Frage zur Geldschöpfung

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 30.09.2016, 11:38

Thomasio
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Die EZB "nimmt" das Geld genau daher, woher es auch eine Geschäftsbank nimmt, sie greift es aus der Luft, mit einer "Bilanzverlängerung".
Sie macht 2 elektronische Buchungen.

1) Forderung an den Staat der die Anleihe ausgegeben hat.
2) Gutschrift aufs Konto der Bank die die Anleihe besitzt.

Differenz in der Bilanz der EZB: NULL
Differenz in der Geldmenge im Umlauf: NULL
Differenz in der Bilanz der Geschäftsbank: NULL
Differenz im Staatshaushalt des Staates der die Anleihe ausgegeben hat: NULL

Unterschiede:
- Statt einer Forderung gegenüber dem Staat der die Anleihe ausgegeben hat, besitzt die Geschäftsbank jetzt eine Forderung gegenüber der EZB.
- Der Staat der die Anleihe ausgegeben hat schuldet das Geld nicht mehr der Geschäftsbank, sondern der EZB.
- Die EZB hat jetzt eine Forderung und eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe mehr als vorher.
- Die Bilanz der EZB ist auf beiden Seiten, Forderungen und Verbindlichkeiten, um die Summe der Anleihe "länger" geworden.

Das ist ein ganz simples Schuldgeldsystem.
Die Summe aller Schulden und aller Guthaben ist zu jedem beliebigen Zeitpunkt immer NULL.
Geld wird niemals einfach "gedruckt", es wird immer nur durch Kreditaufnahme erzeugt.
Die im Umlauf befindliche Geldmenge kann also nur steigen, wenn mehr Leute neue Schulden aufnehmen als Leute Schulden zurückzahlen, sprich die Summe aller Schulden und damit auch die Summe aller Guthaben wächst.
Daraus folgt logisch, dass nach Rückzahlung aller Schulden kein Geld mehr existieren würde.

Beitrag 30.09.2016, 13:21

999erKryptonit
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Beitrag 30.09.2016, 14:12

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Ladon
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Hm. Okay.

Zurück:

Das Wertpapier das die Bank hinterlegt, ist Pfand für Zentralbankguthaben; bzw entsteht dieses Guthaben weiterhin durch Rediskontierung von Wechseln, Schatzanweisungen u.ä..

Dieses "Guthaben"ist zunächst Zentralbankgeld.

Tatsächlich "Geld" im Sinne von Tauschmittel (Vergleichsmaßstab usw.) einer Volkswirtschaft wird das erst, wenn die Bank es abruft.
Buchstäblich wenn es die Schwelle überschreitet - egal ob elektronisch oder als Note - ersteht das Geld (im Sinne von ... (s.o.)) in der Welt.

Der grundlegende Buchungsvorgang ist wirklich kein Geheimnis. Die Frage galt vlt. dem Mechanismus, wie die "Zeugungs-" Buchung schließlich real als Geld "in die Welt" kommt:
"Technisch", mit Auswirkung auf die Wolkswirtschaft, wird Geld mit der In-Umlauf-Bringung geboren. Durch den Abruf von Bargeld zur Wahrung der eigenen Liquidität der Banken an Schaltern und Automaten z.B.; oder durch Bereitstellung von Giralgeld in Form von Krediten als Liquiditätssicherung in der Wirtschaft.

Vergessen wir nicht, dass es darum ging, einen Kommentar zur Behauptung mit der unmöglichen Staatsfinanzierung abzugeben. Sei's drum
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 30.09.2016, 15:24

Thomasio
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Oje, so viele Fachbegriffe ...... Rediskontierung ...... wie viele Normalverbraucher haben das Wort überhaupt schon mal gehört?

Ich denke das Geld wird immer zum Zeitpunkt der grundlegenden Buchung geschaffen, was alleine schon dadurch belegt wird, dass die Bank ab diesem Moment Zinsen berechnet.

