Schweizer wollen neues Geld-System

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 09.06.2014, 22:25

slts
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Geldsammler hat geschrieben:Wenn allgemeine Deflation herrscht, dann kann ich auch günstiger Rohstoffe einkaufen. Einziger unflexibler Faktor: die Lohnkosten. Die Lösung: Effizienzsteigerung, Umstrukturierungen etc. Gilt auch für den Staat: Einstellungsstopp, Konzentration auf die wichtigen Aufgaben in den Behörden, Gebührenerhöhung (die Leute haben ja mehr Kaufkraft in der Tasche), Streichen von überflüssigen Staatsgeschenken usw. Die Fantasie, die Politiker bei neuen Steuern entwickeln, muss dann halt in die andere Richtung gehen. Wird ohnehin kommen müssen. Aber ich schweife vom Thema ab.
So Geldsammler, und jetzt nur noch ein weiterer Schritt: Für was sollen denn Unternehmen die günstigen Rohstoffe kaufen? Wer kauft die Produkte? Die Nicht-Eingestellten, Wegrationalisierten, Wegkonzentrierten und Nicht-Staatsbeschenkten? Das mündet dann letztendlich in einer Deflationsspirale:

[img]http://upload.wikimedia.org/wikipedia/d ... onomie.png[/img]

Beispiele:
http://de.wikipedia.org/wiki/Deflation# ... eichnet.29

Beitrag 09.06.2014, 22:32

Geldsammler
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Aber diese Theorie geht davon aus, dass zu wenig Geld im Markt, insbesondere bei den Unternehmen ist. Wir haben zu viel Geld im Markt, gleichzeitig aber gesättigte Märkte durch laufende Inflationierung und nicht wettbewerbsfähige Volkswirtschaften. Die Deflation ist in den Südstaaten eine Folge der Depression, aber nicht ihre Ursache, Und sie ist eine logische Gegenreaktion auf jahrzehntelanges Inflationieren. Wir schielen immer auf Nominales Wachstum anstatt auf Verbesserung. Die Deflationsspirale ist im übrigen nur eine Theorie. Und dass Inflationieren nicht hilft, sieht man in Japan.

Dass die Konsumenten Käufe wegen erwarteter günstigerer Preise zurückstellen, ist offensichtlich doch nur bei Gütern möglich, die man nicht wirklich braucht. Also eigentlich kein Bedarf besteht.

Zurück zum Ausgangspunkt: ich bin der Meinung, dass der Staat über Geldmengensteuerung den Markt nur kurz beeinflussen kann. Dies allerdings mit nicht abschätzbaren Folgen, sobald es dauerhaft passiert.

Ich denke aber, wir haben hier zu unterschiedliche Auffassungen haben. Mal sehen, was die Zukunft bringt...

Beitrag 09.06.2014, 22:51

Geldsammler
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Ein interessanter Link zum Thema Deflation und Geldstabilität für alle, denen es nicht ums Rechthaben geht, sondern um andere Sichtweisen:
http://www.misesde.org/?p=7619

Beitrag 10.06.2014, 08:14

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Ladon
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Ich halte es fuer mindestens genauso falsch, "Deflation" zu verharmlosen, wie Inflation zum Dogma des Wohlstandes zu machen.
Hier und heute, mit dem bestehenden Geldsystem, den bestehenden wirtschaftlichen "Verhaeltnissen" und ueberhaupt den Rahmenbedingungen des BESTEHENDEN, ist Deflation eine Katastrophe - und das ist keine Theorie, sondern (historische) Wahrheit.
Eine GANZ ANDERE Frage, ist es , ob Deflation in einem ANDEREN und vielleicht grundsaetzlich "besseren" System problematisch waere. Wenn jedoch, wie es eben IST, "Wachstum" in allen Bereichen, das Credo, das Dogma UND eben auch das Triebmittel des Systems ist, dann ist eben auch "kontrollierte Inflation" notwendig.


Die alte Geschichte: fuer die meisten sinnvollen Verbesserungen braucht man ZUERST den Systemwandel.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 10.06.2014, 08:33

Geldsammler
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Inflation ist für mich Vernichter des Wohlstands.
Und die Angst vor der Deflation sollte man erst einmal sachlich begründen. Und wird dann schnell feststellen, dass sie zwar sehr unangenehm aussieht, aber im Detail auch ihre guten Seiten hat.

