Frage: Geldschöpfung der Banken

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Beitrag 13.07.2013, 07:42

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Ladon
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smilie_08

Zinsen verschwunden? ... ja, ich bin mir auch sicher, dass irgendwie "Erklärungsbedarf" besteht, was eigentlich konkret gefragt ist. Vermutlich handelt es sich aber um bloße "Begrifflichkeiten" und löst sich von allein, wenn man die missverständlichen Ausdrücke klärt.
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Beitrag 04.08.2013, 22:58

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MaciejP
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Jetzt muss ich doch nochmal was dazu fragen: Es heißt doch immer, dass jeder Schuld ein Guthaben in gleicher Höhe gegenübersteht. Bei der Kreditaufnahme scheint mir das auch recht klar; in der Bilanzsumme kommt immer Null heraus.

Wenn ich mir jetzt aber vorstelle, jeder würde versuchen seine Schulden zurückzuzahlen, dann liefe das eine Zeit lang gut. Irgendwann käme aber der Punkt, wo plötzlich nicht mehr genug Geld da wäre, um neben dem Kredit auch die Zinsen zu bedienen (denn die werden ja nach Aussage Ladons nicht neu geschöpft). An diesem Punkt gäbe es doch tatsächlich mehr Schulden, als Guthaben!? smilie_08

Bei diesem Punkt komme ich gedanklich nicht vorwärts ...

Beitrag 04.08.2013, 23:08

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Ken.Guru
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entweder du nimmst einen neuen kredit auf um die zinsen zu bezahlen, oder verkaufst etwas um liquid zu sein um wiederum die zinsen zu zahlen, welche ja dann wieder in den kreislauf zurückgeführt werden die vorher aus selbigem entnommen wurden in form eines kredites oder erlös eines verkaufes. nur ist eben dass was du verkaufst hast nicht mehr dein, ein anderer hat es und du kannst die zinsen bezahlen. oder du hast aber einen neuen kredit an der backe. der kreis hat sich wieder geschlossen.

die bank gewinnt immer. ?

Beitrag 04.08.2013, 23:57

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MaciejP
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Ken.Guru hat geschrieben:entweder du nimmst einen neuen kredit auf um die zinsen zu bezahlen, oder verkaufst etwas um liquid zu sein um wiederum die zinsen zu zahlen, welche ja dann wieder in den kreislauf zurückgeführt werden die vorher aus selbigem entnommen wurden in form eines kredites oder erlös eines verkaufes.
Das klappt dann aber nicht mehr, genau das ist ja der Punkt. Die Voraussetzung ist, dass alle ihre Kredite zurückzahlen, d.h. es werden auch keine neuen aufgenommen. Wenn alle ihre Kredite zurückzahlen "bis es nicht mehr geht", dann schrumpft auch die Geldmenge. Somit existieren zwar noch Güter die man verkaufen könnte, aber eben kein Geld mehr. Und das ist nun das Paradoxe - es gibt noch Schulden, aber anscheinend keine Guthaben mehr, womit diese bedient werden könnten.

Also entweder gibt es in dieser Logik einen Fehler oder das Prinzip Schuldenmenge = Guthabenmenge stimmt tatsächlich nicht.

Beitrag 05.08.2013, 07:47

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AuCluster
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Es heißt Forderungen = Schulden und nicht Guthaben = Schulden. In Deinem Beispiel ist die Summe aus Forderung und Schulden wieder exakt NULL, obwohl Guthaben fehlt.
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 05.08.2013, 08:00

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Ladon
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MaciejP hat geschrieben:Jetzt muss ich doch nochmal was dazu fragen: Es heißt doch immer, dass jeder Schuld ein Guthaben in gleicher Höhe gegenübersteht. Bei der Kreditaufnahme scheint mir das auch recht klar; in der Bilanzsumme kommt immer Null heraus.

Wenn ich mir jetzt aber vorstelle, jeder würde versuchen seine Schulden zurückzuzahlen, dann liefe das eine Zeit lang gut. Irgendwann käme aber der Punkt, wo plötzlich nicht mehr genug Geld da wäre, um neben dem Kredit auch die Zinsen zu bedienen (denn die werden ja nach Aussage Ladons nicht neu geschöpft). An diesem Punkt gäbe es doch tatsächlich mehr Schulden, als Guthaben!? smilie_08

Bei diesem Punkt komme ich gedanklich nicht vorwärts ...
Nö!
Es gibt eine Zeit lang mehr ungebuchte (!) Forderungen als Guthaben. Aber in dem Augenblick, wenn der Verleiher seine Zinsen geltend macht, bucht er wieder ein Zahlenpaar, denn Deiner Schuld, zu dem die Zinsforderung qua Buchung gewirden ist, steht das Guthaben der Bank gegenüber! Und das kann sehr wohl verwendet werden!


