Studie belegt Versagen des Keynesianismus

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 08.01.2014, 18:31

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Goldhamster79
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Hallo Forum,

aus gegebenem Anlass möchte ich auf eine Studie hinweisen, die wissenschaftlich die Auswirkung keynesianischer Stimuli auf die Wirtschaft untersucht hat.

Ein einziges Blog http://sciencefiles.org/2011/10/22/ hat das Thema aufgegriffen, in den Mainstream-Medien war nichts zu finden, ich zitiere:

Die Finanzkrise und die anhaltende Eurokrise sind dadurch geprägt, dass Regierungschefs mit dem Scheckheft unterwegs sind und immer größere Summen ausgeben, um vermeintlich Gutes damit zu bewirken. Ob als quantitative easing (also Gelddrucken) oder als über den Kreditmarkt finanzierter EU-Rettungsschirm, die staatlichen Ausgaben wachsen in Schwindel erregendem Tempo, und sie ziehen einen ganzen Rattenschwanz negativer Konsequenzen nach sich.

(...)

Der Preis für Keynesianische Vertrauensbeschaffung ist hoch: So hat die Bundesregierung in den Jahren 2008/2009 insgesamt drei Konjunkturpakete geschnürt und insgesamt 82,3 Mrd. Euro in die gesamtwirtschaftliche Nachfrage investiert. Dabei wurde das Kindergeld und der Kinderfreibetrag erhöht, es wurden neue Sonderabschreibungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen, die Abwrackprämie eingeführt, Lohnnebenkosten wurden etwas reduziert und vieles mehr, um wirtschaftliches Wachstum zu erreichen und vor allem die privaten konsumtiven Ausgaben und die privaten Investitionen zu befördern. Das ist der Weg, auf dem J. M. Keynes das Wachstum verspricht, und da sich die Binnennachfrage in Deutschland nach dem Jahre 2007 so gut wie gar nicht erholt hat und schon traditionell als schwach bezeichnet werden muss, scheint es der falsche Weg zu sein.


Es scheint nicht nur, es ist auch der falsche Weg, wie eine neue Studie zeigt, die Davide Furceri und Ricardo M. Sousa (2011) durchgeführt haben. Für 145 Länder und den Zeitraum von 1960 bis 2007 haben die Autoren untersucht, wie sich die Höhe staatlicher Ausgaben auf die Höhe des privaten Konsums und die Höhe privater Investitionen auswirkt. Das Ergebnis ist für alle Keynesianer ernüchternd: Je höhe staatliche Ausgaben, desto geringer nicht nur der private Konsum, desto geringer auch die privaten Investitionen.
Staatliche Konjunkturprogramme sind somit eher ein Mittel dafür, langfristig das Wirtschaftswachstum zu verringern als es zu erhöhen: “The results of our paper suggest that govenment spending produces important crowding-out effects, by negatively affecting both private consumption and investment” (Furceri & Sousa, 2011, S.530).
Und in Zahlen: “An increase in governmant consumption by 1% of real GDP immidiately reduces consumption (investment) by approximately 1.2% (0.6%), with the decline continuing for about four years when the cumulative decrease in consumption has reached approximately 1.9% (1.8%)”.

In Deutschland reduziert eine 1%-tige Steigerung staatlicher Ausgaben den privaten Konsum kurzfristig um 0.7% und die privaten Investitionen um 1.4%. Langfristig kumulieren sich die Rückgänge auf rund 2%. Nicht nur reduzieren staatliche Ausgaben privaten Konsum und private Investitionen, sie reduzieren beide auch dauerhaft. Dieses Ergebnis sollte Keynesianern und alle, die in staatlichen Ausgaben den Weg zum wirtschaftlichen Heil sehen, zumindest zum Nachdenken, wenn nicht gar zum Überdenken ihrer Position anregen.
Die Vorversion der Studie ist als Working-Paper u.a. bei der "Banque du France" erhältlich unter
https://www.banque-france.fr/en/economi ... 354-1.html
Alternativlink: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm? ... id=1971164

Goldhamster

Beitrag 08.01.2014, 20:47

herakles
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Na das ist Mal ein "Fred", wo man nicht dauernd Gefahr läuft ins OT zu rutschen. smilie_01

Meine letzten Postings im Bitcoin Faden gehören eigentlich hierhin.