Vor allem aber sind Inflation und Deflation Auswüchse unseres heutigen Geldsystems, das die Schweizer Initiative ja wieder gerade rücken will. In diesem System stellt aber Deflation kein so großes Problem dar, wie in unserem heutigen. Unabhängig vom Geldsystem: Wir kommen nicht umhin, über die Rolle des Staates im Leben des Einzelnen (Steuern, Sozialleistungen, "Umverteilung", Staatsschulden, Staatsquote etc.) nachzudenken, ein neues Bewusstsein dafür zu entwickeln (Verantwortung des Einzelnen vs. "Muttistaat") und Lösungen umzusetzen.

Beitrag 10.06.2014, 08:51

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Ladon
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Nix fuer ungut, aber Du stellst hier "ist aber so" Thesen in den Raum und verlangst gleichzeitig von den anderen erstmal alles haarklein nachzuweisen. Das ist nicht fair.

Ganz falsch liegst Du, wenn Du glaubst, dass Inflation und Deflation Merkmale des (FIAT-) Geldsystems sind. Das ist eine falsche Aussage.
Es gibt diese Phaenomene seit Anbeginn schriftlicher Aufzeichnungen, moechte man fast sagen. Natuerlich haben sie in Metallgeldsystemen andere Ursachen (in erster Linie - aber nicht nur - den Zu/ und Abfluss von "Geldmetall" durch Arbitragegeschaefte mit Regionen, wo es andere Wertigkeiten dieser Metalle gibt.)
Diese Problematik steht im Zentrum der Entwicklung hin zu einem "normierten" und festgelegten Goldpreis, wie es im historischen, internationalen Goldstandard durch die Notenbanken der westlichen Welt verwirklicht wurde.

Da sind wir jetzt noch weit weg von der "Rolle des Staates", da gehts erst mal um historische Tatsachen und begriffliche Definitionen, denn mir scheint, dass Du doch sehr vom Spezialfall auf das Ganze schliesst.
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Beitrag 10.06.2014, 09:01

Geldsammler
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Mag sein.
Ich bin kein Experte, sondern ein Blinder, der ebenso nach Erklärungen sucht.
Aber ich suche an anderen Stellen und hinterfrage das, was uns als "gesetzt" vorgegeben wird.
Und siehe da: Es gibt auch andere, diesmal Experten, die das tun.

Mit der Deflation: War ich sicher zu verallgemeinernd und ungenau. Deflation wie Inflation werden allerdings auch sehr unterschiedlich diskutiert, schon bei der Definition. Viele verstehen es einfach als Preissteigerung und Preissenkung.

Um zum Thema zurückzukommen: Beim Mises-Institut gibt zum Thema "Vollgeld" auch einen interessanten Aufsatz. Mal sehen, ob ich den noch finde.

Beitrag 10.06.2014, 10:00

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AuCluster
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Geldsammler hat geschrieben:Mag sein.
Ich bin kein Experte, sondern ein Blinder, der ebenso nach Erklärungen sucht.
Aber ich suche an anderen Stellen und hinterfrage das, was uns als "gesetzt" vorgegeben wird.
Und siehe da: Es gibt auch andere, diesmal Experten, die das tun.

Mit der Deflation: War ich sicher zu verallgemeinernd und ungenau. Deflation wie Inflation werden allerdings auch sehr unterschiedlich diskutiert, schon bei der Definition. Viele verstehen es einfach als Preissteigerung und Preissenkung.
Ich hoffe, wir verstehen unter Inflation das Gleiche! Während einer Inflation steigen Preise und Löhne. Während einer Deflation fallen Preise und Löhne. Sollten die Preise steigen und die Löhne nicht, so reden wir über Stagflation. Und die ist noch tödlicher als Deflation.
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 10.06.2014, 10:11

Geldsammler
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Ich sehe da eher noch die monetaristische Ursache.
Bei einer Inflation wird die Geldmenge erhöht (z.B. durch niedrigere Leitzinsen) . Damit steigen dann in der Folge die Preise und auch die Löhne.
Bei einer Deflation wird dem Markt Geld entzogen (z.B. durch höhere Leitzinsen). Die Unternehmen und Konsumenten verschieben, wo möglich, Investionen (auf Kredit) und sparen, die Preise müssen nach unten angepasst werden, um weiterhin verkaufen zu können.