P.S.
Schreibfehler die nächsten Tage bitte entschuldigen, ich bin unterwegs und muss mit dem Handy klar kommen ;-)
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Beitrag 05.08.2013, 11:16

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Ken.Guru
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das system ist wie ein großes gummiband. solang es nur gedehnt wird ist alles ok. aber wehe wenn es platzt und die fetzen rumfliegen. dem gummi siehst du es halt nicht an in welchem zustand er sich befindet weil man zuweit weg ist davon. smilie_11

Beitrag 06.08.2013, 00:08

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MaciejP
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AuCluster hat geschrieben:Es heißt Forderungen = Schulden und nicht Guthaben = Schulden
Gut, das macht die Sache klarer ...
Ladon hat geschrieben:[...] denn Deiner Schuld, zu dem die Zinsforderung qua Buchung gewirden ist, steht das Guthaben der Bank gegenüber! Und das kann sehr wohl verwendet werden!
... diese Aussage verwirrt nun aber wieder. smilie_11

Die Bank hat doch in dem Sinne gar kein Guthaben, sondern nur eine Forderung. Ich verstehe AuClusters Aussage so, dass die Bank für die Zinsen wiederum ein Forderung-Verbindlichkeiten-Paar erstellt, die Bank fordert also noch die Zinsen und der Kreditnehmer muss sich halt einen Kopf machen, woher er das fehlende Geld nun nimmt.

Und selbst wenn das bilanztechnisch formal korrekt wäre, sehe ich trotzdem keinen Weg, wie alle Kreditnehmer ihre Kredite zurückzahlen könnten, ohne dass am Schluss noch ein Bilanzpaar übrigbleiben würde bzw. "Geld fehlte". Außer durch Schenkung/Streichung von Schulden, denn durch Verleihen von neuem Geld in Höhe der Zinsen würde auf Seiten der Bank ja wieder eine Forderung entstehen.

Beitrag 06.08.2013, 06:32

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thEMa
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Du berücksichtigst nicht, dass die Bank ja selbst auch konsumiert und auf diese Weise die Forderungen der Bank gegen die "Kreditnehmer" reduziert werden können, ohne das dafür an anderer Stelle weitere Schulden aufgenommen werden müssten.
Allerdings ist die Frage, ob alle Schulden getilgt werden können eher eine akademische (eine Art mathematische Grenzwertbetrachtung). Es ist jedenfalls (auch volkswirtschaftlich betrachtet) nicht zwangläufig notwendig weitere Schulden aufzunehmen, um die Zinsen zu bedienen, dafür aber findet eine Umverteilung von Gütern vom Kreditnehmer zum Kreditgeber statt. Das Kapital führt also zur Umverteilung ohne selbst verbraucht zu werden ähnlich einem Katalysator in der Chemie.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

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Beitrag 06.08.2013, 07:23

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Ladon
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@ MacijP

Aber NATÜRLICH hat die Bank Guthaben! Und selbstverständlich benutzt sie es ... im einfachsten Fall um ihre Unkosten zu bezahlen (Angestellte z.B.)
Tatsächlich bist Du jetzt "nahe dran" und nicht etwa weiter entfernt!!!!

Denn genau das ist doch die zwangsläufige Geldmengenauswietung im Kreditgeldsystem! Die Zinsforderung wird qua Buchungsregel zu neuem Geld.

Banken sind Akteure am Markt wie Einzelpersonen auch. Mit dem Guthaben auf ihren Konten agieren sie im Wirtschaftsraum. In Deinem Denken ist - so scheint es mir - noch die altertümliche Vorstellung von "Depositbank" verhaftet.


