PIIGS -- EURO IN GEFAHR

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 14.09.2011, 04:40

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Ladon
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steff hat geschrieben:...
wäre es da nicht einfacher, man übernimmt die kompletten staatsschulden, somit hätte man eine feste größe zum rechnen, und gibt griechenland frei?
...
Das Tilgen von Schulden ist in dem ganzen Spiel nicht unbedingt das Ziel.

Erstens weil dadurch die Geldmenge gesenkt wird (jeder Schuld steht ein entsprechendes "Guthaben", bzw. eine Forderung gegenüber), was durchaus Folgen haben kann. Und wir reden hier nicht von imaginärer Geldvernichtung wie sie bei "fallenden Kursen" stattfindet (Da wird eben gerade kein Geld "vernichtet", obwohl es den Kleinanlegern immer glauben gemacht wird). Nein, hier ist ganz konkret von Reduzierung der Geldmenge die Rede.

Zweitens weil es die Zinsen sind, die das Geschäft (für die Banken, die den Griechen die Kohle rübergeschioben haben) ausmachen! Tilgung ist "langweilig". Bei jedem Standard-Privatkredit zahlst du ZUERST die Zinsen, dann erst wird getilgt - was ja nur bedeutet, dass es die Zinsen sind, auf die es den Banken ankommt, denn das ist Geld, das du erarbeiten musst. Das verliehene Geld selbst haben die Banken (sehr vereinfacht ausgedrückt, denn der Prozess ist erheblich komplexer als es oft dargestellt wird) "am Anfang des Tages" erschaffen. Ob das zurück kommt, ist zweitrangig.

Drittens bedeutet Schuld auch Abhängigkeit. Ist also ein Mittel zur Machtausübung.
Wenn man mal nach Portugal blickt, wird das (soweit ich das beurteilen kann, Portugal interessiert mich ein wenig) viel klarer als in der "Causa" Griechenland. Die Hellenen haben schon geschummelt als sie dem Euro beigetreten sind, das ist augenscheinlich klar. Die Portugiesen bemühen sich aber wirklich. Da ziehen Politiker jeder Coleur an einem Strang, die öffentliche Meinung geht dahin, dass man bereit ist "den Gürtel enger zu schnallen" (und reich sind die wahrlich nicht, die Portugiesen) ... aber "die Märkte" honorieren das nicht. Und so werden, einer nach dem anderen, die Staaten wohl ihrer Souveränität beraubt.
Dabei liegt für mich persönlich die Betonung auf "beraubt", denn ich bin eigentlich (und insoweit z.B. einer Meinung mit dem alten H.W.Sinn) ein Befürworter der europäischen Einigung. Und es ist also die Art und Weise, wie diese "Einigung" vorangetrieben wird, die indiskutabel ist. Da darf man sich in erster Linie bei Kohl bedanken, dessen grundlegendes Credo es ja war, dass man "Einigung" erkaufen kann.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 14.09.2011, 06:22

chrom
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smilie_01
Genauso ist das. Die Banken holen sich das Geld für 1% bei den Zentralbanken und geben es zu
weitaus höherem Zinssatz weiter. Das Geld selber gehört ihnen gar nicht.
Einzig die Zinsen sind ihr Geschäft. Und das lohnt sich auf viele Jahre hinweg.
Ohne Rücksicht auf die Bevölkerung wird kassiert und die Politik schreitet nicht ein.
Die Banken sind anscheinend heilig.
Und wenn diese sich übernommen haben und keine Zahlungen mehr bekommen - tja dann springt
der Staat ein. Superdeal. Was passiert eigentlich wirklich, wenn man die Banken sterben lassen würde?

Da die Zentralbanken Geld ohne Limit zu Verfügung stellen, brauch man den Sparer im Grunde
nicht mehr und man kann Zinsen immer tief halten.
Wenn Geld zu teuer wird, dann druckt man einfach schnell nach.
Interessant wäre, wie lange so was letztendlich gut geht. Bis 10 Billionen? Oder 100 Billarden?
Könnte man sowas vorneweg schon irgendwie berechnen? Wahrscheinlich nicht.
Das Endergebnis dürfte aber wohl klar sein.