Beitrag 08.01.2014, 21:12

Fata.Sibyllina
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...insgesamt drei Konjunkturpakete geschnürt.... Kinderfreibetrag erhöht, es wurden neue Sonderabschreibungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen,...., Lohnnebenkosten wurden etwas reduziert...
Soso, man verbrämt es heute also als Konjunkturpaket, wenn die Steuerschlinge um den Hals des zweibeinigen Nutzviehs mal kurz ein wenig gelockert wird! smilie_20
Nach dieser Logik ließen sich Libertäre und Keynesianer leicht in einen Topf werfen und zu Einheitspampe schmoren. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dem Goldhamster das schmecken wird. smilie_18

Aber nun mal im Ernst: Das Thema ist doch erledigt, seit Friedman vor Jahrzehnten mit der ollen "permanenten Einkommenshypothese" belegt hat, was eh jeder weiß oder zumindest ahnt, nämlich, dass Konsumenten ihr Einkaufsverhalten von dem erwarteten Einkommen der kommenden Jahre abhängig machen und nicht davon, wieviel sie gerade auf dem Konto liegen haben. Ich will jetzt auch gar nicht tief in die Theorie einsteigen oder mich gar für Friedman stark machen, dazu bin ich zu lange "raus" aus der Materie. Aber dass man in diffus unsicheren Zeiten wie diesen die Leute nicht dazu kriegt, dass sie alles, was sie haben, sinnlos auf den Kopf hauen, dürfte doch allen klar sein. Verunsicherte Bürger neigen zum Sparen, es sei denn, sie krebsen am Existenzminimum. (Diese wären allerdings eher eine Zielgruppe für Heli-Ben, Steuersenkungen bewirken da nicht viel.) Schrumpfende Märkte reizen Firmen nicht zum Investieren, die verbraten ihre Cashbestände dann höchstens in Schwellenländern oder im Börsencasino.
Für mich geht lediglich die Abwrackprämie als Konjunkturspritze durch, und die war zumindest spaßig für diejenigen, die die Gelegenheit nutzten. Die übrigen Bürger, die für die Stimmungskanone bürgten, werden natürlich schwitzend die auf sie zukommende Abgabenlast antizipiert haben, anstatt sich vom Wirtschaftswunderland-Hosianna dazu verführen zu lassen, sich im Konsumrausch um den letzten Rest ihrer Liquidität (und damit das Land um den letzten Rest seiner Bonität) zu bringen.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Keynes selbst Zustände bekäme (alle Anderen sowieso!) bei der Vorstellung, man könnte in Zeiten wie diesen, bei Massenarbeitslosigkeit auf gesättigten (Oligopol-)Märkten im finalen Stadium eines Schuldgeldsystems, mal eben ein wenig das Konkunkturlied jodeln, und alles wird gut.
Sapere aude, incipe!

Beitrag 08.01.2014, 21:25

silberschmetterling
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Beitrag 08.01.2014, 21:38

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Goldhamster79
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silberschmetterling hat geschrieben:http://www.nipe.eeg.uminho.pt/Uploads/W ... 6_2009.pdf
Danke, das ist leider auch nur eine Vorversion von Febr. 2009, die aktellste von 2011 habe ich auch nicht frei verfügbar gefunden.

Fata hat geschrieben:Soso, man verbrämt es heute also als Konjunkturpaket, wenn die Steuerschlinge um den Hals des zweibeinigen Nutzviehs mal kurz ein wenig gelockert wird!
Stimmt, da hast Du Recht Fata, dies ist nur eine Teilrücknahme kalter Progression, was eh schon selten vorkommt und wofür sich Politiker trotzdem noch gerne feiern lassen, wird halt dann als Konjunkturprogramm verkauft.

Gut, dass Du scharf mitliest, hatte ich übersehen, daran Anstoß zu nehmen ;)



smilie_24 in die Runde

Beitrag 08.01.2014, 21:53

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Ladon
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Danke für die Links zum Original.