Wenn Geld immer erst existieren würde, nachdem es die schöpfende Bank verlassen hat, dann würde das Geld, was in Autokrediten der Volkswagen-Bank geschöpft wird niemals existieren, weil es die Bank nie verlässt.

MaciejP fragte: "Womit bezahlt die EZB dann aber die Anleihen ...?"
und die Antwort darauf ist ganz klar: "mit einer Bilanzverlängerung."

Die Tatsache, dass die EZB Geldscheine druckt und dass man geschöpftes Geld aus einer Bilanzverlängerung in diese Scheine umtauschen kann, hat nicht das Geringste mit Geldschöpfung, also der Frage wo das Geld her kommt, zu tun.
Die EZB könnze zig Fantastilliarden an Scheinen drucken, sie würden als Geld nicht existieren, solange nicht irgendeine Bank ihre Bilanz verlängert und einem Kunden einen Kredit gibt.

Beitrag 30.09.2016, 20:37

Romi
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@Mordor: Streng genommen müsstest du vorgeben, auf Basis welchen Modells deine Frage beantwortet werden soll. Die meisten Antworten hier gehen auf klassische Modelle der VWL zurück.

Interesssant ist, welche Spielräume ein Modell bietet. Hier ein Beispiel:
Ein Bauer erntet 10 Möhren und verkauft sie für 10 Euro. Folglich befinden sich Geld und Waren im Wert von min. 20 Euro im Umlauf (einer besitzt 10 Möhren und der Bauer wiederum 10 Euro). Was passiert aber, wenn die Möhren gegessen werden oder schlichtweg verrotten? -> dann sind auf einmal 10 Euro weniger im Umlauf. Ein Jahr später, wenn der Bauer erntet, ist die Situaiton erneut eine andere. Um es kurz zu machen: Geld entsteht an vielen Orten und wird gleichzeitig auch wieder vernichtet (z.B. durch die Energie der Sonne, die Nahrungsmittel wachsen lässt). Im großen Rahmen können das z.B. Neubewertungen von Immobilienvermögen sein (was waren z.B. die beiden Türme der Deutschen Bank vor 30 Jahren wert, wie steht es heute um deren Wert?).

Ich persönlich meine, dass das gesamte Thema so komplex ist, dass es schwierig ist, das überhaupt in ein Modell zu packen....

Beitrag 01.10.2016, 02:38

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Ladon
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@ Thomasio

Spar' Dir Dein Geschwurbel.
Ich beantworte eine Frage so wie ich sie verstehe und ohne Dich vorher zu fragen.
Und vor allen Dingen ohne mit Dir danach diskutieren zu müssen.

Wenn mir der Fragesteller sagt "So habe ich es nicht gemeint", dann ist das in Ordnung - von Dir ist es dermaßen arrogant dem Fragesteller gegenüber, weil Du so tust, als wüsstest ausgerechnet Du besser darüber Bescheid als er selber wie er es meint.
Geht's noch?
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Beitrag 01.10.2016, 07:24

lifesgood
@Romi: Das siehst Du falsch, die Möhren sind kein Geld, sondern eine Ware.

Die grundlegenden Geldfunktionen sind die Zahlungsfunktion und die Wertaufbewahrungsfunktion (die beim FIAT wohl auch nur eingeschränkt ist). Beide Funktionen erfüllen Möhren nicht.

Es gab früher eine Mischform von Geld und Ware, das sogenannte "Warengeld". Wargengeld deshalb weil das Geld selbst aus Gold oder Silber bestand und neben dem Geldwert auch einen Warenwert besass.

Würde man Deiner Argumentation folgen, so würde jegliche Wertschöpfung die Geldmenge erhöhen und mit der Abnutzung/Verbrauch des Gutes die Geldmenge wieder verringern.