Beitrag 14.09.2011, 06:59

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Tubenhannes
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Den Sparer braucht man eh nicht. Gewünscht und notwenig ist der Kreditler. Sonst funktioniert das System nicht.

Beitrag 14.09.2011, 06:59

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Ladon
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chrom hat geschrieben:... Genauso ist das. Die Banken holen sich das Geld für 1% bei den Zentralbanken und geben es zu
weitaus höherem Zinssatz weiter. Das Geld selber gehört ihnen gar nicht.
...
Hier muss ich nochmal einhaken.
Genau das meinte ich mit "stark vereinfacht", denn wie Du es hier schreibst ist es eben nicht!

Es ist keinesfalls so, dass Geschäftsbanken zur Vergabe von Krediten sich Geld von der Zentralbank "holen" und dieses dann weitergeben. Wenn überhaupt die Zentralbank ins Spiel kommt, dann nur in Form der "Mindestreserve" dort, welche von den Banken gesetzlich verlangt wird; d.h. das Volumen der vergebenen Kredite muss in bestimmter Höhe durch ein Guthaben bei der Zentralbank "gedeckt" sein. Ein "Guthaben bei der Zentralbank" ist nichts anderes als eine Forderung an die Zentralbank und ist durch "Zentralbankgeld" gedeckt. Ist diese Mindestreserve zu niedrig - oder droht zu niedrig zu werden - muss die Bank sich "gutes Geld" (= von der Zentralbank akzeptierte Forderungen an Dritte!!!) besorgen und ihr Zentralbankkonto aufstocken. In der Regel refinanzieren sich die Banken dafür untereinander.

Anmerkung:
Guthaben bei der Zentralbank können von den Geschäftsbanken "in bar" abgehoben werden ... in diesem Moment wird z.B. aus buntem Papier Geld - oder, wie ich lieber sage: ein anerkanntes (und gesetzliches) Tauschmittel, denn dass dieses Geld nur sehr bedingt zum Werterhalt (auch eine Geldfunktion) taugt, wissen wir hier alle).

Selbst ob Geschäftsbanken durch Kreditvergabe Geld schöpfen, es also einfach "erschaffen" wenn sie einen Kredit vergeben, ist umstritten (Und zwar durchaus auch unter "Systemgegnern"! Aber auf diese "akademische" Diskussion möchte ich eigentlich hier nicht eingehen; das ufert aus ...).
Das Grundprinzip ist - unbehelligt von solchen, ich möchte fast sagen "weltanschaulichen" Fragen - dass Banken die "Einlagen" von Kapitalbesitzern an Kapitalbenötiger vermitteln. Dafür teilen sie sich mit den Kapitalbesitzern als "Gebühr" den Zins (Gegen den im Prinzip, also als "einmalige Gebühr", ja auch nichts zu sagen wäre. Das Problem entsteht durch die Akkumulation des Zinseszins ... aber auch das nur nebenbei). Gegen diese Funktion als "Kapital-Vermittler" ist in einer komplexen Volkswirtschaft nichts grundllegendes einzuwenden!
Allerdings bleiben die "Forderungen" der Kapitalbesitzer an die Bank immer unangetastet, auch wenn (sozusagen) ihr Geld gerade an einen Dritten verliehen ist. DAS ist der Knackpunkt. Nicht etwa, dass ihnen (den Banken) das Geld nicht gehört. Das liegt in der Natur der Sache bei einem Vermittlungsgeschäft.

Das alles ändert natürlich nichts am strukturellen Problem dieser [s]W[/s]Geldordnung. Insofern ist meine "Mäkelei" an der Aussage nur eine Marginalie ...

