Keiner kennt seine tatsächliche Steuerlast

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 08.12.2015, 15:17

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PaulaU
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Zu den Steuern zählen übrigens nicht nur Einkommenssteuer & Co., sondern auch die Umsatzsteuer.
Zieht man so gesehen alle Steuern von seinen Einnahmen ab, was bleibt dann tatsächlich für die eigene Mühe übrig?
Wird man für die harte Arbeit belohnt oder eher bestraft?

Beitrag 09.12.2015, 11:00

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IrresDing
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Wohnort: Ich bin dann mal weg.
:shock:

Mäßigt euch doch...

Ich schwenke nun einfach unverfroren zurück auf das Thema. Vielleicht hilft's ja.

Es wurde zwar schon teils diskutiert, trotzdem aber nicht abschließend behandelt. Was sieht man unter einer persönlichen (Steuer/Abgaben)last? Über was reden wir denn nun hier? Ich plädiere weiterhin für die reinen Steuern. Denn die Sozialversicherungen sind ja nicht weg und ohne dieses System müsste man sie privat abschließen. Ebenso bekommt der Bürger ja auch eine Leistung die er im Bedarfsfall nun kaum anrechnen wird. Also wenn hier jemand z.B. die Krankenversicherung als Last einberechnet, will ich auch, dass er so fair ist und die Kosten für die nächste kleine OP mal aufrechnet. Das wird aber keiner können, da zu kompliziert, unabsehbar und willkürlich. Gleiches gilt für Pflege- und Rentenversicherungen. Sonst könnte man über jeden Rentner behaupten, er liege uns teuer auf der Tasche. Er würde die Schuld aber vehement von sich weisen und völlig zu Recht auf die jahrzehntelang ein bezahlten Beiträge verweisen.

Für die Steuern könnte man das nun auch behaupten, schließlich fließen Steuern in Form von Dienstleistungen, Aufträgen und Gehältern mittelbar wieder zurück an die Bürger, das wäre nun aber offensichtlich zu abstrakt und weit her geholt.

Also, bevor wir nun Quoten von abenteuerlichen 90% rein werfen, müssen wir erst einmal einen gemeinsamen Konsens im Forum finden über welche Steuern und Abgaben wir überhaupt sprechen.

LG
Marina
Ich möchte den Weg des Forums nicht weiter mit beschreiten. Ich wünsche allen Mitgliedern viel Erfolg und danke für die schöne Zeit bis dahin. Bye bye

Beitrag 09.12.2015, 11:13

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Datenreisender
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IrresDing hat geschrieben:Es wurde zwar schon teils diskutiert, trotzdem aber nicht abschließend behandelt. Was sieht man unter einer persönlichen (Steuer/Abgaben)last?
Ich verstehe darunter alle staatlich verursachten Steuern, Abgaben und Gebühren.
IrresDing hat geschrieben:Ich plädiere weiterhin für die reinen Steuern. Denn die Sozialversicherungen sind ja nicht weg und ohne dieses System müsste man sie privat abschließen.
Müsste man? In den allermeisten Ländern auf diesem Globus gibt es beispielsweise keine Krankenversicherungspflicht. In Deutschland hingegen müsste sich sogar ein Bill Gates wahlweise privat oder gesetzlich krankenversichern, obwohl er sich eine komplette Klinikkette kaufen könnte.
IrresDing hat geschrieben:Ebenso bekommt der Bürger ja auch eine Leistung die er im Bedarfsfall nun kaum anrechnen wird. Also wenn hier jemand z.B. die Krankenversicherung als Last einberechnet, will ich auch, dass er so fair ist und die Kosten für die nächste kleine OP mal aufrechnet. Das wird aber keiner können, da zu kompliziert, unabsehbar und willkürlich. Gleiches gilt für Pflege- und Rentenversicherungen.
Die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung pro Mitglied sind kein Geheimnis. Alle Behandlungskosten geteilt durch die Anzahl der Versicherten macht ungefähr 80 € im Monat. Wenn Du jetzt einen alleinstehenden Versicherten mit Höchstbeitrag betrachtest, kannst Du dessen Belastung ausrechnen. Für den Höchstbeitrag müsste man im übrigen jeden Monat eine kleine OP machen lassen, damit man ein ungefähr ausgeglichenes Preis-/Leistungsverhältnis hätte.
IrresDing hat geschrieben:Anders herum, könnte man über jeden Rentner behaupten, er liege uns teuer auf der Tasche. Mitnichten würde er die Schuld von sich weisen und völlig zu Recht auf die jahrzehntelang ein bezahlten Beiträge verweisen.
Alle Einzahlungen ins staatliche Rentensystem werden sofort auf die heute lebenden Rentenempfänger umverteilt, da wird nichts angelegt, da bleibt nichts übrig. Ob jemand, der in 20, 30 oder 40 Jahren das Renteneintrittsalter erreichen wird, etwas bekommt, und wenn ja in welcher Höhe, steht völlig in den Sternen. Die Beiträge werden den allermeisten heutigen Zahlern zwangsweise abgenommen und diese so der Möglichkeit/des finanziellen Spielraums beraubt, selbst in einer gewünschten/geeigneten Form für ihr Alter vorzusorgen.
IrresDing hat geschrieben:Für die Steuern könnte man das nun auch behaupten, schließlich fließen Steuern in Form von Dienstleistungen, Aufträgen und Gehältern mittelbar wieder zurück an die Bürger, das wäre nun aber offensichtlich zu abstrakt und weit her geholt.

Also, bevor wir nun Abgabequoten von abenteuerlichen 90% rein werfen, müssen wir erst einmal einen gemeinsamen Konsens im Forum finden über welche Steuern und Abgaben wir überhaupt sprechen.
Alles, was ich zwangsweise/unfreiwillig an Steuern, Abgaben und Gebühren bezahlen muss, inklusive GEZ, Zwangsschornsteinfeger, Zwangs-IHK-Mitgliedschaft usw. Klar bekomme ich ein Fernsehprogramm oder eine Schornsteinfegerdienstleistung als Gegenleistung, aber vielleicht will/brauche ich die ja gar nicht?

