Frage: Geldschöpfung der Banken

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Beitrag 25.03.2011, 06:16

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Ladon
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Fin hat geschrieben:...
Es ist doch wohl anzunehmen, daß Leute, die einen Kredit haben wollen, diese Summe nicht auf dem Girokonto belassen sondern diese für eine Anschaffung nutzen. ... Aber in einer Bilanz muß diese Größe gefüllt werden. Ich brauche auf der Passivseite einen Posten, der die Forderung der Aktiva ausgleicht, denn wenn ich keinen habe, dann wäre das automatisch Eigenkapital der Bank.
Ja ... und nein smilie_24

Erstens ist es Teil des Systems - wie oben angedeutet - dass die Leute ihre Forderungen eben NICHT einlösen! Ob Goldkerndeckung, Rentenmark oder FIAT-DM. Wenn alle ihre Sichtguthaben in Bargeld (bzw. die hinterlegte "Sicherheit") tauschen wollten, ginge das nicht. Das wissen alle.

In der Tat ist es eher so, dass die Kreditnehmer - bleiben wir beim MapleHF - über ihren Kredit dergestalt verfügen, dass sie diesen Anspruch an die Bank an andere "übertragen" (vulgo: eine Überweisung von Konto zu Konto tätigen). Ist das Konto bei der gleichen Bank ändert sich in der Bilanz GARNICHTS!
Ist das Konto bei einer anderen Bank, wird der Saldo der getätigten Überweisungen auf dem Zentralbankkonto der beteiligten Banken verrechnet. Kommt es dabei zu einer Unterschreitung der Mindestreserve, muss die betroffene Bank "nachbessern": Sich also auf dem offenen Markt bei anderen Banken Geld besorgen, oder eben direkt bei der Zentralbank.
Hebt der MapleHF aber das Geld (seinen Kredit) tatsächlich ab, so sinkt einfach seine "Forderung" (in Form seines positiven Bestandes auf dem Girokonto, sein belastetes Kreditkonto bleibt natürlich unverändert) an die Bank und auf der anderen Seite sinkt aber auch der Kassenbestand der Bank. Mit Ladons Geld hat dieser Akt überhaupt nichts mehr zu tun!
Jedenfalls gleicht sich auch diese Transaktion ganz einfach in der Bilanz aus.

So sieht das - vereinfacht und ohne diverse Zusatzaspekte, aber im Grundzug richtig - aus.
Für das Modell mit einer Bank, zwei Kunden (ein Anleger / ein Kreditnehmer), ohne Zinsen und einer Geldmenge M0 von 100 (M1 wird zumindest zwischenzeitlich auf 200 erhöht - ob dieses Geld geschöpft wird, lassen wir undiskutiert).

Zusatz:
NIEMALS bewegt sich Geld von einem "Girokonto" bei der Geschäftsbank zum Zentralbankkonto der Geschäftsbank und/oder zurück! Da gibt es so eine Art "Blut-Hirn-Schranke des Geldsystems". Es gibt zwei "Kreisläufe" (auch so ein seltsamer Aspekt der ganzen Sache für den es eigentlich keine wirkliche Begründung außer der "Verschleierung" gibt).
Eingriffe der Zentralbank in den "Markt" (z.B. durch An- oder Verkauf von Wertpapieren etc. zum Zwecke der Refinanzierung von Banken usw.) ist als sogenannte "Offenmarktpolitik" Teil des Steuerungs-Instrumentariums der Bundesbank. "Ankauf" von Wertpapieren von einer Bank z.B. erhöht deren Zentralbankkontostand, erhöht daher die Möglichkeiten der Kreditvergabe der Bank, erhöht die Geldmenge (so die zugrunde liegende "Theorie").
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Beitrag 25.03.2011, 07:50

Fin
Goldhamster:
Überweist Kunde Geld weg kommt es zu einer Bilanzverkürzung
Das denke ich auch.
Ladon hat geschrieben: Erstens ist es Teil des Systems - wie oben angedeutet - dass die Leute ihre Forderungen eben NICHT einlösen! Ob Goldkerndeckung, Rentenmark oder FIAT-DM. Wenn alle ihre Sichtguthaben in Bargeld (bzw. die hinterlegte "Sicherheit") tauschen wollten, ginge das nicht. Das wissen alle.Stimmt.

In der Tat ist es eher so, dass die Kreditnehmer - bleiben wir beim MapleHF - über ihren Kredit dergestalt verfügen, dass sie diesen Anspruch an die Bank an andere "übertragen" (vulgo: eine Überweisung von Konto zu Konto tätigen). Ist das Konto bei der gleichen Bank ändert sich in der Bilanz GARNICHTS! Stimmt.
Ist das Konto bei einer anderen Bank, wird der Saldo der getätigten Überweisungen auf dem Zentralbankkonto der beteiligten Banken verrechnet. Kommt es dabei zu einer Unterschreitung der Mindestreserve, muss die betroffene Bank "nachbessern": Sich also auf dem offenen Markt bei anderen Banken Geld besorgen, oder eben direkt bei der Zentralbank.
Aha! Es gibt also dieses große Zentralbankkonto. Frage Ladon: Wird dieses in der Bankenbilanz bilanziert? Also taucht ein solcher Posten bei einer Bankenbilanz auf? Daß ich auf diesem Gebiet so gar nichts weiß, macht wohl deutlich, daß ich (der gestern noch dachte er wüßte was) doch nur ein Schaf bin. :(
Hebt der MapleHF aber das Geld (seinen Kredit) tatsächlich ab, so sinkt einfach seine "Forderung" (in Form seines positiven Bestandes auf dem Girokonto, sein belastetes Kreditkonto bleibt natürlich unverändert) an die Bank und auf der anderen Seite sinkt aber auch der Kassenbestand der Bank. Mit Ladons Geld hat dieser Akt überhaupt nichts mehr zu tun!
Darüber waren wir ja klar. Ladons Geld ist als Einlage unantastbar (verrechnen durfte ich nicht).
Da aber unser einziger (Modell)-Kassenbestand aus Ladons Einlage bestand, müssen wir etwas hinzufügen - nämlich eine Einlage der Zentralbank, richtig?
Also hätten wir nun im Passiva ein FK der Zentralbank und dieses Geld (also der Gegenwert) steht in Aktiva in Kasse II (denn Ladons Geld steht ja unantastbar in Kasse I). Aus dieser Kasse II bekommt also Maple sein Geld.
Mit anderen Worten (und nun komme ich vielleicht der Dämmerung näher) ist diese Trennung der Kundeneinlagen und der Zentralbankeinlage wichtig, da sie ja klar voneinander abhängig sind. Je mehr a desto mehr b.