Aber ich denke Ladon hat davon mehr Ahnung als ich.

lifesgood

Beitrag 01.10.2016, 11:50

Mehrgoldfüralle
@Romi
Die Geldschöpfung ist von volkswirtschaftlichen Modellen nicht abhängig, im Schuldgeldsystem ist sie immer gleiche.

@Thomasio
Selbstverständlich sind gedruckte "Fantastilliarden" Geld, sofern eine Notenbank sie gedruckt hat. Der Unterschied ist, daß die Notenbank dafür einstehen muß, im Gegensatz zum Buch-oder Giralgeld.

Ein anderer Fall sind Münzen. Da das Münzregal bei den Staaten liegt, sind sie derzeit das einzige schuldfreie Geld.

Beitrag 01.10.2016, 12:37

Thomasio
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben:@Thomasio
Selbstverständlich sind gedruckte "Fantastilliarden" Geld, sofern eine Notenbank sie gedruckt hat. Der Unterschied ist, daß die Notenbank dafür einstehen muß, im Gegensatz zum Buch-oder Giralgeld.
Ok, dann verrate mir doch mal, wie das gedruckte Geld aus der Zentralbank raus kommen soll?
Solange es nur in der Zentralbank rumliegt macht es ja nichts, als ob es nicht existiert.
Wie kommt es also in Umlauf?
Meinst du die ETB würde es einfach nach Zufallsprinzip per Post an irgendwen verschicken?
Gäbe es eine Ausgabestelle am Tor der Druckerei wo sich jeder einen Stapel nehmen kann?
Welche Gesetze gibt es, die der Zentralbank erlauben würden nach Gutdünken Geld zu verschenken?

Und dann ist da noch meine Anmerkung von weiter oben:
Thomasio hat geschrieben:Inwieweit die EZB in der Lage wäre einfach Geld zu drucken und ohne Kreditaufnahme nach Giesskannenprinzip über die Bevölkerung zu verstreuen weiss ich nicht absolut sicher, aber angesichts der Tatsache, dass selbst die Finanzkrise 2008/2009 NICHT durch einfaches Geld ausstreuen, sondern vielmehr durch Aufnahme von Staatsschulden aufgefangen werden musste schliesse ich, dass es entweder verboten sein muss Geld ohne Kreditaufnahme zu erzeugen, oder aus einem anderen triftigen Grund niemals gemacht wird.

Beitrag 01.10.2016, 13:42

Mehrgoldfüralle
Banknoten, die von der Notenbank gedruckt und bilanziert sind, sind Geld. Ob und wie das in Umlauf kommt, ist sekundär, du bringst Existenz und Funktion durcheinander.

Die bisherigen Krisen sind deshalb nicht mit Geld drucken und Verteilen gelöst worden, weil sonst nicht die Richtigen, also vorliegend Leute, die Steuern zahlen, die Rechnung bezahlt hätten. Das wäre ja noch schöner, wenn die Verursacher zahlen müssten.

Nachdem aber die bisherigen, jetzt schon unorthodoxen Maßnahmen versagen, wird als nächstes das "Helikoptergeld" kommen. Sofern es Bargeld ist, kann es beliebig erzeugt werden, nämlich wie du oben richtig bemerkt hast, durch einfache Bilanzverlängerung. In dem Ausmaß, wie es verkonsumiert wird, landet es dann wieder, wo es naturgemäß im Schuldgeldsystem hingehört, nämlich oben. Dumm wird es, wenn es zu viele Leute sparen. Dann geht die Rechnung wieder nicht auf.

Beitrag 01.10.2016, 14:17

Thomasio
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Nachdem aber die bisherigen, jetzt schon unorthodoxen Maßnahmen versagen, wird als nächstes das "Helikoptergeld" kommen. Sofern es Bargeld ist, kann es beliebig erzeugt werden, nämlich wie du oben richtig bemerkt hast, durch einfache Bilanzverlängerung. In dem Ausmaß, wie es verkonsumiert wird, landet es dann wieder, wo es naturgemäß im Schuldgeldsystem hingehört, nämlich oben. Dumm wird es, wenn es zu viele Leute sparen. Dann geht die Rechnung wieder nicht auf.
Nu zeigst du aber selber die Probleme auf, wegen denen die Inflation nicht kommen kann.

