Technische Analyse für Edelmetalle

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 03.12.2013, 14:54

donnyflame
Um ein bisschen Ordnung in die verschiedenen Bereiche der Analysen zu bringen, habe ich diesen neuen Faden eröffnet, der sich im Kern mit der technischen Analyse von Edelmetallen beschäftigen soll.

Von Einsteigerfragen zu den einfachsten Grundlagen bis hin zu den komplexesten Theorien und Prognosen ist hier alles willkommen.

Hier können alle ihre Gedanken zu diesem Thema äußern und auch die Analysen von Herrn Esnaashari diskutieren.

Verbindungen zwischen anderen Analysemethoden(Bsp. fundamental) und der technischen Analyse sind hier ebenfalls gern gesehen.

Kritik jeglicher Form darf hier sehr wohl geäußert werden, solange sie gut begründet und an der Sache orientiert ist.

Ich hoffe mit diesem Faden können wir alles rund um dieses Thema einfangen und in eine für die interessierten Leser übersichtliche Struktur bringen.



Grüße
DF

** Danke an STTL. Schön das von deiner Seite auch mal etwas positives kommt
Zuletzt geändert von donnyflame am 03.12.2013, 16:16, insgesamt 2-mal geändert.

Beitrag 03.12.2013, 17:17

Geldsammler
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Meinst Du jetzt Chartanalyse oder die Analyse des Metalls (die ja mit technischen Hilfsmitteln durchgeführt werden kann)?

Beitrag 03.12.2013, 19:42

sw_trade
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Die Chartanalyse/ technische Analyse/ Charttechnik ist gemeint.

Ich werd' die nächsten Tage mal einen kleinen Beitrag über die Grundlagen der CT verfassen.
"Aus Furcht zu weit zu gehen, gehen wir oft nicht weit genug."
(Reinhard K. Sprenger)

Beitrag 03.12.2013, 22:24

donnyflame
@ sw_trade

Das hört sich super an !!!


Grüße
DF

Beitrag 04.12.2013, 05:06

Suedwester
Wenn der Kurs (egal ob Aktien, Gold, Anleihen, Devisen) einige Monaten lang steigt, glaubt man einen Trend erkannt zu haben und ist sich sicher, daß er weiter steigen wird. Allerdings passiert es dann, daß der Kurs urplötzlich fällt. Hinterher gibt es dann Erklärungen dafür. Das Prinzip ist ähnlich wie im Casino: wenn 5 x Rot fällt, meint die Mehrheit, es kämen nur noch rote Zahlen - einige Schlaue meinen allerdings, es müsse jetzt Schwarz kommen. Und wie es wirklich kommt, weiß man erst hinterher.

Ich will damit nicht sagen, daß die Chartanalyse sinnlos wäre - sie ist aber keine Garantie für die Zunkunft, sondern man versucht Trends zu erkennen, die auch für die Zukunft Bedeutung haben könnten.

Wäre die Charttechnik unfehlbar, wären all diejenigen, die sie anwenden, bereits Millionäre. Und das ist, glaube ich, nicht der Fall. Im Gegenteil, Kurse werden von großen Spielern gesteuert und manipuliert - wir kleinen Spekulanten und Anleger rennen wie Lemminge hin und her (und verlieren dabei oft Geld, weil wir oben kaufen und unten verkaufen).

Beitrag 04.12.2013, 12:26

donnyflame
Wenn der Kurs (egal ob Aktien, Gold, Anleihen, Devisen) einige Monaten lang steigt, glaubt man einen Trend erkannt zu haben und ist sich sicher, daß er weiter steigen wird. Allerdings passiert es dann, daß der Kurs urplötzlich fällt. Hinterher gibt es dann Erklärungen dafür. Das Prinzip ist ähnlich wie im Casino: wenn 5 x Rot fällt, meint die Mehrheit, es kämen nur noch rote Zahlen - einige Schlaue meinen allerdings, es müsse jetzt Schwarz kommen. Und wie es wirklich kommt, weiß man erst hinterher.
Das stimmt leider nicht. Der Trend an sich kann sich jeder Zeit umkehren, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Solange die gelten, geht man mit erhöhter Wahrscheinlichkeit von der Forsetztung des Trend aus.

