Wie kritisiert man die Systemkritik?

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 11.08.2012, 08:43

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Ladon
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Die letzten Tage war ich unterwegs und konnte nur mit dem Smartphone gelegentlich mal rein und "drüber" schauen. Das eröffnet auch neue Perspektiven! So ist festzustellen, dass es gelegentlich zu Missverständnissen kommt, wenn "Kritik an der Kritik" geäußert wird oder bekannte "Systemkritiker" hinterfragt werden. Obwohl doch natürlich auch wiederum jede Systemkritik nur EINE Perspektive sein kann. Vor allem, wenn das dazu führt, dass die "Kritik der Kritik" als Verteidigung des "Systems" (oder der ganz ursprünglichen Aussage) fehlinterpretiert wird, führt das dann auffällig häufig dazu, den Thread in ideologischen Mustern erstarren zu lassen.
Ich denke, das ist ein Fehler, denn gerade wenn man - wie wohl die überwiegende Mehrzahl der User hier - "Systemfehler" erkannt und gewisse Konsequenzen gezogen hat, sollte man sich hüten, vermeintliche Wahrheiten nicht mehr kritisch zu betrachten, nur weil sie der eigenen Überzeugung entsprechen.

Ein Beispiel:
Wenn ich heute nach einem "Goldstandard" nach historischem Vorbild rufe ("Zurück zum Goldstandard!"), dann ist es geradezu fatal auszublenden, dass dieser Goldstandard ...
1. von Zentralbanken großteils in Privatbesitz kontrolliert war.
2. einen festgelegten Goldpreis bedeutete.
3. eine geringe, jedoch stetige Preissteigerungsrate aufwies - also einen schleichenden Wertverlust gehorteten Goldes bedeutete (rein rechnerisch in D zwischen 1875 und 1900 ca. 17%)
4. einen "Sog" auf das physische Gold hin zu den Zentralbanken auslöste.

Das ZUR KENNTNIS zu nehmen, bedeutet wirklich abwägen zu können. Das ZU IGNORIEREN macht aus dem "FIAT-Schaf" nur ein "Gold-Schaf".



In diesem Zusammenhang und Blickwinkel gibt es wichtige Fragen, deren Beantwortung ausbleibt, weil regelmäßig entweder der Fragesteller als "systemkonform" abgetan wird oder mit dem Hinweis auf die bestehende Situation die konkrete Antwort vermieden werden kann ("Ist doch heute genau so" oder "Ist hier noch schlimmer" ...).
Das ist Rethorik, die wir uns im Rahmen des Forums EIGENTLICH schenken könnten, denn bei allen Differenzen kann man doch wohl fast allen hier unterstellen, dass sie "Pro-Gold" eingestellt sind ...

Zwei solcher Fragen seien im Folgenden mal zur Diskussion gestellt.

A)
Im Rahmen von Forderungen nach völliger Freiheit des "Marktes", Wegfall jeglicher Reglementierung bis hin zur Aufgabe aller diesbezüglichen hoheitlichen Gewalt durch Staaten oder ähnliche Konstrukte, ergibt sich die beängstigende Frage, wie man in solch einem Szenario sich und sein Eigentum vor gierigen und rücksichtslosen Machthabern (und damit ist nicht allein staatliche Macht gemeint!!!), die keine reglementierte Sanktion bei Fehlverhalten fürchten müssen, schützen kann?
Die allfällige "Standardantwort" ist nämlich im Grunde KEINE Antwort: Der wirklich freie Markt würde solche Handelnden letzten Endes bestrafen. Ja toll. Das nutzt dem einen oder den zehn, hundert oder tausend(en) nichts, die bis zum Einsetzen des Marktmechanismus ausgenutzt und über den Tisch gezogen wurden! Es ist dann auch gleichgültig, ob die "Enteignung" durch Staatsgewalt, Konzern, Sozialist oder Kapitalist geschehen ist.
Ohne mit "gesellschaftlicher Gewalt" durchsetzbares Regelwerk ist es den anfänglich und schutzlos Betroffenen ein höchst schwacher Trost, dass der "Handelnde" irgendwann pleite geht (oder irgendwie in der Folge auf der Basis freier Entscheidung "geächtet" wird), weil sich sein Fehlverhalten rumgesprochen hat!
Muss man solche Kollateralschäden in Kauf nehmen und nach dem St-Florians-Prinzip hoffen, dass es eben einen anderen trifft?
Nochmal zur Sicherheit: Das ist soll in keiner Weise das Bestehende für "gut" erklären! Es ist aber ein Aufforderung die "Vision" zu präzisieren.

