Kommt nun die Deflation ?

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 17.03.2014, 20:49

lifesgood
Geldsammler hat geschrieben:Bezahlen darf es schlimmstenfalls der Steuerzahler, wenn die Target-II-Salden nicht ausgeglichen werden können.
Siehst Du und genau deshalb machen niedrigere Löhne keinen Sinn.

Denn dann müßten wir den anderen Ländern neben unseren ach so wettbewerbsfähigen Produkten noch mehr Geld mitgeben, damit sie diese kaufen können.

Das können wir aber nicht, wenn wir gleichzeitig das Steueraufkommen minimieren.

Wenn sinkende Löhne mit einem sinkenden Steuersatz einhergehen, dann haben wir sozusagen das genaue Gegenteil der kalten Progression. Und so wie bei der kalten Progression die Steuerlast überproportional steigt, würde sie in diesem Fall überproportional sinken.

Ähm ... welche Rohstoffe? Den Kohleabbau müssen wir ja ohnehin subventionieren, was gäbe es denn noch für Rohstoffe in Deutschland, ich denke Fracking ist nichts wünschenswertes.

Wenn jemand über seine Verhältnisse gelebt hat, hat er entweder im Verhältnis zu seinen Ausgaben zu wenig eingenommen, oder im Verhältnist zu seinen Einnahmen zu viel ausgegeben.

Die Lösung kann daher nur sein, entweder bei gleichbleibenden Einnahmen die Ausgaben zu reduzieren, oder bei gleichbleibenden Ausgaben die Einnahmen zu erhöhen.

Wenn man, wie Du vorschlägst, die Einnahmen reduziert (niedrigere Löhne und niedrigere Steuern), wird man auch bei niedrigeren Ausgaben nicht auf eine ausgeglichene Bilanz kommen.

lifesgood

Beitrag 17.03.2014, 21:35

Geldsammler
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Lifesgood: Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor. Deutschland ist aktuell sicher nicht in einer Deflation und auch nicht davon bedroht. Ich sprach explizit von den anderen EU-Ländern. Deflation ist ein Signal, dass die Wirtschaft ins Stottern gerät. Und das ist bei uns nicht der Fall. Noch nicht.

Beitrag 17.03.2014, 21:37

Geldsammler
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Ich sprach im Übrigen auch zunächst nicht von einem niedrigeren Steueraufkommen, sondern von niedrigeren Steuern. Bei einem allgemein niedrigeren Steuerniveau steigt das Steueraufkommen, wenn auch nicht sofort, dafür aber nachhaltig. Den Leuten bleibt mehr zum Konsumieren und das erhöht das Steueraufkommen wieder.

Beitrag 17.03.2014, 23:03

lifesgood
... Du sprachst von einem niedrigeren Steuerniveau und niedrigeren Löhnen und gestehst dabei auch eine sinkende Binnennachfrage zu.

Das heißt im Klartext, niedrigere Einkommen, die zudem mit niedrigeren Steuersätzen besteuert werden und durch die sinkende Binnennachfrage ein sinkendes Verbrauchssteueraufkommen.

Wie dadurch das Steueraufkommen steigen soll, verstehst vermutlich nur Du.

Aber ich will mich nicht mit Dir streiten.

lifesgood

P.S.: Ich habe nirgendwo geschrieben, dass D sich in einer Deflation befindet.

Beitrag 17.03.2014, 23:29

Geldsammler
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welche Rohstoffe? Den Kohleabbau müssen wir ja ohnehin subventionieren, was gäbe es denn noch für Rohstoffe in Deutschland, ich denke Fracking ist nichts wünschenswertes
Sorry, Lifesgood, nachdem wir hier über Deflation diskutieren und Du Deutschland genannt hattest, ging ich davon aus, dass Du Deflation in Deutschland meinst.

Niedrigere Einkommen + niedrigere Steuersätze = gleichbleibend oder höheres verfügbares Einkommen = mehr Konsum = höheres Verbrauchsteueraufkommen. So in etwa. Hat auch schon ein paar mal gut funktioniert, auch wenn es unlogisch klingt, mit niedrigeren Steuersätzen mehr Steuern einzunehmen(mal sehen, ob ich die Quellen noch finde...). Bei uns in Deutschland passiert gerade das Gegenteil: Höhere Nominaleinkommen, höhere Abgabenquoten....