Jedenfalls gleicht sich auch diese Transaktion ganz einfach in der Bilanz aus.

So sieht das - vereinfacht und ohne diverse Zusatzaspekte, aber im Grundzug richtig - aus.
Für das Modell mit einer Bank, zwei Kunden (ein Anleger / ein Kreditnehmer), ohne Zinsen und einer Geldmenge M0 von 100 (M1 wird zumindest zwischenzeitlich auf 200 erhöht - ob dieses Geld geschöpft wird, lassen wir undiskutiert).
Manno! Da müssen wir aber noch hin...

Zusatz:
NIEMALS bewegt sich Geld von einem "Girokonto" bei der Geschäftsbank zum Zentralbankkonto der Geschäftsbank und/oder zurück! Da gibt es so eine Art "Blut-Hirn-Schranke des Geldsystems". Es gibt zwei "Kreisläufe" (auch so ein seltsamer Aspekt der ganzen Sache für den es eigentlich keine wirkliche Begründung außer der "Verschleierung" gibt).
Eingriffe der Zentralbank in den "Markt" (z.B. durch An- oder Verkauf von Wertpapieren etc. zum Zwecke der Refinanzierung von Banken usw.) ist als sogenannte "Offenmarktpolitik" Teil des Steuerungs-Instrumentariums der Bundesbank. "Ankauf" von Wertpapieren von einer Bank z.B. erhöht deren Zentralbankkontostand, erhöht daher die Möglichkeiten der Kreditvergabe der Bank, erhöht die Geldmenge (so die zugrunde liegende "Theorie").
Deine Blut-Hirn-Schranke finde ich gut erklärt. (Es erinnert mich an Beschreibungen des Volker Lohmann in der FAZ zur Hausfinanzierung. Statt die 5% Hypothek so stark wie möglich abzutragen, wird ein Teil in einen Aktienfonds gespart der 7% bringen soll und so später zu einer schnelleren Schuldenreduktion führen soll. Man trennt die Dinge.)
Ich verstehe also: Es gibt in einer Bankenbilanz einen Posten FK der Zentralbank. Die Höhe desselben bzw. die mögliche Höchsthöhe ist abhängig von der Höhe der Kundeneinlagen (a la Kunde Ladon). Das widerum bedeutet, daß die Kundeneinlagenhöhe eine Art Kreditwürdigkeit der Bank darstellt, die diese bei der Zentralbank hat.

Aber Ladon: Das bedeutete, daß eine mögliche Geldschöpfung der Banken ausschließlich wegen der Existenz der Zentralbank möglich ist, deren Kredit an die Geschäftsbanken dafür genommen wird. Ich habe das Buch so nicht verstanden, aber es wurde auch nicht im Kleinklein erklärt (sonst hätte ich ja nicht hier gefragt).
Ich meine aber, daß auch schon ohne Zentralbank (also früher) mehr verliehen wurde, als da war. Das war aber wahrscheinlich eine Zeit, mit nur einem Blutkreislauf.
Also präzisiere ich die Frage(n): Wären die Banken ohne Zentralbank in ihrer Geldschöpfung begrenzter? Ist somit die Existenz einer Zentralbank ein Multiplikator der Geldschöpfungsmenge der Geschäftsbanken?
Bitte führe mich eine Etage weiter zur Geldschöpfung.
Und falls Du einen Buchtipp zu diesem Thema hast ("Geldschöpfung der Banken - Eine Erklärung für Schafe"), gerne per PN.

Mäh

Fin

Beitrag 25.03.2011, 08:16

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Ladon
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Ich bin doch auch nur ein etwas belesenes Lamm (mit dem Anspruch möglichst breiten "Quellenspektrums", sozusagen vom Kopp-Verlag bis zu den Veröffentlichungen der Bundesbank) ... smilie_02

Nochmal muss ich einhaken, weil mir etwas in Deiner "Assoziationskette" schleierhaft ist:
Der Kassenbestand 100, der durch eine Einzahlung des "Ladon" entsteht, IST KEIN FREMDKAPITAL in der Bilanz. Auch das Geld in der Kasse eines Einzelhändlers ist ja kein Fremdkapital, selbst wenn der Bankschulden hat und das Geld "von Dritten" stammt!