Nicht gerade leichte Kost, aber natürlich ein Hochkaräter! Unbedingt lesen (das kann man schon nach erstem Überfliegen sagen). Massig "Material" zum Stöbern. Die Studie selbst ist nur 16 Seiten lang - da kann man sich schon durchbeißen. Der Rest Tabellen, Quellen und Formeln.
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Beitrag 08.01.2014, 22:07

silberschmetterling
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Goldhamster79 hat geschrieben:
silberschmetterling hat geschrieben:http://www.nipe.eeg.uminho.pt/Uploads/W ... 6_2009.pdf
Danke, das ist leider auch nur eine Vorversion von Febr. 2009, die aktuellste von 2011 habe ich auch nicht frei verfügbar gefunden.

Oftmals sind bei den "richtig interessanten" Sachen ein paar €100 fällig.
Das kann man als Privatperson nicht leisten, das läuft leider nur über die entsprechenden Institutionen.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... x/abstract

Hier halt auch nur nach Anmeldung und gegen Geld.

Ansonsten kann ich Ladon nur zustimmen, 16 Seiten sind nicht viel.

Beitrag 08.01.2014, 22:11

Geldsammler
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Und wen interessiert so eine Studie, außer ein paar wenigen Wissenschaftlern und diese Runde, die nun bewiesen bekommt, was sie eh schon wusste? Dass der Kapitalsozialismus am Ende in die Brüche gehen muss? Irgendwie glaube ich nicht, dass selbst nach einem harten Knall irgendjemand die Gründe dafür sehen will. Viel,ehr wird man wieder den Weg der Staatsverschuldung, der Wählerbestechung und des Lebens Einzelner auf die Kosten der Allgemeinheit gehen. Diese Art des demokratisch verbrämten Feudalstaates gab es schon immer, sobald Staaten eine gewisse Größe überschritten haben.

Beitrag 08.01.2014, 22:28

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Ladon
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Geldsammler hat geschrieben:Und wen interessiert so eine Studie, ...
Naja, ich find's schon immer gut, wenn Dinge untermauert werden. Und auch "immer mal wieder", denn aktuelle Daten sind natürlich interessanter als irgendwas von anno 1936 oder meinetwegen 1950.
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Beitrag 08.01.2014, 23:16

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AuCluster
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Belegen kann die Studie leider die nix. In den Conclusions steht:
The results show that fiscal policy discretion can provide a net stimulus to the economy in the short-run, but crowding-out effects emerge in the long-run.
Also can provide. Naja, VWL ist eine Sozialwissenschaft, die es sich mit wissenschaftlichen Beweisen immer schwer tut. Das schöne an dieser Theorie ist die Zeitabhängigkeit, die den Originalmodellen von Keynes und Friedman fehlt. Aber die Differenzengleichungen konnte man seinerzeit nicht lösen. Der beste Computer zu Keynes Zeiten arbeitete wohl mit Relais, vermutlich einer von Zuse.
Das Hauptproblem dieser Analysen ist die große Bandbreite der Vorhersage. Mal ist der Multiplikatoreffekt negativ (Austeritätspolitik erhöht die Produktion der Wirtschaft, ob wir das in Südeuropa sehen?!) und mal positiv.
Die Berechnungen werden die Freunde der Agenda 2010 nicht erbaulich finden. Konsum und Investitionen steigen gleichzeitig. Uns wurde von diversen Lobbyisten immer das Gegenteil erzählt: Löhne runter => Konsumverzicht => Investitionen rauf
In diesem Sinn ist das Paper sehr erbaulich. Auch die erste Theorie dieser Art, die Real Business Theorie, zeigt den simultanen Anstieg von Konsum/Investitionen/Beschäftigung, wie er auch an realen Daten zu beobachten ist.
Bild
Das ist der Weg, auf dem J. M. Keynes das Wachstum verspricht, und da sich die Binnennachfrage in Deutschland nach dem Jahre 2007 so gut wie gar nicht erholt hat und schon traditionell als schwach bezeichnet werden muss, scheint es der falsche Weg zu sein.
Nee, Herr Keynes hat damit nix zu tun. Der deutsche Konsum ist seit 15 Jahren flach wie ein Brett. Kein Wunder, wenn man die Löhne nicht erhöht. Wer soll denn dann etwas kaufen?
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 08.01.2014, 23:31

