Notenbanker lassen jetzt alle Hemmungen fallen

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 20.09.2012, 11:54

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Geldpolitik
Notenbanker lassen jetzt alle Hemmungen fallen

Nach Fed und EZB wirft nun auch die Bank von Japan die Notenpresse an, um die Krise zu bekämpfen. Während die Experten um die Folgen der Geldflut streiten, ist der Goldpreis deutlich angestiegen.

http://www.welt.de/finanzen/article1093 ... allen.html

Beitrag 20.09.2012, 16:14

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AuCluster
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Im Gegensatz zu Herrn Weidmann ist der Rest der Zentralbanker wohl ehrlicher. In einem zinsbasierten Schuldgeldsystem muss die Geldmenge exponentiell steigen. Jeder Versuch, die Geldmenge zu limitieren, führt in die Depression und Deflation, vor der sich niemand schützen kann.

Draghi & Bernanke smilie_01

Weidmann smilie_54
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Beitrag 20.09.2012, 17:38

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Pfennigfuchser
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AuCluster hat geschrieben:Im Gegensatz zu Herrn Weidmann ist der Rest der Zentralbanker wohl ehrlicher. In einem zinsbasierten Schuldgeldsystem muss die Geldmenge exponentiell steigen.
Ist das zwangsläufig so? Wenn ich Dir 100 Euro für 50 Prozent Zinsen leihe, dann mußt Du mir nächstes Jahr 150 Euro zurückgeben. Die 50 Euro fallen ja nicht vom Himmel, die hast Du halt weniger. Anders ausgedrückt: Nächstes Jahr kaufst nicht Du Dir einen MP3-Player für 50 Euro, sondern ich kaufe mir den. Das funktioniert soweit doch auch ohne Geldschöpfung.

Beitrag 20.09.2012, 18:08

Suedwester
Es sind zwei Dinge, die mir dazu spontan einfallen: zum einen die Verteilung des Geldes (wie gerade angesprochen, so oder ähnlich), und zum anderen, solange der wachsenden Geldmenge eine parallel dazu wachsende Gütermenge gegenübersteht, wäre das doch positiv. Das Wirtschaftspotenzial in der 2. und 3. Welt ist noch lange nicht ausgereizt, die Marktwirtschaft schafft Anreize, zu investieren und zu konsumieren, und dadurch steigt tendenziell der Lebensstandard der Menschen (sofern die Verteilung einigermaßen gerecht vonstatten geht).

Deflation würde mir persönlich nichts ausmachen - dann könnte ich mir mit meinem Ersparten jeden Monat mehr kaufen.

Ein Schuldenproblem löst man nicht mit mehr Schulden - am Schluß steht Geldentwertung, zumindest Asset Price Inflation, was wir jetzt bereits sehen. Höhere Staatsschulden bedeuten tendenziell höhere Zinslasten des Staatshaushalts, damit steigende Steuern. Staatliche Ausgaben und Investitionen - oft völlig unwirtschaftlich - verdrängen private. Das kann nicht gut oder effizient sein.

Beitrag 20.09.2012, 18:14

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Ladon
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Pfennigfuchser hat geschrieben:... Das funktioniert soweit doch auch ohne Geldschöpfung.
Nur wenn die 50,- Euro vorher schon da waren!!!
Sonst müssen sie neu "geschöpft" werden, indem AuCluster einen Kredit aufnimmt. Für den sind dann auch wieder Zinsen fällig. Oder, noch besser, DU leihst dem AuCluster die 50 fehlenden Euro von den 100, die er Dir gegeben hat.

"Die hast Du halt weniger" stimmt also nur, wenn der AuCluster sie VORHER schon hatte (dann muss er sich aber auch nicht 100 leihen). Über was Du hier stolperst ist ganz einfach die Geldschöpfung aus dem Nichts: Ja, solches Geld "fällt vom Himmel" (manche werfen es aus Helikoptern ab ... ;-) )
Und jetzt überleg' mal, wie die Situation aussieht, wenn schon die 100 ersten Euros "vom Himmel gefallen" sind (verzinst natürlich). Das ist ein FIAT-Money System; und es funktioniert NUR mit Geldschöpfung.
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Beitrag 20.09.2012, 19:54

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Pfennigfuchser
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Ladon hat geschrieben:"Die hast Du halt weniger" stimmt also nur, wenn der AuCluster sie VORHER schon hatte (dann muss er sich aber auch nicht 100 leihen).
Warum könnte er die "fehlenden" 50 Euro und von mir aus zusätzlich noch die 100 Euro, die ihm schon von Anfang an gefehlt haben, nicht in der Zwischenzeit erarbeitet haben - z.B. in der Fabrik, die den MP3-Player herstellt, den ich mir dann kaufe?