Beitrag 09.12.2015, 11:30

Klecks
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@ IrresDing: Versicherungen sind ein gutes Stichwort. Zu den Steuern auf Gehälter und Gewinne, die in die Beiträge mit eingerechnet sind, kommt auf diese enthaltenen Steuern noch die Versicherungssteuer und on top noch die Märchensteuer. Das ist wie beim Sprit: Für die Energiesteuer zahlst du Mehrwertsteuer. Da wird die Steuer gleich nochmal versteuert und gut versteckt die Sozialversicherungen gleich mit.
Wenn man das bei jeder Ware und Dienstleistung bis ins Kleinste herunterbricht, ist eine Staatsquote von 90% gar nicht mehr soooo unrealistisch.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin auch der Meinung, ganz ohne Steuern würde bei uns nichts mehr funktionieren. Aber die Versteuerung von Steuern auf Steuern für breits gezahlte Steuern usw. ist schon etwas pervers.
Datenreisender hat geschrieben:Müsste man? In den allermeisten Ländern auf diesem Globus gibt es beispielsweise keine Krankenversicherungspflicht.
Und wie gut das funktioniert sieht man sehr schön in den USA, wo täglich Menschen an Blinddarmendzündung und eitrigen Zähnen verrecken weil sie sich weder Versicherung noch Behandlung leisten können.

Der Schornsteinfeger passt nicht ganz in deine Auflistung. Ohne Pflicht würden den viele aus lauter Geiz einsparen, und dann wird's lebensgefährlich. Da sind schon ganze Familien draufgegangen, Kohlenmonoxidvergiftung wegen verstopfter Schornsteine. Auch ganz Lustig: Rußexplosion im Kamin. Schon mal gesehen? Ich schon. Danach war der halbe Dachstuhl weg.
Das ist wie mit dem TÜV: Was glaubst du wohl, wie viele "Geiz ist geil"-Jünger mit kaputten Bremsen unterwegs wären?
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 09.12.2015, 12:34

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IrresDing
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Wohnort: Ich bin dann mal weg.
Klecks hat geschrieben:@ IrresDing: Versicherungen sind ein gutes Stichwort. Zu den Steuern auf Gehälter und Gewinne, die in die Beiträge mit eingerechnet sind, kommt auf diese enthaltenen Steuern noch die Versicherungssteuer und on top noch die Märchensteuer. Das ist wie beim Sprit: Für die Energiesteuer zahlst du Mehrwertsteuer. Da wird die Steuer gleich nochmal versteuert und gut versteckt die Sozialversicherungen gleich mit.
Wenn man das bei jeder Ware und Dienstleistung bis ins Kleinste herunterbricht, ist eine Staatsquote von 90% gar nicht mehr soooo unrealistisch.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin auch der Meinung, ganz ohne Steuern würde bei uns nichts mehr funktionieren. Aber die Versteuerung von Steuern auf Steuern für breits gezahlte Steuern usw. ist schon etwas pervers.
Datenreisender hat geschrieben:Müsste man? In den allermeisten Ländern auf diesem Globus gibt es beispielsweise keine Krankenversicherungspflicht.
Und wie gut das funktioniert sieht man sehr schön in den USA, wo täglich Menschen an Blinddarmendzündung und eitrigen Zähnen verrecken weil sie sich weder Versicherung noch Behandlung leisten können.

Der Schornsteinfeger passt nicht ganz in deine Auflistung. Ohne Pflicht würden den viele aus lauter Geiz einsparen, und dann wird's lebensgefährlich. Da sind schon ganze Familien draufgegangen, Kohlenmonoxidvergiftung wegen verstopfter Schornsteine. Auch ganz Lustig: Rußexplosion im Kamin. Schon mal gesehen? Ich schon. Danach war der halbe Dachstuhl weg.
Das ist wie mit dem TÜV: Was glaubst du wohl, wie viele "Geiz ist geil"-Jünger mit kaputten Bremsen unterwegs wären?
Wegen dem Schornsteinfeger: Es reicht schon der Glanzruß... Jedes Jahr habe ich deshalb einige Gebäude die mindestens einen neuen Schornstein benötigen, leider auch schon mal ganz zusammen mit den Bewohnern abgebrannt sind.

Es ist leider so, dass Menschen gerne an Vorsorge für sie abstrakten Risiken sparen. Da kann ich hunderte Beispiele nennen und Bevormundungen wie Tüv, Schornsteinpfleger, gesetzliche Zwangsversicherungen sind leider oft nötig.

Wegen der Versicherungssteuer: Nein, private Versicherungen sind MwSt befreit (meines Wissens, arbeite aber nicht im Beitragseinzug). Daher fällt "nur" die Versicherungssteuer an die außer in der Feuerversicherung bei, wer hätte es gedacht, 19% ist. In der Feuerversicherung ist es etwas anders geregelt, denn wir finanzieren über diese Steuer die Feuerwehren. Leider nur unzureichend da draußen bekannt und die lieben klammen Bürgermeister versuchen regelmäßig trotzdem Rechnungen bei unverschuldeten Bränden uns unterzujubeln. Aber du hast an sich recht, siehe Strom, Mineralöl, Alkohol, Tabak, etc. Daher war das nun nur als kleine Ergänzung/Richtigstellung gemeint.
Datenreisender hat geschrieben: Die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung pro Mitglied sind kein Geheimnis. Alle Behandlungskosten geteilt durch die Anzahl der Versicherten macht ungefähr 80 € im Monat. Wenn Du jetzt einen alleinstehenden Versicherten mit Höchstbeitrag betrachtest, kannst Du dessen Belastung ausrechnen. Für den Höchstbeitrag müsste man im übrigen jeden Monat eine kleine OP machen lassen, damit man ein ungefähr ausgeglichenes Preis-/Leistungsverhältnis hätte.
Jein, denn du vergleichst Dinge die nicht zu vergleichen sind. Erstens kannst du nun nicht einen Sparvertrag mit 80 EUR pro Monat machen und damit dein Risiko abdecken. Denn das ist lediglich ein Durchschnittsbeitrag. Niemand kann von sich behaupten er hätte nicht gleich morgen eine schwere medizinische Diagnose auf dem Tisch. Eine Krebs-Behandlung z.B. kostet nicht nur immense Behandlungskosten sondern bedeutet auch Lohnausfall, Pflege, Reha, Erwerbsunfähigkeit, etc. Da ist man schneller mehr Geld los, als man jemals mit der gesammten Sippe erwirtschaften kann. Es lässt sich also für das Einzelrisiko nicht einen Durchschnittsbetrag einpreisen den du im Zweifelsfall ohne Versicherung einfach selbst ansparen kannst.