Ach ja, wenn man "die Banken sterben lassen würde", bekommt in diesem System der Staat kein Geld mehr. DAS ist, was Bankenkrisen so "gefährlich" macht. Insofern sind direkte Ankäufe von Staatsanleihen durch Zentralbanken der Teufel mit dem der Beelzebub der Abhängigkeit von den Geschäftsbanken ausgetrieben wird - aber durchaus ein (eher verzweifelter) Versuch der Politik Handlungsfähigkeit zu erhalten (Bitte beachten! Ich spreche hier sozusagen die "Argumentation" IM System aus! Ich verteidige diese Praktiken NICHT.)
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Beitrag 14.09.2011, 07:21

chrom
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Danke für die schnelle Antwort und die Mühe der Aufklärung. Man lernt ja nie aus.
Trotzdem nicht einfach nachzuvollziehen.
Ach ja, wenn man "die Banken sterben lassen würde", bekommt in diesem System der Staat kein Geld mehr.
Und ich Dummi dachte immer der Staat bekommt durch Steuern sein Geld!
smilie_08

Aber Du meinst wohl die Schuldenaufnahme bei den Banken. (Staatsverschuldung)

Das hieße im Umkehrschluss die Banken können nur überleben, wenn andere Schulden machen.
Deswegen haben sie großes Interesse, dass Schulden gemacht werden.
Eine Lebensweise, wie unsere vorige Generation, sparsam und ohne Schulden zu leben, wäre
dann wohl der Tod der Banken?

Beitrag 14.09.2011, 07:31

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Ladon
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chrom hat geschrieben:...
Trotzdem nicht einfach nachzuvollziehen ...
Die Vernebelung ist Methode! Das SOLL gar nicht einfach zu verstehen sein. Obwohl es "ganz tief unten" einfache Mechanismen sind auf die im Laufe der Zeit Schicht um Schicht immer kompliziertere und undurchdringliche Geflechte aufgetragen wurden.
chrom hat geschrieben:...
Aber Du meinst wohl die Schuldenaufnahme bei den Banken. (Staatsverschuldung)
Ja, danke für diese Ergänzung! Das ist natürlich richtig so wie Du sagst.
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Beitrag 14.09.2011, 07:57

ringo240
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@smileover

vielen Dank für die Info

heute Morgen kommt nun die Bestätigung von Moody`s


auf CNBC.COM

Moody's Investors Service said on Wednesday that it downgraded the credit ratings of Societe Generale and Credit Agricole.

Beitrag 14.09.2011, 08:21

smilelover
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Habe ich auch gerade gesehen, und für BNP Paribas brauchen sie noch eine längere Frist zur Überprüfung. Eventuell wird auch BNP abgestuft, dann wären das alle drei großen französichen Banken.

Über dem großen Teich sterben die kleinen US Banken


http://www.fdic.gov/bank/individual/fai ... klist.html

Beitrag 14.09.2011, 13:04

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Waschel
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Hm, scheinbar kämpfen die Griechen ja wie Titanen um ihren Schuldenberg loszuwerden. Irgendwas Sinnvolles hervorgebracht haben sie aber bis jetzt noch nicht:
Schließung überflüssiger Behörden

Im zweiten Rettungspaket wurde vereinbart, dass 150.000 Jobs im öffentlichen Sektor gestrichen werden. Das soll vor allem dadurch geschehen, dass 150 Institutionen abgewickelt werden, die in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut worden waren, aber keine sinnvollen Aufgaben haben. Die Mitarbeiter sollten in eine Auffanggesellschaft überführt, zwei Jahre mit 60 Prozent ihres Gehalts entlohnt und anschließend entlassen werden. Die Auffanggesellschaft sollte im August eingerichtet worden sein. Die Regierung hat das Projekt bis Dezember auf Eis gelegt.
Anzeige

Gehaltsreform im öffentlichen Sektor

Bereits im September 2010 sollte ein einheitliches Gehaltssystem für den öffentlichen Dienst geschaffen werden, um die Besoldung gleich und transparent zu gestalten und Einsparungen zu erreichen. Als das nicht geschah, legte ein revidierter Zeitplan den Beginn auf Juli 2011 fest. Nachdem dieser Termin verstrichen war, wurde das Projekt auf Oktober 2011 verschoben.

Zugangsbeschränkungen für Berufe

Das Land hat sich verpflichtet, Zugangsbeschränkungen für 140 Berufe aufzuheben. Das Gesetz liegt vor, wird aber nicht verabschiedet, weil Berufsverbände wie die der Taxifahrer, Rechtsanwälte und Apotheker ihren ganzen Einfluss dagegen geltend machen.