Daß Geld auch geschöpft werden kann und wird, ist mir schon klar. Ich habe nur Zweifel daran, daß das bei einem Kreditgeschäft grundsätzlich so sein muß.

Beitrag 20.09.2012, 20:02

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platypusi
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Pfennigfuchser hat geschrieben: Warum könnte er die "fehlenden" 50 Euro und von mir aus zusätzlich noch die 100 Euro, die ihm schon von Anfang an gefehlt haben, nicht in der Zwischenzeit erarbeitet haben - z.B. in der Fabrik, die den MP3-Player herstellt, den ich mir dann kaufe?

Daß Geld auch geschöpft werden kann und wird, ist mir schon klar. Ich habe nur Zweifel daran, daß das bei einem Kreditgeschäft grundsätzlich so sein muß.
Pfennigfuchser smilie_01 genau das habe ich mich auch gerade gefragt.
jetzt bin ich mal auf die erklärung von Ladon gespannt... smilie_07

ich hab vor kurzem ein interview mit Dirk Müller im ZDF gesehen, der sagte auch:" bei jeder kreditaufnahme entsteht neues geld"..... smilie_08

Beitrag 20.09.2012, 20:42

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Ladon
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Das Problem ist, dass Du zwei Dinge vermengst:

Einmal das "Prinzip" und dann die komplexe Realität mit einem existierenden Geldpool. Ich werde das kaum in einem Forumspost unterbringen, aber gut:

Im Jetzt und heute existiert eine Geldmenge. Im Idealfall (wie von Dir angedeutet) fließt dieses Geld durch den Wirtschaftskreislauf. Innerhalb dieser Geldmenge könnte der AuCluster sich von jemandem, der Geld gehortet hat welches leihen. Das würde NICHT geschöpft.
Wir hatten diesen Unterschied hier schon mal durchgekaut und damals hatten wir uns geeinigt, hier intern in diesem Fall von "Darlehen" zu sprechen. Das ist vollkommen korrekt.
Aaaaaber: Auch dieses Geld ist irgendwann "geschöpft" worden - und zwar DURCH KREDITAUFNAHME.

Dein Einwand verschiebt das Phänomen also nur auf andere Marktteilnehmer und einen anderen Zeitpunkt!

Zur Erläuterung muss man also einen jungfräulichen Wirtschaftsraum heranziehen, in dem überhaupt kein Geld existiert (oder wenigstens kein funktionierendes). So etwa wie in D nach dem Krieg. Da wurde dann ein Grundstock an Geld (Obacht! Wir reden nicht nur vom Bargeld!) geschaffen, damit der Fluss wieder in Bewegung kommt.
Im Falle eines wirtschaftlichen Wachstums, Bevölkerungszunahme usw. benötigt der Wirtschaftsraum über kurz oder lang mehr Geld als vorhanden ist. Gemäß den geltenden "Dogmen" wird dann neues Geld bereit gestellt.

Und genau das ist es, was im Beispiel passiert:
AuClusters Wirtschaftsraum hat kein Geld übrig (sonst könnten wir uns - siehe oben - die Diskussion sparen, denn er könnte sich vorhandenes Geld leihen). In diesem Wirtschaftsraum aber konnte niemand Geld horten (Gold zu horten ist eh besser ;-) ), denn die ganze Geldmenge wird zu jedem Zeitpunkt benötigt, um alle Geschäfte des Wirtschaftsraums abzuwickeln (aufschiebende Kreditinstrumente (Wechsel, Valuta, Clearings) wollen wir ja erst einmal nicht zulassen). Nehmen wir da Geld raus, würgen wir die Konjunktur ab.