Das Besipiel mit dem Casino ist auch nicht gerade das Beste. Den Zufall kann man nicht mit dem Handeln der Menschen/Maschinen vergleichen. Preise resultieren durch das Handeln der Menschen oder das Handeln von Menschen programmierter Algorithmen. ( Die sich großteils auf CT stützen)

Erklärungen braucht man nicht, zumindest nicht von Medien. Man geht allein von der Vergangenheit aus und versucht den zukünftigen Verlauf anhand von Wahrscheinlichkeiten einzuordnen.

In Zeiten in denen immer weniger Menschen am Markt handeln, sondern immer mehr Computer macht es Sinn die CT zumindest als "phenomän" zu beachten.

Fakt ist, man muss wissen was man will und sich die richtigen Werkzeuge aussuchen. Die CT ist eines von vielen Werkzeugen.


Die Zukunft ist und bleibt ein schwieriges Thema und kein Werkzeug bringt dir 100% Sicherheit. Das wird immer so bleiben.

Die CT ist nicht unfehlbar, genauso wie alle Prognosen, aber es gibt genug Menschen auf dieser Welt die damit ihr taglich Brot verdienen und das egal ob der Markt steigt/fällt oder wir irgendwelche Krisen zu bewältigen haben.

Aber ich denke man muss sich wirklich mal mit dem Thema auseinandersetzten und zumindest die Grundlagen verstehen. Ich hoffe das wir in diesem Faden viele Missverständnisse beseitigen können und viele um eine Erkenntnis reicher werden. Wissen schadet ja bekanntlich nie und Wissen kann man teilen ohne das man selbst Wissen verliert. Das ist doch das schöne daran ;)


Grüße
DF

Beitrag 04.12.2013, 15:16

Suedwester
Ich spiele schon seit fast 20 Jahren an der Boerse, allerdings mit eher kleinen Einsaetzen. Ein "System", das wirklich funktionieren wuerde, habe ich dabei nicht entdeckt. Die einzige Moeglichkeit, Geld zu verdienen ist, meiner Meinung nach, wenn man gute Werte billig bekommt (wie 2008) und sie ein paar Monate oder Jahre spaeter teurer verkaufen kann. Trends kommen und gehen und brechen manchmal auch voellig abrupt und unvorhersehbar. Beim Gold ja auch. Jeder hat erwartet, dass Gold auch die naechsten 20 Jahren steigen wuerde - was es nicht tat, trotz Eurokrise usw. Da wird eben von grossen Spielern in grossem Stil manipuliert. Charts koennen darauf natuerlich einen Hinweis geben, aber die Zukunft koennen sie nicht vorhersagen. Maerkte sind auch nicht rational - sie bestehen aus Spielern, grossen und kleinen, die wie Lemminge hin- und herrennen, von Gier und Angst getrieben.

Beitrag 04.12.2013, 16:59

veritas
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smilie_01

"Betriebswirtschaft und Technik sind die größten Feinde der Börsenlogik, da die Börse ihre eigene Logik hat." - Kostolany

Beitrag 04.12.2013, 18:07

donnyflame
Ich spiele schon seit fast 20 Jahren an der Boerse, allerdings mit eher kleinen Einsaetzen. Ein "System", das wirklich funktionieren wuerde, habe ich dabei nicht entdeckt.
Das ist deine persönliche Erfahrung und die respektiere ich auch. Dennoch würde ich nicht den Fehler machen aus der eigenen persönlichen Erfahrung auf den Rest der Welt zu schließen. Das führt zu nichts. Egal unter welcher Übrschrift.
Charts koennen darauf natuerlich einen Hinweis geben, aber die Zukunft koennen sie nicht vorhersagen.
Das will und kann diese Art der Analyse auch nicht. Ich wiederhole nochmal mit aller deutlichkeit, damit wir uns alle nicht ständig wiederholen müssen:

Es gibt kein exaktes Verfahren das die Zukunft zu 100% vorhersagen kann.


An dieser Stelle passt folgende Erklärung:
[..] Eine andere häufig gestellte Frage dreht sich darum, ob es legitim ist, vergangene Kursdaten zur Vorhersage der Zukunft zu benutzen. Es überrascht wie oft Kritiker der Technischen Analyse diesen Punkt vorbringen, weil jede bekannte Prognosemethode ... vollkommen auf dem Studium vergangener Daten basiert. [..]
Quelle:

Technische Analyse der Finanzmärkte
John J. Murphy
Seite 36

Immer dann wenn es um Prognosen geht, betritt man eine Grauzone. Wenn jemand generell jegliche Art von Prognosen ablehnt und zB an die "Zufälligkeit der Zukunft" glaubt, dann ist das vollkommen in Ordnung und akzeptabel. Es ist wie die technische Analyse eine Theorie.