Daher brauchen wir im Augenblick auch noch keine Zentralbank als eigene Institution. Wir können einfach sagen: Die existierenden 100 Bargeld sind "aus dem Nichts entstanden" (was der Realität ziemlich nahe kommt). Aber gehen wir den Schritt in einfacher Weise:
Betrachten wir die Situation doch zuerst so, wie sie sich zu Zeiten von "Notenbanken" (die ja keineswegs "Zentralbanken" sein müssen) darstellte. Diese Banken hatten das Privileg auf der Basis des Ankaufs von Staatsanleihen Papiergeld zu drucken. Soweit dürfte keine Frage bestehen.
Das können wir stracks ins "Modell" übernehmen:
1. Der Staat (den wir neu einführen), hat der "Bank" das Privileg zur Geldschöpfung erteilt und ihr eine Anleihe in Höhe von 100 "verkauft".
2. Die "Bank" - jetzt "Notenbank" - hat auf dieser Basis 10x 10er Scheine gedruckt und "in Umlauf" gebracht. Sagen wir der Einfachheit halber: Dem angestellten Ladon als Lohn gegeben.
3. Der völlig bedürfnislose Ladon hat die 100 eingezahlt ... und hier beginnt unser Modell wie oben.

Durch den prinzipiellen Vorgang der Geldschöpfung ändert sich nichts! Es gibt nur eine weitere Zeile in der Bilanz. Nur das "hoheitliche Privileg der Gelderzeugung kommt dazu.

Wenn wir uns soweit einig sind, dann können wir langsam daran gehen, die nächste Schicht der Zwiebel abzuschälen.
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Beitrag 25.03.2011, 20:33

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antonreich
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Interessante Diskussion hier.
Als ich im Vertrieb zu arbeiten anfing, sagte immer mein VL: solange Du das Geld des Kunden nicht in der Hand hälst, hast Du KEIN GESCHÄFT gemacht, hast Du also GAR NICHTS! Nur wenn das Geld aufs Konto ankommt, ist das Geschäft zustande gekommen und kann als "abgeschlossen" angesehen werden.
Wenn eine Bank Forderungen hält, die von Kunden nie zurückgezahlt werden können, ist diese Bank praktisch Pleite, weil eine Forderung immer ein Versprechen ist, die solange hält, bis diese nicht mehr gehalten wird (oder werden kann). Daher schlummern Milliarden an Forderungen in den Bilanzen der Banken, die gewiss keinen Wert mehr haben, weil dahinter nur heiße Luft ist...
Gruß
Anton
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"Sesterz-nichts-mehr-Wert-sein!" - Miraculix in "Obelix Gmbh & Co.KG" (Band XXIII)

Beitrag 25.03.2011, 21:20

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Ladon
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Vor allem aber schlummern enorme TATSÄCHLICHE WERTE in dieser Geschichte, denn Bankkredite sind ja in der Regel eben schon (!) mit Sicherheiten hinterlegt (nicht immer nur an Staatsanleihen denken), an denen sich die Bank schadlos hält - Geldschöpfung der Geschäftsbanken vorausgesetzt tauschen diese (die Geschäftsbanken) also selbst geschöpftes Geld gegen materielle Werte.

In unserem Beispiel wäre das der Fall, wenn MapleHF seinen Kredit nicht zurückzahlen kann und daher die Bank seine aufgebaute Ahornbaumschule "erhält". Nicht derjenige mit "zuviel" Kapital (Ladon), nicht die Bank - sondern derjenige, der was "aufgebaut" hat, trägt das größte Risiko.

... so zumindest die (natürlich wieder sehr vereinfachte) "Theorie"

Und ja, wenn die "Sicherheiten" wertlos werden (siehe Immo-Krise), dann bekommen die Banken ein Problem
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Beitrag 29.03.2011, 05:48

Fin
Ladon hat geschrieben:Nochmal muss ich einhaken, weil mir etwas in Deiner "Assoziationskette" schleierhaft ist:
Der Kassenbestand 100, der durch eine Einzahlung des "Ladon" entsteht, IST KEIN FREMDKAPITAL in der Bilanz. Auch das Geld in der Kasse eines Einzelhändlers ist ja kein Fremdkapital, selbst wenn der Bankschulden hat und das Geld "von Dritten" stammt!
Glaub mir, wenn ich Dir widersprechen will, denke ich vorher dreimal nach. :D
Auf der Aktivseite (hier steht die Kasse mit Ladons 100) betrachtet man nur die Mittelverwendung (Anlage- und Umlaufvermögen).
Auf der Passivseite nur die Mittelherkunft (FK und EK).
Somit ist über einen einzelnen Posten auf der Aktivseite nicht festzulegen, ob dieser FK oder EK finanziert ist. (Hast Du ein Haus für 200T EUR und Schulden bei der Bank von 100T EUR "gehört" die Hälfte des Hauses Dir (EK muß dann notwendigerweise 100T sein), aber welche ist nicht belegbar).

Fängt eine Unternehmung ohne EK an (so in unserem Modell), dann müssen Ladons 100 FK sein. Denn logischerweise hat Kunde Ladon seine 100 nicht verschenkt sondern verliehen. Die Bank "besitzt" die 100 aber der Kunden bekommt eine Forderung gegen die Bank.
Dies ist eine Kontoeinzahlung (Kunde Ladon hat ein Sparbuch) also FK. Wäre dies eine Aktie der Bank AG dann wäre es EK (Ladon wäre dann Aktionär = (Mit-)Eigentümer der Bank).