Es gab vorher 10 Millionen Bargeld und Giralgeld zusammengenommen (die marktwirksamen, mächtigen Geldsurrogate lassen wir weg) - und zwar fix, ohne Änderung! Aber dieses Geld ist ständig in Bewegung: Zahlungsvorgänge, Überweisungen usw. Daher hat eine Bank zeitweise durchaus Bargeld in der Kasse; ebenso wie der Ladenbesitzer. Der Ladenbesitzer kann dem AuCluster aber nichts leihen, denn er braucht sein ganzes Geld für eigene Zwecke und bringt es gleich zur Bank, wo es seinem Konto gutgeschrieben wird. Das eingezahlte Geld ist in der Bank jetzt wertlos (die Bank ist die Notenbank!), in Giralgeld umgewandelt. Die Banknoten wandern in den Safe oder werden vernichtet. Das ist egal. Hauptsache, nach wie vor sind 10 Millionen da.
Jetzt kommt der AuCluster ins Spiel: Der erste Kredit wird vergeben! Es geschieht der Alchemistentrick: 50 bekommt AuCluster aufs Girokonto; -50 werden auf ein Kreditkonto gebucht. Unter'm Strich: Null. Aber AuCluster hat trotzdem 50 erst einmal zur Verfügung. Und siehe da! Die umfließende Geldmenge besteht jetzt aus 10 Millionen und 50 Dingsbumsen.
Und das gilt auch dann, wenn der AuCluster beim Abheben der 50 Dingsbumse die alten Banknoten, die der Ladenbesitzer einzahlte, bekommt! Es ist egal, ob die recyclet oder neu gedruckt werden. Das mit den Banknoten ist nicht die Geldschöpfung! Das Bild von der "Notenpresse" ist (absichtlich?) höchst vernebelnd und irreführend.


Edith meint noch:
Der Müllers Dirk spricht vom Prinzip: Wir leben in einem Kreditgeldsystem. Jeder einzelne existierende Cent ist durch Kredit geschöpft worden. Im realen Tagesgeschäft kann es sehr wohl sein, dass die Bank nur eine Einlage weiter reicht (das wird durch Liquiditätssicherungsmaßnahmen erreicht (z.B. Mindestreserve). Jedoch ist diese Einlage erstens auch irgendwann durch Kredit entstanden und zweitens ist sie durch das "Einlegen" ja aus dem Kreislauf entnommen worden! D.h. durch den Kredit wird das Einlagegeld wieder "nachfragewirksam", also fließendes Geld und die umlaufende Geldmenge hat sich entsprechend erhöht.
Zuletzt geändert von Ladon am 20.09.2012, 20:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag 20.09.2012, 20:54

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platypusi
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Danke Ladon für dein bemühen! gut erklärt smilie_01

Beitrag 20.09.2012, 21:20

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AuCluster
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Suedwester hat geschrieben:Es sind zwei Dinge, die mir dazu spontan einfallen: zum einen die Verteilung des Geldes (wie gerade angesprochen, so oder ähnlich), und zum anderen, solange der wachsenden Geldmenge eine parallel dazu wachsende Gütermenge gegenübersteht, wäre das doch positiv. Das Wirtschaftspotenzial in der 2. und 3. Welt ist noch lange nicht ausgereizt, die Marktwirtschaft schafft Anreize, zu investieren und zu konsumieren, und dadurch steigt tendenziell der Lebensstandard der Menschen (sofern die Verteilung einigermaßen gerecht vonstatten geht).

Deflation würde mir persönlich nichts ausmachen - dann könnte ich mir mit meinem Ersparten jeden Monat mehr kaufen.

Ein Schuldenproblem löst man nicht mit mehr Schulden - am Schluß steht Geldentwertung, zumindest Asset Price Inflation, was wir jetzt bereits sehen. Höhere Staatsschulden bedeuten tendenziell höhere Zinslasten des Staatshaushalts, damit steigende Steuern. Staatliche Ausgaben und Investitionen - oft völlig unwirtschaftlich - verdrängen private. Das kann nicht gut oder effizient sein.
Haben wir ein Schuldproblem oder ein Geldsystemproblem? Mit Beginn der DM war absehbar, dass es so enden wird. Für mich ein Geldsystemproblem. Wir doktern nur an den Problemen herum, ohne sie wirklich im Rahmen unseres Schuldgeldsystems lösen zu können. Dagegen können weder Politiker, gold.de-Foristen oder Zentralbänker etwas machen.
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Beitrag 21.09.2012, 08:44