B)
Mindestens ebenso wichtig ist folgendes: An anderer Stelle wurde bereits darüber diskutiert, dass das Kreditgeldsystem keinesfalls vom verwendeten Zahlungsmittel abhängig gemacht werden kann. Der Umfang kreditgeschöpfter Guthaben war schon in den stabilsten Zeiten römischen Kurant-Zahlungsmittels riesig. Die mittelalterlichen Messen waren in erster Linie Finanzmärkte, die Kredite in fantastischem Ausmaß zur Verfügung stellten. Kredite erschaffen Guthaben. Guthaben sind (und waren damals schon) zur Minderung von Schulden einsetzbar. Das heißt: Sie erfüllen Geldfunktion.
Alles zinsbelastet und dank des Weltwunders des Zinseszins (so der alte Rothschild) stetig wachsend.
So weit, so gut. Das ist (vielleicht bis auf die Existenz umfänglichen von Papiergeld-Surrogaten in Kurantgeldzeiten) zumindest hier Allgemeinwissen. Ebenso wie die daraus entstehende Problematik der stetig automatisch und exponentiell wachsenden (Geld-)Vermögen, die in physische Werte gewandelt werden können und zur Akkumulation von Reichtum (also WIRKLICHEM Reichtum, nicht das bisschen, was meiner-/unsereiner im Schatzkästlein hat) bei wenigen führt. Wahlweise wird das "Geldfeudalismus", oder "Sklaverei ohne Ketten" etc. genannt. Die Begriffe sind nebensächlich. Relativ breite Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass das System der durch Kreditvergabe entstehenden, durch Zinseszins exponentiell vermehrbaren "Guthaben" (= Geldsurrogate) höchst ungerecht ist. Es zwingt die Armen in Abhängigkeiten und bedroht in Wellen die "kleinen Vermögen"; insbesondere, wenn diese auf den genannten "Guthaben" basieren (das kann z.B. auch Geld in Form von Zahlungsmitteln/Banknoten sein).
Der langen Rede kurzer Sinn:
Wir zweifeln hier nicht an der Tatsache, dass große Vermögen sich LEISTUNGSLOS durch die Systemmechanik immer weiter vergrößern, bzw. vergrößert haben ... nur: was ist im Falle eines "Systemwechsels" mit diesem, durch die Leistung anderer erworbenen, Vermögens zu tun? Das hohe Gut des Schutzes von Eigentum ... gilt das auch für solches durch "Zinsknechtschaft" erworbenes Eigentum? Und wenn ja, bedeutet das nicht, dass die bisherigen Profiteure dann weiterhin in der besten Ausgangsposition verblieben und zweifelsfrei mit ihren nach wie vor bestehenden Mitteln neue, für sie passende, "Instrumente" entwerfen würden? Kurz: "Die" bleiben an der Macht; was jedoch kaum das Ziel eines Systemwechsels sein kann.
Auch hier ein "nochmal": Hier ist nicht die Rede von politischen Systemen oder Ideologien! "Links" und "rechts" sind sich selten einig, wenn es um die Kernproblematik des Kreditgeldsystems geht! Selbst die systemimanente Bundesbank sprach Anfang der 2000er Jahre offiziell von der Gefahr der "Selbstalimentierung großer Geldvermögen".
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Beitrag 11.08.2012, 12:44

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Milly
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Hallo Ladon,

viele Punkte, aber vorab:

Ich denke, die (Super-)Reichen incl. der roten Schilde spielen derzeit/längst/mal wieder die "Karte Sozialismus".

Und die einschlägigen Sprüche "Zinseszins", "leistungsloses Einkommen", "die Reichen werden immer reicher", das geht mir inzwischen dermaßen gegen den Strich (nimm's nicht persönlich, Deine Absichten sind ja ok!).

Weil - obige Sprüche schallt es aus allen Rohren, sie sind längst Standard-Vokabular der "systemimmanenten Systemkritiker" (also die zugelassene bis erwünschte/systemprofitierende und systemstabilisierende Opposition, von Attac, Gewerkschaften, Kabarett usw.); ebenso ist es Standard-Vokabular der Hardcore-Linken und der antizionistischen Rechten bzw. Rechts-Sozialisten.
Also quasi eine Große Koalition smilie_02

Da gehen Rothschilds/Bilderberger längst Hand in Hand mit den Kommunisten (und Bilderberger-Gast) wie Trittin:
Der Stamokap als ideale Methode, die Massen auszuplündern, zu versklaven und zu kontrollieren.
Und übrigens auch Methode, den Massenwohlstand zu schwächen (und damit die Staats- und Systemabhängigheit zu erhöhen).
"Knappheit" ist Trumpf, nicht Überfluß/Wohlstand, siehe auch das Club-of-Rome-Gelalle von den "begrenzten Ressourcen" und die "Energiewende" mit der vorsätzlichen Verschrottung samt gewolltem Mangel.

Und mit der "Reichensteuer", mit der auch mittelständische Betriebe belastet werden sollen, ist da ein ganz wichtiger Schritt (der Elite!), den (ihnen noch viel zu unabhängigen!) Mittelstand weiter zu schwächen; deren Eigenkapital-Quote herunterzufahren usw. (erhöht übrigens auch die Macht der Banken!).
Das Großkapital/Dax & Dow ist ja schon ängst "gleichgeschaltet".

Und ich denk' da immer drüber nach:

Wer von diesen "Kritikern" ist da wessen "nützlicher Idiot"?

Aber das Ergebnis hinter all diesem Reichen-Bashing, das grad mal wieder "hip" ist, ist doch klar:

Es trifft eben genau nicht die obersten 1%, die gut vernetzt sind, über "Kanäle" über kommende Staats-Maßnahmen informiert werden, die alle Möglichkeiten haben (incl. teurer nicht jedermann zugänglicher Steuer- und Finanzberatung).

Es verdient mal wieder u.a. - eben, die Steuerberatungs- und -vermeidungsindustrie.

Systemgewollt!!

Es trifft am Ende, und das mit absoluter und tödlicher Sicherheit, die Reste der (gehobenen) Mittelschicht, die ihr kleines Vermögen zu 95% ehrlich und hart erworben haben, sich aber gegen diese ganze Rhetorik "jeder der reich ist ist ein Betrüger, Systemprofiteur, blabla" erwehren müssen.

Und immer dran denken, wer waren denn die Drahtzieher/Finanziers/Hintermänner beim Roten Weltoktober?!
Ich denke, wir stehen genau wieder an diesem historischen Punkt. Weitere Geschichte bekannt.

Und mit "Zinseszins" wird spätestens seit 2008 niemand mehr reicher. Alldieweil die Geldmengen-Erweiterung (monetäre Inflation) ein Vielfaches der (noch dazu besteuerten) Micker-Zinsen beträgt.