Ich will mich auch nicht streiten, aber gerne diskutieren. Freue mich auch über neue Erkenntnisse... smilie_24 [/quote]

Beitrag 18.03.2014, 00:20

Geldsammler
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Senkt man den Steuersatz, so steigen, nach einigen Jahren, die Steuereinnahmen. Dieses scheinbar paradoxe Ergebnis läßt sich an vielen historischen Beispielen belegen, hier 3 aus den USA:

Andrew Mellon, der Finanzminister von Warren Harding und Calvin Coolidge, senkte von 1921 bis 1929 die Steuersätze:
für Einkommen unter 4.000 $/Jahr von 4% auf 0,5%;
für Einkommen von 4.000 bis 8.000 $/Jahr von 8% auf 2%;
für Einkommen über 8.000 $/Jahr von 73% auf 24%.
Die Einnahmen aus der Einkommensteuer stiegen von 719 Millionen Dollar in 1921 auf über eine Milliarde Dollar in 1929.

J.F.Kennedy senkte 1963 den höchsten Satz der Einkommensteuer von 90% auf 70%, alle anderen Steuersätze wurden um 30% reduziert. Die Steuereinnahmen stiegen danach insgesamt, so war das zu versteuernde Einkommen der Topverdiener um 40% höher als in den 50er Jahren.
Ronald Reagan senkte 1981 den höchsten Steuersatz von 70% auf 28%. Von 1982 bis 1989 stiegen die realen Steuereinnahmen um 24%. In 1980 brachten die Spitzenverdiener 18% der gesamten Einkommensteuer auf, in 1990 lag ihr Anteil bei 26%.
Aus: Steuerdiktatur, www.der-klare-blick.com

Die niedrigere Binnennachfrage habe ich als lineare Folge von niedrigeren (Real-)-Löhnen beschrieben. Hier haben wir aber wesentlich komplexeres, weil kybernetisches System, in dem dann auch solche vermeintlichen Paradoxien auftauchen können. Auch, wenn dies manch Gewerkschafter nie verstehen will, weil hohe Steuern ja gut sind um die Reichen abzukassieren...

Beitrag 18.03.2014, 04:59

lifesgood
...ich stelle ja nicht in Abrede, dass Steuersenkungen das Gesamtaufkommen steigern können.

Aber ich stelle in Abrede dass niedrigere Steuern in Verbindung mit niedrigeren Einkommen (wie von Dir gefordert) das Steueraufkommen steigern.

Der Grund ist ganz einfach, sieh Dir mal die Steuertabellen (wir haben einen Grundfreibetrag von 8.354 € und 14% Eingangssteuersatz) und die Einkommen der "Normalbevölkerung" an. Hinzu kommt dass aktuell Sozialleistungen wie Rente usw. auch aus Steuereinnahmen quersubventioniert werden. Sinkt die Steuer würden wohl die Sozialabgaben steigen müssen. Eine niedrigeres Steuerniveau in Verbindung mit niedrigeren Löhnen würde wohl für 60 - 70 % der Bevölkerung keinen oder gar einen negativen Effekt haben, weil sie schon jetzt so wenig Steuern bezahlen, dass sie durch die Steuerersparnis die Einkommenssenkung nicht kompensieren können. Würden dazu noch die Sozialabgaben steigen würde es fatal.

Und dieses Problem wird uns mit oder ohne Lohnsenkungen in den nächsten Jahrzehnten schon alleine durch die demografische Entwicklung auf die Füße fallen.

Um jedoch einen Effekt für die Wirtschaft und letztlich auch auf das Steueraufkommen zu erhalten, braucht man steigende Kaufkraft in der Masse und nicht in der Spitze.

Wenn ein kleiner Teil der Bevölkerung, der zuvor schon mehr hatte als er braucht, davon profitiert und sich noch ein paar Auslandsdomizile gönnt, hat die Binnenwirtschaft nichts davon.

Bevor jetzt die Neidkeule kommt. Ich würde mich durchaus als "besserverdienend" bezeichnen und habe in diesem Land schon Steuersätze über 50% + Vermögenssteuer bezahlt.