Eine "Bilanzverlängerung" heisst IMMER, dass es da einen Schuldner gibt, der die negative Seite der Bilanz übernimmt.
Woher sollte dieser Schuldner kommen, wenn die die Geld haben keine Schulden brauchen und von denen die kein Geld haben immer weniger kreditwürdig sind?
Woher sollten NEUE Schuldner kommen, wenn aus irgendeinem Grunde die, die bisher kein Geld hatten, Geld umsonst bekommen?

Wie du richtig erkannt hast würden in einem Land wo ein derartiger Überfluss an allem herrscht wie in Deutschland alles Geld, was in welcher Form auch immer ins Volk gestreut wird, immer zum grössten Teil zu mehr Sparen verwendet.
Fass dich an die eigene Nase und sei RICHTIG grosszügig, stell dir vor du bekommst 100 Mrd. geschenkt, wie viel mehr Brot und Schnitzel würdest du kaufen?
Wenn die Antwort ist, du kaufst keine oder fast keine zusätzlichen Konsumgüter, dann musst du eine neue Begründung für Inflationsängste suchen, denn die Ausweitung der Geldmenge führt offensichtlich nicht zu Inflation bei Konsumgütern.

Selbst wenn du nicht sparen würdest, von 100 Mrd. würdest du versuchen irgendwas zu bauen oder zu kaufen.
Eine Fabrik, Häuser, oder sowas.
Du würdest in einem Markt in dem es von allem im Überfluss gibt NOCH mehr Produktion machen, mehr Wohnraum zur Vermietung anbieten, mehr Angebot von allem Möglichen erzeugen.
Ergo würde durch mehr Angebot der Preis von allem fallen, sprich DEflation, das Gegenteil von Inflation.
Zuletzt geändert von Thomasio am 01.10.2016, 14:31, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 01.10.2016, 14:29

Mehrgoldfüralle
Wie die Notenbank das machen kann, kannst du beispielsweise hier
http://norberthaering.de/de/27-german/n ... eiterlesen
nachlesen.

Für Bargeld braucht sie keinen externen Schuldner, sondern hat es als Verbindlichkeit in ihrer Bilanz. Und genau deshalb liegst du auch schief mit deinen ewigen Deflationsprognosen. Es kann und wird zwar einen deflationären Schock geben, egal ob durch Bankenpleiten oder Staatsanleihen.
Dann rotieren die Druckerpressen.
Dann - und das habe ich schon hundertmal geschrieben - ist die Inflation da.

Beitrag 01.10.2016, 14:35

Thomasio
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Ja, ich weiss, geschrieben hast du es 100x, aber davon wird es nicht wahr.
In den letzten Jahren haben die Druckerpressen weltweit rotiert wie blöd, die Staaten überbieten sich gegenseitig darin, wer schneller neues Geld drucken kann, aber Inflation findet nicht statt.
Im Gegenteil, selbst du erwartest als Ergebnis dieser expansiven Geldpolitik einen "deflationären Schock".
Also WARUM sollte, WENN der deflationäre Schock überhaupt mal überwunden wird, anschliessend DIESELBE Geldexpansion die heute zu einem deflationären Schock führt, in der Zukunft zu Inflation führen?

Wenn heute die Ausweitung der Geldmenge zu einem deflationären Schock führen wird, wohin führt dann eine noch grössere Ausweitung der Geldmenge in der Zukunft?
Vielleicht zu einem noch schnelleren, noch viel grösseren deflationären Schock?