Geldsammler
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Ich weiß ehrlich gesagt nicht,wozu man überhaupt Wirtschaftspolitik braucht. Der Staat hat einen Rechtsrahmen zu stellen, die Wirtschaft wird sich dann schon entwickeln. Die Wirtschaft ist doch nicht Aufgabe eines Staates oder eines Gemeinwesens, sondern eine Erscheinungsform der Gesellschaft. So wie meinetwegen Kultur oder Moral. Wer alles von oben diktiert, muss sich doch nicht wundern, wenn alles den Bach runter geht.

Beitrag 09.01.2014, 05:04

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Ladon
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Geldsammler hat geschrieben:Ich weiß ehrlich gesagt nicht,wozu man überhaupt Wirtschaftspolitik braucht. Der Staat hat einen Rechtsrahmen zu stellen, die Wirtschaft wird sich dann schon entwickeln. Die Wirtschaft ist doch nicht Aufgabe eines Staates oder eines Gemeinwesens, sondern eine Erscheinungsform der Gesellschaft. So wie meinetwegen Kultur oder Moral. Wer alles von oben diktiert, muss sich doch nicht wundern, wenn alles den Bach runter geht.
Keine Frage, dass es "zuviel" gibt. Eher, ob wirtschaftliche Entscheidungen mit weitreichenden und langdauernden Konsequenzen für die Gesellschaft tatsächlich gänzlich "der Wirtschaft" überlassen werden können. Die Wirtschaftslenker haben ja nun - ihr ganz legales Interesse!!! - stets vor allem den Profit der eigenen Firma im Fokus. Profit, das ist nun wirklich keine Überraschung, lässt sich aber hervorragend steigern, wenn es gelingt, die Gesellschaft für ein paar Unkosten aufkommen zu lassen.
Nicht zuletzt kann "man" (die Gesellschaft) doch auch nicht abwarten, bis "schwarze Schafe" durch die Selbstreinigungskräfte eines freien Marktes sanktioniert werden. Bis dahin konnten die eventuell schon ganzen Bevölkerungsgruppen irreparablen Schaden zufügen.

Wirtschaftspolitik SOLLTE neben dem rechtlichen Rahmen, also durchaus lenken.
Selbst wenn man an die Smith'sche "Unsichtbare Hand" in der Wirtschaft glaubt!
Genauso wie Steuern eigentlich etwas STEUERN sollten, also bestimmt Entwicklungen begünstigen, andere bremsen - ohne Verbote und Vorschriften - und nicht bloße "Melkmaschinen" darstellen sollten.


Die gesamtgesellschaftlich relevanten Entscheidungen im kleinen Kämmerlein von Politikern einfach durch gesamtgesellschaftlich relevante Entscheidungen von Wirtschaftsbossen im kleinen Kämmerlein zu ersetzen, scheint mir - mit Verlaub - etwas "blauäugig" zu sein.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 09.01.2014, 10:52

