Anleiheblase bedroht das Finanzsystem - A. Haldane BoE

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

Moderatoren: Ladon, Forum-Team, Mod-Team

Beitrag 13.06.2013, 09:38

Benutzeravatar
Bumerang
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 465
Registriert: 08.08.2011, 17:43
Bond bubble threatens financial system, Bank of England director warns
Andy Haldane fears the bursting of 'the biggest bond bubble in history' after electronic money printing exercises by the Bank of England and the Federal Reserve in the US


http://www.guardian.co.uk/business/2013 ... ial-system

"If I were to single out what for me would be biggest risk to global financial stability right now it would be a disorderly reversion in the yields of government bonds globally." he said. There had been "shades of that" in recent weeks as government bond yields have edged higher amid talk that central banks, particularly the US Federal Reserve, will start to reduce its stimulus.

"Let's be clear. We've intentionally blown the biggest government bond bubble in history," Haldane said. "We need to be vigilant to the consequences of that bubble deflating more quickly than [we] might otherwise have wanted."

"Wenn ich mir das gegenwärtig größte Risiko für die Stabilität des globalen Finanzsystems aussuchen sollte, dann wäre das die unkontrollierte Umkehr (lese Steigerung) der Renditen für Staatsanleihen" sagt er (Haldane). Die leicht anziehende Renditen in den letzten Wochen, die von Gerüchten begleitet waren, die Zentralbanken, insbesondere die Fed würden Ihre Stützungskäufe reduzieren, waren "erste Anzeichen" dafür.

"Damit das klar ist. Wir haben absichtlich die größte Anleihe Blase der Weltgeschichte aufgebläht" sagte Haldane. "Wir müssen die Auswirkungen im Auge behalten, falls die Luft aus dieser Blase schneller entweicht als (von uns) gewünscht war.



Klartext. Wir mussten den(die) Staat(en) mit Stützungskäufen retten. Geplant war, diese neuen/hohen Schulden langsam und langfristig durch eine Inflation abzubauen, so dass die privaten Halter der Anleihen es nicht so sehr merken. Wir müssen aufpassen, denn wenn sie es merken, und sich davon zu schnell trennen, steigen die Zinssätze zu schnell, und bedrohen so das globale Finanzsystem.
Gruß

Bumerang
—--------------------------------------------
Alan Greenspan: US Can Pay Any Debt It Has Because It Can Print Money To Pay It

Beitrag 13.06.2013, 19:01

Benutzeravatar
Argentum13
500 g Barren Mitglied
Beiträge: 861
Registriert: 18.05.2010, 20:50
Wohnort: Ostwestfalen
Diese Einschätzung teile ich hier im Forum mit vielen anderen. Die Tatsache der aufgeblähten Blase an sich lässt sich ja kaum wegdiskutieren, wenn man vor allem berücksichtigt, wie schnell sich diese gebildet hat.

Die Frage ist eben nur: Kann die Luft peu à peu und kontrolliert herausgelassen werden oder gibt's den Knall und wenn, wann passiert das?

Meine ganz persönliche Meinung: Es ist zwar gelungen, die Blase dadurch zu erhalten, dass man immer neues FIAT hineingeblasen hat - man hat dadurch aber auch die Finanzsituation fragiler / anfälliger für unerwartete Ereignisse oder das Entstehen neuer Krisen gemacht.

Meine Theorie: Je länger diese Schieflage andauert ohne durch eine Inflation nachhaltig "entschärft" zu werden, desto früher und intensiver kommt es zum Zusammenbruch dieses Systems.
Erfolgreich gehandelt mit über 10 Forum-Nutzern
-----------------------------------------------------------------------------------

Beitrag 13.06.2013, 19:45

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Argentum13 hat geschrieben:Die Tatsache der aufgeblähten Blase an sich lässt sich ja kaum wegdiskutieren, wenn man vor allem berücksichtigt, wie schnell sich diese gebildet hat.
Die Kurse sind über 30 Jahre hinweg unter Schwankungen gestiegen. Finde ich jetzt nicht besonders schnell. Was spricht dagegen, dass sie mit der gleichen Geschwindigkeit auch wieder fallen?