Nein, das wünsche ich mir nicht zurück, aber jedes Unternehmen braucht auch Kaufkraft in der Basis um auf Dauer erfolgreich und rentabel arbeiten zu können. Und die erreicht man nicht, wenn man den kleinen Leuten die Löhne senkt. Zudem würde dies die linken Parteien stärken und dann wäre für uns alle nach der nächsten Wahl Schluss mit lustig.

lifesgood

Edit: Hier noch eine Steuertabelle:

[img]http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... 50kEUR.png[/img]

und eine Tabelle, an der man die Entwicklung der Steuern in D ablesen kann:

[img]http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... _USt_D.jpg[/img]

Wenn man sich diese Tabelle ansieht, stellt man fest, dass die Steuern auf Einkommen gesunken sind, aber z.B. die Verbrauchssteuern (die von allen bezahlt werden müssen) von 10% in 1968 auf 19% also um 90% gestiegen sind.

Beitrag 18.03.2014, 06:39

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Ladon
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Geldsammler hat geschrieben:
Senkt man den Steuersatz, so steigen, nach einigen Jahren, die Steuereinnahmen. Dieses scheinbar paradoxe Ergebnis läßt sich an vielen historischen Beispielen belegen, hier 3 aus den USA:

Andrew Mellon, [...], senkte von 1921 bis 1929 die Steuersätze:
...
Die Einnahmen aus der Einkommensteuer stiegen von 719 Millionen Dollar in 1921 auf über eine Milliarde Dollar in 1929.

J.F.Kennedy senkte 1963 den höchsten Satz der Einkommensteuer von 90% auf 70%, alle anderen Steuersätze wurden um 30% reduziert. Die Steuereinnahmen stiegen danach insgesamt, [...]
Ronald Reagan senkte 1981 den höchsten Steuersatz von 70% auf 28%. Von 1982 bis 1989 stiegen die realen Steuereinnahmen um 24%. [...]
Aus: Steuerdiktatur, www.der-klare-blick.com

...
Wenn mir ein "Investmentberater" mit so einer Liste mit Beispielen für eine "sinnvolle Sache kommen würde, wären meine reflexhaften Fragen:

1.
Wie war die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in den Vergleichszeiträumen (Wirtschaftswachstum = nominal höheres Steueraufkommen, ebenso wie Inflation, zurück gehende Arbeitslosigkeit)?

2.
Warum betrachten alle Beispiele nur den Zeitraum von ungefähr einem Jahrzehnt?

3.
Wie sieht die WEITERE Entwicklung, also die volkswirtschaftliche Nachhaltigkeit der Maßnahme aus?

4.
Gibt es Gegenbeispiele? (Also Steuersenkungen ohne solchen Effekt) Wenn ja: Wieso wirkt es einmal und einmal nicht? Eventuell besteht gar keine Kausalität?


Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast ...


... auch nicht, wenn dir das Ergebnis gefällt-
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Beitrag 18.03.2014, 10:53

Geldsammler
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Ladon, alles berechtigte Fragen. Eine Volkswirtschaft ist kein Labor. Und regelmäßig macht die nächste Regierung wieder eine Kehrtwende, um ihre Klientel zu bedienen. Ich finde allerdings einen Zeitraum von 10 Jahren zur Betrachtung schon relativ lang. Inwieweit damit andere Effekte ausgeblendet, wie z.B. die Ergebnisse der Vorgängerregierung etc. .
Die Kausalität wird im zitierten Artikel modellhaft beschrieben. Ob das natürlich tatsächlich so ist, weiß wohl niemand.

Aber niedrige Steuern sind ein Ansatz, um die Kaufkraft und die Nachfrage zu stärken. Das gilt auch für höhere Einkommensschichten, da hier die Investitionen gefördert werden (richtig, Lifesgood: bei der Masse geht es eher in den Konsum. Falsch dagegen ist, dass Entlastungen bei höheren Einkommensgruppen oder Unternehmen zu keinen Effekten führt!). Allerdings wäre auch wichtig, reine Geldvermögen entsprechen konsequent zu versteuern.