Privatisierung

Bis 2015 sollen staatliche Unternehmen privatisiert werden. Die Privatisierungsbehörde konnte zwar aufgebaut werden, aber sie hat bisher noch nicht als ersten Schritt alle Eigentumsrechte auf sich übertragen. Es ist völlig unklar, in welchem Maße Staatsfirmen privatisiert werden, ein ursprünglich geplanter Erlös von 50 Milliarden Euro gilt als vollkommen illusorisch. Bisher wurden 400 Millionen erzielt.

Sparvorgaben

Finanzminister Venizelos hat Anfang September gesagt, er wolle die Neuverschuldung um über einen Prozentpunkt über den vereinbarten Satz erhöhen und schlug vor, dass die EU dafür die bis 2014 geplanten Hilfszahlungen vorzieht. Die Troika – EU, IWF und EZB – verließ daraufhin die Verhandlungen.

Immobiliensteuer

Regierungschef Papandreou kündigte zur Beruhigung der EU eine Immobiliensteuer an, die mit der Stromrechnung erhoben wird. Die Troika kehrt am Mittwoch zu den Verhandlungen zurück.
Quelle


Darauf einen gepflegten Ouzo! smilie_15

Beitrag 14.09.2011, 13:06

silverlion
Habe schon sicherheitshalber meine paar Groschen
von der Dt. BNP-Tochter abgezogen
(Der Name fällt mir grad nicht ein, Costa Cordalis oder so smilie_16 )

Beitrag 15.09.2011, 15:54

chrom
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Ladon wrote:
Es ist keinesfalls so, dass Geschäftsbanken zur Vergabe von Krediten sich Geld von der Zentralbank "holen" und dieses dann weitergeben. Wenn überhaupt die Zentralbank ins Spiel kommt, dann nur in Form der "Mindestreserve" dort, welche von den Banken gesetzlich verlangt wird; d.h. das Volumen der vergebenen Kredite muss in bestimmter Höhe durch ein Guthaben bei der Zentralbank "gedeckt" sein. Ein "Guthaben bei der Zentralbank" ist nichts anderes als eine Forderung an die Zentralbank und ist durch "Zentralbankgeld" gedeckt. Ist diese Mindestreserve zu niedrig - oder droht zu niedrig zu werden - muss die Bank sich "gutes Geld" (= von der Zentralbank akzeptierte Forderungen an Dritte!!!) besorgen und ihr Zentralbankkonto aufstocken. In der Regel refinanzieren sich die Banken dafür untereinander.
csf/Reuters/dpa wrote:
Auszug:
Die Notenbanken landen einen Coup im Kampf gegen die Vertrauenskrise an den Märkten: Die wichtigsten Zentralbanken der Welt machen den Dollar-Geldmarkt in Europa bis ins kommende Frühjahr wetterfest. Banken bekommen bei Bedarf so viele Dollar wie sie wollen. Am Finanzmarkt sorgt die gemeinsame Aktion für ein steigende Kurse.
Quelle


Hallo Ladon.
Sorry wenn ich nochmals lästig werde. Interessiert mich einfach.

Ist der markierte Satz nun nach wie vor an die Bedingungen geknüpft, welche Du aufgeführt hast?

Beitrag 15.09.2011, 19:36

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Ladon
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@ chrom

Bei diesem Thema ist es ja immer so, dass man leicht aneinander vorbei redet, vereinfacht oder sich unklar ausdrückt. Greenspan soll mal in einem Ausschuss so oder so ähnlich gesagt haben: Wenn sie mich verstanden haben, dann habe ich unzulässig vereinfacht.