Beitrag 10.06.2014, 10:13

Geldsammler
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Btw: Warum soll Deflation "tödlich" sein und Inflation nicht? Eine milde Deflation prozentual unter Wirtschaftswachstum macht m. E. gar nichts.

Beitrag 10.06.2014, 16:23

Fata.Sibyllina
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Ich denke, wir müssen die Betrachtungsweisen strikter trennen nach Geld- und Gütermarkt.

Deflation auf dem Gütermarkt ist dann gefährlich, wenn die Margen der Unternehmen (stark) sinken, denn dann drohen negative Rückkopplungen auf den Arbeitsmarkt und das Steueraufkommen. Ein solcher Effekt kann auch auftreten, während die Produktpreise aus Verbrauchersicht steigen oder stagnieren, bspw. wenn die Preissteigerungen durch Steuern oder hohe Importpreise von Vorleistungen (bpsw. verursacht durch eine schwächelnde Währung) ausgelöst werden, aber auch, wenn Banken und Bürokraten zu stark an den Margen 'knabbern'. Ich persönlich denke, dass aus unternehmerischer Sicht auf dem Absatzmarkt Deutschland seit vielen Jahren ein deflationäres Umfeld herrscht, d.h., dass die zu beobachtenden Preissteigerungen nur gering bis gar nicht auf die Margen durchschlagen. Dies begründet auch den andauernden Druck auf die Löhne.

Schwierig wird es, wenn sich die Geldmenge zu stark von den Entwicklungen auf den Gütermärkten abkoppelt. Ich habe es immer so verstanden, dass die Aufgabe der Zentralbanken u.a. darin besteht dafür zu sorgen, dass die Geldmenge mit den Entwicklungen auf den Gütermärkten Schritt hält. Theoretisch stellt sich von selbst ein Gleichgewicht ein, (u.a.) unter der Prämisse, dass der Staat nicht mehr ausgibt, als er einnimmt. Davon kann in der Praxis bekanntlich nicht die Rede sein.

Für mich ist es durchaus schlüssig, dass die Geldmenge derzeit schrumpfen müsste, allerdings fielen dann die Schulden umso stärker ins Gewicht und bedrohten Staaten, Banken und asset strippende Hedgefonds von der Pleite. Und aufgrund des immensen politischen Einflusses dieser unheilvollen Allianz werden wir weitere Geldmengenausweitungen sehen, die wiederum realwirtschaftlich 'unterfüttert' werden, indem möglichst kein (größerer) Anbieter pleite gehen darf und mit Kreditinfusionen, Subventionitis und aufgehübschten Bilanzen und Bonitäten über Wasser gehalten wird. Zur Not kauft Draghi halt Unternehmensanleihen.

Die heilsame Wirkung einer Deflation auf einem gesättigten und von Fehlallokationen "verseuchten" Gütermarkt - nämlich die Marktbereinigung von Anbietern und Angeboten, die nicht wirtschaftlich sind und nicht gebraucht werden - bliebe aus wegen willkürlicher Herumretterei, Steuerdumping und Protektionismus zu Gunsten großer einflussreicher Unternehmen und zu Lasten des Mittelstands, der zu wenig Lobby besitzt, aber die meisten Arbeitsplätze bietet, zuverlässig Steuern zahlt und zudem ein Garant für Wettbewerb ist und somit für die Marktwirtschaft insgesamt essenziell ist.

Insgesamt wundert es mich nicht, dass die Oligarchen sich derzeit so EU-affin präsentieren, denn in dem Milieu, welches hier mehr und mehr entsteht, fühlen die sich pudelwohl.
Sapere aude, incipe!

Beitrag 10.06.2014, 19:31

donnyflame
Dabei definiere ich "Wert" als Kaufkraft. Ein Euro bleibt natürlich immer ein Euro, aber das was man dafür kaufen kann, differiert, bzw. wird immer weniger.
Dann verliert Gold im Moment also sehr viel "Wert", habe ich das richtig verstanden?

Schließlich bleibt ja eine Unze immer eine Unze, nur das was ich dafür bekomme ( inklusive Umweg über die Fiat-Währungen) wird immer weniger.
Schön wenn dieser Fakt mal offen in diesem Forum zur Kentniss genommen wird :)


Das Problem an einem Finanzsystem ist, das es kein perfektes Finanzsystem gibt in dem alle gewinnen. Nur wenn die Anzahl der Verlierer zu groß wird, dann ändert sich das System. Man darf natürlich nicht naiv sein und glauben, dass dann alle zu Gewinnern werden. Man hofft nur das man diesmal zu den gewinnern gehören wird.