Schau nach Griechenland.
Wo Schäuble sagt, die müssen sparen, Renten kürzen und so, um ihre Schulden zu bezahlen.
Wenn die dann die Renten kürzen bricht deren Wirtschaft ein und sie haben NOCH mehr Schulden.
Dann sagt Schäuble, die müssen NOCH mehr Renten kürzen um ihre Schulden zu bezahlen.
Was kann da passieren?
Werden die ihre Schulden bezahlen, oder haben die mit immer mehr Kürzungen vielleicht automatisch immer NOCH mehr Schulden?

Ist es nicht absurd zu glauben, dass eine Wirkung sich ins Gegenteil verkehren könnte, wenn man die Ursache verstärkt?
Wenn du Wasser erhitzt kocht es, wenn du es noch mehr erhitzt friert es ein?

Ich sag dir sogar, wo dein Denkfehler liegt.
Absolut JEDE Hyperinflation die es jemals irgendwo gegeben hat beruhte IMMER auf einer Verknappung von Konsumgütern UNTER einen Mindestlevel, wo das Angebot an Konsumgütern nicht mal mehr reichte um die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen.
Wenn dann der Staat versucht diesen Mangel an Gütern dadurch zu beheben, dass er den Menschen mehr Geld gibt, dann ist das absurd und kann nur zu Inflation führen, weil man Geld nun mal nicht essen kann.
Diesen Mangel an Produktion gibt es in unserer Überflussgesellschaft nicht.
Zuletzt geändert von Thomasio am 01.10.2016, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 01.10.2016, 14:52

Mehrgoldfüralle
Es haben eben nicht die Druckerpressen rotiert, sondern es wurden bisher "lediglich" fantastische Mengen an Luftgeld erzeugt, die derzeit Blasen bei Aktien, teilweise Immobilien und Anleihen bilden. Da ist die Inflation also schon. Bald wird es notwendig sein, den Konsum auf Teufel komm raus zu steigern. Dann wirst du sehen, was passiert. Übrigens ist in den USA die Kernrate schon auf über 2 % gestiegen.

Beitrag 01.10.2016, 15:04

Thomasio
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Übrigens ist in den USA die Kernrate schon auf über 2 % gestiegen.
Au weia.
In den USA leben 25%, ein volles Viertel der Bevölkerung ganz oder teilweise von Sozialhilfe (oder Lebensmittelkarten, oder wie die das nennen).
Das ist bitterste Armut, hervorgerufen durch die Tatsache, dass die USA technologisch so weit abgebaut haben, dass sie nichts mehr selber herstellen können, was komplizierter ist als ein Toaster (ausser Waffen).
Die USA importieren praktisch ALLES was sie brauchen von woanders her, mit einem wahnwitzigen Handelsbilanz-DEFIZIT.
Die USA haben pro Kopf DOPPELT so viele Staatsschulden wie Griechenland und machen keinerlei Anstalten ihre Verschuldung zu bremsen, oder mal eine eigene Produktion aufzubauen.

In den USA gab es in der jüngsten Vergangenheit eine Erhöhung der Reallöhne, die ein paar Leute aus dieser Armut herausgeholt hat, die jetzt statt mit Lebensmittelkarten einzukaufen, auf dem freien Markt Lebensmittel kaufen.
Dadurch gibt es in den USA aktuell eine leichte 2% Inflation, was aber gleichzeitig die Inflationsrate ist, die weltweit von ALLEN namhaften Ökonomen als optimal für gesundes Wirtschaftswachstum angesehen wird.
Eine Inflation über dieses optimale Minimum hinaus kann es in den USA geben, wenn die ihre Produktion noch weiter den Bach runter gehen lassen und gleichzeitig die Reallöhne erhöhen, aber auch das ist NICHT eine Folge der Erweiterung der Geldmenge, sondern eine Folge von zu wenig Produktion im eigenen Land.