Beitrag 13.06.2013, 19:56

Benutzeravatar
Argentum13
500 g Barren Mitglied
Beiträge: 861
Registriert: 18.05.2010, 20:50
Wohnort: Ostwestfalen
MaciejP hat geschrieben:
Argentum13 hat geschrieben:Die Tatsache der aufgeblähten Blase an sich lässt sich ja kaum wegdiskutieren, wenn man vor allem berücksichtigt, wie schnell sich diese gebildet hat.
Die Kurse sind über 30 Jahre hinweg unter Schwankungen gestiegen. Finde ich jetzt nicht besonders schnell. Was spricht dagegen, dass sie mit der gleichen Geschwindigkeit auch wieder fallen?
Wenn das tatsächlich so ist, bin ich da einigen Fehlinformationen aufgesessen.

Passen die permanenten Geldmengenerweiterungen der FED Q1/Q2/Q3/Q4/Qn, die Geldmengenpolitik der BoJ und die Freie Hand der EZB (alles bezogen auf die letzten Jahre) auch in dieses Bild?
Hab die entsprechenden Graphen spontan nicht zur Hand, kann mir aber nicht vorstellen, dass diese jüngsten Entwicklungen einfach nur Teil eines (wenn wir die Schwankungen glätten) Kontinuums sein können.

Lasse mich aber gerne belehren. smilie_24
Erfolgreich gehandelt mit über 10 Forum-Nutzern
-----------------------------------------------------------------------------------

Beitrag 13.06.2013, 20:06

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Argentum13, guckst du hier: Rendite 10-jähriger Staatsanleihen (Großbritannien)

Bei den meisten Staaten war 1982 der Peak, bei GB sogar schon eher.

Beitrag 13.06.2013, 20:12

Benutzeravatar
AuCluster
Gold-Guru
Beiträge: 2197
Registriert: 13.12.2011, 22:46
Wohnort: Auf Schalke
Argentum13 meinte sehr wahrscheinlich den Kurs und nicht den Zins.

http://x.onvista.de/typ3.chart?SIZE=2&L ... ION=988006

Für Bondmärkte ist das atemberaubend!!!!!!!!!!!!
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 13.06.2013, 21:26

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
@AuCluster: Ja, ich hab auf die Schnelle keinen Chart zu den Kursen für so lange Zeiträume gefunden. Jedenfalls sollte sich der Kurs-Chart invers zum Rendite-Chart verhalten, also vereinfacht gesagt die Kurve auf den Kopf gestellt.

Beitrag 14.06.2013, 10:19

Benutzeravatar
Bumerang
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 465
Registriert: 08.08.2011, 17:43
Wer soll denn heute die Anleihen kaufen, und das Risiko der offensichtlich bald steigenden Zinsen eingehen?
Private werden es sicher nicht, oder kaum. Also können es nur Banken sein. Die wiederum müssen das Geld billiger von der Zentralbank bekommen. Mal angenommen sie schaffen es die Privaten kontrolliert aus dem Markt zu bekommen, mit allen Konsequenzen für den Versicherungsmarkt, was dann ? Die Zinsen langsam ansteigen zu lassen, heißt die Staatsverschuldung schneller steigen zu lassen , das wiederum mit Neuem Zentralbankgeld aufgefangen werden müssen. Das Ganze macht nur Sinn wenn das Geld der Privaten weginflationiert wird! Ansonsten hat man eine 1:1 Staatsfinanzierung durch die ZB wie in Zimbabwe.
Gruß

Bumerang
—--------------------------------------------
Alan Greenspan: US Can Pay Any Debt It Has Because It Can Print Money To Pay It

Beitrag 14.06.2013, 18:16

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Bumerang hat geschrieben:Wer soll denn heute die Anleihen kaufen, und das Risiko der offensichtlich bald steigenden Zinsen eingehen?
Dass es Verluste geben wird ist klar, ob nun von den Privaten oder den Banken. Je langsamer der Anstieg ist, desto kontrollierter könnte das ganze aber über die Bühne gehen, und in dem Fall sehe ich auch nicht die Gefahr eines Währungscrashs.
Die Zinsen langsam ansteigen zu lassen, heißt die Staatsverschuldung schneller steigen zu lassen , das wiederum mit Neuem Zentralbankgeld aufgefangen werden müssen.
Wieso steigt dann die Staatsverschuldung? Bei steigenden Anleihenkursen bekommt der Staat ggf. weniger neues Geld wenn er nicht bereit ist höhere Zinsen zu zahlen, aber ich sehe da keine Auswirkungen auf die bereits ausgegebenen Anleihen (zumindest für den Staat).

