dessen Gesetzmäßigkeiten.

Bei allem Respekt für die namibische Wirtschaft, kann man einen direkten Vergleich mit hoch entwickelten (ohne Wertung, ob das nun gut ist!!!) Volkswirtschaften von superreichen Industrienationen nicht gelten lassen. Das ist wie stets bei solchen Diskussionen: JEDER allgemeine Aussage auf statistischen Berechnungen fußend, lässt sich garantiert ein (oder auch mehrere) Einzelbeispiel(e) gegenüber stellen, auf das die Statistik nicht zutrifft. Aber mit dieser Methode entkräftet man keine allgemeinen Aussagen - man bestätigt nur die Existenz von Gaußschen Verteilungskurven.

Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:
1.
Ich versuche - soweit mir möglich und stets unter Verweis auf kluge Köpfe, die das rechnerisch nachgewiesen haben - hier die "Mechanik" und die "Dynamik" eines hoch entwickelten, etwas älteren Geldsystems innerhalb eines Wirtschaftszyklus darzulegen.
2.
Viele genannte Missstände erweisen sich bei einer solchen Betrachtung (und wiederum völlig wertfrei!!!) als SYMPTOME des Systems - nicht als Ursprung der Misere! Die Fokussierung auf solche Symptome versperrt den Blick auf die Kernproblematik.
3.
Je nachdem wird gerne entweder die eine oder die andere Seite (die "Armen" oder die "Reichen") ausgeklammert, wenn es um sinnlose Verschwendung geht. Das ist nicht in Ordnung und dagegen rede ich an. Damit wird kein einziger verschwendeter Euro gutgeheißen. Unter Einbeziehung von (2) ergibt sich sogar dass WEDER der Sozialschmarotzer, noch der Superreiche das Gefüge ins Wanken bringt, sondern die intrinsischen Mechanismen einer auf stetem Wachstum basierenden Wirtschaftsordnung.
4.
Und ebenso macht niemand "den Zins" für alles verantwortlich - aber ebenso unrichtig ist es, diese wichtigen Mechanismen auszuklammern.

Erst wenn das klar ist, können wir über einzelne Misstände überhaupt reden!
Aber man kann nicht die einzelnen Missstände heranziehen, um die Aussagen zur Systemmechanik infrage zu stellen!

Mir läge wirklich daran, dass diese beiden Ebenen in der Diskussion getrennt werden könnten!
Ich rede über die Fußballregeln an sich - und ihr (vielfach) über die Fouls am letzten Spieltag.

Dass es wie z.B. MapleHF sagt ein völliges Unding ist, dass bei uns (nicht nur junge, sondern been auch erfahrene ältere) Leute keinen Job finden und Zuwanderer geworben werden ist derart schwachsinnig, dass einem die Spucke wegbleibt. Ähnliches gilt für manche anderen genannten "Missstand". Wieder andere könnten sicher kontrovers diskutiert werden - aber das ist eine (der vielen aufheworfenen) Frage(n) der sinnvollen, oder eben sinnlosen, Behandlung der Symptome IM System.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 29.05.2011, 13:14

Suedwester
Hier wird ein Teilaspekt der deutschen Wirtschaft herausgegriffen ("Geldvermoegen"), und damit versucht, einen allgemeingueltigen Beweis herzuleiten, der fuer alle Volkswirtschaften gelten wuerde. Allerdings koennen ja nicht einmal die Zins- und Zinseszinseffekte genau quantifiziert werden, sondern sind Schaetzungen, die lediglich auf den Zinseinnahmen der Banken basieren.

Nehmen wir doch einmal den Schuldenstand der BRD, und rechnen aus:

- Wieviel Geld wurde den Siegermaechten und Israel in all den Jahrzehnten an Reparationen gezahlt
- Welchen Wert hatten die enteigneten und von den Siegern demontierten Industrieanlagen
- Wieviel Geld kostete die Uebernahme der maroden DDR
- Wieviel Geld wurde netto an die EU und an andere multinationale Organisationen gezahlt
- Wieviel Geld wurde fuer Asylanten bereitgestellt, ohne Gegenleistung
- Wieviel kosten die militaerischen Abenteuer in aller Welt, ohne Nutzen fuer Deutschland
- Wieviel hat die Bankenrettung gekostet
- Wieviel Geld wird jetzt bereitgestellt fuer die PIIGS-Staaten
- Wieviel Geld kosten Subventionen fuer Kohle, Solar usw.
- Wieviel Geld wird Jahr fuer Jahr fuer Arbeitslose und Randgruppen bezahlt usw. usf.

Ich glaube, da kommen riesige Summen zusammen! Und dann wird behauptet, Hauptuebel seien Zins und Zinseszins?

Beitrag 29.05.2011, 13:25

leo
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Meiner Meinung nach hat Ladon recht.
Die Geld-, Wirtschaftssysteme, welche auf ständiges Wachstum aufbauen, müssen kolabieren, da beist die Maus keinen Faden ab. E-Funktion halt.
Die Teilaspekte zieht Ihr heran.

Beitrag 29.05.2011, 13:43

MapleHF
... ich für meinen Teil nehme nicht für mich in Anspruch eine Volkswirtschaft wie Deutschland vollumfänglich erfassen zu können.

Daher betrachte ich eben einige offensichtliche Fehlentwicklungen.

Natürlich steht es außer Frage, dass ursächlich auch der exponentiale Wachstums- und Zinseszinseffekt zum Kollabs führen muss, aber manche der sogenannten Teilaspekte beschleunigen diese Entwicklung doch sehr gravierend.

Zudem hat ja Ladons Grafik sehr aussagekräftig gezeigt, dass nicht nur die Vermögen, sondern auch die Schulden wachsen.

Gerade im privaten Konsumbereich könnten das auch leere Zahlen sein. Beispiel: Jemand hat 50.000 € auf dem Konto, kauft aber für das Geld das Auto nicht, sondern least, weil er so ein günstiges Angebot bekommt, oder eben Leasing aus steuerlichen Gründen als günstiger erachtet. Somit stehen seinen 50.000 € Guthaben auch 50.000 € Schulden für den Wagen gegenüber. Also ist sein Geldvermögen eigentlich 0. Ob es dann richtig ist, nur das Guthaben zu betrachten, wage ich zu bezweifeln, weil es ja eigentlich eine 0-Nummer ist.

Damit möchte ich jedoch nicht in Abrede stellen, dass nach wie vor eine gewaltige Umschichtung von unten nach oben im Gange ist. Eigentlich von der Mittelschicht nach oben, denn von unten kann man ja kaum noch was nach oben umschichten.

MapleHF

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