Ich wüsste ja zu gerne, wie du dir vorstellst, dass Deutschland zu einem Defizit-Land werden soll, in dem sich 8,5% Überschuss in 20% Defizit verwandeln sollen, wo über 50% aller Produktion eingestellt, aber niemand entlassen wird, sondern gleichzeitig alle Löhne erhöht werden.

Beitrag 01.10.2016, 15:32

Mehrgoldfüralle
Sie nennen es food-stamps, und das alles weiß ich selber und da wundert es einen noch mehr, wenn die Inflation steigt, obwohl die Masse der Menschen immer ärmer wird.

So, jetzt nochmal: Angenommen, viele Leute glauben nicht mehr, daß die Staatsanleihen zurückgezahlt werden. Sie werden versuchen, sie zu verkaufen. Was passiert? Die Preise sinken, die Zinsen werden sehr sehr schnell sehr sehr hoch steigen. Dann kommt die Panik und alle wollen ihre Staatsanleihen loswerden. Glaubst du, die Staaten und die Notenbanken werden mit den Achseln zucken und sagen: "Shit happens"? Das werden sie nicht tun, sie werden Geld (Banknoten und Buchgeld ) in jetzt unvorstellbarem Ausmaß erzeugen, um einen Zusammenbruch zu verhindern. Die Notenbanken werden alle Staatsanleihen ankaufen mit frischem Geld, das Bargeld kommt unter die Leute, die höhere Preise für alles zahlen müssen, wegen der Zinsen.

Die Unternehmen, die ihre eigenen Aktien gekauft haben, die Anleihen aufgenommen haben, werden alle nicht mehr zahlen können, wenn kein frisches Geld kommt, von den privaten Schuldnern abgesehen, die würden alle insolvent.

Beitrag 01.10.2016, 17:42

Thomasio
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Weia .... wie soll ich es denn noch sagen?

Staatsanleihen SIND das Geld, was der Staat erzeugt.
Wenn die Leute ihre Staatsanleihen so dringend verkaufen wollen, dass der Preis fällt und der Staat neue Staatsanleihen nur noch ausgeben kann wenn er hohe Zinsen dafür bezahlt, dann SINKT die Geldmenge im Umlauf und es gibt DEflation.

Es gibt in der Geschichte des Kapitalismus KEINEN EINZIGEN Fall, wo ein Staat oder eine Zentralbank einfach so Geld in die Runde gestreut hätte, ohne dafür eine Bilanzverlängerung durchzuführen, die es erfordert einen Schuldner für die Summe zu finden.

Sowas gibt es ausschliesslich im Kommunismus und selbst da wird das Geld drucken in Form von Staatsschulden gegengerechnet, so dass die Bilanz der Summe aller Schulden und aller Guthaben immer NULL ist.
Nur dass kommunistische Staaten dabei halt teilweise alle paar Monate Pleite machen.
Dabei entsteht die Inflation im Kommunismus aber AUCH NICHT wegen der Geld-Druckerei, sondern ausschliesslich aus einem extremen Mangel an Angebot von Konsumgütern.
Ohne diesen Mangel an Konsumgütern können die Preise nicht steigen, weil ein Volk was mit ausreichenden Mengen Konsumgütern versorgt ist nicht mehr Konsumgüter kauft, völlig egal wie viel zusätzliches Geld es hat.

Gold ist KEIN Bestandteil der Inflation, Gold ist eine Investition auf die Anleger ausweichen, wenn ihnen Aktien zu unsicher werden, die logischerweise bei zu viel Geld im Umlauf im Preis steigt, aber Inflation gibt es davon nicht.
Oder gab es zwischen 2009 und 2012 heftig Inflation in Deutschland, während der Goldpreis sich verdoppelt hat und weltweit BILLIONEN von Geld in die Märkte gepumpt wurden?
Gab es Inflation als Draghi einen Weg gefunden hat tatsächlich genau das zu tun, was du als Inflationsauslöser bezeichnest, nämlich direkte Staatsfinanzierung mit der Druckerpresse auf einem fadenscheinigen Umweg?
Nö, Fehlanzeige, die Inflation war 2008 auf 2,6%, brach 2009 auf 0,3% ein und ist seitdem nie wieder über 2,1% gewesen.