Hier im Forum sind viele die einfach nur hoffen das ein neues System Goldbesitzer zu den gewinnern machen wird. Das ist auch vollkommen natürlich.

Grüße
DF

Beitrag 10.06.2014, 20:06

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Goldistan
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Versteh gar nicht, was an der Deflation so relevant sein soll. Es gibt keine belastbaren Zahlen für das Gerede von IWF und EZB. Sieht man sich EK-Indizes an, steigen die Preise im Industriesektor auf breiter Front, mal abgesehen von dem Kupfer-Event.

Auch die von Geldsammler angeführte "Deflation der Südstaaten" kann ich nicht nachvollziehen. Hat da jemand belastbare Quellen?

Ich habe bisher nur an einer Stelle Deflation gesehen: In den Köpfen der Meinungsmacher, die händeringend eine Begründung suchen, um den Zinsspread europäischer Staatsanleihen zu vermeiden und den Schuldenabbau der Staaten auf Kosten der Sparer in der Euro-Zone voranzutreiben. Auch wenn die IWF-Chefin ein Deflationsgedicht aufsagt und Draghi "Deflation" zum meist verwendeten Wort seines täglichen Sprachgebrauchs macht, ist deswegen Deflation noch keine Realität - nicht mal im selbst gemauschelten EU-Warenkorb.

Und die gesamte VWL-Theorie von EZB-Instrumentarium kann man in die Tonne treten seit 2008, weil es eben permanente marktkonträre Eingriffe sind. In dieser Welt des Euro führt eine Leitzins-Bewegung eben nicht zu einer Geldmengen-Auswirkung. Schon gar nicht, wenn ich als Banker ein Easy-Money-Geschäft vorgesetzt bekomme:

1 Leih Geld bei der EZB,
2 kauf Staatsanleihe des eigenen Landes (die 100 Prozent risikolos, da EZB-gedeckt ist) und mache dich damit für die eigene Regierung zu einer Systemrelevanten Bank,
3 hinterlege sie wieder als Eigenkapital-gleichgesetztes Asset für den Stresstest
4 starte wieder bei 1
optional:

5 Platzt die Blase oder findet ein Schuldenschnitt in den Vermögenswerten der Bank statt, lass dich vom Steuerzahler durch a) Ausgründung einer Bad Bank b) Stützungskredite retten.

Vor ein paar Jahren hab ich die Spindoktor-Debatten für Verschwörungstheorien gehalten. Inzwischen kann man nur noch den Kopf schütteln, wie Mainstream-Presse die EZB-Bewegungen "erklärt". Die Wirtschaftsseiten vieler Tageszeitungen sind geprägt von Konform-Artikeln und kritische Blogs weichen auf außereuropäische Presse aus, Ausnahme ist vielleicht noch die Financial Times.

Sie werden in dieser Minute enteignet. Ich wette bei Schäuble klebt Grundgesetz Artikel 14 (3) auf dem Klo. Das lernt er schon mal für später, damit ihm keiner was vorwirft:
Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.

Beitrag 10.06.2014, 20:13

Geldsammler
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Für die Südstaaten gibt es belastbare Zahlen. Habe sie gerade nicht zur Hand. Aber ist auch nachvollziehbar. Das Geld der Reichen fließt außer Landes, die Banken geben nichts mehr her und die Arbeitslosen haben nix.

Ansonsten: smilie_01

Beitrag 11.06.2014, 07:06

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Ladon
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Geldsammler hat geschrieben:Ich sehe da eher noch die monetaristische Ursache.
...
Geldmengenpolitik der Zentralbanken mag EINE Ursache fuer "Flationen" sein.
Aber prinzipiell ist sie eigentlich eher eine REAKTION auf Geschehnisse in der Wirtschaft.

Siehe oben: Beide Phaenomene gab es lange vor der Erfindung von Zentralbanken.

Beschraenkt man die "Ursachenforschung" nur auf das Handeln der Zentralbank, bleibt das Bild zwangslaeufig unvollstaendig.