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Ladon
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AuCluster hat geschrieben:... Dagegen können weder Politiker, gold.de-Foristen oder Zentralbänker etwas machen.
Da es ohne Zweifel "Profiteure" des Systems gibt, werden das diejenigen sein, die dafür sorgen, dass letzten Endes nichts "dagegen" gemacht wird und sich höchstens die "Ausgestaltung" (andere Währungsnamen, Deckungssysteme (deren Existenz unerheblich ist, wenn sich sonst nichts ändert), und so weiter) verändert.
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Beitrag 21.09.2012, 09:30

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Donki
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Ladon hat geschrieben: Der Müllers Dirk spricht vom Prinzip: Wir leben in einem Kreditgeldsystem. Jeder einzelne existierende Cent ist durch Kredit geschöpft worden. Im realen Tagesgeschäft kann es sehr wohl sein, dass die Bank nur eine Einlage weiter reicht (das wird durch Liquiditätssicherungsmaßnahmen erreicht (z.B. Mindestreserve). Jedoch ist diese Einlage erstens auch irgendwann durch Kredit entstanden und zweitens ist sie durch das "Einlegen" ja aus dem Kreislauf entnommen worden! D.h. durch den Kredit wird das Einlagegeld wieder "nachfragewirksam", also fließendes Geld und die umlaufende Geldmenge hat sich entsprechend erhöht.
Bleibt die Frage, ob das alles so stimmt, was Mr. Dax uns so gerne vorrechnet. die nachdenkseiten sehen das etwas anders:

So führt laut Nachdenkseiten "der Zins nicht zu einer exponentiellen Steigerung der Geldmenge. Es wird unterstellt, dass die durch Kredit geschöpfte Geldmenge zwar nach der Tilgung wieder verschwindet, der Zins aber in der Welt bleibt und da Geld bekanntlich über Kredite geschöpft wird, nur über neue Kredite bedient werden kann. So einfach und so populär dieser Gedanke ist, so falsch ist er auch, da er gleich zwei elementare Faktoren unterschlägt. Die Geldmenge, die zur Bedienung der Zinsen benötigt wird, muss nicht geschöpft werden – sie ist vielmehr bereits vorhanden. Die Zinskritiker gehen implizit davon aus, dass die kreditvergebenden Banken die Zinseinnahmen horten. Das ist aber nicht der Fall. Ein Teil der Zinseinahmen fließt zum Beispiel in die Löhne und Gehälter der Bankmitarbeiter, ein Teil landet auf den Sparbüchern der Sparer, die der Bank ihr Eigenkapital zur Verfügung stellen, ein weiterer Teil fließt als Steuern an den Staat und die Gewinne werden entweder als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet oder reinvestiert. Aus volkswirtschaftlicher Sicht kreist das Geld – die Zinskosten des Kreditnehmers werden somit aus dem regulären Geldkreislauf gedeckt. Es besteht keine Notwendigkeit, Zinsen und Zinseszinsen durch immer neue Kredite zu bedienen und die Geldmenge bleibt durch den Zins weitestgehend unberührt."

Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=10530

Fazit: Nicht nur die Banken profitieren von einem Geldsystem, das keiner versteht. Auch einige Webseiten profitieren von Panikmache und Desinformation.
Ich werde mich jedenfalls auch weiterhin mit Mr. Dax Äußerungen sehr kritisch auseinandersetzen. Vieles, was in seinen Büchern steht, ist - gelinde gesagt - nackter Unsinn.

Beitrag 21.09.2012, 09:48

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Ladon
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Donki hat geschrieben:...
Es wird unterstellt, dass die durch Kredit geschöpfte Geldmenge zwar nach der Tilgung wieder verschwindet, der Zins aber in der Welt bleibt und da Geld bekanntlich über Kredite geschöpft wird, nur über neue Kredite bedient werden kann. So einfach und so populär dieser Gedanke ist, so falsch ist er auch, da er gleich zwei elementare Faktoren unterschlägt. Die Geldmenge, die zur Bedienung der Zinsen benötigt wird, muss nicht geschöpft werden – sie ist vielmehr bereits vorhanden.
...
Interessant. Aber wie ist dieses "bereits vorhandene" Geld entstanden?
Also ich vermute ja mal durch "Geldschöpfung" (ein "Wunder" schließe ich aus). ;-)
Donki hat geschrieben:...
Die Zinskritiker gehen implizit davon aus, dass die kreditvergebenden Banken die Zinseinnahmen horten.
...
Echt? Das ist mir neu.