Nach 1989 gab es in Deutschland 5% Inflation.
Warum?
Weil da so viel Geld gedruckt wurde?
Oder weil es in Ostdeutschland weniger Konsumgüter im Angebot gab als die Bevölkerung brauchte?

Ein Unternehmen was seine eigenen Aktien zurück kauft tut das, weil sie so viel Geld haben, dass sie nicht mehr wissen wohin damit, das ist das Gegenteil von nicht bezahlen können, die brauchen kein frisches Geld, die haben mehr als sie ausgeben können.

Beitrag 02.10.2016, 06:39

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Ladon
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Um das mal auf's Thema zurückzubiegen:

Mit Bargeld (Noten) verhält es sich so: Tatsächlich ist es einfach nur Papier - auch wenn es bereits gedruckt ist - bis ... eine Geschäftsbank es (wie eine Auszahlung vom Konto) abruft und "in ihre Kasse tut". Das ist der reale Vorgang.

Ist ja schön, wenn man begeistert darüber ist, gelernt zu haben, dass eine Bilanzverlängerung wenn man so will ein Buchungstrick ist.
Das kannten schon die alten Römer (hatten wir vor Zeiten hier mal darüber geredet). Die Erkenntnis ist nicht neu.
Interessant ist doch, wann und wie das in der realen Welt funktioniert. Die blanke Theorie lüftet den Schleier ums Geld nicht.
(Außer für hoch begabte, die nach kurzer Zeit und dem Studium einiger Bücher, mehr Verständnis für das Geldwesen aufbringen, als die Volkswirtschaftler der letzten 150 Jahre)

Die ersten 3,5 (?) Milliarden DM waren übrigens auch schuldfreies Staatsgeld ;-)
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 02.10.2016, 10:36

Thomasio
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Einen Trick würde ich das nicht mal nennen, verschleiert wird da auch nicht viel.
Da hast du schon recht, das kannten schon die alten Römer.

Der "Trick" ist die Konsequenz zu verschleiern, nämlich dass wenn alles Geld immer nur durch Bilanzverlängerungen entsteht, jedem Guthaben immer auch Schulden in gleicher Höhe gegenüber stehen müssen.
Nur durch diese Verschleierung kommt eine Mehrheit der Normalverbraucher zu dem Eindruck, dass Guthaben immer gut und Schulden grundsätzlich böse sind.
Nur durch diese Verschleierung kommt eine Mehrheit der Normalverbraucher zu dem Eindruck, dass Schuldner immer an allem schuld sind, während tatsächlich alle die Guthaben sammeln genausoviel Schuld an der zunehmenden Verschuldung haben wie die Schuldner, die die Guthaben überhaupt erst ermöglichen.
Nur durch diese Verschleierung kommt eine Mehrheit der Normalverbraucher zu der Forderung, dass Schuldner ihre Schulden bezahlen müssen, ohne dass man einen neuen Schuldner benennt, der die Schulden übernimmt, so dass die Bilanz wieder aufgeht.
Nur durch diese Verschleierung, die offensichtlich weder unser Wirtschaftsminister noch unser Finanzminister durchblicken, kommt man zu einer Politik, die allen Ernstes versucht zu wachsen, während im Staat ALLE sparen.

Wer den Schleier durchblickt und weiss, dass Guthaben ohne Schulden nicht möglich sind, dass beim Fussball keiner gewinnen kann, wenn nicht auch einer verliert, der wird erkennen, dass man Guthaben genau wie Schulden managen muss, so dass das System bei ständig wachsender Geldmenge (die nun mal mit der steigenden Produktion Schritt halten muss) nicht kippt, weil irgendwann alle nur noch Guthaben haben wollen und keiner mehr Schulden.
Wer das durchblickt, der erkennt, dass zurückgezahlte Schulden ohne neue Schuldner automatisch zu Deflation führen müssen, weil dabei die Geldmenge schrumpft.