Geldsammler
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@Ladon: Hier sind wir ja mal richtig gegensätzlicher Meinung. Ich halte von der "Steuerungsfunktion" von Steuern überhaupt nichts. Sobald der Staat dran verdient, liegt das Interesse immer am Verdienen. Finanzielle Umverteilung durch Steuern und Subventionen führen nur zu einer teueren Umverteilungsmaschinerie mit eine Vielzahl von Ausnahmen und Ungerechtigkeiten. Statt das Rauchen einfach zu verbieten, was gesundheitlich geboten wäre, zockt man die Raucher ab. Ähnlich blödsinnig ist der CO2-Zertifikate-Handel, an dem die Händler verdienen und durch den die Wirtschaft gebremst wird.
"Markt", das ist für mich ein Prinzip von Angebot und Nachfrage, das Teil jeder gesellschaftlichen Beziehung ist. Hier einzugreifen ist für mich prinzipiell zutiefst inhuman.
Schützen kann man die Gesellschaft vor Auswüchsen durch klare Gesetze, harte persönliche Haftung und konsequente Verfolgung. Wer Pfusch baut, durch den Menschen zu Schaden kommen: GF in den Knast. Da ist der Rechtsstaat gefragt und nicht die Wirtschaftspolitik, die sowieso - je nach Regierungsparteien - in erster Linie Klientelpolitik betreibt.
Auf den Punkt gebracht: keine/minimale Wirtschaftspolitik, maximale unternehmerische Freiheit, maximale (persönliche) unternehmerische Verantwortung. Deutschland muss Entwicklungsland werden. Im Sinne des Wortes. Und das fängt mit der persönlichen und unternehmerischen Freiheit an. Ich fürchte nur: Reformen werden da nicht reichen, es braucht schon Revolutionen, um verkrustete Strukturen von Beamtenstaat, Politik und Wirtschaft aufzubrechen.

Beitrag 09.01.2014, 11:20

Suedwester
In Namibia konnte man recht gut sehen, dass "Deficit Spending", also Schulden machen und Geld ausgeben, nicht funktioniert hat. Die Regierung wollte die Situation der Bevoelkerung verbessern, und entschloss sich vor einigen Jahren, massive Geldbetraege zu leihen und grosse Projekte in diversen Bereichen zu finanzieren. Vieles davon ging am Markt, also an Nachfrage bzw. Bedarf vorbei, war Strohfeuer, und grosse Summen wurden gar nicht abgerufen, da man nicht wusste, was man mit all dem Geld ueberhaupt machen sollte. Der Schuldenstand stieg also, ohne etwas nachhaltiges erreicht zu haben.

Dann aenderte man die Taktik und senkte die Einkommenssteuern und die Unternehmenssteuern deutlich. Und ploetzlich hatten die Leute mehr Geld in der Tasche zum konsumieren (und sparen), die Firmen konnten mehr investieren... die Wirtschaft wuchs deutlich, ebenso das Steueraufkommen, und dadurch sank sogar der % Staatsschulden zum BIP (obwohl man erst mit einem Anstieg gerechnet hatte). Die positiven Effekte kann man immer noch spueren.

Beitrag 09.01.2014, 12:00

herakles
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Von Österreicher über Keynesianismus (inkl. Derivate) bis zu Libertären, brauchen alle Wachstum für die Konjunktur.
Deshalb wollen alle an die Ersparnisse der Konsumenten. Da in einem Schuldgeldsystem diese "gar nicht da" bzw "schon weg" sind, bin ich grundsätzlich ein Anhänger der Österreicher, weil ich über meine Ersparnisse bestimmen möchte.
Dennoch, selbst wenn man alles verfügbare Geld mobilisiert und konsumiert hat, was dann?
In der Welt der Kyenesianer können die Konsumenten überhaupt nicht mehr sparen, um nicht arm zu sein wenn sie am Ende des Zyklus arbeitslos werden. In der Welt der Österreicher könnten zumindest nicht alle, oder nicht genug Rücklagen aufbauen.

Dann bleiben entweder Darwinismus oder Kommunismus übrig.
Was eintreten wird und ob man zu den Gewinnern oder Verlieren zählen wird, weißt man in vorauss nicht, dass sollte jedem klar sein. Selbts wenn man sich heute "sicher" ist!

Deshalb muss der Fehler gefunden werden! Wer sieht ihn?

Beitrag 09.01.2014, 12:48

donnyflame
selbst wenn man alles verfügbare Geld mobilisiert und konsumiert hat
Das ist nicht möglich.

Auf der Guthabenseite sind Zinsen fällig, das heißt um die Zinsen(Zinseszinsen) zu bedienen, muss erneut eine Schuld aufgenommen werden, daran führt kein Weg vorbei. Deswegen verlangt dieses Geldsystem Wachstum. Ohne Wachstum käme es zu enormen Abschreibungen (Guthabensverlust).