Im Grossen und Ganzen fehlt (noch) eine "moderne" Theorie, die die Rahmenbedingungen unserer Zeit ebenso beruecksichtigt, wie "fachfremde" Erkenntnisse (etwa die mittlerweile unter Neurowisenschaftlern unumstrittene Tatsache, dass die fuer so manche Wirtschaftstheorie unbedingt notwendige, absolut rationale Verhaltensweise der "Marktteilnehmer" Menschen schlicht nicht moeglich ist).
Stur werden - von beiden "weltanschaulichen Polen" her - Erkenntnisse, Theorien und Methoden angepriesen, die nicht an die heutigen Gegebenheiten angepasst sind. In jeder anderen (Natur-) Wissenschaft undenkbar. Aber die "grossen" volkswirtschaftlichen Lehren werden verfochten wie Religionen, obwohl es ziemlich offensichtlich ist, dass vor 50, 100, 150 oder noch mehr Jahren entworfene Theoriegebaeude schwerlich auf das Heute anwendbar sein duerften.
Das ist so als ob die NASA bei ihren Projekten mal einfach auf die Physik des 20. Jahrhunderts verzichten wuerde.

Das ist - eigentlich - vollkommen naheliegend, aber "IMHO" geht es eben (oft + leider) viel mehr um Ideologie und Politik (bzw. deren Verbreitung) als um tatsaechliche "Erkenntnis".
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 11.06.2014, 08:39

Geldsammler
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Hallo Ladon, soweit, so richtig.
Wobei die Österreichische Schule ja nur mit auf Logik basierten Denkmodellen arbeitet und die Entwicklung von Theorien auf empirischer Messung der Realität ablehnt, da die Realität nie in "Reinform" existiert und viel zu komplex ist. Was den von Dir indirekt angesprochenen homo economicus angeht: Diese Erkenntnisse gibt es eigentlich schon lange (Gier vs. Angst), allerdings wird in der Wissenschaft (auch in der eigentlich sehr fortschrittlichen Spieletheorie) immer noch vom Menschen als rein rationales Wesen ausgegangen.
Aber das ist jetzt eigentlich schon wieder OT. Wäre aber eine wirklich interessante Diskussion darüber, wie eigentlich das menschliche Verhalten im Markt (was nichts anderes ist als eine "Beziehung" zwischen Menschen) gesteuert und beeinflusst wird.

Mit monetaristisch meinte ich im übrigen nicht nur ZBs, sondern alle Eingriffe der Macht in das Geldwesen. Aber Du hast recht, das muss nicht immer bewusst und menschengemacht sein. Die Silberinflation, ausgelöst durch die spanischen Eroberungen in Südamerika war nun kein gesteuerter Eingriff ins Marktgeschehen.

Beitrag 11.06.2014, 09:04

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Goldistan
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@ Geldsammler: Auch wenn es schon wieder OffTopic ist: Wer soll das mit der Deflation glauben?
Geldsammler hat geschrieben:Für die Südstaaten gibt es belastbare Zahlen. Habe sie gerade nicht zur Hand.
Wo denn? Bis auf ein paar ominöse Zeitungsartikel, die die gesamte VWL-Theorie umdeuten, habe ich nichts gefunden, schon gar keine Quellenverweise.

Mag sein, dass aus Sicht eines hoch verschuldeten Staates eine höhere Inflation nett ist und das außerhalb der Mainstreampresse selbst von EZB-Politik-kritscher Seite als "zur Staatsentschuldung funtionierend" attestiert wird:

http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/p ... d=19113447

Aber es gibt für kein einziges EU-Raum-Land Zahlen für sinkende Preise, die heute tatsächlich fallen und nicht nur [s]herbeigeredet[/s] "befürchtet" werden.

Es gibt eine WES-Schätzung, nach der Griechenland dieses Jahr als einziges Land in Europa eine Inflationsrate von -0,4 Prozent haben könnte. Aber das ist eine Prognose, die sich bisher noch nicht durch Preisbewegungen bestätigt hat. Selbst in der WES-Schätzung bewegen sich die restlichen Länder alle mit positiven Inflationsraten (auf niedrigem Niveau).

Daran sieht man auch die verquere Denke der EZB: Während die Südländer zu hohe Preisniveaus haben und abwerten müssten, wäre eine solche Abwertung ohne eigene Währung eine Preissenkung in EUR. Das wird dann mit einem Schild "als Deflation mit Gefahr für alle Unternehmen" etikettiert. Natürlich kann eine Abwertung in Südländern ohne eigene Währung gar nicht anders stattfinden, als in fallenden EUR-Preisen. Nur machen das die dortigen Unternehmen gar nicht. Selbst im Industrie-gebeutelten Frankreich ziehen die Lohnkosten auch dann an, wenn Peugeot eigentlich schon an der Wand steht und Alstom filetiert wird.