Nie vergessen: Wer sagt was, cui bono und mit welchem Zweck/Hintergedanken!?

Aufpassen, Leute: Immer fragen was "sie" wollen und nicht auf die Rhetorik hereinfallen!

Gruß Milly

PS: Gierige und rücksichtslose Machthaber bevorzugen doch den "Sozialismus light" oder!?
Erklärung eigentlich ganz einfach:
Je höher die Staatsquote, desto größer ist die Manövriermasse für Korruption, Schacherei, Geschäfte/Groß"Projekte" zu Lasten Dritter bzw. des Steuerzahlers, usw. usf. Vergabe von "Lizenzen", Zuteilung knapper ggf. produktionsnotwendiger Güter gegen Backschich, für den Berufs-Mafioso + Strippenzieher gibt's doch keine bessere Spielwiese als den Semi-Sozialismus.

Sich an öffentlichem Geld im großen Stil zu bereichern ist nämlich VIEL leichter als freiwillige Kundschaft auf freien Märkten zu finden!

Und alle, die hier widersprechen, die haben - sag ich mal - NIE IM LEBEN ein Produkt selbst verkauft.

Beitrag 11.08.2012, 16:02

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Ladon
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Milly hat geschrieben:...
Und mit "Zinseszins" wird spätestens seit 2008 niemand mehr reicher. Alldieweil die Geldmengen-Erweiterung (monetäre Inflation) ein Vielfaches der (noch dazu besteuerten) Micker-Zinsen beträgt.
...
;-)
Das ist die Sicht von jemandem, der "spart".
Die Leute, die "Geld" als Instrument benutzen können (weil sie es nicht zum Lebensunterhalt oder zur Vorsorge benötigen), finden wahrscheinlich, dass ihre Nebelkerzen gut funktionieren, wenn sie sowas hören. Dein Fehler ist ein "Oberflächenfehler" - das "Wunder des Zinseszins" beschränkt sich doch nicht auf Sparzinsen o.ä., sondern umfasst alles, was unter "Kapitalrendite" fällt. Und da denken wir doch gleich mal an die berühmten Ackermannschen 25% ...

Davon abgesehen wollte ich aber gerade die ideologisch-politische Frage hier raus halten. Das, was Du schreibst ist ja alles so weit klar und mit anderen Worten bereits im Eingangspost enthalten. Die Fragestellung zielte jedoch darauf ab, welche praktischen Wege denkbar wären, um die "1%", von denen auch Du sprichst, nicht schon wieder mal zu den Gewinnern eines dem Crash folgenden Systemwandels zu machen.
Dass es die Falschen trifft, ist ja unser Problem! Dass man befürchten muss, die Kontrolleure des Geldsystems kontrollieren auch den Crash ist das Entscheidende!
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 11.08.2012, 17:36

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tut.anch.amun
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...- das "Wunder des Zinseszins" beschränkt sich doch nicht auf Sparzinsen o.ä., sondern umfasst alles, was unter "Kapitalrendite" fällt. Und da denken wir doch gleich mal an die berühmten Ackermannschen 25% ...
...
Die Fragestellung zielte jedoch darauf ab, welche praktischen Wege denkbar wären, um die "1%", von denen auch Du sprichst, nicht schon wieder mal zu den Gewinnern eines dem Crash folgenden Systemwandels zu machen.
@ Ladon
dann musst Du alle und jeden enteignen!
Geht nicht, praktisch nicht durchführbar in einer globalisierten Welt.
Aber in dem Rahmen sehr interessant:
"Das Vermögen ist nicht zu meinem Vergnügen da"
..
SZ: Hat Ihre Familie über die vielen Jahrhunderte eine Strategie entwickelt, Krisen zu meistern?
Castell: Es gibt kein geheimes, schwer leserliches Papier, das von Generation zu Generation weitergereicht wird. Aber es gibt sicher ein paar Grundsätze, wie unser Hausgesetz aus dem Jahr 1560, das die Unveräußerlichkeit des Stammgutbesitzes vorsieht, und es gibt noch mehr ungeschriebene Regeln, die Familie und Besitz zusammenhalten.
SZ: Welche?
Castell: Bis 1918 waren wir in Erbrechtsfragen autonom. Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch stand, auf welche Familien das Erbrecht nicht anwendbar ist: Wir konnten die Erbfolge selbständig regeln, weil der Staat damals große Vermögen als stabilisierende Faktoren der Wirtschaft und Gesellschaft erhalten wollte. Seither gibt es zwar das Pflichtteilsrecht. Aber bei den vergangenen drei Erbgängen haben immer alle Geschwister auf ihren Pflichtteil verzichtet zugunsten eines Erben. In der Familie herrscht Einverständnis darüber, dass nur einer die Nachfolge antreten kann, damit der Besitz erhalten bleibt. Sonst wären wir heute kein lebensfähiges Unternehmen mehr.
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/f ... a-1.201720
Ich brings zwar nur bis ins 14. Jahrhundert mit dem Stammbaum, aber der gute Mann hat recht mit vielem was er da sagt.
Das sehe ich selber auch, nur mein Herr Vater hat das nicht wirklich verstanden und sonne Aussreißer kosten dann mal eben 20 Mio. und reißen vieles wieder runter. smilie_40
Naja...egal, Familienproblem. Doch wenn Du breit aufgestellt bist und auch die Familie im Griff hast...kommst Du durch jede Krise. Die oberen 1% haben es natürlichlich leichter da sie mehr "Masse" zur Verfügung haben und die unteren 99% entsprechend schwerer da ohnehin kaum was da ist.
Du kannst davon ausgehen daran ändert sich auch am derzeitig anstehenden Systemwechsel nichts, es sei denn man fängt tatsächlich an alle zu enteignen, doch damit geht alles komplett den Bach runter.
Sind die 10% oder sagen wir mal die oberen 10.000 erstmal weg, dann werden aus den anderen 90% automatisch sofort zu 100% Arme.
Wie Milly auch es schon anmerkte, das wirkliche Großkapital ist an keine Gesetze, Grenzen, Nationalitäten gebunden, es agiert längst global. Diese alte Adel hingegen hat seine eigene Strategien seit Jahrhunderten.
Der genormte normale Deutschmichel hat hingegen ? Ja was eigentlich??? Ich glaube nicht viel und dementsprechend begrenzt und auch dadurch eingeschränkt sind dann auch seine Möglichkeiten zu agieren und zu handeln.
Für mich persönlich denke ich...ist Geld kaputt, nimmste halt Gold. Kann klappen mit dem Transfer, kann auch schiefgehen. No risk...no fun.
Grüsse
Tut
" Um klar zu sehen genügt oft schon eine geringe Veränderung des Blickwinkels "