Wenn Du mir 100 Euro leihst, ist das FK. Eine Leihe! Wie ich sie auf meiner Aktivseite verbuche, ist mein Ding (also Bsp. investiere ich sie in mein Geschäft, dann landen sie im Anlagevermögen, lege ich sie auf mein Konto bleiben sie im Umlaufvermögen).
Falls der Groschen noch nicht gefallen ist. Auf FK hast Du (außer bei Herrn Bernanke :wink: ) Zinsen zu zahlen. Dieser Zinssatz ist vorher festgeschrieben. Bei EK ist kein Zins zu zahlen. Die sog. Eigenkapitalverzinsung wird erst am Ende eines Jahres über die Bilanz ermittelt in dem wir unseren Gewinn zum ermittelten EK ins Verhältnis setzen. (Herr Ackermann wünscht sich 25%, glaube ich)

Dein Denkfehler kommt daher, daß Du (als erstes) den Geldschein des Ladon in die Kasse (Aktiva der Bank)stecken willst. Aber das erste ist, daß die Bank einen Leihe erhält (Passiva der Bank).


Daher brauchen wir im Augenblick auch noch keine Zentralbank als eigene Institution. Wir können einfach sagen: Die existierenden 100 Bargeld sind "aus dem Nichts entstanden" (was der Realität ziemlich nahe kommt). Aber gehen wir den Schritt in einfacher Weise:
Betrachten wir die Situation doch zuerst so, wie sie sich zu Zeiten von "Notenbanken" (die ja keineswegs "Zentralbanken" sein müssen) darstellte. Diese Banken hatten das Privileg auf der Basis des Ankaufs von Staatsanleihen Papiergeld zu drucken. Soweit dürfte keine Frage bestehen.
Das können wir stracks ins "Modell" übernehmen:
1. Der Staat (den wir neu einführen), hat der "Bank" das Privileg zur Geldschöpfung erteilt und ihr eine Anleihe in Höhe von 100 "verkauft".
2. Die "Bank" - jetzt "Notenbank" - hat auf dieser Basis 10x 10er Scheine gedruckt und "in Umlauf" gebracht. Sagen wir der Einfachheit halber: Dem angestellten Ladon als Lohn gegeben.
3. Der völlig bedürfnislose Ladon hat die 100 eingezahlt ... und hier beginnt unser Modell wie oben.

Durch den prinzipiellen Vorgang der Geldschöpfung ändert sich nichts! Es gibt nur eine weitere Zeile in der Bilanz. Nur das "hoheitliche Privileg der Gelderzeugung kommt dazu.

Wenn wir uns soweit einig sind, dann können wir langsam daran gehen, die nächste Schicht der Zwiebel abzuschälen.
Beim zweiten Teil sind mir die Begriffe nicht 100% klar.
Eine Notenbank ist nix anderes als der Ort der Geldscheinentstehung enstprechend staatl. Vorgaben. Sie könnte auch privat geführt sein, richtig?
Eine Zentralbank ist dagegen eine staatliche Institution, die Eingriffe vornimmt (also am Markt mitspielen kann, bzw. selbigen manipulieren kann), richtig?
Dem Beispiel einer Notenbank kann ich etwa folgen.
Doch daß die 100 aus dem Nichts entstanden, nein, da folge ich nicht. Ein (hier nicht erwähnter) Maplekredit mag so entstehen, aber die 100 in der Bankkasse (Aktiva) haben bei mir eine FK Gegenbuchung (Kontoeinlage Ladon) auf der Passiva.
Bitte laß uns Geschäfts-, Noten und Zentralbanken deutlich trennen.

Kunden Ladon & Maple sind bei einer Geschäftsbank.

Beitrag 29.03.2011, 08:26

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Ladon
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@ Fin

Jetzt ist mir schleierhaft was Du mir sagen willst. Ich kann auch Bilanzen nicht erstellen, nur lesen ... Aber um jetzt irgendwie einen Nenner zu finden, mal Schritt für Schritt:

1.
Kunde Ladon legt 100 in die Kasse der Bank und (gleichzeitig)
erstellt die Bank ein Konto mit einer Forderung von Ladon an die Bank.
Wir haben jetzt in der Bilanz bei den Aktiva im Umlaufvermögen 100 in der Kasse. Wie Du selber sagst (und, wie ich mir erlaube anzumerken, wie ich schon sagte) ist das kein "Fremdkapital" oder "Eigenkapital", weil das überhaupt nicht ersichtlich ist. Da sind wir uns doch einig? smilie_08
Auf der Passiva-Seite erscheint irgendwie unter "Verbindlichkeiten" Ladons Konto.
Ich sehe bei diesem Vorgang überhaupt keinen Diskussionsbedarf - nur Verständigungsschwierigkeiten.

2.
Maple holt sich einen Kredit bei der Bank über 100.
Dazu legt die Bank ein Kreditkonto mit einer Forderung an Maple an ... UND schreibt ihm 100 auf seinem Girokonto gut! Bilanzverlängerung ...

So weit, so gut. Schauen wir kurz auf die Begriffe:
Zentralbank: Gibt es in einem Land EINE Bank, die das Privileg zur Geldschöpfung hat und sich - wie auch immer - um die Währung, kümmert, dann ist das eine "zentrale" Bank, eine Zentralbank. Hingegen ist JEDE Bank mit Geldschöpfungsprivileg eine "Notenbank". Das stammt einfach aus einer Zeit, als Geldscheine noch BANKnoten waren - also ein "Gutschein", der auf eine bestimmte Bank bezogen war. Später gab es oft mehrere Notenbanken in einem Land. Im geeinten Deutschland nach 1871 gab es zunächst über 20 Notenbanken und die Bayerische sowie ein, zwei weitere Länderbanken behielten ihre Rechte bis in die 1930er.