Und was die Inflation angeht, ja, die wird dann natürlich auch steigen. Nur deshalb muss es nicht gleich zu einer Hyperinflation kommen.

Beitrag 16.06.2013, 15:56

Benutzeravatar
Bumerang
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 465
Registriert: 08.08.2011, 17:43
MaciejP hat geschrieben:
Bumerang hat geschrieben:Wer soll denn heute die Anleihen kaufen, und das Risiko der offensichtlich bald steigenden Zinsen eingehen?
Dass es Verluste geben wird ist klar, ob nun von den Privaten oder den Banken. Je langsamer der Anstieg ist, desto kontrollierter könnte das ganze aber über die Bühne gehen, und in dem Fall sehe ich auch nicht die Gefahr eines Währungscrashs.

Es dürfte inzwischen jedem klar sein, dass Banken (mit Ausnahmen) nicht Pleite gehen dürfen. Es bleiben also nur die Privaten übrig. Egal wie langsam dies geschieht, sie sind das Ziel!
Die Zinsen langsam ansteigen zu lassen, heißt die Staatsverschuldung schneller steigen zu lassen , das wiederum mit Neuem Zentralbankgeld aufgefangen werden müssen.
Wieso steigt dann die Staatsverschuldung? Bei steigenden Anleihenkursen bekommt der Staat ggf. weniger neues Geld wenn er nicht bereit ist höhere Zinsen zu zahlen, aber ich sehe da keine Auswirkungen auf die bereits ausgegebenen Anleihen (zumindest für den Staat).

Und was die Inflation angeht, ja, die wird dann natürlich auch steigen. Nur deshalb muss es nicht gleich zu einer Hyperinflation kommen.
Der Staat weniger Geld? Das hast Du nicht ernst gemeint, oder?

Der Staat verschuldet sich jedes Jahr um einen höheren Betrag, bei niedrig bleibenden Znssätzen. In den USA sind das 1,3 BILLIONEN ZUSÄTZLICHE Dollar. Wenn die Zinsen so bleiben, dann werden es nächstes Jahr mehr 1,3 Bio.

Jetzt steigt der Zins um 1%. Das bedeutet allein für die neu aufzunehmende Schulden, 13 Mrd mehr Zinsen.
Auf die Gesamschuld sind das 90 Mrd mehr Zinsen.

Das allein führt noch nicht zu einer Hyperinflation. Sie wird ausgelöst wenn die Privaten aus dem Anleihen und Aktienmarkt aussteigen.
Gruß

Bumerang
—--------------------------------------------
Alan Greenspan: US Can Pay Any Debt It Has Because It Can Print Money To Pay It

Beitrag 16.06.2013, 17:15

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Bumerang hat geschrieben:Der Staat weniger Geld? Das hast Du nicht ernst gemeint, oder?
Über Staatsanleihen war hier gemeint. Du schreibst ja selbst, die Privaten sind das Ziel, also wieso dann nicht das fehlende Geld über Steuern einholen?
Jetzt steigt der Zins um 1%. Das bedeutet allein für die neu aufzunehmende Schulden, 13 Mrd mehr Zinsen. Auf die Gesamschuld sind das 90 Mrd mehr Zinsen.
Wie wirkt sich die Zinsänderung denn konkret auf die alten Schulden aus? Die allermeisten Staatsanleihen haben einen festen Kupon, die Zinsänderung dürfte also höchstens auf inflationsgeschützte Anleihen o.ä. Auswirkungen haben.