Beitrag 12.08.2012, 07:14

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Ladon
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Erstaunlich bei dem "Nick", dass Du Deinen Stammbaum "nur" ins 14. Jhd. zurückverfolgen kannst ... ;-)

Prinzipiell ist es natürlich schwierig, wenn Du ein konkretes Beispiel einbringst. Man müsste dann weg von allgemeinen Ideen und "Visionen", bis hin zur Einzelfalllösung, was uns dem Grundprinzip nicht näher bringt.

Wichtig erscheint mir das:
tut.anch.amun hat geschrieben:...
Du kannst davon ausgehen daran ändert sich auch am derzeitig anstehenden Systemwechsel nichts, es sei denn man fängt tatsächlich an alle zu enteignen, doch damit geht alles komplett den Bach runter.
...
Das ist im Höchstmaß frustrierend, denn damit sagst Du (und milly ja auch), dass einfach nichts zu ändern ist. Die "Geldelite" (aus nun schon mannigfaltig ausgesprochenen Gründen spreche ich lieber von der "Vermögenselite") steht auf der Gewinnerseite. Und wenn man versucht da dran zu gehen, trifft man auf die eine (Geldsystem imanente Enteignung) oder andere (Sozialiistisch/revolutionäre Enteignung) die "Mittelschicht".
Denn besitze ich ein Vermögen von 1 Mio, verändert die "Enteignung" von 50% meine Lebensumstände extrem (mein selbst genutztes Haus z.B. gehört mir dann u.U. nicht mehr vollständig); besitze ich aber 10 Milliarden Vermögen, dann verändert 50% "Enteignung" an meinen persönlichen Lebensumständen gar nichts, außer vielleicht dass ich den nächsten Testarossa erst nächstes Jahr kaufen kann ...


Und trotzdem: Wir reden hier oft von Systemänderungen, die die Dinge verbessern, die Umverteilung nach oben (und unten) eindämmen und die Zinsknechtschaft beenden könnten.
Ich hoffe immer noch auf eine Antwort von den diesbezüglichen Spezialisten, auf welche Weise konkret "Deregulierung" an den bestehenden Machtverhältnissen etwas ändern könnte und ob Eigentum nicht doch ins Verhältnis zu einer jeweils individuellen Leistung gesetzt gehört (Rechne mal aus, was für ein "Stundenlohn" sich ergibt, wenn man in 40 Jahren Arbeitsleben mit 40-Stunden-Woche 10 Milliarden anhäufen würde ... das geht schlicht und einfach nicht realistisch. Einen solchen Mehrwert kann man nicht erschaffen. Das müssen (eine Menge) ANDERER erarbeiten.)


Dazu wichtig: "Enteignung" ist auch ein "Keulenwort" mit dem jede offene Diskussion unterbunden werden kann. Es gibt z.B. Bodenrechtsmodelle, die einen völlig andersartigen Besitzbegriff von Boden (und damit Ressourcen) konstruieren und niemanden "vertreiben" wollen. Da gibt es interessante Ansätze, die eine nähere Betrachtung lohnen - wenn man die o.a. "Enteignungskeule" mal kurz stecken lässt.
Da muss man in die Richtung denken, die früher von solchen Dingen wie "Gemeindeanger" - also allgemeinem Nutzungsrecht - dargestellt wurden. Durchaus also keine "sozialistischen" Modelle (um hier gleich mal vorzubauen).
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 12.08.2012, 11:35

smilelover
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Du kannst davon ausgehen daran ändert sich auch am derzeitig anstehenden Systemwechsel nichts, es sei denn man fängt tatsächlich an alle zu enteignen
Wir reden hier oft von Systemänderungen, die die Dinge verbessern, die Umverteilung nach oben (und unten) eindämmen und die Zinsknechtschaft beenden könnten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Systemänderungen im Moment und in den nächsten Jahren funktionieren könnten. Noch bestimmen die USA das Bild, und dort wird Politik gekauft, um die (Familien) Vermögen zu erhalten, die auch sonst die Wirtschaft bestimmen.

Ich verlinke hier einmal den guten Bernie Sanders, der im Senat ganz offen eine Rede gehalten hat über die 26 Milliardäre, die in den USA außer allem möglichen anderem sich auch noch die Regierung kaufen

http://www.sanders.senate.gov/imo/media ... ires11.pdf

http://www.sanders.senate.gov/newsroom/ ... 8b61af8c2e

"The wealthiest 400 individuals own more wealth than the bottom 150 million Americans - half the country. One family, the Walton family of Wal-Mart fame, is worth $89 billion, more than the bottom 40 percent of America."