Wenn wir hier alle aber nicht die "pädagogischen" Fähigkeiten aufbringen können, das adäquat zu erläutern, dann bleibt nur, Dich auf die Fachliteratur zu verweisen (aber das ist kein Spaß ... ich weiß wovon ich rede).
Ich würde mir mal entsprechende Passagen aus dem Obst; Banken und Bankenwaesen, zu Gemüte führen. Die Arbeiten der "großen"Ökonomen" (wobei man, wenn man Wissen sucht, sich NICHT auf die einer Richting beschränken darg).
In einem ersten Schritt wäre vielleicht Senf, Der Nebel um das Geld, angebracht.


Denn, ehrlich gesagt, ich verstehe jetzt Dein Problem nicht mehr und ich glaube, es reaultiert aus einer unscharfen Begriffsverwendung bei Dir. Die von Dir befürchtete Lücke KANN doch gar nicht entstehen, weil doch nur aufgrund der beschriebenen Methoden und mit den entsprechenen (Bilanz-) Regeln Guthaben und Geld entsteht.

Nur für den Fall, dass es das ist:
Natürlich kann weniger Bargeld als Schulden da sein. Aber das ignoriert die Giralgeldschöpfung der Banken selbst, bzw deren Guthaben auf Zentralbankkonten..
So kann in Deinem Szenario schlechtestenfalls kein Gekd mehr im Wirtschaftsraum sein ... aber dann gäbe es immer noch Zentralbankkonten und die Banken konnten von dirt Geld "abheben", damit weiter Schulden bezahlt werden.
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Beitrag 06.08.2013, 16:50

herakles
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@MaciejP

Vielleicht hilft Dir diese Erklärung.

Die Geldmenge besteht nicht nur aus Buchgeld in unterschiedlichen Formen, sondern auch aus Noten und Münzen (M1). Deshalb führte selbst eine theoretische Tilgung aller Schulden nicht zur "Vernichtung" der gesamten Geldmenge.

Um (nicht nur) Deine Frage zu klären, wie Zinsen grundsätzlich zurückbezahlt werden können, ist die Herangehensweise mit diesem Beispiel aber sehr gut.

Wenn nun nur die Noten und Münzen übrig geblieben sind, und diese zu 100% ausgeliehen sind, können die Zinsen nicht mehr zurückbezahlt werden.

Faktisch kann mann aber nicht nur mit Geld Schulden begleichen, sondern mit anderen Gütern. Beispiel, (Sicherungsübereignung, Hypothek) falls die Raten nicht mehr bezahlt werden können. Zwar ist das keine Geldzahlung aber ein Gegenwert für das verliehen Kapital und die fälligen Zinsen.

Das Ende der Schlussfolgerung ist, wenn kein Geld mehr übrig ist, muss man etwas anderes hergeben, um die Zinsen zu bezahlen. Weil in Deinem Beispiel per Definition kein neues Geld geschöpft wird und die Zinsen aus der Geldmenge M1 nicht zurückbezahlt werden können, bleibt nur die Umverteilung von anderen Vermögen übrig.


Was jetzt folgt ist nicht mehr auf Deine Frage bezogen, aber auf die viel kritisierte Geldmengen Ausweitung generell.

In der Theorie soll die die Geldmenge (nur) in höhe des Wirtschaftswachstum steigen. Selbst wenn das so wäre, sollte man bedenken, dass das Wachstum nicht nur aus neu erschaffenen und bleibenden Vermögen besteht sonder ordentlich aus Dienstleistungen und Konsumgüter, die nicht übrig bleiben. Deshalb dürfte die Geldmenge nicht in Höhe des gesamten Wachstums steigen sondern höchstens in Höhe des Anteils an neu erschaffenen und bleibenden Vermögen.

Denn wenn der Apfel gegessen das Geld dafür aber übrig geblieben ist, gibt es ein Ungleichgewicht.

smilie_24

Beitrag 06.08.2013, 20:16

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Ladon
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Geldmengen

M0
Bargeld (Noten und Münzen) im Umlauf - also ohne Kassenbestand der Geschäftsbanken, wohl aber inklusive der Zentralbankguthaben der GB (logisch, das wird halt ggf gedruckt, wenns "abgehoben" wird)

M1
Da sind die SICHTGUTHABEN schon dabei!


Der MaciejP kann ja nicht (Giral-)Geldschöpfung für ein Kreditgeldsystem "verbieten". Alles hängt mit dem Bilanzierungs- und Buchungssystem zusammen. In dem Augenblick, in dem die Zinsen GEBUCHT werden, entsteht auf der Guthabenseite (die der GB zugeordnet ist, denn DEREN Forderung ist es ja) "Giralgeld". Es ist egal, ob es da gerade im Moment genug Bargeld dafür gibt. Nötigenfalls wird das von der ZB geliefert, indem die GB es auf ihr ZB Konto überweist und dann abhebt!
So einfach würde (im schlichten Modell) der vermeintliche Geldmangel aufgelöst!