P.S.
Das soll hier kein Dirk-Müller-Fan-Thread werden! Es wurde oben auf ihn in einer Frage Bezug genommen, also habe ich das aufgegriffen. Ich habe ihn aber nicht mal zitiert, sondern eher kritisiert, weil ich selber ja darauf hingewiesen habe, dass seine These etwas "Plakatives" hat ... genau so, wie oben bereits gesagt wurde, dass Kreditvergabe nicht unbedingt "neues" Geld schöpft, sondern "Geld" u.U. auch nur von einer Klasse (etwa nicht liquides "Festgeld") in eine andere (etwa liquides "Giralgeld") verschiebt.
Man muss mit den Worten und Begriffen sehr sorgfältig umgehen; da liegen viele Fallstricke aus.
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Beitrag 21.09.2012, 12:23

Rebell
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Beitrag 21.09.2012, 14:17

nameschonweg
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Hallo donki,

da es sich bei diesem Thema ja um ein für die anwesenden EM-Bugs quasi "existenzielles" handelt, muss ich bei einigen Punkte nochmal um Darlegung bitte, da ich das so nicht direkt nachvollziehen konnte:
Die Geldmenge, die zur Bedienung der Zinsen benötigt wird, muss nicht geschöpft werden – sie ist vielmehr bereits vorhanden.


Da interessiert mich die gleiche Frage wie Ladon - woher?
Die Zinskritiker gehen implizit davon aus, dass die kreditvergebenden Banken die Zinseinnahmen horten.


Ich dachte immer, das Gegenteil wäre der Fall!? Es wäre ja irgendwie ein elementarer Fehler in der "Inflationstheorie", wenn das per Zins entstandene bzw. "für den Zins vorhandene" Geld nicht im Wirtschaftskreislauf ankäme, da es dann nicht inflationswirksam werden würde.
Es besteht keine Notwendigkeit, Zinsen und Zinseszinsen durch immer neue Kredite zu bedienen und die Geldmenge bleibt durch den Zins weitestgehend unberührt."
Wenn ich das richtig interpretiere, sind wir uns doch einig, dass
- Zins und Zinseszins generell existent sind
- Geldschöpfung durch Kreditgeld vollzogen wird, also durch die "Schaffung" von Geld über die Ausgabe von Darlehen
- wir ein fraktionales Geldsystems haben, also die Schöpfung neuen Kreditgeldes in einem festgelegten Maßstab zur vorhandenen Geldmenge geschieht.

Wenn also Geld durch Kredite entsteht und bei deren Tilgung wieder vernichtet wird, zugleich aber Zinsen für jeden einzelnen "Schöpfungsakt" entstehen, wäre für diese Zinsen schlicht kein Geld zum Begleichen vorhanden.

Jetzt hast Du geschrieben, dass das Geld für die Begleichung der Zinsen bereits vorhanden wäre. Da interpretiere ich hinein, dass es sich dabei um eine statische Summe handeln muss, da wir ja ansonsten einen inflationären - bzw. je nch Zyklus auch deflationären - Effekt hätten.

Wenn jetzt also tagtäglich tausendfach neues Geld geschaffen und wieder vernichtet wird und dabei jedesmal neue Zinsforderungen entstehen - und diese Zinsen bei der Bank als Guthaben hinterlegt und von der Bank zur Ausgabe neuen Kreditgeldes mit dem Faktor 1:9 genutzt werden können ... wie können diese Zinsforderungen mit einer "vorhandenen" statischen Geldmenge bedient werden?

Vielleicht kannst Du da kurz Licht ins Dunkel bringen.

lg, nsw
“The greatest tragedy in mankind's entire history may be the hijacking of morality by religion.”, Arthur C. Clarke
"Papierwährungen sind die Glasperlen des Industriezeitalters"

Beitrag 21.09.2012, 17:10

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Donki
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@nameschonweg

Deine Fragen kann ich nicht beantworten, da der Text nicht von mir stammt.
Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es auch eine andere Meinung zu diesem Thema gibt, u.a. die auf den Nachdenkseiten. Siehe dazu den o.g. Link. Du müsstest dich hier also mit Jens Berger, dem Autor der Nachdenkseiten auseinandersetzen.