Also:
Notenbank = irgendeine Bank, die (Bank-)Noten druckt und in Umlauf bringt.
Zentralbank = Wird in einem Land die Währung durch eine einzige Bank kontrolliert (haha), dann ist das eben die Zentralbank. Ob diese eine staatliche Institution oder in privater Hand ist oder ein geisterhaftes Rechtskonstrukt wie die Buba, spielt keine Rolle.

Und jetzt Butter bei die Fische:
Die Bank des Modells wurde also per Dekret (von uns beiden) zur "Notenbank".
Hinten am Kopierer schnell 10 Zehner gedruckt ...
... und dem Ladon als Lohn in die Hand gedrückt.
Ladon verbraucht nichts und zahlt die ganzen 100 auf sein Sparbuch ein.
Maple holt sich seinen Kredit (auf der Basis der Einlagen (Ratio hier jetzt egal) geschöpft).
Bezahlt damit bargeldlos seine Ahronsamen und produziert Holz (= ein materieller Wert).

Die Wirtschaft ist in Gang gekommen. Mit Geld, das gerade erst entstanden ist - Und ja: Aus dem Nichts - wurde am Ende in einer arbeitsteiligen Gesellschaft (1 Dienstleister (Ladon), 1 Produzent (Maple)) ein materieller Wert (Holz) erschaffen!

Bilanztechnische Verwirrung kann man IMHO getrost beiseite lassen; wenn es um die zugrunde liegenden Mechanismus geht, führt das nur zu "technischen" Missverständnissen.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 29.03.2011, 10:17

Fin
Ich bin bei Dir, alles ok. Mißverständnis.
Das Problem kommt daher, daß Du den Geldschöpfungsprozeß voll verstehst, ich aber nicht, wie er real eingebunden werden kann. Eigentlich versuche ich gerade etwas zu verstehen, was mich an meine Grundfesten wackeln läßt, denn hier wird ja irgendwie geschummelt bzw. eine (ausgewogene?) Blase aufgebaut, die irgendwie "legal" ins System eingebunden wird (ja ich weiß, das ist schlecht formuliert). Augenscheinlich ist dies neutral (da jedem Wert ein anderer gegenüber steht).
Bilanztechnische Verwirrung kann man IMHO getrost beiseite lassen; wenn es um die zugrunde liegenden Mechanismus geht, führt das nur zu "technischen" Missverständnissen
Mag sein, aber ohne das Einbinden würde ich stumpf den Faden (zur Realität) verlieren.

Das ist ja völliges Neuland. Viele von uns (also im engeren Sinn rede ich von mir) haben das System ja niemals hinterfragt. Diese ganze Lektüre zum Thema ist eigentlich ein Insiderwissen. Ich habe zwar nicht auf die Auflagenzahlen geachtet, aber wahrscheinlich hat jeder Roman von Rosamunde Pilcher eine höhere Auflage als "Das Silberkomplott".

In der Statistik nimmt man oft für ein Problem eine bestimmte Formel. Damit kommt man dann zu einem richtigen Ergebnis. Aber wenn man fragt, wieso liefert eigentlich diese Formel die richtigen Ergebnisse - also wenn man sich die Formel herleiten will, dann wird es gewaltig kompliziert. Aber nur so, versteht man am Ende überhaupt, was man da gemacht hat bzw. wieso ein richtiges Ergebnis rauskommt.
Meine gelesenen Bücher sagen mir, daß das so ist. Aber sie erklären mir nicht die Herleitung.
Ich stand also da mit der Frage: Wie kann das sein?

Hinzu, und da gebe ich Dir recht, kommen die leicht zu überlesenen Begriffe.
Die Bank des Modells wurde also per Dekret (von uns beiden) zur "Notenbank".
Genau sowas meine ich - ein Aha-Erlebnis.
denn:
Notenbank = irgendeine Bank, die (Bank-)Noten druckt und in Umlauf bringt
oder eben elektronisches Geld erschafft, nehme ich an. Somit ist jede Geschäftsbank eine Notenbank, oder?
Zentralbank = Wird in einem Land die Währung durch eine einzige Bank kontrolliert (haha), dann ist das eben die Zentralbank. Ob diese eine staatliche Institution oder in privater Hand ist oder ein geisterhaftes Rechtskonstrukt wie die Buba, spielt keine Rolle.
Eben. Kann eine solche Kontrolle eigentlich funktionieren? Denn mir scheint es eine Kontrolle im Rückspiegel zu sein.
Aber all dies nur als Exkurs, denn ich komme vom Thema ab.

Und nun Ladon schöpfe uns bitte mehr Geld!