Das ist doch der Witz an dem System, dass es nur "Schulden" braucht, um sein Geld zu hecken!
Lass Dich nicht kirre machen MaciejP, Du denkst ni ht falsch, nur denkst Du nicht in den Bahnen des Geldsystems, sondern mit "gesundem Menschenverstand" - der hat da aber keine Chance, denn, das hat der Vorredner richtig gesagt, am Ende geht es um den Transfer von realen Gütern an die "Feudalherren"

P.S.
Und weil in diesem System das Bargeld AUSSCHLIESSLICH (!) durch "Abhebung" von ZB-Konten in Umlauf kommt, würde am Ende tatsächlich AUCH ALLES BARGELD zur ZB zurück kehren, wenn ALLE Schulden bezahlt würden und wirklich und wahrhaftig "verschwinden". Denn innerhalb der ZB sind Münzen und Scheine KEIN Geld!
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Beitrag 07.08.2013, 00:25

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MaciejP
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herakles hat geschrieben:Das Ende der Schlussfolgerung ist, wenn kein Geld mehr übrig ist, muss man etwas anderes hergeben, um die Zinsen zu bezahlen.
Genau, das wäre schlussendlich die Konsequenz aus diesem "Geldmangel". Ladon und thEMa schreiben ja etwas ähnliches, nur lese ich da heraus, dass dieser Geldmangel überhaupt nicht entstehen kann.

Mein Problem sind möglicherweise nur die Begrifflichkeiten "Guthaben" und "Forderung". In manchen Fällen ist das für mich klar dasselbe, in anderen Fällen aber nicht. Ich will mal versuchen mein Problem an einem ganz einfachen Beispiel ganz auf den Anfang zurückzuführen:

Angenommen es gibt im System noch überhaupt kein Geld, keine Buchungssätze, etc. Nun nimmt Anton einen Kredit bei der Bank in Höhe von 1000 EUR auf; die Bank verlangt 10% Zinsen und das Geld landet auf Antons Konto. Nach meinem Verständnis gilt nun Folgendes:

A) Anton hat eine Forderung (Guthaben) über 1000 EUR ggb. der Bank von seinem Konto und gleichzeitig eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe aus dem Kredit.
B) Die Bank hat eine Verbindlichkeit über 1000 EUR ggb. Anton und gleichzeitig die Forderung (kein Guthaben) aus dem Kredit.

Jetzt hebt Anton das Geld von seinem Konto ab, um es seiner Familie zu zeigen. Damit verschwindet das Buchungspaar für das Konto und es bleibt Folgendes übrig:

A') Anton hat eine Verbindlichkeit in Höhe von 1000 EUR aus dem Kredit.
B') Die Bank hat eine Forderung über 1000 EUR.

Anton zahlt das Geld nun wieder ein und tilgt damit seinen Kredit. Da mittlerweile schon ein Jahr vergangen ist, fordert die Bank aber noch die Zinsen in Höhe von 100 EUR:

A'') Anton hat eine Verbindlichkeit in Höhe von 100 EUR aus den Kreditzinsen.
B'') Die Bank hat eine Forderung in gleicher Höhe.

An diesem Punkt wird es nun interessant. Es existiert nun zwar noch ein Buchungspaar, aber es ist kein Geld mehr übrig um dieses zu löschen. Viel wichtiger aber: Nach meinem Verständnis hat die Bank tatsächlich nur eine Forderung, aber kein Guthaben! Kann die Bank nun einfach diese Forderung in Bargeld umwandeln und Anton davon bspw. seine Tochter abkaufen, damit dieser mit dem Geld wiederum seine Zinsen begleichen kann? Oder kann die Forderung nur durch Streichung ausgeräumt werden? Ich denke mal genau das ist der Knackpunkt, an dem ich nicht weiterkomme.