Weiter musst die Konsequenz immer im Blick haben. Ich weiß nicht wie es dir geht aber ich werde es nicht akzeptieren können, dass in einem hoch entwickelten Land Menschen aufgrund eines begrenzten Budgets sterben müssen weil sie sich einfache Eingriffe nicht leisten können. Insbesondere wenn es Menschen betrifft die dafür nichts können, nicht jeden trifft es verschuldet (einfachstes Beispiel: Kinder). Bedeutet diese Kosten der Nicht-Versicherten würde nach meinem Denken wo landen? Richtig, wieder im Staatshaushalt und dann würde ich es eben über Umwege finanzieren.

80 Euro halte ich aber doch für etwas wenig? Ich müsste nach heutigem Versicherungscheck rund 200 EUR im Monat bei einer PKV leisten. Also theoretisch, mich würde keine private Krankenkasse nehmen.
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Beitrag 09.12.2015, 14:34

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Datenreisender
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Klecks hat geschrieben:
Datenreisender hat geschrieben:Müsste man? In den allermeisten Ländern auf diesem Globus gibt es beispielsweise keine Krankenversicherungspflicht.
Und wie gut das funktioniert sieht man sehr schön in den USA, wo täglich Menschen an Blinddarmendzündung und eitrigen Zähnen verrecken weil sie sich weder Versicherung noch Behandlung leisten können.
Sie dürfen eine Versicherung abschliessen oder die Behandlung selbst bezahlen, sie haben also die Option.
Man könnte es auch als Freiheit und Eigenverantwortung bezeichnen.
Klecks hat geschrieben:Der Schornsteinfeger passt nicht ganz in deine Auflistung. Ohne Pflicht würden den viele aus lauter Geiz einsparen, und dann wird's lebensgefährlich. Da sind schon ganze Familien draufgegangen, Kohlenmonoxidvergiftung wegen verstopfter Schornsteine. Auch ganz Lustig: Rußexplosion im Kamin. Schon mal gesehen? Ich schon. Danach war der halbe Dachstuhl weg.
Das ist wie mit dem TÜV: Was glaubst du wohl, wie viele "Geiz ist geil"-Jünger mit kaputten Bremsen unterwegs wären?
Es geht, weder bei der Krankenversicherung noch beim Schornsteinfeger oder beim TÜV um Menschenleben. Es geht um Geld. Und um liebgewonnene Versorgungseinrichtungen und überflüssige Arbeitsplätze, die geschützt werden wollen.

Wenn es um Menschenleben statt Geld ginge (Konjunktiv!) und Lebensgefahr ein Argument wäre (nochmal Konjunktiv!), dann würde endlich mal der motorisierte Individualverkehr in Deutschland verboten sowie der Genuß von Alkohol und Tabak, das passiert aber nicht.

Der Hintergrund ist ja auch logisch: Es gibt viel zu viele Menschen auf diesem Planeten, nur Geld ist immer knapp.
IrresDing hat geschrieben:Der Schornsteinfeger passt nicht ganz in deine Auflistung. Ohne Pflicht würden den viele aus lauter Geiz einsparen, und dann wird's lebensgefährlich. Da sind schon ganze Familien draufgegangen, Kohlenmonoxidvergiftung wegen verstopfter Schornsteine. Auch ganz Lustig: Rußexplosion im Kamin. Schon mal gesehen? Ich schon. Danach war der halbe Dachstuhl weg.
Mit Verlaub, Deine Schornsteinfegerargumentation ist Unfug. In Frankreich gibt es zum Beispiel viel mehr Öfen und Kamine als in Deutschland, gleichzeitig aber keine Schornsteinfegerpflicht, und trotzdem gibt es in Deutschland mehr Brandopfer als in Frankreich. So einen Blödsinn zu Lasten der Bürger gibt es nur in Deutschland. Ich muss beispielsweise alle 3,5 Jahre eine für mich kostenpflichtige Feuerstättenschau durch den Bezirksschornsteinfegermeister über mich ergehen lassen, obwohl ich in meiner Wohnung überhaupt keine Feuerstätte habe. Aber zwei Schornsteine des Gebäudes, an denen in unter mir liegenden Etagen eine Gaszentralheizung und ein Kamin angeschlossen sind, gehen baulich durch meine Wohnung. Und ich könnte ja die Schornsteine "anzapfen" und mir da einen Ofen anschliessen oder sonstwas. Das wäre natürlich melde- und abnahmepflichtig. Also muss ich alle 3,5 Jahre eine für mich kostenpflichtige [s]Hausdurchsuchung[/s] Feuerstättenschau über mich ergehen lassen (der amtlich bestellte Bezirksschornsteinfegermeister schaut sich dann die Tapete an!), nur um amtlich feststellen zu lassen, daß ich keine Ordnungswidrigkeit (Anschliessen eines Ofens ohne Genehmigung/Meldung) begangen habe! Das sind alles alte Nazi-Gesetze. Bei dieser Gelegenheit konnte der nicht-jüdische Schornsteinfeger früher mal einen beiläufigen Blick ins Bücherregal werfen ...
IrresDing hat geschrieben:Jein, denn du vergleichst Dinge die nicht zu vergleichen sind. Erstens kannst du nun nicht einen Sparvertrag mit 80 EUR pro Monat machen und damit dein Risiko abdecken. Denn das ist lediglich ein Durchschnittsbeitrag. Niemand kann von sich behaupten er hätte nicht gleich morgen eine schwere medizinische Diagnose auf dem Tisch. Eine Krebs-Behandlung z.B. kostet nicht nur immense Behandlungskosten sondern bedeutet auch Lohnausfall, Pflege, Reha, Erwerbsunfähigkeit, etc. Da ist man schneller mehr Geld los, als man jemals mit der gesammten Sippe erwirtschaften kann. Es lässt sich also für das Einzelrisiko nicht einen Durchschnittsbetrag einpreisen den du im Zweifelsfall ohne Versicherung einfach selbst ansparen kannst.
Warum muß eigentlich immer mit Worst Case Szenarien argumentiert werden? Wenn Du recht hättest (Konjunktiv!), dann müsste es in Deutschland erlaubt sein, Krankenversicherungsverträge mit einem frei wählbaren jährlichen Selbstbehalt anzubieten, zum Beispiel 20.000 € oder 50.000 € oder 100.000 €. Die ganzen Pillepalle-Behandlungen wären dann aus eigener Tasche zu zahlen und das Worst Case Szenario (Krebsdiagnose oder Verbrennungsopfer wird mit Rettungshubschrauber in Spezialklinik geflogen) wären für eine minimalste Versicherungsprämie abgesichert. Aber komischerweise ist das in Deutschland gesetzlich verboten, sonst könnten ja Leute, die 100.000 € auf dem Konto haben, eine Krankenversicherung für 5 oder 10 € monatlich bekommen ... dann doch lieber deren Geld zwangsweise "verbeitragen".
IrresDing hat geschrieben:80 Euro halte ich aber doch für etwas wenig? Ich müsste nach heutigem Versicherungscheck rund 200 EUR im Monat bei einer PKV leisten. Also theoretisch, mich würde keine private Krankenkasse nehmen.
Bitte in diesem Zusammenhang nicht die PKV mit der GKV vergleichen. Die PKV ist immer teurer (Lebenszeitbeiträge) als die GKV, selbst bei den Zahlern des Höchstbeitrages in der GKV, dafür zahlt sie ja auch mehr. Die 80 € monatlich sind alle GKV-Behandlungskosten geteilt durch die Anzahl der gesetzlich Versicherten; man könnte es auch als "Kopfpauschale" bezeichnen.