Wenn man aber eine Prognosemethode der anderen vorzieht, ergibt das einen Widerspruch in sich. Denn jegliche Art der Prognose geht von der Vergangenheit und der Gegenwart aus, andere Kenntnisse/Daten hat man einfach nicht.

Überall da wo es Prognosen gibt, ob man nun sagt "Der Euro bricht zusammen" oder "Gold muss steigen" arbeitet man mit Daten aus der Vergangenheit und der Gegenwart ( Bauchgefühle lass ich mal bewusst weg :D ) und projeziert das auf die Zukunft. Nichts anderes ist die technische Analyse. Die Art und Weise wie man mit den Daten umgeht ist eine andere Frage.

Man kann seine Vorlieben haben für bestimmte Prognosearten, aber man kann den anderen Prognosearten nicht die Existenzberechtigung absprechen.

Also im gleichen Atemzug den Untergang der Währungen zu Prophezeihen und die technische Analyse als Teufelszeug zu bezeichnen ist schlicht und einfach unlogisch. Entweder man glaubt an die Zufälligkeit der Zukunft oder man glaubt daran das man aus den Daten der Vergangenheit und Gegenwart einen Bezug zur Zukunft ziehen kann.

Für ersteres sind die technische Analyse und alle anderen Prognosemethoden nichts. Denn sie widersprichen der eigenen Überzeugung/Theorie. Für die anderen aber, die glauben man kann aus Daten der Vergangenheit einen Bezug zur Zukunft herzustellen, ist die technische Analyse eine von vielen Methoden das zu tun. Es schadet zumindest nicht die Grundlagen zu kennen.

Zu wenig wissen kann immer schaden, aber zu viel wissen hat noch nie geschadet :)
Von daher lade ich jeden, der seinen Horizont erweitern will ein, das hier zu tun. Kritik ist gern gesehen !!! Denn nur so entstehen interessante Diskussionen :)





Grüße
DF

Beitrag 04.12.2013, 20:42

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Tubenhannes
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Es wäre schön, wenn die Chartspezialisten den momentanen Anstieg erklären könnten. Die Schwächen und Risiken und evtl. Gewinnmitnahmen beim Dax sehe ich selber. Auch die USA-Arbeitsmarktdaten und alles andere habe ich schon mitbekommen. Ich meine das jetzt nicht sarkastisch -um es gleich vorweg zu nehmen-. Würde mich wirklich interessieren.

Danke Tubenhannes

Beitrag 04.12.2013, 21:20

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MaciejP
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Tubenhannes hat geschrieben:Es wäre schön, wenn die Chartspezialisten den momentanen Anstieg erklären könnten.
Genau das können sie meines Erachtens eben nicht! Dafür wären die Fundamentalisten (:wink:) zuständig.

Das scheint hier ein grundlegendes Missverständnis der Charttechnik bei vielen zu sein. Als Charttechniker betrachtet man sich den Chart und schätzt anhand des bisherigen Chartverlaufs Wahrscheinlichkeiten ab, wohin sich der Kurs entwickeln könnte. Erklärungen warum irgendwelche Bewegungen passiert sind, kann die Charttechnik i.A. nicht geben. Man kann aufgrund eines bisherigen Trends durchaus vermuten, dass der Kurs bis zu einer gewissen Marke laufen wird, aber warum das genau heute und genau in dieser Intensität passiert ist liegt nicht im Erklärungsvermögen der Charttechnik.

Es gibt sogar sehr oft Situationen, in denen absolut unklar ist, wie und wohin es mit dem Kurs weitergeht. Dann wird von Charttechniker trotzdem erwartet, dass sie die Zukunft prognostizieren können. Und wenn sie das dann nicht können, weil es die Technik einfach nicht hergibt, dann werden sie wieder lächerlich gemacht.

Was sehr wohl mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50% funktioniert (auch nicht annähernd mit 100% wie viele immer glauben), ist Kurs- oder zumindest Trendprognosen abzugeben, nachdem gewisse technische Signale, Formationen, etc. im Chart aufgetaucht sind. Nur darum geht es.