Lest einfach mal den Artikel komplett durch. Es ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss und man sollte immer kritisch sein. Aber reflexartig nach Staatsinvestitionen und Notenbank zu rufen, um eine schwache Volkswirtschaft auf die Beine zu bringen, das funktioniert offensichtlich nicht oder nur in ganz bestimmten Situationen. Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft bewirken selten nachhaltig die (vorgegebenen) beabsichtigten Effekte, führen aber i m m e r zu Verzerrungen und Folgen, die keiner abschätzen konnte.

Beitrag 18.03.2014, 12:21

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Da bringe ich mal die Idee von Dirk Müller aus seinem letzten Buch ins Spiel. Mit einer europainternen Ausbeutung der riesigen griechischen Erdöl- und Gasvorkommen als Übergangslösung für eine europaweite Energiewende. Erscheint mir logisch und sehr konsequent gedacht. Und würde gar keine bis sehr überschaubare Staatsinvestitionen bringen, dafür aber einen Aufschwung in breiten Bevölkerungsschichten. Warum greift diese gute Idee keiner auf?? Wollen die Amis das wieder nicht?
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Beitrag 18.03.2014, 12:23

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Von einer Lohnsenkung wird in diesem Artikel nicht gesprochen. Eine Lohnsenkung fuehrt zu einem sofortigen Konsumverzicht, so dass die Unternehmen weniger umsetzen. Weiterhin wuerde eine Lohnsenkung gewisse Nebeneffekte hervorrufen. Das Angstsparen und verschuldete Haushalte bzw. Unternehmen bekommen grosse Probleme mit der Bedienung der Kredite, weil diese nicht mitgekuerzt werden.
Die Verringerung der Staatsausgaben (weil die Einnahmen im ersten Schritt fehlen) fuehrt zu negativen Multiplikatoreffekten (in Griechenland hat der IWF bzw. die EU diese Effekte vollkommen unterschaetzt), so dass die Wirtschaft noch staerker belastet wird.
Jeder vernuenftige Finanzminster versucht immer die Einahmen zu erhoehen, um ein Staatsdefizit zu bekaempfen. Die Ausgaben zu kuerzen, ist wegen dieser Multiplikatoreffekte tabu.
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 18.03.2014, 13:26

Geldsammler
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Ok, die Argumente gegen eine Reallohnsenkung sind erdrückend. Für eine nicht wettbewerbsfähige Volkswirtschaft ist allerdings die Senkung der Lohnstückkosten ein Muss. Dann bleibt eigentlich nur eine Steuer- und Abgabensenkung und ein damit verbundener Bürokratieabbau. Steigt die Wettbewerbsfähigkeit und sinkt die Verschuldung des Staates, dann wird auch die Währung stabiler und nimmt an Wert zu, was die Importe wiederum verbilligt. Damit steigt dann der Reallohn, ohne das die nominellen Löhne angehoben werden müssen.

Ich bin einfach der Meinung, dass die Menschen selbst am besten entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben. Der Staat und seine Lenker sind viel zu vielen Verführungen ausgesetzt und vertreten bei Ausgabe des ihnen anvertrauten Geldes nicht unbedingt den Willen und Nutzen des Volkes. Um es einmal vorsichtig ausgedrückt zu haben. Die Menschen konsumieren und investieren nur, wenn ihnen der Staat dazu genügend lässt.

Beitrag 19.03.2014, 08:36

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Preisverfall
Wirtschaftsexperten warnen vor Deflation

Ist Europa von einer Abwärtsspirale mit sinkenden Preisen und schwacher Nachfrage bedroht? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält diese Gefahr für real.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/p ... -1.1916478

Beitrag 19.03.2014, 09:28

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Auch auf die Gefahr hin zu langweilen: Die Deflation ist nicht das Problem, sondern das Symptom für nachlassende Nachfrage, sinkende Investitionen und sinkenden Verbrauch. Erst dadurch kommt es zu sinkenden Preisen. Sinkende Preise allein (z.B. durch geringere Rohölpreise etc.) können auch eine importierte Deflation darstellen, die eher positiv wäre. Zusätzlich findet die Deflation europaweit asymmetrisch (Länder, Branchen) statt. Während sich in bestimmten Ländern, Regionen und Branchen (Inflations-)Blasen bilden (Beispiel: Immobilien München), geht in anderen Ländern und Branchen die Luft aus. Das heißt eine zentrale Steuerung der Inflation/Deflation ist nicht möglich und führt nur weiter zu schlimmen Verzerrungen. Geld, das nach Spanien gepumpt wird, kommt auf dem deutschen Immobilienmarkt an etc..