Und ihr dürft raten, bei welchem Guthaben dann der rote Stift zum Einsatz kommt. smilie_16

Grüße
DF

Beitrag 09.01.2014, 13:07

herakles
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donnyflame hat geschrieben:
selbst wenn man alles verfügbare Geld mobilisiert und konsumiert hat
Das ist nicht möglich.
Klar ist das nicht möglich, weil "schon weg" deshalb schrieb ich "selbst wenn" als Reductio ad absurdum.
donnyflame hat geschrieben: ..muss erneut eine Schuld aufgenommen werden, daran führt kein Weg vorbei. Deswegen verlangt dieses Geldsystem Wachstum. Ohne Wachstum käme es zu enormen Abschreibungen (Guthabensverlust).
So weit waren wir schon. Es gibt aber jetzt kein Wachstum, obwohl neues Geld geschöpft wird. Und wie viel noch! Warum schimpft man sonst auf die Konsumenten, die Ihre Rücklagen vor frischem Geld verbrauchen sollen, wenn es so einfach geht mit neuem Kredit?
donnyflame hat geschrieben:Und ihr dürft raten, bei welchem Guthaben dann der rote Stift zum Einsatz kommt. smilie_16
Grüße
DF
Bei Allen! Jedes Guthaben ist Schuld, deshalb in meinen Augen langfristig gen "0".

Wir nähern uns...

Beitrag 09.01.2014, 14:29

Fata.Sibyllina
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Nee, Herr Keynes hat damit nix zu tun. Der deutsche Konsum ist seit 15 Jahren flach wie ein Brett. Kein Wunder, wenn man die Löhne nicht erhöht. Wer soll denn dann etwas kaufen?
Ich kann mich auch nur wundern, für was Keynes alles herhalten muss. Bisher konnte ich bei ihm nirgends einen Hinweis dafür finden, dass Staaten sich in besseren Zeiten sinn- und hemmungslos verschulden dürfen, wie bspw. die USA nach der Jahrtausendwende für ihre Kriege oder Deutschland für seine Bürokraten. Sein „Deficit Spending“ ist heute chic, weil sich damit ein höherer Zugriff auf Steuereinnahmen und Bestechungsgelder legitimieren und zudem die Illusion aufrecht erhalten lässt, man könnte die Lage durch einen Lender oder Spender of Last Resort dauerhaft kontrollieren. In Wahrheit fährt die öffentliche Hand ihre der Gesamtbevölkerung dienlichen Ausgaben und Investitionen anteilig zurück, oder warum werden trotz exorbitanter Staatsquote Schwimmbäder geschlossen, zerbröseln Autobahnbrücken, kostet der Zahnersatz plötzlich richtig viel Geld, wird Staatsvermögen verscherbelt bei dennoch wachsender öffentlicher Verschuldung?

Die Studie finde ich im Ergebnis (höhere Staatsausgaben dämpfen in den meisten höher entwickelten Ländern Konsum und private Investitionen und wirken kaum konjunkturell) plausibel, aber diese Entdeckung allein führt, glaube ich, künftig nicht weiter. Der Untersuchungszeitraum 1960-2007 liegt exakt vor der "Krise" und berücksichtigt nicht die derzeitig heikle Zuspitzung, sowohl wirtschaftlich als auch emotional. Auch bin ich skeptisch, ob heute der Rückgang von Konsum und Investitionen im Inland so stark mit den Staatsausgaben korreliert. Hier vermute ich stärkere Einflüsse der offenen Volkswirtschaft, der Fehlallokation von öffentlichem und privatem Geld, von Konsumentenkreditexpansion und Zukunftsangst. Generell halte ich die finanziellen staatlichen Einflussmöglichkeiten für überschätzt.