Beitrag 04.12.2013, 21:51

puffi
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Es gibt sogar sehr oft Situationen, in denen absolut unklar ist, wie und wohin es mit dem Kurs weitergeht. Dann wird von Charttechniker trotzdem erwartet, dass sie die Zukunft prognostizieren können. Und wenn sie das dann nicht können, weil es die Technik einfach nicht hergibt, dann werden sie wieder lächerlich gemacht
Charttechnik auf den Punkt gebracht.

Nach dem Motto: Kräht der Hahn auf dem Mist......die armen Charttechniker.....

Beitrag 04.12.2013, 22:16

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MaciejP
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Ist meiner Ansicht nach halt so. Wenn du nach Charttechnik handeln willst, besteht der größte Teil deiner "Arbeit" aus dem Warten auf Signale. Wenn du mit irgendwelchen Beschwerden zum Arzt gehst, kann der dir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Krankheit diagnostizieren und dich entsprechend behandeln. Du kannst aber nicht zum Arzt gehen und fragen: "Herr Doktor, mir geht's super. An welcher Krankheit werde ich in 3 Jahren leiden?"

Vielleicht sehe ich das auch falsch. Was sagen denn die anderen Charties zu dieser Ansicht?

Beitrag 04.12.2013, 22:17

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Tubenhannes
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Genau das wollte ich nicht. Das die CT hier wieder lächerlich gemacht wird. Sorry. Geht der Scheiss schon wieder los. War nur eine Frage.

Grüsse Tubenhannes

Beitrag 04.12.2013, 22:29

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MaciejP
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Tubenhannes hat geschrieben:Genau das wollte ich nicht. Das die CT hier wieder lächerlich gemacht wird. Sorry. Geht der Scheiss schon wieder los. War nur eine Frage.
Nein, das mit dem lächerlich machen war absolut nicht auf dich bezogen. Tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist. Ich wollte nur feststellen, dass die Frage an die falschen Analysten ging. Der Rest war dann nur allgemeines Luftmachen. :D

Beitrag 04.12.2013, 22:32

donnyflame
Ist meiner Ansicht nach halt so. Wenn du nach Charttechnik handeln willst, besteht der größte Teil deiner "Arbeit" aus dem Warten auf Signale. Wenn du mit irgendwelchen Beschwerden zum Arzt gehst, kann der dir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Krankheit diagnostizieren und dich entsprechend behandeln. Du kannst aber nicht zum Arzt gehen und fragen: "Herr Doktor, mir geht's super. An welcher Krankheit werde ich in 3 Jahren leiden?"
Genau so ist es. Es gibt Formationen oder Situationen in denen man keine Prognose wagen kann. Weil der Ausgang viel zu unklar ist. Dann handelt der Daytrader eben nicht und wendet sich einem anderen Markt zu, in dem die Signale stärker sind.

Grüße
DF

Beitrag 05.12.2013, 05:40

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Ladon
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Mal eine Zwischenfrage ...

Charttechnik hin oder her - besteht die eigentliche "Macht" der Sache nicht darin, dass die AUTOMATISCHEN Geschehnisse genau auf der Mathematik der "Charttechnik" basieren?
Seid mir nicht bös', wenn ich hier falsche Vorstellungen habe, in diesem Bereich bin ich alles andere als ein Fachmann, aber bildet "Charttechnik" nicht das Fundament für das Verhalten der automatisierten Computertrader, die in Sekundenbruchteilen und außerhalb jeder menschlichen Entscheidung agieren?

Will sagen: Charttechnik ist doch schon deswegen ein sinnvolles Instrument für den "Trader", weil sie eben nicht nur Vorhersage, sondern auch "Handlungsanweisung" ist, der ein Großteil des Marktes automatisch folgt. Und zwar vollkommen unabhängig davon, ob sie "richtig" oder "falsch" ist, oder?
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 05.12.2013, 08:11

Geldsammler
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Bei der Charttechnik interessiert mich in erster Linie eines: Welches gedankliche oder logische Modell steckt dahinter? Wie kann man aus der zeitlichen Darstellung von Kursänderungen Marktverhalten analysieren und daraus Prognosen erstellen?
Bin auch mal gespannt.
Halte viel von Statistik und Mathematik, allerdings nicht um ihrer selbst willen und als abgehobenes Gedankenkonstrukt, sondern zur Erklärung der Welt.