Beitrag 09.12.2015, 16:35

Klecks
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Datenreisender hat geschrieben:
Klecks hat geschrieben:
Datenreisender hat geschrieben:Müsste man? In den allermeisten Ländern auf diesem Globus gibt es beispielsweise keine Krankenversicherungspflicht.
Und wie gut das funktioniert sieht man sehr schön in den USA, wo täglich Menschen an Blinddarmendzündung und eitrigen Zähnen verrecken weil sie sich weder Versicherung noch Behandlung leisten können.
Sie dürfen eine Versicherung abschliessen oder die Behandlung selbst bezahlen, sie haben also die Option.
Man könnte es auch als Freiheit und Eigenverantwortung bezeichnen.
Dafür musst du dir aber erst mal das eine oder das andere leisten können und genau das ist häufig nicht der Fall. Geringverdiener in den Staaten sind noch schlechter bezahlt als bei uns, bekommen aber keine staatliche Stütze. Wie sollen diese Menschen mehrere hundert Dollar Versicherungsprämie zahlen wenn das Geld so schon nicht reicht?
Es ist leicht, von Freiheit und Eigenverantwortung zu reden, wenn man selbst genug Kohle dafür hat.
Datenreisender hat geschrieben: Wenn es um Menschenleben statt Geld ginge (Konjunktiv!) und Lebensgefahr ein Argument wäre (nochmal Konjunktiv!), dann würde endlich mal der motorisierte Individualverkehr in Deutschland verboten sowie der Genuß von Alkohol und Tabak, das passiert aber nicht.
Mitte des 19. Jh. wurden Zeitungen zensiert, es gab willkürliche Polizeiaktionen, Adelsprivilegien wurden auf Teufel komm raus verteitigt, der normale Bürger gegängelt und schikaniert. Aber zur Revolution kam es erst als der Bierpreis um 2 Pfennige angehoben werden sollte.
Unsere Politiker wissen ganz genau, der deutsche Michel motzt am Stammtisch und hält ansonsten die Füße still. Aber wenn man ihm seinen Suff und sein Statussymbol wegnimmt, wird's kritisch.
Datenreisender hat geschrieben: Mit Verlaub, Deine Schornsteinfegerargumentation ist Unfug. In Frankreich gibt es zum Beispiel viel mehr Öfen und Kamine als in Deutschland, gleichzeitig aber keine Schornsteinfegerpflicht, und trotzdem gibt es in Deutschland mehr Brandopfer als in Frankreich.
Vielleicht sind die Franzosen weniger geizig als die Deutschen? Keine Ahnung.

Als in Irland vor gut 15 Jahren eine Art TÜV eingeführt wurde, stellten sich fast 20% der Farzeuge als absolut verkehrsuntauglich heraus. Die häufigsten Mängel waren Durchrostung tragender Teile, Fahrwerks- und Lenkungsschäden und mangelhafte, z.T. fast funktionsunfähige Bremsen. Schaff bei uns die TÜV-Pflicht ab und es sieht ganz schnell genauso aus. Viel zu viele denken selbst dann nur ans Einsparen wenn es um ihr eigenes Leben geht. Gefahren werden aus purem Geiz bewusst verdrängt. Und das sehr oft gerade von denen, die es sich eigentlich leisten könnten. Manche Dinge funktionieren eben nicht aus dem Vertrauen auf den gesunden Menschenverstand heraus, da hilft manchmal nur Zwang.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 09.12.2015, 23:13

BOB
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@ Datenreisender:
Auch ich bin gewiss für mehr Eigenverantwortung und für weniger Bevormundung - aber so extrem, wie Du es vorträgst, ist dies einfach nur kontraproduktiv.
Ich werde nicht auf Schornsteinfeger, GEZ und sonstigen Krimskrams einsteigen, sondern z.B. auf KV und RV.
Und da sage ich deutlich, dass ein Land - ein dichtbevölkertes wie unseres allemal - aus Individuen, aber nicht aus Millionen Lonesome Riders besteht, sondern vor allem eine Gemeinschaft bildet. In den Weiten der USA, Kanadas oder Australiens darf man das gern anders fühlen.
Um es einmal sehr klar auszudrücken:
Es würde mich in meinem menschlichen Wohlbefinden und viele andere wohl auch ziemlich stören, wenn ich dauernd über verarmte Rentner stolpern würde, ganz gleich, ob sie mich nun anbetteln oder nicht. Deshalb eine RV-Pflicht.
Und ich verliere den Appetit auf mein Essen, wenn mir gegenüber verwahrloste, zahnlose, stinkende Menschen sitzen. Deshalb eine KV-Pflicht.
Oder soll unsere Zivilisation selbstverschuldet verarmte kranke Menschen liquidieren und nach ihrem Heizwert beim Verbrennen der Leiche bewerten?
Andere Länder lösen solche Konflikte, in dem sie sich aufteilen in bürgerliche Gegenden und no-go-Viertel, Slums und Townships. Wollen wir das?
Und deshalb ist die "Zwangsbeglückung" nicht nur selbstlose soziale Fürsorge für andere, sondern auch ein Beitrag für das Wohlgefühl des einzelnen.
Erst wenn wir uns über den grundsätzlichen Sinn solcher humanen Basics einig sind, können wir über Details und Übertreibungen der Fürsorge und ihrer Kosten diskutieren.