Beitrag 07.08.2013, 06:38

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thEMa
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MaciejP hat geschrieben:Kann die Bank nun einfach diese Forderung in Bargeld umwandeln und Anton davon bspw. seine Tochter abkaufen, damit dieser mit dem Geld wiederum seine Zinsen begleichen kann?
Im Grunde "ja".
Ist schon erstaunlich, oder? Am Anfang hatte Anton eine Tochter und die Bank eine Lizenz. Nach ein Paar Luftbuchnungen hat Anton eine Tochter weniger und die Bank die Tochter (und immer noch die Lizenz) - ...to be continued...

Ist schon ein etwas drastisches Beispiel smilie_16 , aber es zeigt eigentlich recht schön, wie der Zins prinzipiell zu einer Akkumulation der Güter bei den (Kapital) Besitzenden führt, ohne dass diese selbst an der Schaffung dieser Güter beteiligt sind*. Eine Umverteilung die obendrein selbstbeschleunigend wirkt. Und genau aus diesem Grund läuft es letzlich dann doch irgendwann auf eine Streichung hinaus, spätestens dann, wenn der Wert der Töchter zur Begleichung der Schulden nicht mehr ausreicht.

EDIT:
*das ist natürlich eine unzulässige klassenkämpferische Polemisierung, zeigt aber dennoch das grundsätzliche Problem
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Beitrag 07.08.2013, 10:20

herakles
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MaciejP hat geschrieben:
herakles hat geschrieben:Das Ende der Schlussfolgerung ist, wenn kein Geld mehr übrig ist, muss man etwas anderes hergeben, um die Zinsen zu bezahlen.
Genau, das wäre schlussendlich die Konsequenz aus diesem "Geldmangel".
Also ist bis hier alles klar.
MaciejP hat geschrieben:Ladon und thEMa schreiben ja etwas ähnliches, nur lese ich da heraus, dass dieser Geldmangel überhaupt nicht entstehen kann.
Mein Problem sind möglicherweise nur die Begrifflichkeiten "Guthaben" und "Forderung".
Da Geld immer weiter geschöpft wird (egal ob Guthaben oder Forderung), könnte man denken, dass damit die Zinsen bezahlt werden können. Aber nur auf den ersten Blick. Auf den Zweiten wird es klar, dass es nicht stimmen kann.

Das neues Geld wird als Schuld geschöpft, die natürlich eigene Zinsforderungen mit sich bringt. Zudem wenn es für Tilgung alter Zinsen hergenommen wird, kann es ohne eine weitere Geldschöpfung nicht einmal getilgt werden, nicht nur die Zinsen nicht bezahlt werden.


Also müssen Zinsen zwangsläufig mit Wirtschaftsgütern zurückbezahlt werden, weil es nicht genug Geld da sein kann, egal wie viel man schöpft. Schneeballsystem wäre der richtige Ausdruck.

Diese offizielle Theorie würde nur dann gültig sein, wenn das neu geschöpfte Geld zinslos an die Wirtschaftssubjekte gegeben würde, was natürlich nicht der Fall ist.

Dein Beispiel mit den 100 € Zinsen bringt es glasklar auf den Punkt.

Der Rest ist nur Buchaltungschinesisch....
MaciejP hat geschrieben:An diesem Punkt wird es nun interessant. Es existiert nun zwar noch ein Buchungspaar, aber es ist kein Geld mehr übrig um dieses zu löschen. Viel wichtiger aber: Nach meinem Verständnis hat die Bank tatsächlich nur eine Forderung, aber kein Guthaben! Kann die Bank nun einfach diese Forderung in Bargeld umwandeln und Anton davon bspw. seine Tochter abkaufen, damit dieser mit dem Geld wiederum seine Zinsen begleichen kann? Oder kann die Forderung nur durch Streichung ausgeräumt werden? Ich denke mal genau das ist der Knackpunkt, an dem ich nicht weiterkomme.
Ja, die Bank kann und tut Ersteres. Völlig egal ob als Bargeld oder als Buchgeld, die Bank schöpft (mindestens) weitere 100 €, damit die Zinsen grundsätzlich bezahlt werden können. Ob nun Anton selber die als Kredit neu aufnimmt, und sofort die Zinsen zahlt, oder seine Tochter sie aufnimmt um für 100€ ein Sack Kartoffeln von Anton zu kaufen, damit er die Zinsen zahlen kann, oder er seine Tochter an die Bank für 100€ verkauft, ist es irrelevant.