Beitrag 05.12.2013, 15:14

donnyflame
Ich hatte eigentlich nicht vor der Professor/Vertreter für CT zu werden( kann ich auch garnicht da ich mich in diesem Bereich nur ein wenig schlau gemacht habe mit Büchern usw.), nach dem ich die CT selbst aufs übelste kritisiert habe und immernoch Kritkpunkte an ihr finde, aber ich versuche es mal :)
Will sagen: Charttechnik ist doch schon deswegen ein sinnvolles Instrument für den "Trader", weil sie eben nicht nur Vorhersage, sondern auch "Handlungsanweisung" ist, der ein Großteil des Marktes automatisch folgt. Und zwar vollkommen unabhängig davon, ob sie "richtig" oder "falsch" ist, oder?
Ich kenne die aktuelle Lage bei den Computeralgorithmen in der Finanzindustrie nicht, aber bis jetzt scheint es als ob die meisten auf CT basieren. Das stimmt also.

Die CT kann genaue Signale geben, die "Abseits jeglicher fundamentalen Logik/Nachrichtenlage" sind. Das macht diese Technik gerade aus. Die Signale werden ausschließlich aus den Daten der Vergangenheit gedeutet. Also abseits von jeglichem aber, wenn und wäre. Also man schließt die menschliche Komponente der "Hoffnung aus irgendwas" vollkommen aus. Diese Komponente bleibt dann praktisch bei dem Anwender hängen, der die CT dann falsch anwendet.

Man weiß was in der Vergangenheit passiert ist und mehr braucht man auch nicht.
Bei der Charttechnik interessiert mich in erster Linie eines: Welches gedankliche oder logische Modell steckt dahinter? Wie kann man aus der zeitlichen Darstellung von Kursänderungen Marktverhalten analysieren und daraus Prognosen erstellen?
Bin auch mal gespannt.
Halte viel von Statistik und Mathematik, allerdings nicht um ihrer selbst willen und als abgehobenes Gedankenkonstrukt, sondern zur Erklärung der Welt.
Das kann ich leider nicht in ein paar Sätzen abhacken. Dafür brauchen anderen ganze Bücher um die Grundlagen zu erklären. SW_Trade hatte ja angedeutet einen kleinen Themenblock über die Grundlagen zu verfassen. Ich würde darauf warten um ihm nicht zu viel "vorwegzunehmen".

Wenn du aber keine Geduld hast kann ich dir das oben von mir zitierte Buch empfehlen. Allegmein gehört es zu den besten Büchern zu diesem Thema. Der Anfang ist eigentlich für Anfänger ganz gut, wobei es gegen Ende schon sehr in den Bereich für "Fortgeschrittene" eintaucht.

Grüße
DF

Beitrag 06.12.2013, 12:13

sw_trade
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Im Forum mehren sich fortwährend die Stimmen, dass Charttechnik nicht mehr als ein verklärter Blick in eine trübe Kristallkugel sei. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Wer sich mit dem Wesen der technischen Analyse mal etwas näher beschäftigt, erkennt schnell, dass sie eine recht hilfreiche und eine sich über Jahrzehnte etablierte Methode der Vermögens-/ Finanzverwaltung darstellt. Hierbei will ich jedoch keinesfalls den erwecken, dass die technische Analyse unfehlbar ist und das absolute non plus ultra darstellt. Nein, sie hat auch Nachteile, worauf ich jedoch an anderer Stelle zu sprechen komme.

Ich beginne mal mit einem Zitat von Andre Kostolany, der hier im Faden schon zitiert wurde:

"Spekulieren kann jeder, es zur richtigen Zeit zu tun, das ist die Kunst."

Jetzt ist "spekulieren" natürlich ein Wort, was im Bereich der EM-Community, ins. hier im Forum, nicht gerne gehört wird, gerade weil Gold und Silber die Inbegriffe von Werterhalt und Krisensicherung darstellen.
Ersetzt man aber "spekulieren" mit dem Ausdruck "einsteigen" oder einfach nur "kaufen", lässt sich das Zitat ohne Weiteres auch auf Gold und Silber ummünzen.

Noch immer ist die weit verbreitete Meinung, dass die Fundamentaldatenanalyse wegweisend und über sämtliche Zweifel erhaben sei.
Sofern man lediglich die Frage beantworten will, ob ein Wert (Index, Aktie, Rohstoff, etc.) fair bewertet wird, mag diese Aussage evtl. stimmen. Stellt man aber die Frage, ob und wann ein Kurs steigt oder nicht, bleibt einem diese Methode die Antwort leider schuldig.