“You own and control the economy, you own Wall Street, you own the coal companies, you own the oil companies. Now, for a very small percentage of your wealth, we’re going to give you the opportunity to own the United States government.’”


Seine Rede vom 27.06.2012 ist sehenswert

The American People Are Angry

http://youtu.be/8Y-u0UnKZ_U
res ipsa loquitur

Beitrag 12.08.2012, 21:04

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tut.anch.amun
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Ladon hat geschrieben:...
Systemänderungen, die die Dinge verbessern, die Umverteilung nach oben (und unten) eindämmen und die Zinsknechtschaft beenden könnten.
Ich hoffe immer noch auf eine Antwort von den diesbezüglichen Spezialisten, auf welche Weise konkret "Deregulierung" an den bestehenden Machtverhältnissen etwas ändern könnte und ob Eigentum nicht doch ins Verhältnis zu einer jeweils individuellen Leistung gesetzt gehört (Rechne mal aus, was für ein "Stundenlohn" sich ergibt, wenn man in 40 Jahren Arbeitsleben mit 40-Stunden-Woche 10 Milliarden anhäufen würde ... das geht schlicht und einfach nicht realistisch. Einen solchen Mehrwert kann man nicht erschaffen. Das müssen (eine Menge) ANDERER erarbeiten.)
Ok, mal ein ganz einfaches Beispiel:
2010 kaufte (tauschte eigentlich nur) ich einen Silberadler zu 10 €.
2011 veräußerte ich ihn zu 14,50 € (sogar unter Spot).
Ergebnis dieser einfachen Rechnung 45 % für sogesehen 0,01 % Aufwand.
Fällt nun unter den Bereich Spekulation und auch Handel, doch diese 45 % oder 14,50 € hat natürlich in diesem Falle jemand tatsächlich erarbeitet.
Wie willst Du nun hier eine individuelle Leistung ansetzen?
Dafür müßtest Du nun einerseits den Part "Spekulation" regeln und andererseits auch direkt in den Handel eingreifen, den müßtest Du in diesem Beispiel ja ebenfalls regulieren, vielleicht sogar unter Ansatz des normalen Zinses, sage wir mal 5 %, in dem Fall hätte der Zehner allenfalls 10,50 € kosten dürfen.
Defakto hingegen wurden aufgrund der Nachfrage bis zu 15,00 € geboten.
Den Rest regelt der freie Markt.
Und wenn man sich diese Garagentüftler ansieht, siehe Mr. Gates, Jobs oder der Typ von Fratzebook, die entwickeln und bauen was entsprechend ihrer Visionen zusammen und alle stehen drauf und sind gerne bereit ihnen dafür etwas zu bezahlen weil sie es unbedingt haben wollen.
Natürlich kann man da nicht mit "normaler" Arbeit mithalten, weder bei Spekulationen, noch beim Handel und schon überhaupt nicht mehr bei letzter Gruppe die eine Art Monopol auf ihre Entwicklungsleistung halten.
Mit normaler Arbeit als Arbeitnehmer kommt man zu nichts, kam man noch nie, das reicht zwar zum Leben doch für ein "mehr" nur höchst selten.
Ich halte es fürn Fehler dieses ändern zu wollen, denn neben den interessanten "Bodenrechtsmodellen" mußt Du alle Spekulationen, sämtlichen Handel sowie den Bereich "Forschung und Entwicklung" natürlich ebensolchen "Modellen" unterwerfen.
Sag mir, welche Staatsform soll das sein?
Erfolgreich wird sie jedoch nicht bestehen können.
Wohlstand für alle gibt es nicht und ebensowenig sind alle Menschen gleich.
Hieran wird auch kein Systemwechsel irgentetwas ändern.
@ smile
jep...das Geld regiert die Welt!
Grüsse
Tut
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Beitrag 13.08.2012, 07:07

Suedwester
Interessant ist, daß auch die Kritiker an unserem "Geld-" oder "Zinssystem" immer und immer wieder mit Geld und Zins argumentieren.

Vielleicht sollte man einfach versuchen, dem "Wert" Geld andere Werte entgegensetzen, die nichts mit Geld zu tun haben?

Vielleicht muß es darum gehen, nicht einfach nur noch mehr Nullen auf dem Konto anzuhäufen, bzw. noch mehr Geld oder Kredit zu akkumulieren, sondern z.B. zu versuchen, diese Welt lebenswerter zu gestalten, sich für Umwelt und Gemeinschaft einzusetzen (ohne dafür Geld zu fordern), um damit selber ein erfüllteres Leben zu haben usw.?

Vielleicht sollte es darum gehen, Geld als den "Gott" zu verdrängen, nach dem sich alle und alles richtet? Ein Milliardär hat doch nur Macht über uns, weil wir uns aufgrund seiner Milliarden ihm unterwerfen...

Oder...?

Beitrag 13.08.2012, 07:19

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Ladon
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Hm.

Ich habe jetzt das Gefühl, dass hier was grundlegend falsch verstanden wird.
Ihr schreibt immer ICH wolle "enteignen" oder so was. Falsch. Ich will hier auch keine "Staatsform" vorschlagen o.ä.. Das habe ich eingangs doch mehrfach geschrieben! Ich bin auch weit davon entfernt, alle Menschen als "gleich" anzusehen und dass ein Unternehmer (sofern er ein persönliches Risiko zutragen bereit ist - aber das ist jetzt wieder ein anderes Thema) eine andere Einkommensklasse haben soll als ein ungelernter Arbeiter, ist doch auch gänzlich unbestritten (wäre auch ziemlich albern für jemanden wie mich, der Zeit seines Lebens selbständig tätig war).