Beitrag 10.12.2015, 02:39

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BOB hat geschrieben:Und deshalb ist die "Zwangsbeglückung" nicht nur selbstlose soziale Fürsorge für andere, sondern auch ein Beitrag für das Wohlgefühl des einzelnen.
Erst wenn wir uns über den grundsätzlichen Sinn solcher humanen Basics einig sind, können wir über Details und Übertreibungen der Fürsorge und ihrer Kosten diskutieren.
Ich will Dir da grundsätzlich gar nicht widersprechen. Was in meinen Augen aber gar nicht geht, ist, alleinstehende Durchschnittsverdiener/Etwasbesserverdiener oder kleine Selbstständige mit einem monatlichen GKV-Zwangsbeitrag von 709,50 € (2016: 728,86 €) zu belasten (nenne mir bitte ein einziges Land, in dem ein öffentliches Gesundheitssystem teurer ist!), diese Leute werden ja regelrecht ausgeplündert; das würde ich mindestens als leistungsfeindlich bezeichnen.

Das müsste man anders machen. Entweder nimmt man von jedem eine Kopfpauschale in einer nachvollziehbaren Höhe (siehe oben, Durchschnittskosten = 80 € monatlich) oder man macht ein Basis-Gesundheitssystem für alle gleich ganz kostenlos aus Steuermitteln (Beispiele Großbritannien, Australien) und wer mehr Leistungen möchte, darf sich privat zusatzversichern.

Beitrag 10.12.2015, 17:00

BOB
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Auch ich meine, dass die KV in Deutschland grundlegend reformiert werden müsste.
Ich weiß aber auch, dass viele die Kosten deutlich unterschätzen. Die meisten sehen zwar die laufenden Kosten, wie oft sie im Durchschnitt zum Arzt gehen usw., vergessen aber schon die Kosten für ihre letzte NMR, erst recht die seltenen, aber besonders teueren Vorfälle mit Krankanhausaufenthalt - der Beinbruch, die Blinddarm-OP, die Meniskus-Entfernung, der Verdacht auf Herzinfarkt usw. Von noch größeren Dingen wie eine Krebstherapie will man gar nichts wissen, solange es einen nicht betrifft. In meinem Bekanntenkreis hatte jemand einen fast tödlichen Unfall - die Rechnungen für seine Behandlung summierten sich im ersten Jahr auf 600.000 EUR und es kommen noch weitere Kosten. Eine Versicherung soll ja nicht nur ein wenig über die Jahre glätten, sondern auch solche seltenen Spitzen abdecken. Eine Gebäudebrandschutzversicherung schließe ich für mein Haus ja auch nicht ab, um jährlich kleine Schäden zu decken, sondern für den unwahrscheinlichen Fall, dass das eine von Tausend Häusern, das im Viertel einmal abbrennt, meines sein wird.

Beitrag 10.12.2015, 17:51

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BOB hat geschrieben:Eine Gebäudebrandschutzversicherung schließe ich für mein Haus ja auch nicht ab, um jährlich kleine Schäden zu decken, sondern für den unwahrscheinlichen Fall, dass das eine von Tausend Häusern, das im Viertel einmal abbrennt, meines sein wird.
Das tust Du aber freiwillig (sofern es keine Auflage einer finanzierenden Bank ist), das ist der entscheidende Unterschied!

Versicherungen sind grundsätzlich nur für Leute, die sich potentielle Schäden nicht aus eigenen Mitteln leisten können und deshalb auf eine Umlage auf ein Versichertenkollektiv angewiesen sind. Für alle anderen sind Versicherungen nichts weiter als teure Geldwechselgeschäfte.

Kein Milliardär wird eine Gebäudeversicherung für sein Haus oder eine Vollkaskoversicherung für sein Auto abschließen, genausowenig, wie ein durchschnittlich vermögender Haushalt eine Versicherung für eine Brille, ein Handy oder ein Fahrrad abschließen sollte.

Beitrag 10.12.2015, 19:11

BOB
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Milliardäre haben auch selten eine GKV, über die sie sich beklagen.
Natürlich sind viele Versicherungen unnütz, aber eben nicht alle, z.B. die KV. Viele Mitbürger unterschätzen mögliche Kosten und die Konsequenzen sind eben nicht nur Privatsache. Wie ich schon schrieb, stört es viele Bürger in einer zivilisierten Gesellschaft, wenn direkt vor ihren Augen Menschen verwahrlosen, verkrüppeln oder anderweitig leiden. Man kann zwar ärgerlich "selbst schuld" sagen - und wird dann letztlich doch helfen. Genau diese Situation will eine KV-Pflicht vermeiden.
Auch eine RV ist grundsätzlich sinnvoll - über deren Konstruktion lässt sich gewiss streiten. Altersarmut ist jedenfalls kein Aushängeschild der Gesellschaft.
Auch ich bin für mehr Eigenverantwortung - und daher für eine Grundversicherung für alle und individuell für alles "on top".

Beitrag 10.12.2015, 19:37

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Wohnort: Ich bin dann mal weg.
Sorry, das entspricht aber einfach nicht der Wahrheit. Nach deinem Ansinnen müsste eine Wohnbaugesellschaft mit mehreren tausend Wohneinheiten Versicherungen ablehnen.

Und das ist eben quatsch, wie mir täglich die Praxis mit entsprechenden wohnwirtschaftlichen Rahmenverträgen zeigt.

Es gibt sicher im Industriebereich Fälle die kleinere Risiken selbst tragen. So haben auch wir im Industriebereich den ein oder anderen Versicherungsnehmer mit Selbstbehalten von 10.000 bis 50.000 Euro. ABER: Das ist die klare Ausnahme. Selbst große Ketten (Namen darf ich eben nicht nennen) versichern über Versicherungsgesellschaften die einzelnen Filialen, teils auf Franchisebasis. Wenn es so einfach und klar wäre, wie von dir beschrieben, würde das auch über einen Topf geregelt werden.

Auch Einzelpersonen die entsprechendes Vermögen haben, schließen Gebäudeversicherungen ab. Schau in die Presse, da hat erst vor ein paar Jahren ein bekannter FC Bayern Star versucht seine Bude in Brand zu stecken.

Es ist schwer für mich zu argumentieren, da ich keine Namen nennen darf (natürlich). Würdest du in der Branche arbeiten, würdest du aber sehr schnell merken, dass du das ein oder andere mal mit Versicherungsnehmern zu tun hast die du aus Presse, Fernsehen oder aus der Finanzwelt kennst. Die könnten sich jederzeit ein neues Gebäude bauen.