Beitrag 19.03.2014, 10:18

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Ladon
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Das wird doch nie langweilig ;-)

Das ist auch alles schön und gut, was Du da sagst - aber gewarnt wird ja nicht vor irgendwelchen Preissenkungen, die auch positiv sein könnten, sondern das sind VWLer, die warnen vor dem, was sie eben "Deflation" nennen - und DAS ist nun mal ohne jeden Zweifel "gefährlich" für eine Volkswirtschaft.
Es hat nichts damit zu tun, was für Gründe irgendwelche Preissenkungen haben könnten, ob das "importiert" ist oder was auch immer. Denen geht es um das Phänomen, das in der Volkswirtschaftslehre "Deflation" genannt wird - mit seinen völlig außer Frage stehend negativen Entwicklungen.
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Beitrag 19.03.2014, 10:47

Geldsammler
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Eben, Ladon: eine vollkommen undifferenzierte Sichtweise. Wir haben eben nicht die eine Volkswirtschaft, sondern viele. Und die Deflation tritt ganz unterschiedlich auf. Auch halte ich die Deflation nur für ein Symptom, an dem man erkennt, dass etwas nicht optimal läuft. Aber erst, wenn ich an die Ursachen gehe, kann ich sehen, wo anzusetzen ist. Nur zu sagen: Vorsicht, wir haben Deflation in Europa, das reicht eben nicht. Wie schon beschrieben, hat eine importierte Deflation positive Effekte auf die einzelne Volkswirtschaft. Eine importierte Inflation führt zu riskanten Blasen. Auch Preissenkungen sind für die Volkswirtschaft per se nichts Schlechtes, wenn die Gewinnmargen erhalten bleiben (das geht beispielsweise durch günstigere Rohstoffpreise).

Mich stört einfach das undifferenzierte Wiedergeben von Schlagworten, ohne den Details und ihre Ursachen auf den Grund zu gehen. Das führt zu gar nichts, außer vielleicht zu ebenso undifferenziertem Handeln.

Und die Theorie, dass aufgrund fallender Preise Investitionen oder gar Konsum zurückgehalten werden, scheint mir nicht plausibel. Unternehmen investieren, wenn sie müssen, Menschen konsumieren, wenn sie müssen. Und sie tun es nicht mehr, wenn sie es nicht mehr können. Bei Investitionen vielleicht noch, weil sie keinen Kredit erhalten. Wenn die Kreditklemme Ursache der vermeintlichen Deflationsgefahr sein sollte, dann muss das auch benannt werden.

Beitrag 19.03.2014, 11:30

lifesgood
Geldsammler hat geschrieben: Und die Theorie, dass aufgrund fallender Preise Investitionen oder gar Konsum zurückgehalten werden, scheint mir nicht plausibel. Unternehmen investieren, wenn sie müssen, Menschen konsumieren, wenn sie müssen. Und sie tun es nicht mehr, wenn sie es nicht mehr können. Bei Investitionen vielleicht noch, weil sie keinen Kredit erhalten. Wenn die Kreditklemme Ursache der vermeintlichen Deflationsgefahr sein sollte, dann muss das auch benannt werden.
Wann müssen denn Unternehmen investieren? Wenn eine Maschine oder ein Fahrzeug kaputt ist, muss eine Ersatzbeschaffung gemacht werden, aber davon kann weder die Maschinen- noch die KFZ-Branche leben.

Die großen Investitionen von Unternehmen, werden aber nicht getätigt weil sie "müssen", sondern weil sie sich von der Investition Nutzen versprechen. Dieser Nutzen ist dann besonders groß, wenn das Unternehmen mit positiven Entwicklungen in der Zukunft rechnet.