Letzteres kommt seltener vor, weil die Banken Sachvermögen nicht verwalten wollen, sie schleusen sie nur durch an Andere. Bevor sie weiterverkauft werden, buchen sie diese Vermögen (Antons Tochter) auf der Aktivseite als 100€-werte Anlage, und auf der Passivseite erhöht sich dadurch das EK, das auch Buchgeld ist.

Eine Löschung der Schuld ist die Abschreibung, wenn Anton weder zahlen kann noch eine Tochter zum hergeben hat. kommt zwar vor, aber in der Summe sind die Baken immer abgesichert. Wenn Ihre Sicherheiten nicht ausreichen, dann bekommen sie Geld von der ZB.


Die Banken wollen also das Geld, das immer eine allgemeine Kaufkraft im Zeitpunkt der Schöpfung hat. Da es kostenlos geschöpft wird, ist es herzlich egal wie hoch die Kaufkraft ist :-). Außerdem würde es komisch aussehen, wenn die Banken plötzlich alles besitzen würden. Der Gewinn (das neue Geld als Zins) wird an die Aktionäre ausgeschüttet, die natürlich dann den Sack Kartoffeln oder Antons Tochter kaufen können, ohne irgendetwas getan zu haben. Denn das Geld was die Bank als Eigentum der Aktionäre ausgeliehen hat, hat sie selbst geschöpft.

Daher stimmt dies:
thEMa hat geschrieben: ... wie der Zins prinzipiell zu einer Akkumulation der Güter bei den (Kapital) Besitzenden führt, ohne dass diese selbst an der Schaffung dieser Güter beteiligt sind*

PS M0 sind die Münzen und Noten, habe mich da vertippt.

Beitrag 07.08.2013, 22:26

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MaciejP
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Sehr schön, dann bin ich jetzt wieder etwas schlauer als zuvor. Einen herzlichen Dank an alle Diskutanten! smilie_24

Viele Grüße
Maciej

Beitrag 08.08.2013, 17:39

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Ladon
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herakles hat geschrieben:...
M0 sind die Münzen und Noten, habe mich da vertippt.
...
Ich will wirklich nicht kniefieseln, aber gerade in dieser. Frage ist es für das Verständnis schon enorm wichtig, dass die sog GELDBASIS (M0) eben nicht nur Münzen und Noten (und die nur im Umlauf) sind, sondern eben auch die Guthaben auf ZB Konten der Geschäftsbanken! Denn genau deswegen ist das Geld da. Die Versorgung der Volkswirtschaft mit dem benötigten Geld ist schließlich zentrale Aufgabe der Zentralbank!
Der Endeffekt ist schon der beschriebene reale Gütertransfer - aber das Vehikel sieht eben doch etwas anders aus, als es hier dargestellt wurde. Und - sorry - das ist kein Buchungschinesisch; gehört aber zur Nebelmunition ...
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Beitrag 11.08.2013, 08:48

herakles
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Ladon hat geschrieben:
herakles hat geschrieben:...
M0 sind die Münzen und Noten, habe mich da vertippt.
...
Ich will wirklich nicht kniefieseln, aber gerade in dieser. Frage ist es für das Verständnis schon enorm wichtig, dass die sog GELDBASIS (M0) eben nicht nur Münzen und Noten (und die nur im Umlauf) sind, sondern eben auch die Guthaben auf ZB Konten der Geschäftsbanken! Denn genau deswegen ist das Geld da. Die Versorgung der Volkswirtschaft mit dem benötigten Geld ist schließlich zentrale Aufgabe der Zentralbank!
Der Endeffekt ist schon der beschriebene reale Gütertransfer - aber das Vehikel sieht eben doch etwas anders aus, als es hier dargestellt wurde. Und - sorry - das ist kein Buchungschinesisch; gehört aber zur Nebelmunition ...
Das Zentralbankgeld gehört natürlich dazu, war (mir) in dieser Erklärung aber nicht wichtig. Wollte nur zeigen, dass nicht nur Schuldgeld unterwegs ist, und so das ganze Geld durch Tilgung verschwinden kann.
Das Zentralbankgeld kann jederzeit und zu 100%, zumindest theoretisch, von der ZB in Bargeld umgewandelt werden, deshalb ist es wie Bargeld. Anders als die Giralgelder bein den Geschäftsbanken die nie zu 100% in Bargeld umgewandelt werden können.

Hier ist ein guter Beitrag der den rechtlichen Unterschied zwischen Bargeld und Buchgeld erläutert.

http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/ ... -14-01.pdf

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