Die fundamentale Analyse ist für sich gesehen wunderbar geeignet, um in gewissen Marktphasen Aufschluss über die künftige Entwicklung dieses oder jenes Wertes zu erlagen. Sofern man über die erforderliche Sach- und Fachkenntnis verfügt, lassen sich bsp. die Bilanzen eines Unternehmens bis ins kleinste Detail zerlegen. Weiterhin ließen sich mit Hilfe der Finanzmathematik zukünftige (mögliche) Gewinne, Dividenden und Zahlungsüberflüsse berechnen. Unterm Strich lassen sich alle nur vorstellbaren Einflussgrößen auf einen bestimmten Wert beleuchten, egal ob regional, überregional, global, aus wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Sicht (Aufzählung nicht abschließend).

Aber, wer hat einerseits die Zeit und andererseits die nötige Expertise? Der Großteil der Anleger vertraut doch auf Analysen von Banken, den Einschätzungen div. Wirtschaftsblätter oder sogar auf die Prognosen von Dritten, meist interessengefärbten Quellen. Darüber hinaus ist es fast unmöglich sämtliche Faktoren/ Felder, die eine fundierte und wirklich tiefgründig Analyse ausmachen, zu sondieren, überschauen, zu verknüpfen, zu bewerten, deren Wechselwirkungen zu bedenken und daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.
Aus theoretischer Sicht ein absolut "schlecht strukturiertes Problem".

Wie schon weiter oben ausgeführt kann die Fundamentalanalyse also Aufschluss darüber geben, ob ein Wert unter- oder überbewertet ist. Was die Analyse jedoch nicht sagen kann, ist, ob ein Kurs steigt oder nicht. Aktuell sehen wir ja bei Gold, inwieweit die Fundamentaldaten mit dem aktuellen Kursverlauf korrelieren. Egal wie facettenreich und tiefgründig die Analyse auch sein mag, wenn keiner kauft, kann ein Wert auch nicht steigen, auch wenn er noch so viel Potenzial hat. Daher handelt es sich bei den Ergebnissen der Fundamentaldatenanalyse auch nur um Zukunftsprognosen.

Und an dieser Stelle kommt die Charttechnik ins Spiel. Um zu erfahren, ob ein Wert nun steigt, fällt oder seitwärts tendiert, muss man sich zwangsläufig den Chart betrachten. Die technische Analyse klammert hierbei sämtliche Probleme der Fundamentaldatenanalyse aus und konzentriert sich allein auf die einzig messbare Größe - den Kursverlauf. Einzig messbar, da der Kurs eines Wertes nur durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Hier spielt es also keine Rolle, ob ein Wert im Sinne der Fundamentalanalyse "fair" bewertet ist.

Die Charttechnik versucht also aus vergangenen/ historischen Kursverläufen, den künftigen Kursverlauf eines bestimmten Wertes zu prognostizieren und je nach Interessenlage des Investors, Kauf- bzw. Verkaufssignale zu ermitteln sowie Trendwenden/ - Signale zu erkennen.

Schaut man sich einen Chart an, so wäre es hilfreich zu wissen, dass sich neben der Preisentwicklung eines Wertes, dem Handelsvolumen, den Indikatoren, etc. noch ein weiterer Aspekt ablesen lässt - das Handelsverhalten in Form eines Psychogramms sämtlicher am Wert antizipierender Menschen. Der Kurs macht demnach nicht das, was er gerade will, wie es manchmal scheint. Angebot und Nachfrage zeichnet den Kurs und bildet ihn im Chartbild fortlaufend und jederzeit nachvollziehbar ab.
Hier sehen wir also, dass die psychologisch begründeten Handelsentscheidungen im Rahmen der technischen Analyse eine nicht nur untergeordnete Rolle spielen. Doch wie lässt sich der zukünftige Kursverlauf an Hand vergangener Handelsentscheidungen vorhersagen?

Lt. Psychologen und div. Marktanalytikern kommt hier das Phänomen der "selbsterfüllenden Prophezeiung" zum Tragen. Da jeder weiß, was darunter zu verstehen ist, werde ich das Prinzip nicht weiter erläutern. Man geht nun davon aus, dass die Methode der Chartanalyse in den letzten Jahrzehnten bei einer Vielzahl von Marktteilenehmern enorm an Zuspruch gewonnen hat. Somit ist es nicht verwunderlich, dass der Fokus dieser Menschen auch auf die selben Ein- und Ausstiegssignale gerichtet ist.