Beitrag 17.06.2013, 07:40

Benutzeravatar
Ladon
Moderator
Beiträge: 6664
Registriert: 17.05.2010, 13:38
Wohnort: Terra
MaciejP hat geschrieben:...
Wie wirkt sich die Zinsänderung denn konkret auf die alten Schulden aus? Die allermeisten Staatsanleihen haben einen festen Kupon, die Zinsänderung dürfte also höchstens auf inflationsgeschützte Anleihen o.ä. Auswirkungen haben
...
Nein. Das ist ja ein andauernder laufender Prozess! Du hast ja nicht Schulden, die der Staat "irgendwann" mal gemacht hat, sondern es geht um einen steten Fluss. Andauernd laufen Anleihen aus und müssen ersetzt werden - weil die Staats-Schulden nicht getilgt werden, sondern nur EINZELNE TITEL! Aber die werden sofort durch Neuemissionen ersetzt (sonst würde der Schuldenstand ja sinken, mit ihm die Geldmenge usw.)
Deswegen wirkt sich eine Zinsänderung praktisch sofort auf den gesamten Schuldenstand aus, denn jeder Schuldeneuro (also JEDER) muss über kurz oder lang zu dem neuen Zinssatz ausgeliehen/geschöpft werden.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 17.06.2013, 08:58

Benutzeravatar
Bumerang
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 465
Registriert: 08.08.2011, 17:43
MaciejP hat geschrieben:
Bumerang hat geschrieben:Der Staat weniger Geld? Das hast Du nicht ernst gemeint, oder?
Über Staatsanleihen war hier gemeint. Du schreibst ja selbst, die Privaten sind das Ziel, also wieso dann nicht das fehlende Geld über Steuern einholen?
Kurz gesagt, weil es nicht mehr geht.

Es gibt ein Paar Gründe dafür. Zum einen sind Steuererhöhungen politisch unklug. Deshalb werden sie eher kurz nach einer Wahl gemacht.
Zum Anderen lähmen sie die Wirtschaft, weil das eingenommene Geld auf dem Investitions- und Nachfragemarkt fehlt . Auch könne sie nicht 1:1 umgesetzt werden, weil die Menschen umschichten, hinterziehen etc.

Steuererhöhungen würden nur dort Sinn machen, wo das zu versteuernde Geld nicht nachfragewirksam ist.

Das sind die großen Vermögen: langfristige Spareinlagen, Anleihen, Aktien, Immobilien, Rechte (Patente etc).

Spareinlagen und Anleihen sind aber Schulden, also nicht vorhanden! Man kann nur die Zinserträge versteuern. Wenn man eine Vermögenssteuer darauf einführen würde, müssten die Anleger Teile davon verkaufen/auflösen. Stell Dir vor, was passiert, wenn Anleihen und Aktien i.H. von 2% auf den Markt geworfen werden! Insbesondere bei Anleihen ist das Geld ja bereits dem Staat ausgeliehen worden. Die Anleger zu vergraulen wäre hier alles andere als konstruktiv, aus Sicht des Staates.
Bei Immobilien würde eine Vermögenssteuer (höher als die derzeitige kleine Grundsteuer, die bei Vermietung sogar abgesetzt wird) wahrscheinlich auch zur Auflösung von Spareinlagen als zum Verkauf. Also zusätzlicher Druck auf dem Geldmarkt. Investoren, insb. der Staat müssten höhere Zinsen zahlen, die die Steuereinnahmen überkompensieren würden.

Da ist das Spiel mit der Inflation wesentlich leichter, und trifft insb. die, die eh nicht kapieren worum es geht. Die Großen gehen i.d.R. fein(er) raus aus der Geschichte.

Das Ganze passiert wie geschildert, wenn der Staat bereits solch hohe Schulden hat, dass die Zinszahlungen einen großen Teil des Budget ausmachen.

Am Ende des Prozesses steht die völlige Entwertung des Geldes = aller Schulden, weil sie vom Staat und den Banken nicht mehr zurückbezahlt werden können!