Nicht ich will hier einen "Entwurf" präsentieren - sondern ich habe zwei Fragen gestellt, die mir beim Studium diverser "Lösungen" immer wieder als unbeantwortet aufgefallen sind!
Um das zu verdeutlichen, habe ich ja das Beispiel mit dem "Goldstandard" anfangs genannt: Der ist natürlich in der Lage, Inflation enorm zu bremsen (also die Entwertung des Papiergeldanteils zu verlangsamen) und hat den Vorteil, dass ""Ersparnisse" eine gewisse dingliche Sicherung haben. Es ist aber ein Fehler ihn zu fordern und dabei die eingangs genannten Kritikpunkte zu unterschlagen!

Das Beispiel mit dem Verkauf einer Ware ist falsch. Das ist ein Handel. Jeder Händler nutzt sein Marktwissen aus, um Gewinn zu erwirtschaften. Man erwirbt eine Ware (hier eine Münze) und veräußert sie mit "Gewinn". Erweist sich das Marktwissen (also das Wissen um die Nachfrage und die daraus entstehenden Preise inklusive Wertverfall der Zwischentauschware Zahlungsmittel) als falsch, so ist das eben das unternehmerische Risiko, das umgekehrt im Erfolgsfall "entlohnt" wird. Tatsächlich ist ja auch eine "Dienstleistung" bezahlt worden: Nämlich die Bereitstellung einer Ware für die Nachfrage besteht. Das ist keine Spekulation.


Die eigentliche (!) Fragestellung hier, zielt aber auf die Präzisierung von bereits vorgelegten "Lösungen", die man vielleicht sehr vereinfacht als "Deregulierung verbessert alles" oder "der freie Markt richtet alles" etc. ausdrücken könnte.
Bislang lauten die Antworten nur "es ist halt so und bleibt auch so". Und die Folgerung wäre, dass weder ein Zurückdrängen des Staates, noch eine Deregulierung der Märkte, noch ein wie auch immer gearteter "Goldstandard" der Währung usw. irgendetwas ändern könnte ...
Das will ich so eigentlich noch nicht akzeptieren.


P.S.
Kein Gates, kein Jobs, kein Zuckerdingens hat seine Milliarden in der Garage erwirtschaftet ...
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 13.08.2012, 09:43

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AuCluster
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Fragt sich nur, wo das eigentliche Problem liegt? Zins oder Lizenz? Die Superreichen wie Gates, Quant, Porsche, Jobs, Zuckerberg können ihr Vermögen mit dem Zins weiter mehren. Erhalten haben sie ihr Reichtum meistens durch eine Lizenz auf eine Idee.
Sind Lizenzeinnahmen leistungslose Einkommen?
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 13.08.2012, 09:54

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KROESUS
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Steven Jobs kann sein Geld nicht mehr ausgeben

was hatte der sich eigentlich davon gekauft?

es stellt sich tatsaechlich die Frage ob Dauereinkuenfte aufgrund einer Idee leistungsloses Einkommen sind

genauso wie Dauereinkuenfte aufgrund reicher Eltern oder eines Lotteriegewinnes

manch einer hat das Glueck des Tuechtigen, der andere wiederum das Glueck des Dummen

ich goenne jedem sein leistungsloses Einkommen!

:D

Beitrag 13.08.2012, 10:18

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Ladon
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KROESUS hat geschrieben:...
ich goenne jedem sein leistungsloses Einkommen!
...
Echt? Auch wenn Du es "zusätzlich" erarbeiten musst?
Es ist doch ein himmelweiter Unterschied zwischen einer Erbschaft, die einmalig eine Übertragung von vorhandenem Vermögen darstellt und fortwährenden Einkünften, die rein und rar und immer wieder von dem abgeschöpft werden, was die Allgemeinheit erarbeitet!

Wohl kaum jemand wird es für schlecht halten, wenn jemand "reich" wird, weil er eine geniale Idee hat und diese unternehmerisch umzusetzen versteht. Auch "Lizenzeinnahmen" im weitesten Sinn entstehen ja durch "Unternehmung", also durch wirtschaftliches Handeln. Erfolgreicher Unternehmer sein ist - und das wurde hier nie behauptet - selbstverständlich nicht verwerflich. Solcherart erworbener Reichtum entsteht dadurch, dass sich "reale Räder drehen" und Werte erschaffen werden (z.B. werden unter Verwendung der Idee Geräte gebaut und verkauft).
Ich persönlich habe jedoch ein Problem damit, wenn sich dieser Reichtum automatisch durch Systemmechanismen stetig - und stetig wachsend! - vermehren kann, denn das ist letzten Endes nichts anderes als Diebstahl.


Doch all das ist eigentlich weit entfernt von der Fragestellung ("OT" sozusagen ...) ob gängige Lösungsvorschläge nicht ihrerseits wieder eigene Probleme eröffnen. Und wie diese Probleme zu den bestehenden zu gewichten wären.
Was ist der Preis für eine Verbesserung "hier"? Sind die dann entstehenden Probleme "dort" akzeptabel?
DAS, meine ich, muss doch berücksichtigt werden. Und ein Verschweigen dieser Probleme, ein "Abtun" mit irgendwelchen rethorischen "Keulen" ist IMHO gefährlich.
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Beitrag 13.08.2012, 10:30

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Goldhamster79
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Ladon, Du siehst in Einkünften aus Vermögen mit Tendenz ein leistungsloses Einkommen, so kommt es rüber.

Dem halte ich entgegen, Vermögenseinkünfte sind nicht leistungslos, denn Vermögen (=Kapital) gilt es als einen der Produktionsfaktoren zu bewirtschaften, wie auch Boden und Arbeitsleistung bewirtschaftet werden müssen.