Auch Menschen konsumieren nur den täglichen Bedarf, wenn sie müssen. Klar Lebensmittel usw. kann man nur bedingt aufschieben. Anders sieht es bei klassischen Konsumgütern wie Kleidung, Unterhaltungselektronik usw. usw. aus.

Ich persönlich kenne viele Frauen, die z.B. zum Saisonende warten, dass die teure Markenjacke reduziert wird, weil man den regulären Preis nicht bezahlen möchte. Gleiches gilt für Flachbildfernseher usw. usw. Sowas kauft doch keiner mehr regulär. Wenn die Entscheidung mal gefallen ist, wartet man ab, bis das Gerät der Wahl irgendwo im Angebot ist.

Mir gefällt diese Entwicklung nur bedingt, aber so sieht die Realität nun mal aus.

lifesgood

Beitrag 19.03.2014, 11:38

Geldsammler
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Ich vermute, dass die Kaufzurückhaltung keine Folge sinkender Preise, sondern ihre Ursache ist.
Und dass viele Unternehmen und Menschen gerade in den Krisenländern sich weniger aus Angst vor der Zukunft zurückhalten, sondern vielmehr weil sie das Geld nicht haben und es sich auch nicht besorgen können (Kredite).

Das mit dem Sparen und Schuldenabbau mag für wenige gelten, die noch regelmäßige Einkommen/Einnahmen haben. In Deutschland sehe ich zwar, dass viele kein Geld mehr haben. Hier liegt die Ursache aber gerade nicht an der Deflation, sondern an der Inflation (z.B. bei lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen, aber auch an steigenden Pflicht-Abgaben und gleichzeitig sinkenden Netto-Einkommen).

Beitrag 19.03.2014, 11:46

lifesgood
herakles hat geschrieben: In Folge fallen weiter die Preise von Autos, Maschinen etc, die arbeitsintensiv sind. Die Produktion wird zurückgefahren, Arbeiter entlassen oder in über Zeitarbeitsfirmen schlechter bezahlt. Dadurch sinkt das nachfragewirksame Einkommen weiter.
Ähm, kann es sein, dass Du Dir Dein Weltbild so zimmerst, dass es zu Deiner Argumentation paßt.

Wenn ich mir z.B. diesen Artikel: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/r ... 47078.html ansehe, zahlen die deutschen Autobauer fette Prämien an ihre Mitarbeiter. Wohl nicht, weil es so schlecht läuft.

Was die Besteuerung von Vermögen angeht, ist das eine gefährliche Sache. Eine solche Substanzsteuer mindert die Substanz und zudem den Wert der Substanz. Wer sollte noch Interesse z.B. an Immobilienvermögen haben, wenn es zu stark besteuert wird.

Besteuert werden soll der Ertrag des Vermögens und das wird er auch jetzt schon. Wenn bei Immobilien an Ertragssteuern für Mieten und Vermögenssteuern für die Immobilie mehr Steuern bezahlen müßte, als die Miete Ertrag bringt fällt der Wert und damit die zukünftige Vermögenssteuer ins Bodenlose. Somit hätte eine Besteuerung des Vermögens wohl eine heftige Sachwertdeflation zur Folge.

Jeder Bauer weiß, dass er eine Kuh viele Jahre melken, aber nur einmal schlachten kann.

Wir sollten lieber zusehen, dass die Erträge die in D erwirtschaftet werden, auch hier versteuert werden und nicht durch irgendwelche Firmenkonstrukte in Billigsteuerländer verschoben werden.

lifesgood

Beitrag 19.03.2014, 12:02

lifesgood
Geldsammler hat geschrieben:Ich vermute, dass die Kaufzurückhaltung keine Folge sinkender Preise, sondern ihre Ursache ist.
Nun, die Frage, ob es zuerst die Henne oder das Ei gab, werden wir nicht klären können.

Aber Fakt ist nun mal, wenn der Mensch weiß, dass ein Produkt teurer wird, je länger er mit dem Kauf wartet (Inflation) ist er eher geneigt schnell zu kaufen. Weiß er hingegen, dass ein Produkt z.B. in 3 Monaten billiger sein wird, als aktuell, so wird er, wenn er das Produkt nicht dringend benötigt, eher die 3 Monate noch abwarten.

lifesgood

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