Ich will meine Kritik etwas überspitzt an folgendem Beispiel veranschaulichen: Da die Studie impliziert, dass wirtschaftlich schwach entwickelte Staaten von höheren Staatsausgaben deutlich mehr (und sogar positiv) profitieren als starke OECD-Staaten, bräuchte man doch nur noch ein klein wenig zu warten, bis die korrupte Kaste in Griechenland das Land komplett ausgesaugt hat, und schon wäre eine Mästung des Staatsapparats von außen wieder segensreich. Selten so [s]gelacht[/s] geweint, denn dann wären die Korrupten ihrer Pfründe dauerhaft sicher!
smilie_10

Wie man sieht, lässt sich alles mit ein wenig manipulativem Geschick verkürzen und verdrehen. Schon können sich sowohl Staatsgläubige als auch Liberale durch die Studie bestätigt sehen, ohne der Problemlösung faktisch nur einen Schritt näher zu kommen, weil die Schuldenarithmetik sich durch makroökonomisches Herumdoktern nicht aufgehalten lässt. Wir haben ein strukturelles Problem, welches den Rechtsstaat schwer in Mitleidenschaft zieht, kein konjunkturelles Wehwehchen. Vielleicht ist es sogar umgekehrt, dass ein gezielt geschwächter und ausgehöhlter Rechtsstaat die strukturellen Probleme erst eingeleitet hat?!

Man hat das System verändert, indem man schlicht die Zielsetzung menschlichen Handelns veränderte, die Rechte des Individuums hinter die kurzfristige Gewinnmaximierung Weniger gestellt und dies als Win-win-Situation für alle verkauft hat. Hier liegt für mich der Hase im Pfeffer, da schließe ich mich 'Geldsammler' an. Würden CEOs , Politiker und Kraftwerkbetreiber für ihre Entscheidungen und Schulden persönlich haften, Kartellbehörden die Monopole und Oligopole sprengen, alle Selbstkosten eingepreist, qualitative Markttransparenz für Geld, Güter und Dienstleistungen existieren, sähe die Welt anders aus. Von diesen Rahmenbedingungen nämlich, die heute nostalgisch-naiv anmuten, gingen die Theoretiker von damals aus.
Sapere aude, incipe!

Beitrag 09.01.2014, 15:32

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Fata.Sibyllina hat geschrieben: Die Studie finde ich im Ergebnis (höhere Staatsausgaben dämpfen in den meisten höher entwickelten Ländern Konsum und private Investitionen und wirken kaum konjunkturell) plausibel, aber diese Entdeckung allein führt, glaube ich, künftig nicht weiter. Der Untersuchungszeitraum 1960-2007 liegt exakt vor der "Krise" und berücksichtigt nicht die derzeitig heikle Zuspitzung, sowohl wirtschaftlich als auch emotional.
Das wird bei diesen Simulationen immer gerne "vergessen". Es wird simuliert, was passiert, wenn der Staat Geld in die Wirtschaft pumpt. Warum? Wahrscheinlich hat die Regierung und die Zentralbank Langeweile und staendig in der Nase zu bohren ist auf Dauer nicht erbaulich.

Nein, solche keynsianistischen Massnahmen sind nur dann zielfuehrend, wenn vorher ein entsprechender Schock (wie z.B Lehman-Pleite) stattgefunden hat. Es wird versucht die Auswirkungen eines Schocks durch einen anderen zu eliminieren.
Ausserdem waren es eingefleischte Neoliberale die zum alten Keynes gegriffen haben. Ich vermute mal, ihnen ist nichts besseres eingefallen.

Oder: Verzweiflungstat: Neoliberale machen keynesianistische Wirtschaftspolitik!smilie_34
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Beitrag 09.01.2014, 15:43

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Du machst es Dir mal wieder zu einfach, Cluster.

Die Geschichte des angewandten Keynesianismus ist an die 80 Jahre alt, da hilft auch "linke Kampfrhetorik" ;) nicht.

Die Heilung von Folgen ausufernder Geldpolitik mit weiteren Finanzspritzen heilen zu wollen ist ungefähr so sinnvoll wie einen Feuer mit Benzin löschen oder einen Junkie mit frischem Stoff heilen zu wollen.

Was sind die Ursachen all der Verwerfungen? Nur wenn man sich diese Frage stellt, hat man die Chance zur Erkenntnis.

Und die zentrale Ursache, da wird mir wohl kaum jemand widersprechen [hoffe ich zumindest ;)] liegt im Geldsystem selbst.

Goldhamster

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