Ergänzung: Es ist ja nicht nur so, dass die Versicherung nur zahlt oder nicht zahlt, sie leistet auch eine nicht unerhebliche Dienstleistung mit Sachverständigen, Organisation, Koordination, Dienstleistern, usw. Ein Versicherungsnehmer kann nicht eben mal prüfen ob das richtig ist, was der Handwerker ihm sagt oder ob er Regressmöglichkeiten hat. Dazu bedarf es aber entsprechender Kenntnisse und Netzwerke.

Die Gebäudeversicherung selbst ist ein defizitäres Gschäft. Die aktuelle Hochrechnung des GDVs geht von einer CR von 103,x für dieses Jahr aus. Bedeutet deine Meinung mit einem schlechten Geldwechselgeschäft ist eben auch nicht richtig. Letztlich legt der Versicherer für jeden eingenommenen Euro gute 3 Cent oben drauf.

LG
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Beitrag 10.12.2015, 22:49

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BOB hat geschrieben:Milliardäre haben auch selten eine GKV, über die sie sich beklagen.
Natürlich sind viele Versicherungen unnütz, aber eben nicht alle, z.B. die KV.
Wie schon beschrieben müsste sich beispielsweise ein Bill Gates in Deutschland zwangsweise krankenversichern, nach seiner Wahl entweder als sog. "freiwilliges Mitglied" in der GKV zum Höchstbeitrag oder in einer privaten Krankenversicherung, und das, obwohl er sich auch einen eigenen Leibarzt einstellen oder sich eine eigene Klinikkette kaufen könnte.

Als Steve Jobs an Krebs erkrankt war, hat er die besten Spezialisten für seine Krebsart einfliegen lassen, die in einen Konferenzraum gesetzt, denen seine Krankenakte vorgelegt und die Herren Professoren in seinem Beisein seinen Fall diskutieren lassen. Anschließend hat er auf Grundlage des Gehörten selbst entschieden, wie er weiter therapiert wird. Bei welcher Krankenversicherung wird sowas zur Erstattung eingereicht?

Möglicherweise bist Du ohne Krankenversicherung sogar besser dran als mit. Mal angenommen, ein gesetzlich oder privat Versicherter hätte seine Zwangsbeiträge in Höhe von 700 € monatlich gespart, dann hätte er nach 10 Jahren meinetwegen 84.000 € auf dem Konto. Jetzt bekommt der Versicherte eine schlimme Diagnose und braucht ein Spenderorgan. In Deutschland kommt er jetzt auf eine ewig lange Warteliste und stirbt möglicherweise weg, bevor es zur Transplantation kommt. Mit 50.000 $ in bar könnte er in China eine Organtransplantation in einer Privatklinik sofort vornehmen lassen, inkl. Vor- und Nachbehandlung, inkl. Operation, inkl. Organ von einem Hingerichteten, inkl. Klinikaufenthalt, zuzüglich Flugkosten (ca. 700 €).
Und obwohl die Organtransplantation in China sogar viel billiger ist als in Deutschland, wird ihm weder eine gesetzliche noch eine private Krankenversicherung in Deutschland diese Behandlung bewilligen. Und die haben ihn in der Hand, die haben ja schließlich sein Geld, und lassen ihn sehenden Auges verrecken.


@ IrresDing:

Eigentlich ging es ja eher um staatliche Zwangs-Sozialabgaben und Zwangs-Versicherungen.

Finanzstarke Konzerne entledigen sich allerdings auch diesem Thema, Stichwort "Selbstversicherer", die keine Kfz-Haftpflichtversicherungen für ihre Fahrzeugflotten abschliessen müssen.

Der angeführte Bayern-Fußballer, der seine Münchner Villa abgefackelt hat, war übrigens Mieter, diese Brandstiftung muß also andere Hintergründe gehabt haben, als einen Versicherungsbetrug an der Gebäudeversicherung.

Beitrag 10.12.2015, 23:45

BOB
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Datenreisender hat geschrieben: Wie schon beschrieben müsste sich beispielsweise ein Bill Gates in Deutschland zwangsweise krankenversichern, nach seiner Wahl entweder als sog. "freiwilliges Mitglied" in der GKV zum Höchstbeitrag oder in einer privaten Krankenversicherung, und das, obwohl er sich auch einen eigenen Leibarzt einstellen oder sich eine eigene Klinikkette kaufen könnte.
(...)
Ja, und wenn? Ich glaube nicht, dass er sich darüber beklagen würde. Er müsste hier auch eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen, selbst wenn er jeden Schaden selbst begleichen könnte.
Wollen wir diese Diskussion wirklich an solchen Extremfällen führen?
Dann können wir auch gleich noch bei der Frage weitermachen, ob die Löhne von Menschen, die voraussichtlich das Rentenalter nicht erreichen werden, RV-beitragsfrei ausgezahlt werden müssten.
Versicherungen wie auch Steuern und Abgaben bedeuten stets auch eine gewisse Pauschalierung; das ist das Wesen einer Gemeinschaft.
Auch Kinderlose zahlen den Bau von Schulen mit, Taube den von Opern, Führerscheinlose den von Autobahnen, Nichtschwimmern das Freibad, Pazifisten den Kauf von Panzern - wie soll das Ganze sonst funktionieren?
Wie ich schon sagte: Ich verteidige das Prinzip, gewiss nicht immer die Höhe.

Beitrag 11.12.2015, 00:00

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BOB hat geschrieben:Wollen wir diese Diskussion wirklich an solchen Extremfällen führen?
Ich habe in dieser Diskussion nicht mit den Superlativen angefangen! Allerdings fällt mir immer wieder auf, wenn ich zum Beispiel die Krankenversicherungspflicht o. ä. in ihrer derzeitigen Form in Frage stelle, daß meine Diskussionspartner immer gleich diese Extrembeispiele (Krebs, Behandlungskosten von 600.000 € pro Jahr usw.) ins Feld führen.

Ich selbst bin seit 21 Jahren privat krankenversichert und ich bin nicht besonders gesund und ich kenne die Behandlungskosten, die für normale/durchschnittliche Behandlungen so anfallen, eine Brille hier, der Bluthochdruck dort, auch mal eine kleinere Verletzung wie ein Knochenbruch oder ein einwöchiger Krankenhausaufenthalt. Und das ist für mich ein schlechtes Geschäft, ein Geldwechselgeschäft zugunsten der Versicherungsgesellschaften. In meinem Leben habe ich bisher ca. 150.000 € an Krankenversicherungsbeiträgen eingezahlt und vielleicht 20.000 bis 30.000 € an Behandlungskosten verursacht.