Dass es in der Theorie möglich wäre auch Geld ohne Schulden zu erstellen ist eine unbedeutende Feststellung, denn in der Praxis wird das weltweit nirgendwo gemacht, mal abgesehen von einem Grundstock an Geld, der zur Einführung einer Währung nötig ist.

Wohin es führt, wenn man die Guthaben glorifiziert und die Schuldner zu Verlierern erklärt, die man einfach fallen lässt, sieht man sehr schön im amerikanischen Baseball vs Football.
Während im Football vor jeder Saison "die Karten neu gemischt" werden, so dass alle Teams jede Saison wieder dieselbe Chance haben den Superbowl zu gewinnen, führen im Baseball seit Generationen immer dieselben Teams die Liga an, nämlich die mit dem meisten Geld.
Im Ergebnis hat Football eine wahnwitzige Anziehungskraft auf Zuschauer, vom ersten bis zum letzten Spieltag, während beim Baseball schon im April die Stadien leer bleiben, weil es niemanden interessiert immer den Favoriten gewinnen zu sehen.
Auf die Art haben im Baseball auch die Gewinner am Ende weniger Geld in der Kasse als ALLE Teams hätten, WENN man allen die gleiche Chance gäbe.
Das ist diese absurde Denkweise von "wenn ich weniger habe als ich haben könnte, dann macht das nichts, solange nur die Anderen NOCH weniger haben", die ich nie verstehen werde.

In der Ökonomie ist das nicht anders.
Gäbe man bei Zahlungsschwierigkeiten von Schuldnern immer den Gläubigern die Hälfte der Schuld, hätten am Ende auch die Gläubiger mehr Wohlstand, einfach weil sich dann die Gläubiger vor der Kreditvergabe deutlich besser überlegen würden, ob es ein sinnvoller Kredit ist und am Ende deutlich weniger Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten geraten würden.

Beitrag 02.10.2016, 16:58

Mehrgoldfüralle
@Ladon

Hier mal ein anschauliches Beispiel, wie einig die Volkswirte über die Gelschöpfung sind:
http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ... eorie6.htm

Was ich von der Volkswirtschaft als Wissenschaft halte, habe ich hier schon mehrfach dargelegt, kann mir aber den Hinweis nicht verkneifen, daß schon Adam Smith eine "ordnende Hand" als quasi relgiöses Element gebraucht hat.

Nun noch mal zur Bargeldschöpfung. Die derzeit geltende Praxis ist so, daß bei der Notenbank der Bargeldumlauf auf der Passivseite steht, auf der Aktivseite die abnehmenden Banken. Wer sollte eine EZB - bei all den schon vorliegenden Rechtsbrüchen- davon abhalten, auf der Aktivseite, anstatt Bank xy, einfach "die Staatsbürger"oder das "Volk" hin zu schreiben? Denen fällt schon was ein und auf die Art können sie soviel Geld erzeugen wie immer sie wollen.

Ach ja, eine Bilanzverlängerung ist ein betriebswirtschaftlicher Vorgang, kein volkswirtschaftlicher.

@Thomasio

Schuldfreies Geld ist keineswegs "unbedeutend", sondern würde einen Ausweg aus dem maladen bisherigen Geldsystem anbieten. Die Idee ist keineswegs neu, wurde aber bisher immer erfolgreich verhindert. Meines Wissens hatte Silvio Gesell als erster die Idee mit seinem Schwundgeld. In Island wird darüber diskutiert, in der Schweiz läuft ein Volksbegehren zum Thema Vollgeld. Der derzeitige absurde Zustand, daß Staaten sich bei privaten Banken verschulden, wäre damit auch beendet.

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