Wie dem auch sei. Ich schrieb oben im von Dir zitierten Abschnitt "In der Regel ..." und Du hast vollkommen recht, mich auf die Auslassungen hinzuweisen! Gut, also noch etwas tiefer rein.
Wir müssen zwischen Zentralbankgeld und dem "Buchgeld" der Geschäftsbanken unterscheiden, welches (höchstwarscheinlich ... aber das lassen wir jetzt wirklich beiseite) durch Kreditvergabe der Geschäftsbnken entsteht und übrigens zunächst mal als Giralgeld kein "gesetzliches Zahlungsmittel" ist. Diese Kredite sind im sogenannten "fractional reserve banking" System lediglich zum Teil durch wirklichen "Kassenbestand" (also "Zentralbankgeld") gestützt. Die zu vergebende Kreditmenge ist durch die Mindestreserveanforderungen limitiert. Die "Mindestreserve" besteht aus dem "Guthaben" der Geschäftsbank bei der Zentralbank.
So, nun kann ein solches "Guthaben" der Zentralbank logischerweise nicht in dem Sinn "eingezahlt" werden, weil es ja kein "Buchgeld", also durch Kreditvergabe geschaffenes Geld, sein kann. Es kann aber auch keine Bargeldeinzahlung sein, wie man vielleicht vermuten könnte, weil das Bargeld (Noten) ja nur durch eine "Abhebung" der Geschäftsbank vom Zentralbankkonto überhaupt erst in ihre Kasse gelangt ist, also lediglich ein Tausch von "Notengeld" (bar) in ein Zentralbankguthaben (unbar, aber immer noch "Zentralbanksgeld") sein könnte, das - mutatis mutandis - bereits VORHER existiert haben müsste. Mithin ist auf diese Weise kein "Guthaben" bei der Zentralbank zu erlangen das nicht schon vorher einmal existiert hat!
Tatsächlich kann ein Guthaben bei der Zentralbank initial natürlich nur durch einen Kredit der Bank bei der Zentralbank entstehen!
Und genau DAS ist ja die Geldschöpfung aus dem Nichts! Geld im Sinne von "Zentralbankgeld" entsteht durch Kreditvergabe.
... was uns eigentlich klar ist, man nimmt es in diesem Kontext nur schwer wahr!
Und genau das war meine Auslassung, weil es hierbei um die initialen Vorgänge geht, wohingegen in der Realsituation weitere Faktoren dazu kommen und von großer Bedeutung sind: Unter anderm nämlich die gegenseitige Refinanzierung der Geschäftsbanken untereinander, indem sie sozusagen Überweisungen auf ihren Zentralbankkonten vornehmen und dadurch die ihnen mögliche Kreditvergabemenge ändern.

Doch zurück: Ein Zentralbankguthaben ist per definitionem durch Zentralbankgeld (sagen wir der Einfachheit halber durch Bargeld) gedeckt - die Notenbank "druckt" es eben, wenn es "abgehoben" wird. Das ist natürlich nur im Rahmen der Mindestreserveanforderungen real möglich. So, jetzt wird klar, dass die Anforderungen die die Zentralbank für ihre Kreditvergabe (= Geldschöpfung) an Geschäftsbanken es sind, die das verfügbare Geld "draußen" steuert. Wenn die Presse also salopp schreibt, dass sich die Geschäftsbanken bei der Zentralbank mit Geld versorgen, heißt das nun, dass die Zentralbank die Erhöhung von Zentralbanksguthaben für die Geschäftsbanken erleichtert - z.B. durch niedrigen Zins oder auch durch die Anforderungen an die Sicherheiten oder durch ein Absenken der Mindestreserveanforderung.
Es ist aber nicht so, dass Deine Bank sich das Geld, das Du als Kreditnehmer BEI IHR gutgeschrieben bekommst von der Zentralbank auch holen müsste! "Nur" die Anforderungen der Mindestreserve müssen erfüllt sein. Dann vergibt die Bank den Kredit und schöpft selbst "Giralgeld", welches aber nur "teilweise" durch Zentralbankgeld gedeckt sein muss und natürlich in der Bilanz ausgeglichen ist, weil dem durch Kredit entstandenen Guthaben eine Schuld gegenübersteht.
Wenn alles glatt läuft, dann können Banken bei erhöhtem Kapitalbedarf (wie gesagt) das sozusagen außerhalb der Zentralbank untereinander regeln; und das geschieht auch in hohem Maß. Geraten die Banken aber in Nöte - z.B. weil sie Abschreibungen bei Sicherheiten vornehmen müssen, bleibt ihnen nur der "lender of the last resort": Weitere Kreditaufnahme bei der Zentralbank. Das ist aber nur das Fundament der Sache, der "Kern", und nicht etwa der reale Vorgang am Bankschalter.