Am Beispiel eines Trendkanals im Verlauf einer intakten Aufwärtsbewegung sieht das folgendermaßen aus: bewegt sich der Kurs längere Zeit an der unteren Trendlinie strömen weitere Käufer, die ein Ansteigen des Kurses erwarten, in den Markt. Die Bullen überwiegen die Bären. Kommt es anschließend zu diesem Anstieg und wird die obere Trendlinie angelaufen, so dient diese wiederum als Verkaufssignal. Man kauft "billig" und "verkauft" teuer.

Aber warum wird an der oberen Trendlinie verkauft? Der Marktteilnehmer unterstellt den anderen Akteuren, dass diese ihre Positionen an einem bestimmten Punkt, hier die obere Trendlinie, welche als Trendbegrenzung/ Widerstand dient, verkaufen. Um nun keine Verluste zu machen bzw. einen hohen Gewinn zu realisieren, verkauft er ebenfalls. D.h., dass er an bestimmte Kursbewegungen glaubt und entsprechend handelt/ handeln lässt, was in der Mehrzahl der Marktteilnehmer, dann letztendlich selbst die Ursache für die zuvor erwartete Kursbewegungen setzt. Gleiches gilt nat. bei der unteren Trendbegrenzung sowie bei Widerständen und Unterstützungen. Nicht umsonst spricht man in die Medien immer wieder von psychologisch wichtigen Marken.

Des Weiteren ist zu beobachten, dass immer mehr Marktteilnehmer in einen Wert investieren, dessen Trend sich zunehmend positiv entwickelt. Jeder will "ein Stückchen vom Kuchen" ab haben. Ob dieser Wert dann letztendlich im Sinne der Fundamentaldatenanalyse "fair" bewertet ist, sei zunächst dahingestellt.

"The trend is your friend."

Jetzt ließe sich natürlich die Frage stellen, ob ein Wert, ohne seines chattechnischen Abbildes, auf den bekanntlich sämtliche Augen gerichtet sind, den gleichen historischen Verlauf gezeichnet hätte? Gäbe es keine Charts würde dies unter Umständen sogar bedeuten, dass sich ein Wert lediglich an seinen Fundamentaldaten messen lassen müsste?

Wie eingangs schon angesprochen hat auch die Charttechnik so manche Nachteile. Ein Blick auf den Goldchart, insbesondere auf die vergangenen 12 Monate, zeigt mehr als deutlich, dass es Ereignisse gibt, die so manche Bewertungskriterien zunichte machen, ohne dass sie sich im Chartverlauf vorhersagen ließen.
Das können plötzliche Verkaufsorders sein, über Nacht geschürte Kriegsängste, der Wechsel wichtiger Personen (Bsp. Chairman der FED), unerwartete, politische Ereignisse/ Aktionen, wie aber auch Katastrophen jeglicher Art (nicht abschließend). Zudem treten solche Ereignisse meist dann auf, wenn die Börse geschlossen hat und den Investoren erst einmal die Hände gebunden sind. Hinzu kommt, dass die Investoren verunsichert über den weiteren Verlauf und künftige Entwicklungen und Geschehnisse sind.

All dies können u.U. Ereignisse darstellen, die das Handelsverhalten der Marktteilnehmer und somit den Kursverlauf maßgeblich beeinflussen und die Charttechnik, die, wie bereits dargelegt, weitgehend auf Markt-Psychologie basiert, mit zukünftigen Marktprognosen, an ihre Grenzen stoßen lässt. Zur Erklärung würde im Rahmen dessen wiederum die Fundamentaldatenanalyse in den Mittelpunkt rücken.

Wer beide Methoden verknüpft und sie nicht als unvereinbar sieht, der sollte perspektivisch gut aufgestellt sein.



Ich habe den Beitrag bewusst recht allgemein formuliert, da die Charttechnik in ihren Facetten sehr komplex und tiefgründig ist. Für viele hätten sich dann nur noch mehr
Fragen aufgetan.
Zuletzt geändert von sw_trade am 06.12.2013, 14:15, insgesamt 1-mal geändert.
"Aus Furcht zu weit zu gehen, gehen wir oft nicht weit genug."
(Reinhard K. Sprenger)

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