Beitrag 29.03.2011, 10:49

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Ladon
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Fin hat geschrieben:... Das Problem kommt daher, daß Du den Geldschöpfungsprozeß voll verstehst ...
Da fehlt ja wohl der Ironie-Smiley!
Ich verstehe diese Dinge ungefähr genauso wie ich Autos verstehe: Ich weiß, welche physikalischen und mechanischen Prozesse ablaufen, ich könnte sicher das eine oder andere berechnen ... aber wenn ich die Motorhaube aufmache (Ich hatte mal - kein Witz! - einen Van, da wusste ich nicht mal wo der Motor war und habe nicht schlecht gestaunt, als da vorne nix drin war, als ich mal in einem Anfall von Do-It-Yourself den Ölstand kontrollieren wollte. Den Fahrersitz hätte man hochklappen müssen! Wer kommt denn auf sowas?) ... wenn ich also die Motorhaube aufmache, verstehe ich gar nichts.
Fin hat geschrieben: ...
Hinzu, und da gebe ich Dir recht, kommen die leicht zu überlesenen Begriffe.
Die Bank des Modells wurde also per Dekret (von uns beiden) zur "Notenbank".
Genau sowas meine ich - ein Aha-Erlebnis. ...
Exakt so ist es aber. Das Geldschöpfungsprivileg ist - so ähnlich hat Lincoln das formuliert - ein zentrales, hoheitliches Recht des Staates. Und keinesfalls einer wie auch immer organisierten Bank. Das System KÖNNTE also tatsächlich auf politischem Wege grundlegend reformiert werden. Es genügt ein Gesetzgebungsakt.
In unserem Beispiel könnte das Geldschöpfungsprivileg schlicht auf "10x ein Zehnerschein drucken" festgelegt sein.
Fin hat geschrieben: ...
denn:
Notenbank = irgendeine Bank, die (Bank-)Noten druckt und in Umlauf bringt
oder eben elektronisches Geld erschafft, nehme ich an. Somit ist jede Geschäftsbank eine Notenbank, oder? ...
Njet!
Wenn denn die Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe Geld schöpfen, dann lediglich in Form von Giralgeld-Forderungen (!) auf den von Ihnen geführten Konten. Diese Forderungen sind durch das Guthaben der Bank bei der Zentralbank (Mindestreserve) unterfüttert. Sie können KEIN Zentralbankgeld schöpfen und schon gar keine "Noten" herstellen und in Umlauf bringen.
Geschäftsbanken sind (hier und heute) definitiv keine Notenbanken!

Verwirrung entsteht (in Deutschland) auch daraus, dass die Bundesbank keine (deutschen) Staatsanleihen aufkaufen durfte. Will der Staat Geld, dann muss er auf dem offenen Markt Anleihen anbieten - so läuft das auch heute. Das sind dann richtige Auktionen!
Diese Staatsanleihen der Geschäftsbanken (mal auf die beschränkt) akzeptiert die Zentralbank jedoch u.U. als Sicherheit ... und dann erst entsteht (Zentralbank-)Geld.
Was "im Markt" bei der Kreditvergabe von Geschäftsbanken geschieht, ist etwas anderes.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 29.03.2011, 14:01

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thEMa
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Obschon ich mich an diesem Tread mangels Kompetenz leider nicht mehr so recht aktiv beteiligen kann, verfolge ich ihn doch mit großem Interesse. Herzlichen Dank an die beiden Unermüdlichen Fin und Ladon. smilie_12
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 29.03.2011, 14:53

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thEMa
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Mäh!

Jetzt habe ich doch nochmal eine Frage, die, glaube ich, noch nicht angesprochen wurde.

Wenn diese "Blut-Hirn-Schranke" besteht, wie kommt dann neues Geld auf die Zentralbankkonten der Geschäftsbanken? Nur durch Zentralbankkredit?

Dass die Geschäftsbanken untereinander über ihr Zentralbankkonto abrechnen, erscheint mir plausibel, da:
1. Die zweite Geschäftsbank am Giralgeld der ersten Geschäftsbank kaum Interesse haben dürfte, da sie, solange die Mindestreserve ausreicht, selber Giralgeld schöpfen kann. Daher ist wohl auch die Vermischung von Giral- und Zentralbankkonten so "pfui".
2. Andernfalls müssten die Forderung übertragen werden, was einem Verkauf von Krediten entspricht. Das gibt es zwar auch, ist aber meineswissens nicht die Regel und gilt mittlerweile als "unfein". Bei Verrechnung über die Zentralbankkonten bleiben die Forderungen der Kunden an die Bank (und umgekehrt) unberührt von Geschäften unter den Banken.

Oder? smilie_08
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
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Beitrag 29.03.2011, 16:31

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thEMa hat geschrieben:... wie kommt dann neues Geld auf die Zentralbankkonten der Geschäftsbanken? Nur durch Zentralbankkredit? ...
Nö, zum Beispiel auch dadurch, dass die Zentralbank "Wertpapiere" auf dem "offenen Markt" (von Geschäftsbanken) kauft (Diese "Offenmarktpolitik" ist sogar ein "offizielles" Instrument der Geldmengensteuerung!). Dadurch entsteht - sozusagen - Geld. Ggf. sogar Bargeld, denn Zentralbankguthaben können "bar" abgerufen werden. Und genau dieses Bargeld entsteht als "Geld" aus dem Nichts in dem Augenblick wo es physisch die Schwelle der Zentralbank überschreitet (es ist also egal, ob es extra gedruckt wird oder aus einem eventuellen Bestand kommt).
Nur wenn die Bank, die zum Beispiel eine Erhöhung der Mindestreserve braucht, sich die benötigten Mittel nicht ...
... erstens von anderen Banken besorgen kann, oder
... zweitens nichts an die Zentralbank "verkaufen" kann,
entsteht Geld durch direkte Kreditvergabe der ZB an die GB
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Beitrag 30.03.2011, 08:02

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Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet das,

1.) dass der Staat, um sich Geld zu beschaffen, Anleihen unter den Geschäftsbanken versteigert.
2.) dass die Geschäftsbanken wiederum diese Anleihen an die Zentralbank verkaufen können, um somit ihren Zentralbankkontostand anzuheben.

Daraus resultiert ja dann, dass der Staat sich nur über einen (wiederum zusätzliche Zinsen abschöpfenden) Zwischenhändler mit Finanzmitteln versorgen kann, wenn er mit seinen Steuermitteln nicht auskommt.