... das war jetzt immer noch ziemlich vereinfacht, aber man sieht, wie schnell bei diesem Thema "Abhandlungen" herauskommen, wenn man beginnt den "Nebel um das Geld" etwas zu lichten. Nicht wenige Leute glauben, dass diese Verschleierungen sehr bewusst gemacht werden, eben weil es dadurch kaum noch möglich ist "zum Punkt" zu kommen, weil man immer wieder noch einen Punkt berücksichtigen müsste ... und noch einen ... und noch einen ... und dann weiß man schon nicht mehr wie man den Satz eigentlich angefangen hat.




Da es sich bei dem Zitat eindeutig nur um DOLLAR handelt, habe ich überdies den Verdacht, dass es hier nicht um Geldschöpfung an sich geht, denn Dollar können ja nur vom FED "gedruckt" werden, aber nicht von DEN ZentralbankEN. Das verwirrt mich etwas. Möglicherweise geht es eher um Devisengeschäfte der Zentralbanken untereinander, die letztlich durch das FED befeuert wird. Aber das ist Spekulation von mir.
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Beitrag 15.09.2011, 19:50

chrom
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Puuhhh Ladon. Starker Tobak.
Sorry das schaffe ich beim erstenmal nicht zu erfassen.
Werde das ein paar mal durchlesen müssen. Querlesen geht mal gar nicht.
Das muss ich in aller Ruhe durcharbeiten.
Das hat man davon, wenn man einfach zu denken versucht!
:wink:

Auf jeden Fall vorab mal herzlichen Dank für die Mühe die Du Dir
machst so ausführlich und qualitativ zu schreiben.
Das ist nicht selbstverständlich.
smilie_12


Ich werde mir Deinen Text ausdrucken und nach und nach zu Gemüte führen.

Auf jeden Fall gibst Du einem das Gefühl bei kommenden Fragen wirklich zu
überlegen was man da fahrlässig nachfrägt.
:wink:


DANKE

Beitrag 15.09.2011, 20:13

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Ladon
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"Fahrlässige Fragen" gibt es nicht ;-)

Ich denke wir haben hier im Forum mehr oder weniger alle den Anspruch, dass dies nicht nur nettes Plaudern (das natürlich auch gern mal) ist, sondern eben auch die (etwas hochtrabend) Bereitstellung von Informationen - also ist es selbstverständlich, dass ich im Rahmen des mir möglichen bemüht bin brauchbare Informationen zu liefern.

Daher vielleicht noch der letzte Zusatz (dann bin ich zu müde heute):
Im Kern wollte ich sagen, dass die Aussage "Banken bekommen Geld von der Zentralbank" eben auch einiges "auslässt". Es trifft die Sache wohl besser besser, wenn es heißt "die Zentralbank erleichtert den Banken die Möglichkeiten eigene Kredite zu vergeben" (womit dann auch die Streitfrage ob es sich dabei dabei um "Geldschöpfung" im strengen Sinn handelt elegant umschifft ist).
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Beitrag 15.09.2011, 20:31

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tut.anch.amun
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Hallo Ladon,
allerdings, auch das sollte man hierbei nicht vergessen, wirkt sich dieses "Geld für Banken" auch in der Zentralbank nicht gerade positiv aus:
Die EZB vergibt auch nur neue Kredite, um bestehende Brände kurzfristig zu löschen. Diese neuen Forderungen werden in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr zusätzlich fällig. Die Liquiditätsprobleme in der Finanzbranche sind im Grunde seit der Lehman-Pleite nicht aus der Welt geschafft, sondern sie wurden wieder und wieder in die Zukunft verschoben.
Erkennbar ist dies auch an der Entwicklung der EZB-Bilanz. Per Dezember 2007 betrug die konsolidierte Bilanzsumme des Euro-Systems 1,28 Billionen Euro. Anfang September 2011 waren es 2,09 Billionen Euro. Innerhalb von nur vier Jahren hat sich die Summe der EZB-Aktiva damit fast verdoppelt!
http://www.goldreporter.de/so-schnell-k ... ews/14205/
Dieses Tempo ist hingegen ebenso beachtlich wie auch gefährlich, denn an den Zentralbanken entscheidet sich letztendlich auch der Wert einer Währung, darüber hinaus gibt es keine Instanz und keinen Retter mehr, nur noch den Himmel, man ist mittlerweile an der letzten Instanz angekommen.
Grüsse
Tut
" Um klar zu sehen genügt oft schon eine geringe Veränderung des Blickwinkels "