Und genau hier entsteht die Leistung oder auch Schlechtleistung mit ihren jeweiligen Konsequenzen. Aus dieser Leistung findet Zuwachs oder Verlust statt, so dass Vermögen per se nicht Garant für eine Mehrung ist, sondern ebenfalls wieder durch Falschbewirtschaftung abfließen kann.

Es ist eben keine Einbahnstraße, was mir gerade wichtig ist einzuwerfen, weil es m.E. in der bisherigen Diskussion zu wenig betont wurde.

Zum eigentlichen Thema später...

Goldhamster

Beitrag 13.08.2012, 11:33

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tut.anch.amun
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Ladon,
ok, das mit der Münze war Handel.
Wenn ich das mit Aktien mache, oder gar mit Aktienoptionen, Hebeln etc. (gibt ja viel im Casino) ist das Spekulation.
Wenn's gutgeht springt ein schönes Sümmchen dabei raus. smilie_07
Und dafür muss in der Tat jemand arbeiten, während ich z.B. nach reiner Zockermanier mit vielleicht einem guten Blatt auf der Hand, nur drüber nachgedacht, also nichts, geleistet habe.
Naklar, wenn es schiefgeht muss ich den Verlust erarbeiten, zum Glück passiert das aber recht selten.
Was im kleinen geht, geht natürlich auch im großen.
Wie will man das verhindern ohne es zu reglementieren?
Grüsse
Grüsse
Tut
" Um klar zu sehen genügt oft schon eine geringe Veränderung des Blickwinkels "

Beitrag 13.08.2012, 11:49

Klecks
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Goldhamster79 hat geschrieben: Dem halte ich entgegen, Vermögenseinkünfte sind nicht leistungslos, denn Vermögen (=Kapital) gilt es als einen der Produktionsfaktoren zu bewirtschaften, wie auch Boden und Arbeitsleistung bewirtschaftet werden müssen.
Jein... Ab einer bestimmten Vermögensgröße (so ab 8-stellig) kannst du das Geld in nahezu jede Anlageform stecken und liegen lassen, es wächst allein durch den Zinseszins. Eigenes Zutun ist dann fast nicht mehr nötig.

Wobei ,wenn ich Ladon richtig versehe, das gar nicht unbedingt mit "leistungslos" gemeint ist (Ladon, korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege): Leistungslos ist für mich z.B. wenn jemand mit Geld, das er nur zu einem Bruchteil besitzt, Waren auf dem Papier handelt, die gar nicht existieren (Futures), und damit reale Gewinne erzielt, die sein tatsächlich eingesetztes Kapital um den Faktor 10 oder mehr übersteigen. Auf diese Weise wird ein Vermögenswert (Einkommen) geschaffen, dem keine reale Wirtschaftsleistung zugrunde liegt. Einkommensschaffung aus dem Nichts, ohne reale Leistung.

.

Beitrag 13.08.2012, 12:40

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Goldhamster79
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Klecks hat geschrieben: Jein... Ab einer bestimmten Vermögensgröße (so ab 8-stellig) kannst du das Geld in nahezu jede Anlageform stecken und liegen lassen, es wächst allein durch den Zinseszins. Eigenes Zutun ist dann fast nicht mehr nötig.
Ich frage mal provokant, wieso hängt der Anlageerfolg von der eingesetzten Summe ab?

Werfe ich ne 8-stellige Zahl aus dem Fenster rentiert sich das? Bei nem 100er nicht? smilie_08


Eine reine Zinsanlage bringt heute Negativrenditen, ist also eine schlechte Bewirtschaftung des Produktionsfaktors und führt trotz Zins und Zinseszins zu einem andauernden Kaufkraftverlust, Wachstum ist nur nominal.

Goldhamster

Edit: Aber back to topic.

Es wäre erstmal zu definieren, wovon wir unter dem Schlagwort "Leistungsloses Einkommen" genau sprechen.

PS: Die Vokabel "Zinsknechtschaft" ist hist. vorbelastet und lädt zu Keulen ein...
Zuletzt geändert von Goldhamster79 am 13.08.2012, 13:56, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 13.08.2012, 13:55

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Ladon
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Geht mal weg von "Zinsen auf's Sparbuch"!

Das ist nicht das Entscheidende. Wenn es durch diesen Begriff zu solcher Verwirrung kommt, dann sollten wir besser von "Kapitalrendite" sprechen. In AUSDRÜCKLICHER Abgrenzung zu Investition (z.B. in ein Unternehmen oder auch in Warenhandel). Der Begriff "Zins" ist viel umfassender: Denkt nur an altertümliche Ausdrücke wie Mietzins, Bodenzins. Oder an die Rechnungen, dass in jedem Preis bis zu 40% Zins enthalten sind usw. usf.
Diese "Erträge" fließen ja irgendwo hin - und diese Erträge entstehen aus dem Vorhandensein von Vermögen. Nicht aus dessen unternehmerischer Nutzung! Man muss das Vermögen eben nicht bewirtschaften, um es zu vermehren ... das müssen nur wir kleinen Würstchen mit bestenfalls kleinen Vermögen

Verwirrt bin ich, wenn hier jetzt irgendwie widersprochen wird, dass dem herrschenden Geld- und Wirtschaftssystem Mechanismen eigen sind, die dazu führen, dass sich große (!) Vermögen OHNE eigene Produktivität vermehren lassen (dass man sie auch verprassen oder verlieren kann, ist doch klar ... aber kein Gegenargument). Bisher war ich immer der Meinung, dass gerade das die "große Klammer" ist, die abseits aller "Ideologien" die Systemkritiker jeglicher Coleur vereint? Ich meine, warum sprechen wir sonst von Kapitalfeudalismus, Zinsknechtschaft und ähnlichem? Wenn's so passt, dann muss man sich auch nicht über FIAT-Money aufregen, weil das diese Mechaniken ja nur unterstützt.