Und der "Zwischenhändler Geschäftsbank" hat dadurch die Möglichkeit, durch Geldschöpfung oder Bilanzverlängerung, erzeugtes Giralgeld in mindestreserve-taugliches Zentralbankgeld umzutauschen.

Da sollte man als Staat doch eine Bank gründen, deren einzige Aufgabe es ist, gegen Anleihen Giralgeld auf die Staatskonten zu überweisen und durch Verkauf von 2% (4%?) dieser Anleihen an die ZB für die nötige Mindestreserve zu sorgen. Die Gewinne dieser Bank fließen dann wieder zu 100% ins Staatssäckel.

Vermutlich ist es aber wieder viel komplizierter bzw. dieser Weg durch entsprechende Regularien verbaut. Und selbst, wenn es ginge, wäre es ein typischer Fall von "von hinten durch die Brust ins Auge"-Bürokratie. Schließlich hätte der Staat ja zumindest theoretisch die Geldhoheit.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 30.03.2011, 09:15

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Verwurstel Dich nicht im Geäst der ganzen Sache smilie_02

Grundlegend ist es so:
Ja, bei uns werden neue Tranchen von Staatsanleihen in Form einer "Telefonauktion" auf den offenen Markt gebracht. Es müssen Käufer (nicht nur Banken, da sind auch institutionelle Investoren dabei) gefunden werden. Dadurch bekommt "Deutschland" Geld. Und zwar direkt Geld von den Banken.
An diesem Vorgehen ist nichts unklar - es wird nur meistens nicht darüber geredet, wie das abläuft.

Ob Banken solche Staatsanleihen direkt an die Buba abtreten können, weiß ich jetzt spontan nicht genau - ich mutmaße aber eher nicht. Als "Sicherheit" akzeptieren sie sie aber m.W. sehr wohl ... der Unterschied ist also nur graduell.
Allerdings ein wichtiger, denn aus dem Selbstverständnis der Buba - aus den gesetzlichen Grundlagen, den vorhandenen "Spielregeln" - ergibt sich ja die viel zitierte "Unabhängigkeit". Dass der Staat also nicht direkt Anleihen an "seine" Zentralbank verkaufen kann, dient dazu, dass die Zentralbank nicht missbraucht werden kann (so wie das Hitler-Regime spätestens nach Funkes Abgang die Reichsbank missbraucht hat). Diese umständlichen "von-hinten-durchs-Knie-ins-Ohr" Vorgehensweisen sind allesamt zum großen Teil historisch begründet und die "Spielregeln" unterscheiden sich von Land zu Land - zumindest im "sichtbaren" Bereich (Das FED kauft, glaube ich, direkt US-Bonds).

Zum anderen: Ich glaube, dass die "Abtretung des Notenprivilegs für das gesetzliche Zahlungsmittel" an eine Bank auch historisch zu sehen ist: Hätten die Regierungen das einfach so getan, wäre eventuell niemals das "Vertrauen" in Geld gewachsen (Regierungen neigen zu allen Zeiten dazu pleite zu sein)! Eine mehr oder weniger "freie" Bank schafft dieses Vertrauen.
Mittlerweile geht es natürlich längst nicht mehr um solche Dinge. Die "Unabhängigkeit" der Zentralbank ist ein (weitgehend "westeuropäisches" (nicht geografisch gemeint) Dogma. Und es ist in der Praxis wahrscheinlich egal, wer die Politik der Zentralbank bestimmt, wenn alle die für das "Bestimmen" in Frage kommen sowieso die gleiche Richtung einschlagen würden.
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Beitrag 30.03.2011, 09:43

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thEMa
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Ladon hat geschrieben:Dass der Staat also nicht direkt Anleihen an "seine" Zentralbank verkaufen kann, dient dazu, dass die Zentralbank nicht missbraucht werden kann (so wie das Hitler-Regime spätestens nach Funkes Abgang die Reichsbank missbraucht hat).
Sogesehen spricht das für die Einführung einer 4. Säule der Gewaltentrennung, der "Monetative", wie von Prof. Senf postuliert.
Das würde auch den Weg zur vollständigen (oder zumindest partiellen) Finanzierung des Staateshaushaltes aus dem "Münzschatz" ebnen. Ähnliches hat wohl im Spätmittelalter mit den Brakteaten* schon ganz gut funktioniert.

*Brakteaten waren Scheidemünzen, die vielfach in regelmäßigen Abständen "verrufen" wurden. Dann mussten beispielsweise 3 neue gegen 4 alte Münzen getauscht werden, was dem Münzherren Gewinne (den Münzschatz) bescherte, aber auch für eine Umlaufsicherung des Geldes sorgte.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
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Beitrag 30.03.2011, 10:01

Fin
thEMa hat geschrieben:Daraus resultiert ja dann, dass der Staat sich nur über einen (wiederum zusätzliche Zinsen abschöpfenden) Zwischenhändler mit Finanzmitteln versorgen kann, wenn er mit seinen Steuermitteln nicht auskommt.
Hi Thema,
wie schön, daß Du an Bord bleibst. Dir mangelt es an "Kompetenz", Ladon will den "Ironiesmilie" - und ich bin sowieso der fragende Dummbeutel. Was habe ich gestern abend smilie_11.
Zu Deiner Frage oben:
Ich vermute, daß seinerzeit die Altvorderen sich sauber überlegten, wie sie Gesetze erstellten, um Mißbrauch vorzubeugen. Ich nehme an, daß man es für den Staat relativ unattraktiv machen wollte sich zu verschulden. Die wollten sicher erreichen, daß der Staat mit seinen Steuermitteln auskommen wollte. Der Weg über die Geschäftsbanken bedeutet ja, daß (in der Theorie) marktgerechte Preise für Staatsschulden entstehen. Hätte der Staat eine eigene Bank, dann könnte er ja Staatspapiere zu nicht marktkonformen Bedingungen loswerden.