Wieviel Prozent der Versicherten trifft denn in ihrem Leben das Extrembeispiel (Krebs, Organtransplantation, Mega-Unfall mit Rettungsflug in eine Spezialklinik usw.)? Wäre nicht eine Krankenversicherung mit einem entsprechend hohen Selbstbehalt die Lösung? Die wäre dann aufgrund des geringen Risikos auch äußerst preiswert. Du zahlst dann plötzlich nicht mehr 500 oder 700 € monatlich, sondern vielleicht 5, 10 oder 20 €.

Die Armen in dieser Gesellschaft erkennt man mittlerweile übrigens trotzdem wieder. Die GKV hat sich des Zahnrisikos entledigt und etwa 10 bis 20 Jahre später erkennst Du wieder am Lächeln der Menschen, ob diese sich die Zahnbehandlung oder eine private (Zusatz-) Versicherung leisten können oder nicht.

Beitrag 11.12.2015, 10:57

BOB
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Gern - zurück zum normalen Umfeld.
Auch ich bin privatversichert, meine Kinder im Gefolge auch. Obwohl diese eine recht robuste Gesundheit haben, läppern sich die Beträge ziemlich. Früher war es der Kinderarzt, heute ist sind es die Zahnspangen diverser Art - man sieht ja kaum noch einen Jugendlichen ohne Fahrradkette im Mund. (Nach heutiger Meinung scheint ja die Natur fast allen Menschen eine gesundheitsbedrohliche Gebissfehlstellung in den Mund gelegt zu haben - eine Modediagnose, damit es nicht als Schönheits-OP privat zu zahlen ist. Aber das ist ein eigenes Thema.)
Ohne nachzurechnen bin ich jedenfalls sicher, dass die PKV an meinen - wie gesagt grundgesunden - Kindern noch nichts verdient hat. Auch bei mir selbst habe ich noch nicht bilanziert; von etwa 30 EUR monatlich für Dauermedikamentation abgesehen, ist es eher alle paar Jahre einmal etwas "Besonderes" (Bandscheibe, Meniskus, Achilles usw.). Jedenfalls weiß niemand, was mit zunehmenden Alter noch kommen wird.

Eine Selbstbeteiligung ist okay, wie aber bei Versicherungen üblich in der Weise, dass ich die ersten x Euro selbst bezahle, um Bagatellen wegzubügeln. Dass dann die Beiträge auf ein paar Euro schrumpfen würden, halte ich auch ohne Versicherungsmathematik für völlig ausgeschlossen. Nehmen wir einen Unfall - ich halte es für absolut unzivilisiert, den Transport (Helikopter oder nicht) und die Behandlung (Intensivstation oder nicht) von der Versicherungslage abhängen zu lassen. (Die USA ist in dieser Hinsicht kein Vorbild, sondern passt sich mit Schmerzen stückweise unserer Kultur an.) Privat oder gesetzlich, besser oder schlechter versichert, sollte sich idealerweise nur auf den Komfort auswirken (Einzelzimmer mit Ausblick, persönlichere Betreuung usw.), ähnlich wie die bezahlte Klasse im Flugzeug und in der Bahn oder die Kategorie des Hotelzimmers.

Zurück zu den angeblich so seltenen kostenintensiven Ausreißern.
Wenn möglich, schau Dir doch einmal eine genügend große und repräsentative Gruppe an (z.B. Deine Grundschulklasse). Ab 50 Lebensjahre aufwärts wirst Du vermutlich feststellen, dass der eine oder andere bereits verstorben ist, sicherlich hatte oder hat einer Krebs, einige sind chronisch krank, haben Parkinson, hatten einen Herzinfarkt, einen schweren Arbeits- oder Autounfall, andere sind schon Frühinvalide. Und all diese Fälle müssen die, die glücklicherweise noch halbwegs gesund sind, in den Mittelwert einbeziehen. Dass die Versicherungen zusätzlich etwas daran verdienen, liegt auf der Hand.

Beitrag 11.12.2015, 12:09

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BOB hat geschrieben:Zurück zu den angeblich so seltenen kostenintensiven Ausreißern.
Der Normalfall ist, daß Du alt und gebrechlich wirst und die letzten ein bis zwei Jahre Deines Lebens für die Krankenversicherung die teuersten sind.

Versicherungsmathematisch kann man das Risiko auch ganz leicht überprüfen, wenn man sich mal die Höhe der Beiträge beispielsweise für eine Unfallversicherung oder eine Dread Disease Police anschaut, die sind, verglichen mit unseren Krankenversicherungsbeiträgen, spottbillig. Sie decken halt auch nur die (teuren) Ausnahmen ab.

Und wenn wir mal von unserer exotischen Insel Deutschland mit dem teuersten Gesundheitssystem der Welt weggehen, sehen wir, daß auf diesem Planeten ganze Kontinente nicht zwangskrankenversichert sind. Ein immenser Vorteil davon ist, daß die Gesundheitskosten deutlich billiger sind als bei uns. Wenn ein Arzt, ein Krankenhaus oder ein Pharmakonzern in Südamerika oder Südostasien so absurde Tarife wie in Deutschland aufrufen würde, hätte er auch keine Kunden mehr ... dieser krasse Selbstbedienungsladen funktioniert nur mit der viel zu teuren Zwangsversicherung für alle. Die Zahnspange ist ein schönes Beispiel - meistens unnötig, immer zu teuer.

Wir werden von Lobbyisten mit Hilfe der Politik ausgeplündert - und schon sind wir wieder beim Thema dieses Fadens.

Beitrag 11.12.2015, 14:22

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Ich denke auch, dass die Krankenversicherungen neben dem Selbsterhalt (wozu brauchen wir so viele Krankenkassen, wenn dadurch kein Wettbewerb entstehen kann/darf) letztlich zu einem Großteil der finanziellen Sicherung der Gesundheits- und Pharmaindustrie dienen. Ein staatlich geförderter Wildwuchs, der durch die Verschleierung beim Einzug der Beiträge und den Effekt, dass jeder versucht, so viel möglich für sich herauszuholen, kaschiert wird. Müsste nur jeder selbst seine Kosten zahlen, dann wäre das Gesundheitssystem sehr schnell kostengünstiger und schlanker.