Ich selbst besitze kein lückenloses Wissen über das Geld- und Finanzsystem.

Beitrag 21.09.2012, 18:59

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Ladon
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Donki hat geschrieben:...
Ich selbst besitze kein lückenloses Wissen über das Geld- und Finanzsystem.
Ach je - wenn das einer behaupten würde, sollte man auch ziemlich misstrauisch werden ;-)

Trotzdem schade. Die oben angesprochenen Fragen hätte mich wirklich interessiert (bzw. die Antworten).
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Beitrag 21.09.2012, 20:26

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Ladon hat geschrieben:
Donki hat geschrieben:...
Ich selbst besitze kein lückenloses Wissen über das Geld- und Finanzsystem.
Ach je - wenn das einer behaupten würde, sollte man auch ziemlich misstrauisch werden ;-)

Trotzdem schade. Die oben angesprochenen Fragen hätte mich wirklich interessiert (bzw. die Antworten).
Die Antwort bzw. die Argumentation der Österreichischen Schule ist aus der von donki verlinkten Seite erkennbar. Durch ständige kleine Pleiten wird das Hochlaufen der Verschuldung durch Zins und Zinseszins verhindert. smilie_03
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Beitrag 22.09.2012, 05:53

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Ja okay - soweit so gut (und teilw. auch bekannt). Die Theorie der "gesunden, zyklischen Kontraktion" war ja im 19. Jahrhundert durchaus verbreitet. Und für diesen Ansatz gibt es ja starke Indizien, die das stützen. So kann man etwa anhand der "Inflationsrate" des Pfundes im 19. Jahrhundert sehen, wie das im Zickzack mit anfangs starken und dann immer kleineren Ausschlägen hin und her geht (Grafik von der Bank of England):
Bild
Trotzdem steht das nicht unbedingt in direktem Verhältnis zur Verschuldung. Vielleicht sind die Kausalitäten auch schwer herauszuarbeiten, zumal im Goldstandard diese Dinge ja auch immer was mit dem "Bestand" zu tun haben, der durch ganz andere Faktoren beeinflusst wird. So haben z.B. die umfänglichen Investitionen in den Boom-Markt USA (Eisenbahn vor allem) zu solchen Metallabflüssen geführt, dass sogar das Peelsche Bankgesetz (das praktisch für England den Goldstandard fixierte) ausgesetzt werden musste.

Gut und schön. Man weiß es also nicht, ob diese Mechanik realiter auf Dauer funktioniert - und wahrscheinlich ist es so wie mit allem: Es gibt eine Zeit dafür und zu anderen Zeiten, wären andere Methoden besser, aber Politik und System allgemein erlauben keinen kreativen Wechsel.

Aber (!) dem nsw und mir ging es vor allem um die mir unverständliche Aussage, das Geld für Zinszahlung wäre "bereits da". Da fragt man sich doch zwangsläufig: Woher?


Nebenbemerkung:
Es gibt übrigens Strömungen, die sagen: Diesen "Grundstock", den Pool aus dem man schöpfen könnte um den Automatismus des exponentiellen Wachstums auszuschalten, sollten die Staaten der Wirtschaft "einfach so" zur Verfügung stellen - also FIAT-Money, das NICHT durch Verschuldung entsteht und daher NICHT zinsbehaftet ist. Aus einem solchen "Pool", der als umlaufendes Geld im Wirtschaftsraum vorhanden ist, könnte tatsächlich ein gewisses Kreditvolumen "bedient" werden, ohne die Spirale in Gang zu setzen.
Vielleicht geht donkis zitierter Artikel in diese Richtung?
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Beitrag 22.09.2012, 12:47

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Donki
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Ladon hat geschrieben:
Aber (!) dem nsw und mir ging es vor allem um die mir unverständliche Aussage, das Geld für Zinszahlung wäre "bereits da". Da fragt man sich doch zwangsläufig: Woher?
Wenn ich einen Kredit aufnehme, dann muß ich den Kredit tilgen und außerdem Zinsen für den Kredit bezahlen. Leider ist mir verborgen geblieben, wie ich das Geld für die Zinsen aus dem Nichts schöpfen kann. Ich bitte um eine Aufklärung, gerne auch per PN. Ich habe da wohl eine Bildungslücke.
smilie_13

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