Edit: Die Banken zusammen sind nach dem Staat, der zweitgrößte Schuldner! Sie Schulden alle "Spaareinlagen"(Kredite) dem "Sparer"(Gläubiger). 2012 waren es ca 650 Mrd.
Gruß

Bumerang
—--------------------------------------------
Alan Greenspan: US Can Pay Any Debt It Has Because It Can Print Money To Pay It

Beitrag 17.06.2013, 17:50

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Ladon hat geschrieben:Deswegen wirkt sich eine Zinsänderung praktisch sofort auf den gesamten Schuldenstand aus, denn jeder Schuldeneuro (also JEDER) muss über kurz oder lang zu dem neuen Zinssatz ausgeliehen/geschöpft werden.
Ja, das meine ich ja. Nur dass "über kurz oder lang" unter Umständen 30 Jahre dauern kann. Deswegen verstehe ich die Aussage nicht, dass sich die Zinsänderung "praktisch sofort auf den gesamten Schuldenstand" auswirke. Das passiert nach meinem Verständnis nur nach und nach mit jeder auslaufenden Anleihe, die durch eine neue verlängert werden muss, aber nicht sofort für alle bereits laufenden.

Beitrag 17.06.2013, 18:37

Benutzeravatar
AuCluster
Gold-Guru
Beiträge: 2197
Registriert: 13.12.2011, 22:46
Wohnort: Auf Schalke
MaciejP hat geschrieben:
Ladon hat geschrieben:Deswegen wirkt sich eine Zinsänderung praktisch sofort auf den gesamten Schuldenstand aus, denn jeder Schuldeneuro (also JEDER) muss über kurz oder lang zu dem neuen Zinssatz ausgeliehen/geschöpft werden.
Ja, das meine ich ja. Nur dass "über kurz oder lang" unter Umständen 30 Jahre dauern kann. Deswegen verstehe ich die Aussage nicht, dass sich die Zinsänderung "praktisch sofort auf den gesamten Schuldenstand" auswirke. Das passiert nach meinem Verständnis nur nach und nach mit jeder auslaufenden Anleihe, die durch eine neue verlängert werden muss, aber nicht sofort für alle bereits laufenden.
Der Zinskupon ändert sich nicht, aber der Kurs der Anleihen kann sich sehr schnell ändern. Das heißt, wenn z.B. jemand eine deutsche Staatsanleihe zum Kurs von 130 € gekauft hat und diese durch die allgemein höheren Zinsen massiv an Wert verliert, also meintwegen auf 100 € fällt, so entstehen hohe Buchverluste. Wurden mit den Anleihen Kredite besichert, so müssen diese weiter gedeckt werden. Wer übernimmt den Schaden? OK, schon klar!
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 17.06.2013, 19:08

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
AuCluster hat geschrieben:Der Zinskupon ändert sich nicht, aber der Kurs der Anleihen kann sich sehr schnell ändern. Das heißt, wenn z.B. jemand eine deutsche Staatsanleihe zum Kurs von 130 € gekauft hat und diese durch die allgemein höheren Zinsen massiv an Wert verliert, also meintwegen auf 100 € fällt, so entstehen hohe Buchverluste.
Auch das ist klar. Mir geht es hier aber ausschließlich um die Schuldnerseite, sprich den Staat. Dem kann es prinzipiell egal sein, ob der Gläubiger nun einen Buchverlust erleidet oder nicht. (Außer natürlich, er müsste, um ein "größeres Übel" zu vermeiden, für die erlittenen Verluste einstehen.) Für ihn selbst ändert sich m.E. erstmal gar nichts.

Beitrag 18.06.2013, 06:32

Benutzeravatar
Ladon
Moderator
Beiträge: 6664
Registriert: 17.05.2010, 13:38
Wohnort: Terra
Stelle es Dir doch so vor:

Jeden Tag wird eine Anleihe mit 30 Jahren Laufzeit "verkauft". Das heißt nach 30 Jahren ist jeden Tag auch eine fällig und muss neu aufgenommen werden (da real nie wirklich getilgt wird). Mit anderen Worten, wenn morgen die Zinsen steigen, die der Staat zahlen muss, ändert das natürlich nichts an den bestehenden Schuldtiteln, aber von Tag zu Tag verschlechtert sich jetzt die Lage, weil jeden Tag ein Teil der Schulden von den alten "guten" zu den neuen, "schlechteren", Konditionen umgewandelt werden muss!