Ich bin versucht zu fragen:
Wenn derjenige, der die "Idee" gibt Vermögen aus der Unternehmung ziehen kann und derjenige der Kapital gibt auch (= Rendite oder Zins erhält) ... warum erlangt derjenige, der die notwendige Arbeitsleistung gibt, keinerlei Anteil daran?
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 13.08.2012, 14:05

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Goldhamster79
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Ladon hat geschrieben:Ich bin versucht zu fragen:
Wenn derjenige, der die "Idee" gibt Vermögen aus der Unternehmung ziehen kann und derjenige der Kapital gibt auch (= Rendite oder Zins erhält) ... warum erlangt derjenige, der die notwendige Arbeitsleistung gibt, keinerlei Anteil daran?
Das liegt m.E. großteils daran, dass es unterschiedliche Kombinationen von Produktionsfaktoren gibt, die gerade in den Industrie- und Hochlohnländern oft durch einen hohen Kapitalanteil an deren Kombination geprägt ist, im Bereich einfacher Fertigung in Niedrignlohnländern durch einen höheren Anteil des Produktionsfaktors Arbeit.

Bekommt der Arbeiter etwa kein Gehalt bezahlt als seine Rendite für den Produktionsfaktor Arbeit?

Eine Kerzfrage dreht sich wohl auch um die Definition von "großen Vermögen" und deren Eigentümer.

Goldhamster
Zuletzt geändert von Goldhamster79 am 13.08.2012, 14:06, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 13.08.2012, 14:06

Stefonator
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Ladon hat geschrieben: Ich bin versucht zu fragen:
Wenn derjenige, der die "Idee" gibt Vermögen aus der Unternehmung ziehen kann und derjenige der Kapital gibt auch (= Rendite oder Zins erhält) ... warum erlangt derjenige, der die notwendige Arbeitsleistung gibt, keinerlei Anteil daran?
Weil derjenige, der das Kapital gibt, auch das unternehmerische Risiko trägt? Geht die (neue) Idee schief, ist das eingesetzte Kapital weg. Für den Kapitalgeber ein (weitgehender) Kapitalverlust.
Der Arbeitnehmer hingegen wird gemäß seiner Arbeitskraft entlohnt und trägt kein Haftungsrisiko an der Unternehmung selbst. Geht der Betrieb pleite, verliert der Arbeitnehmer seinen Job. Kann aber weiterziehen und in der nächsten Fabrik anfangen. Das eingesetzte Kapital den Unternehmers bleibt verloren.

Oder stehe ich da auf dem Schlauch?
Erfolgreich gehandelt auf Gold.de: 7 mal verkauft, 2 mal gekauft, 1 mal getauscht. Nur positive Erfahrungen bisher.

Beitrag 13.08.2012, 15:32

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Ladon
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Goldhamster79 hat geschrieben:...
Bekommt der Arbeiter etwa kein Gehalt bezahlt als seine Rendite für den Produktionsfaktor Arbeit?
...
Doch, doch - natürlich ... oder ...?

Nein, er erhält zwar "irgendwas"; z.B. Tauschmittel; früher aber auch einfach Essen, Schlafplatz, Kleidung ... nun, das, was er jetzt auch mit dem Tauschmittel erwerben muss, aber er erwirbt keinen Anteil am Unternehmen. Im Gegenteil wird "Arbeit" als ersetzbare Ressource gehandhabt, die allein schon durch die Wortwahl (ArbeitNEHMER aber KapitalGEBER) den Status einer gewährten Gunst hat.

Ich bin doch erstaunt, dass hier das bestehende System so vehement verteidigt wird, wenn man nur die Fragen mal anders formuliert ...


@ Goldhamster79
Du triffst den Nagel wohl auf den Kopf, wenn Du sagst, dass wir erst einmal die Begriffe sauber definieren sollten.
Ich rede immer von den wirklich großen Vermögen - nicht von 10% der Bevölkerung, nicht mal von 1%. In Deutschland vielleicht die 1.000 größten Vermögen. Mehr nicht!
Problematisch ist natürlich, dass man Vermögen nicht unbedingt sein Eigentum nennen können muss - es geht um Verfügungsgewalt darüber, letztlich um die Macht.
Stefonator hat geschrieben:...
verliert der Arbeitnehmer seinen Job. Kann aber weiterziehen und in der nächsten Fabrik anfangen
...
Nur bei Vollbeschäftigung besteht da kein "Erpressungspotenzial". Bei der augenscheinlich gewünschten Arbeitslosenquote um 10% herum, kann er dazu gezwungen werden gleiche Arbeit für weniger Entlohnung zu verrichten (verbrämt und tatsächlich (!) wird das als "sinkende Reallöhne" bezeichnet). Ich würde schon sagen, dass das "Risiko" für ihn ähnlich besteht wie für den Unternehmer selbst - nur nicht in Eigenverantwortung, sondern in Abhängigkeit.


Aber an dieser Stelle und zum wiederholten Male:
Es soll hier eigentlich nicht um einen "eigenen" Gegenentwurf gehen. Es geht um eine "erweiterte Fragestellung" an bestehende und vorliegende Gegenentwürfe, die Lösungen anbieten (oder dies für sich in Anspruch nehmen). Und dies, damit man nicht Gefahr läuft den "Teufel mit dem Beelzebub" auszutreiben, weil in der Begeisterung über die Lösung eines bestehenden Problemfeldes übersehen wird, dass sich damit andere - nicht minder gewichtige - auftun könnten!
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

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