Beitrag 15.09.2011, 23:27

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Drache
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@ ladon,

du läßt ausser acht, daß es viele zentralbanken und nochmehr geschäftsbanken gibt..... auch fehlt mir in deiner erklärung die funktion die bankenaufsicht und geltende gesetze.
zentralbanken weltweit steuern das geschehen und entstehen von geld. und es ist schlicht und ergreifend egal, ob es "giral-geld" , "buchgeld" oder "bargeld" lautet, denn geld wechselt täglich...nein sekündlich von einem in den anderen zustand.
eben noch "giralgeld" , im nächsten moment schon durch verfügung "bargeld". mir gefällt nicht , dass hier immerwieder forderung mit schuld gleichgestellt wird. rethorisch mag es ähnlicheiten geben, juristisch sieht das wieder ganz anderst aus! ich habe bei bankguthaben eine garantierte forderung gegenüber der bank. die bank hat aber bei mir keine schuld, sondern eine gesetzliche verpflichtung zur auszahlung meiner forderung/guthaben. darauf basiert der vertrag zwischen mir und meiner bank.
oder bin ich gläubiger einer bank.....??? dann wäre ja jeder geldschein ein schuldtitel.....bis zur vollstreckung.
smilie_11

Beitrag 16.09.2011, 01:00

steff
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Drache hat geschrieben:@ ladon,

du läßt ausser acht, daß es viele zentralbanken und nochmehr geschäftsbanken gibt..... auch fehlt mir in deiner erklärung die funktion die bankenaufsicht und geltende gesetze.
zentralbanken weltweit steuern das geschehen und entstehen von geld. und es ist schlicht und ergreifend egal, ob es "giral-geld" , "buchgeld" oder "bargeld" lautet, denn geld wechselt täglich...nein sekündlich von einem in den anderen zustand.
eben noch "giralgeld" , im nächsten moment schon durch verfügung "bargeld". mir gefällt nicht , dass hier immerwieder forderung mit schuld gleichgestellt wird. rethorisch mag es ähnlicheiten geben, juristisch sieht das wieder ganz anderst aus! ich habe bei bankguthaben eine garantierte forderung gegenüber der bank. die bank hat aber bei mir keine schuld, sondern eine gesetzliche verpflichtung zur auszahlung meiner forderung/guthaben. darauf basiert der vertrag zwischen mir und meiner bank.
oder bin ich gläubiger einer bank.....??? dann wäre ja jeder geldschein ein schuldtitel.....bis zur vollstreckung.
smilie_11


wenn sich jeder an die geltenden gesetze und verträge gehalten hätte, wären wir heute, mit höchstmöglicher wahrscheinlichkeit, nicht in dieser momentanen lage, bzw. krise.

wie der name "bankenaufsicht" schon sagt, hatten sie nur die aufsicht, mal drüberschauen und dann einen bericht schreiben. ähnlich wie die pausenaufsicht in der schule ... einige schüler durften machen was sie wollten, über andere gab es eine meldung und sie mussten die hausordnung abschreiben.

seit jeher wurden kontrollorgane, gremien, expertenausschüsse, sondergipfel und weiß gott noch alles einberufen, um probleme zu lösen. was es bis jetzt gebracht hat, sehen wir in diesen tagen. eigentlich alles nur beschwichtigung und hinhaltetaktik, die eigentlichen ziele werden wohl erst später bekannt.