Du betrachtest die Dinge so als ob sie "heute" starten würden! Das ist ein vielfach gemachter Fehler, aber das Ganze ist doch ein kontinuierlicher Prozess, der schon seit Jahrzehnten läuft!
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 18.06.2013, 09:14

Benutzeravatar
AuCluster
Gold-Guru
Beiträge: 2197
Registriert: 13.12.2011, 22:46
Wohnort: Auf Schalke
MaciejP hat geschrieben:
AuCluster hat geschrieben:Der Zinskupon ändert sich nicht, aber der Kurs der Anleihen kann sich sehr schnell ändern. Das heißt, wenn z.B. jemand eine deutsche Staatsanleihe zum Kurs von 130 € gekauft hat und diese durch die allgemein höheren Zinsen massiv an Wert verliert, also meintwegen auf 100 € fällt, so entstehen hohe Buchverluste.
Auch das ist klar. Mir geht es hier aber ausschließlich um die Schuldnerseite, sprich den Staat. Dem kann es prinzipiell egal sein, ob der Gläubiger nun einen Buchverlust erleidet oder nicht. (Außer natürlich, er müsste, um ein "größeres Übel" zu vermeiden, für die erlittenen Verluste einstehen.) Für ihn selbst ändert sich m.E. erstmal gar nichts.
Ob das eine Auswirkung auf die Schuldnerseite hat, haengt immer vom Schuldner ab. Sollte Spanien aufeinmal 15% Zinsen auf 10 jaehrige bezahlen muessen, so waere das nicht glaubwuerdig. Die Zinsen steigen weiter und das war es dann. Sollte Deutschland 15% Zinsen zahlen muessen, wuerde das erstmal niemanden interessieren. Ausser dem Glaeubiger, der macht gut Kasse.
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 18.06.2013, 17:28

Benutzeravatar
MaciejP
Gold-Guru
Beiträge: 2616
Registriert: 08.03.2012, 05:49
Ladon hat geschrieben:Mit anderen Worten, wenn morgen die Zinsen steigen, die der Staat zahlen muss, ändert das natürlich nichts an den bestehenden Schuldtiteln, aber von Tag zu Tag verschlechtert sich jetzt die Lage, weil jeden Tag ein Teil der Schulden von den alten "guten" zu den neuen, "schlechteren", Konditionen umgewandelt werden muss!
Nur darauf wollte ich hinaus.

Beitrag 19.06.2013, 13:35

Benutzeravatar
Bumerang
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 465
Registriert: 08.08.2011, 17:43
MaciejP hat geschrieben:
Ladon hat geschrieben:Mit anderen Worten, wenn morgen die Zinsen steigen, die der Staat zahlen muss, ändert das natürlich nichts an den bestehenden Schuldtiteln, aber von Tag zu Tag verschlechtert sich jetzt die Lage, weil jeden Tag ein Teil der Schulden von den alten "guten" zu den neuen, "schlechteren", Konditionen umgewandelt werden muss!
Nur darauf wollte ich hinaus.
Da gibt es noch einen Zusammenhang zwischen alte und neue Titeln, bzw. Zinssätzen.

Die alten Titeln (schlecht verzinsten) befinden sich bei Fonds und Versicherungen. Wenn die Kunde merken, dass ihre Fonds oder KLV'S nicht mehr die Rendite bringen, die inzwischen auf dem Markt erzielt werden kann, könnten sie auf die "dumme" Idee kommen, die Verträge aufzulösen. Siehe die Medienberichte der letzten 2 Jahren.

Wird eine kritische Masse erreicht, muss der Staat, zusätzlich zu den Zinszahlungen die er leisten muss, die Finanzbranche retten, mit Geld das er nicht hat. Der Zinssatz für die alten Anleihen mag niedrig geblieben sein, doch die Neuverschuldung wird noch stärker ausfallen, und so zahlt der Staat insgesamt doch mehr Zinsen, weil der Schuldenberg größer ist.

Es gibt ein "Gesetz", dass wenn die Zinszahlungen des Staates x% der Steuereinnahmen ausmachen, das Spiel vorbei ist. Ich weiß nicht mehr genau, vielleicht 50%?
Gruß

Bumerang
—--------------------------------------------
Alan Greenspan: US Can Pay Any Debt It Has Because It Can Print Money To Pay It

Antworten