Die Wahrheit: Die Politik des billigen Geldes ermöglicht eine Stützung der bereits völlig überlasteten Staatshaushalte. Wie die Geschichte seit dem Griechenlandbeitritt zum Euro gezeigt hat, führen geringere Zinskosten und die Angleichung der Zinsspreads anderer Anleihen an die deutschen Anleihen in der Regel nicht dazu, dass Staaten die Chance nutzen und ihre Staatsschuld abbauen. Im Gegenteil: Sie refinanzieren sich in der Tranche der jeweils neuen Staatsanleihen günstiger und blähen die Staatsschuld weiter auf. Denn nach der Wahl ist vor der Wahl und aus Politikersicht kann man immer so schön den Vorgängern ihre Fehler vorhalten, aber selbst Wahlgeschenke machen. Im schlimmsten Fall beschleunigt diese Politik des billigen Geldes das Blasenwachstum und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auch andere Trigger die Blase zum Platzen bringen.

Deflation und nicht im Endkundenmarkt ankommende Kredite sind ein Vorwand, damit die EZB die Instrumente, die nach gängiger Denke der Deflation entgegenwirken, nutzen darf. Im Extremfall kommt also Draghis own personal QE (quantitative Lockerung). Dummerweise ist das eigentliche Ziel davon ein anderes: Die Stützung eines völlig maroden Gesamtstaatshaushalts im Euro-Raum auf Kosten der liquideren Staaten.

smilie_10 Der beste Weg aus heutiger Sicht wäre eine massive Verletzung der Maastricht-Kriterien seitens Deutschlands. Würde sich Deutschland jetzt so verschulden, wie Griechenland (in BIP-Relation), könnten wir auch mal Konjunkturprogramm spielen. Draghi hat die EZB (aus der Sicht des geldpolitischen Instrumentariums gesehen) eh an die Wand manövriert.

Deflation... und die Erde ist eine Scheibe, nicht wahr?
http://yanisvaroufakis.eu/2014/06/06/th ... #more-5687

Beitrag 11.06.2014, 09:20

Geldsammler
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Ich habe auch nur Zeitungsartikel, aber es erscheint mir naheliegend. Allein die Immobilienpreise drücken hier die Statistik runter. Und bei Arbeitslosen im Bereich von 20% dürften einige Anbieter gezwungen sein die Preise zu senken. Von Lebensmitteln bis zu Autos.

Noch spricht man aber vor allem von Deflationsängsten, sicher auch aus den von Dir genannten Gründen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/k ... 68469.html

Beitrag 11.06.2014, 11:54

donnyflame
Das Problem sind weniger die Preise ,sondern die Kredite. Anstatt mehr Kredite zu vergeben und damit mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen ( das ist das Ziel von Super Mario ) wird das Gegenteil gemacht. Bis auf die Staatsverschuldung, die steigt, geht der Rest eher zurück.

In der Industrie ist überall das Hauptthema "Konsolidierung". Das heißt Investitionen werden zurückgefahren, Leute entlassen und Gehälter gekürzt. Das führt zwangsläufig zu deflationären Tendenzen die man nicht ignorieren kann.

In Deutschland hat man das "keine neuen Schulden machen" sogar in die Verfassung geschrieben. Das alles führt eben nicht zu Inflation, sondern zu Deflation. Die Südstaaten wurden ja gewzungen Schulden abzubauen und Geldausgaben zu reduzieren. Das sieht doch ein Blinder das es nicht funktioniert und alles nur schlimmer macht.

Super Mario will die Kreditvergabe in der privaten Wirtschaft ankurbeln, das schafft er aber nicht. Die Leuten verschulden sich nicht und investieren nicht weil sie entweder schon hoch verschuldet sind oder keine Perspektive haben.

Ich bin gespannt ob die neuen Kredite (die nur an nicht-finanz-organe und nicht an Häuslebauer vergeben werden dürfen) in Aktion treten. Optimistisch bin ich da nicht.


Grüße
DF

Beitrag 11.06.2014, 12:58

Geldsammler
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Ich höre jetzt hier auf über Deflation zu reden und gehe in den anderen Thread.
Dort poste ich einen ganz interessanten Artikel zum Thema.

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