UND JA, EIN GELDSCHEIN IST EIN SCHULDTITEL.
schließlich habe ich auch den ganzen vorherigen monat dafür gearbeitet und leistung erbracht. ich kenne keine firma, die mir zuerst einen monatslohn gibt und dann guckt, was ich so mache.
wenn es so eine firma gibt, bitte adresse an mich ... ich bewerbe mich sofort
"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher."
Albert Einstein

Beitrag 16.09.2011, 08:23

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Ladon
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@ tut.anch.amun
@ Drache
@ steff

Bitte missversteht mich jetzt nicht, aber ich gehe nicht auf die "Einwände" ein. Das ist kein Missachtung (!) und wir können gerne an anderer Stelle darauf zurück kommen, aber im Interesse der allgemeinen Verständlichkeit:
Ja, ich lasse wieder vieles weg.
Ja, ich vereinfache wieder.
Ja, es gibt noch VIEL mehr zu beachten.

Aber wenn wir jetzt in jedes Detail einsteigen, dann weiß heute abend kein Leser oder Teilnehmer dieses Threads mehr, um was es eigentlich geht. Ich habe am Rande darauf hingewiesen: Das Thema birgt die Gefahr, dass man rein deswegen keine Antworten bekommt, weil IMMER jemand sagen kann: "Aber da ist noch dies ... und das ... und das".

Daher bitte ich darum mal ganz eng an der Fragestellung zu bleiben:
- Es ging darum, wie Geld von der Zentralbank erzeugt und über Banken in "die Volkswirtschaft" eingespeist wird.
- Ich habe versucht zu erklären, dass dies nicht einfach durch Kredite der Zentralbank an die Geschäftsbanken geschieht und wie (im Ansatz!) dieser Mechanismus aussieht.

Lasst uns bitte erst dieses für sich schon schwierige Thema abhandeln, dann wenden wir uns den anderen Fragen zu. Ich habe stets darauf verwiesen, dass ich vom "initialen" Mechanismus schreibe und sozusagen ein vereinfachtes Modell anbiete!
Das Rutherfordsche Atommodell entspricht auch nicht der Wirklichkeit, eignet sich aber doch hervorragend um bestimmte (v.a. chemische) Vorgänge zu beschreiben und ist da auch sehr präzise. In genau solchem Sinne bitte ich meine Aussagen zu verstehen (Ohne dass ich mit Rutherford vergleichen möchte, denn "mein" Modell habe ich nicht selbst entwickelt)!
Danke.

@ chrom
Ich habe bezüglich der von Dir zitierten Pressemeldung nochmal nachgehakt. Es ist tatsächlich so, dass es dabei um Kredite der Zentralbanken an Geschäftsbanken in Dollar geht. Also um einen Vorgang, wo die Zentralbanken nicht als "geldschöpfende Notenbanken" in Erscheinung treten, sondern tatsächlich als "normale" Kreditgeber am Finanzmarkt.
Das hat also mit Geldschöpfung nur insoweit zu tun, als es wohl auch ein Kottau vor den Amis ist, die mal wieder hübsch ihre Dollars exportieren können ... wie dereinst die erzwungenen "Stützungskäufe" unter dem "Bretton-Woods-System", und DEREN überbordende Geldschöpfung betrifft.
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Beitrag 16.09.2011, 11:40

peter
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mit den Schulden ist wie mit dem Alkohol, Politiker können nicht davon ablassen , denn sparen ist unpopulär also werden Schulden gemacht und in die Zukunft verschleppt . Somit wird dem Wahlvolk entsprochen und Ihnen viel Soziales geschenkt ,damit "besoffenen Politiker" sich noch mehr am Schulden machen berauschen. Wobei es zweierlei schulden gibt :

-Gute Schulden, die gemacht werden um Investionen zu tätigen. Die Investionen erbringen Profite mit denen dann die Schulden zurückgezahlt werden können.

-Schlechte Schulden, die gemacht werden um die Zinsen für die Schulden zurückzuzahlen .

Fazit es gibt immer weniger Spielraum für gute Schulden sprich Investionen da nur schlechte schulden gemacht wurden . Also "Flasche leer".

MFG
peter
peter24

Beitrag 16.09.2011, 12:34

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Wohnort: Mittelhessen
Ich weiß nicht, ob es schon jemand gesehen hat, hier die Meinung der Vordenker in Asien.

http://www.faz.net/artikel/C30638/singa ... 87251.html

Gruß 31,1
Sei gut zu Deinen Kindern - sie suchen dein Pflegeheim aus.

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