Ich denke, hier sind massive Einsparungspotenziale drin.
Aber zurück zum Thema. Denn die (zu hohen) Krankenkassenbeiträge sind ja nur ein Tropfen von vielen, die zusätzlich zu den direkten und indirekten Steuern (Solidaritätszuschlag, wie bitte?), den Vorsorgeaufwendungen (Rente,Pflege, Arbeitslosigkeitsversicherung) und den Zwangsabgaben (Rundfunkbeitrag, IHK etc.) das Fass zum Überlaufen bringen. Vor allem die fehlende Wahlmöglichkeit bzw. die kaum mögliche private Vorsorge für Normalverdiener macht das System so perfide. Denn die Riester-Rente hat sich als Förderprogramm für Maschmayer und Co. erwiesen. Zusätzlich werden die Vorsorgeaufwendungen durch Missbrauch der Gelder geschmälert.

Das frei verfügbare Einkommen liegt bei mir (Normalverdiener) geschätzt bei etwa 35% von dem, was mein Arbeitgeber dafür aufbringen muss (und das ist ja der eigentliche Bruttolohn, wenn man sich nicht von der einen in die andere Tasche lügt).

Beitrag 11.12.2015, 14:25

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Datenreisender hat geschrieben:
BOB hat geschrieben:Zurück zu den angeblich so seltenen kostenintensiven Ausreißern.
Der Normalfall ist, daß Du alt und gebrechlich wirst und die letzten ein bis zwei Jahre Deines Lebens für die Krankenversicherung die teuersten sind.

Versicherungsmathematisch kann man das Risiko auch ganz leicht überprüfen, wenn man sich mal die Höhe der Beiträge beispielsweise für eine Unfallversicherung oder eine Dread Disease Police anschaut, die sind, verglichen mit unseren Krankenversicherungsbeiträgen, spottbillig. Sie decken halt auch nur die (teuren) Ausnahmen ab.

Und wenn wir mal von unserer exotischen Insel Deutschland mit dem teuersten Gesundheitssystem der Welt weggehen, sehen wir, daß auf diesem Planeten ganze Kontinente nicht zwangskrankenversichert sind. Ein immenser Vorteil davon ist, daß die Gesundheitskosten deutlich billiger sind als bei uns. Wenn ein Arzt, ein Krankenhaus oder ein Pharmakonzern in Südamerika oder Südostasien so absurde Tarife wie in Deutschland aufrufen würde, hätte er auch keine Kunden mehr ... dieser krasse Selbstbedienungsladen funktioniert nur mit der viel zu teuren Zwangsversicherung für alle. Die Zahnspange ist ein schönes Beispiel - meistens unnötig, immer zu teuer.

Wir werden von Lobbyisten mit Hilfe der Politik ausgeplündert - und schon sind wir wieder beim Thema dieses Fadens.
Siehst du, genau da liegt der Hund begraben.

Ich bin eine große Kritikerin bezüglich dieser Selbstbedienungsläden. Das ist eine Sache die ich nicht leiden kann und mag.

Trotzdem werde ich zu einer ganz klaren Befürworterin, wenn es darum geht die Grundbedürfnisse des Menschen (Wohnung, Lebensmittel, Gesundheit, Bildung) zu verteidigen. Egal in welcher Situation er sich befindet und ob selbstverschuldet oder nicht, die Lebensgrundlage dürfen wir nach meinem Dafürhalten keinem Menschen entziehen.

Für mich liegt daher die Wahrheit nicht in den Extremen. Wir haben derzeit ein Extrem in der Gesundheitsvorsorge bei der Gewinnmaximierung der Ärzte, Pharma und noch ein paar anderen Profiteueren. Verlierer sind aber hier nicht nur die Beitragszahler, auch sind z.B. Kranken- und Altenpfleger, Assistenten, Rettungspersonal und andere Berufe die ganz klaren Verlierer. Die Ärzte haben sich z.B. dank dem Marburger Bund an diesen Menschen schwer versündigt, schaut man sich die klaffende Schere an.

Aber das ist kein Problem das einzig die Krankenkassen haben. Denken wir an Fluglotsen, Bahnangestellte, Flugkapitäne, etc, wenn wir bei der Gewerkschaftsmacht bleiben wollen die zu Kosten anderer gewisse elitäre Berufsbedürfnisse durchsetzt.

Auch Firmen nutzen immer die Gunst der Stunde aus, auch das findet man in anderen Bereichen wieder. Man denke z.B. an die aufgeflogenen Kartelle und deren Tragweite. Ich war zugegen als bei meinem ehemaligen Arbeitgeber die Büros von Beamten durchwühlt wurden und später intern plötzlich keiner mehr der oberen die Verantwortung davon übernehmen wollte.

Aber müssen wir denn bei Grabenkämpfen von einem zum anderen Extrem wechseln? Ein effizientes Gesundheitswesen mit angemessener Entlohnung und angemessener bedarfsgerechter Behandlung (ich denke da gerade an die vielen Bandscheiben-OPs, Knie-OPs, Hüften bei 90 Jährigen, usw) muss doch möglich sein. Und zwar ein System bei dem sich Eliten nicht herausmogeln können (Beamte, Besserverdienende, etc.). Ein System das jedem in Deutschland lebenden keine Angst machen muss mal krank zu werden. Da gibt es gerade im deutschen Gesundheitssystem wirklich gute Ansätze. Leider werden diese missbraucht.

Achso, wenn ich nach dem Munde meines Arbeitgebers und dem Verband gehen würde, würde ich hier GEGEN Sozialversicherungen mobil machen. Denn die Sozialversicherungen sind eben der Versicherungslobby ein Dorn im Auge. Gerade wenn es um etwas so lukratives wie die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung geht. Das sind potenzielle Wachstumsmärkte auf denen Gewinne zu erzielen sind. Dagegen ist die Sachversicherung ein unprofitables Handwerk, das nur gemacht wird um Cross-Selling zu betreiben und Kunden zu binden. Im Grunde sieht man schon am Namen wer da mit wem im Bett gelandet ist: Riester-Rente, Rürup-Rente, Pflege-Bahr...

LG
Ich möchte den Weg des Forums nicht weiter mit beschreiten. Ich wünsche allen Mitgliedern viel Erfolg und danke für die schöne Zeit bis dahin. Bye bye

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