Wenn somit eine Staatsverschuldung eine solche (natürliche) Eindämmung hätte, machte es auch mehr Sinn, daß diese (also Staatspapiere) als "sichere" Rücklage Gültigkeit besitzen. Aber genau das ist ja heute in Frage gestellt, da Politiker nicht an Morgen denken (nix ist mit natürlicher Eindämmung).

Dies alles hat aber keinen Anspruch auf Richtigkeit - ich bin ahnungslos.

Edith: Da mußte ich mal raus und schwupps seid ihr schon weiter - sorry für die Wiederholung.

Beitrag 30.03.2011, 10:21

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thEMa
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Was du schreibst, scheint mir einleuchtend.
Ähnliches ist auch schon durch meinen Kopf gegeistert. Da konnten die Altvorderen wohl nicht alles bedenken.
Es ist aber typisch für komplexe Systeme, dass man hier am Reissbrett nicht zu endgültigen Lösungen kommen kann. Letzlich ist da ein ständiges Feintuning und ein langer Atem erforderlich, um ans Ziel zu kommen. Ob man mit beherzten kräfigen Lenkbewegungen sein Fahrzeug auf der Fahrbahn halten kann ist eher zweifelhaft.

Und hier wird ein großes Problem der demokratischen Staatform deutlich. Die Lenkbewegungen sind klein, aber durch die wechselnden Regierungen wird das mit dem langen Atem schwierig und das Ziel ändert sich auch ständig.

Wie heisst es so schön:
"Für den Seemann, der den Hafen nicht kennt, ist kein Wind günstig"

Selbiges gilt auch für Seemänner, die sich alle 2 Stunden für einen neuen Zielhafen entscheiden.
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Beitrag 30.03.2011, 10:49

Fin
Ich bekam aus diesem Forum den Tipp Karl Walker "Geld in der Geschichte" als Urlaubslektüre zu lesen. Er beschreibt die Zeit der Gotik, als ob es niemals besser war.
Mich erinnerte das Brakteatensystem an die Reise nach Jerusalem. Wer will denn bitte Brakteaten als letzter halten und dann (bei Verrufung) schlecht umtauschen müssen? Ich weiß nicht, ob das ein gutes System wäre.
Ich wüßte auch nicht, wie dies global umzusetzen wäre. Hat das nicht etwas sehr Begrenztes?
Und dann solche Dinge wie Altersversorgung. Oder sollen wir wieder Kinder haben? Bei solchen Umstellungen käme eins zum anderen.

Aber da wir ja erleben, daß Geld über Jahre abwertet, ist doch diese Abwertung des Geldwertes auch eine kontinuierliche Abwertung der Staatsschulden. Eigentlich ist doch ein Brakteatensystem ein "Geldabnehmen" und das ist eine Abwertung in gewisserweise (über den Geldwert) auch.
Ich glaube der Unterschied besteht darin, daß wir in einer Zeit leben, in der (nicht nur Staats)Schulden nicht zurückgezahlt werden. Irgendwie wissen das alle, aber keinen stört das.

Beitrag 30.03.2011, 11:29

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thEMa
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Fin hat geschrieben:...Mich erinnerte das Brakteatensystem an die Reise nach Jerusalem. Wer will denn bitte Brakteaten als letzter halten und dann (bei Verrufung) schlecht umtauschen müssen?...

...Und dann solche Dinge wie Altersversorgung. Oder sollen wir wieder Kinder haben? ...

...Aber da wir ja erleben, daß Geld über Jahre abwertet, ist doch diese Abwertung des Geldwertes auch eine kontinuierliche Abwertung der Staatsschulden. Eigentlich ist doch ein Brakteatensystem ein "Geldabnehmen"....
Ich fürchte, was derzeit passiert ist mit einer Reise nach Jerusalem zu vergleichen, wo in einer Runde alle Stühle bis auf einen ode zwei weggenommen werden. Das "Verrufen" müsste natürlich schleichend passieren, so wie auch heute Geldwerte schleichend durch Inflation aufgefressen werden. Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das ja auf's gleiche rauskommt. Das stimmt, nur die Nutznießer des Wertverlusts sind andere und ein Negativzins führt nicht zur zwangsläufigen Konzentration der Geldvermögen (und letzlich auch Sachwerte) auf wenige.

Zu den Kindern: Natürlich ja. Da man von Geld, Gold und Silber nicht abbeissen kann, wird es wohl jemanden geben müssen, der die von Alten von heute und Morgen benötigten Dinge produziert. Alternativ könnte ein jeder alles, was er von Rentenbeginn bis zu seinem Ableben benötigt, einlagern. smilie_02

Steuern sind auch ein Geldabnehmen.
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Beitrag 30.03.2011, 14:39

donogl
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Das ganze ist auch hier nochmal ganz gut erklärt:
http://video.google.com/videoplay?docid ... 8588051041#

Im Grunde kann gerundet immer das 9fache mehr aus einer bestimmten Geldmenge erschaffen werden.

Und das beste ist, diese Grundgeldmenge ist auch nur Luft, womit aus Luft noch 9 fach mehr Luft erschaffen wird.

Das ganze System ist echt einfach nur lächerlich und beängstigend zugleich.

Die Frage ist nur wann crasht es wieder bzw. kommt wieder der unausweichliche Reset. smilie_01

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