Die Schwarzmarktzeit 1945-1948

Tagesgespräch zu Wirtschaftsthemen wie Geldmarkt, Börse, Währung, Finanzkrise, Inflation aus Deutschland und der Welt

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Beitrag 02.08.2015, 13:52

Geldsammler
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Erspare uns doch wahlweise Deinen Zynismus oder Deine Wirklichkeitsfremdheit lieber AuCluster!

Ich meinte im Übrigen nicht die Währung Euro, sondern das Zentralbank-Fiat-Geldsystem mit seiner Geldschöpfung durch die Banken und als Spielball politischer und Machtinteressen. Ich denke Ladon ging es auch nicht um den Euro. Über dessen achso zahlreichen Vorteile (die meisten theoretischer Natur oder nur wenigen Interessengruppen dienend) wird die Geschichte selbst wohl sehr schnell und mit zunehmender Dynamik ihr Urteil fällen. Wobei der Euro wohl nur Ein Brandbeschleuniger eines letztlich immer zum Scheitern verurteilten Systems ist. Das ist dann einfach mathematisch bedingt.

smilie_13

Beitrag 02.08.2015, 13:59

Louisdor
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Ladon hat geschrieben:Und jetzt sag mir mal einer nach welchem wirtschaftlichen Zusammebruch in der Geschichte tatsächlich sich das Geldwesen nachhaltig zum Positiven geändert hat?
Würde mich interessieren.
Das kann man so nicht vergleichen. Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch führte früher vorher unweigerlich
zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Deutsch-Französischer Krieg, 1870-71, wo anschließend die
Die Goldmark eingeführt wurde. Ob das jetzt positiv war, könnte allerdings eine andere Frage sein. Aber
wie man sich denken kann, führt eher der wirtschaftlicher Erfolg zu einem stabilen Geldwesen als umgekehrt.
Da gibt es in der Regel einen unbeugsamen Zusammenhang! smilie_02

Beitrag 02.08.2015, 17:56

Geldsammler
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Ich glaube, Du hast das etwas missverständlich ausgedrückt: Die Kriege führten entweder zu wirtschaftlichen Zusammenbrüchen oder mit ihnen wurde der bevorstehende Zusammenbruch verursacht durch Misswirtschaft und Schuldenmacherei kaschiert. Wenn man den Krieg gewann, konnte man mit etwas Glück noch die Eroberten ausbeuten und die "Kriegsinvestitionen" zumindest einigermaßen wettmachen. Aber man hatte auf jeden Fall einen Sündenbock für die schlechten Zeiten. Die Drahtzieher im Hintergrund haben dabei natürlich immer profitiert.

Beitrag 02.08.2015, 18:03

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Geldsammler hat geschrieben:Ich glaube, Du hast das etwas missverständlich ausgedrückt: Die Kriege führten entweder zu wirtschaftlichen Zusammenbrüchen oder mit ihnen wurde der bevorstehende Zusammenbruch verursacht durch Misswirtschaft und Schuldenmacherei kaschiert.
....
Die Drahtzieher im Hintergrund haben dabei natürlich immer profitiert.
Die These halte ich allerdings für etwas gewagt, das würde ja bedeuten, dass Kriege ausschließlich zur Kaschierung von bevorstehenden wirtschaftlichen Kollapsen angezettelt wurden.

Würde ich z.B. bei Weltkrieg I und II kategorisch ausschließen.
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Beitrag 02.08.2015, 19:38

Louisdor
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Vorher gab es den verloren Krieg. Der Zusammenbruch einer Wirtschaft dürfte nach dem 2. Weltkrieg in
dem umfassenden Sinn noch gar nicht so sehr in seiner Durchführbarkeit erprobt sein und ist eher in dem
Zusammenhang eine neue Idee. Die Kriegsfolgen dürften bislang weit harmloser gewesen sein, als eine in
Gänze nicht funktionierende Wirtschaft. Sozusagen eine gerechte Neuordnung der Befindlichkeiten aller
Beteiligten. smilie_08

Beitrag 02.08.2015, 19:53

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Louisdor hat geschrieben: ....
Die Kriegsfolgen dürften bislang weit harmloser gewesen sein, als eine in
Gänze nicht funktionierende Wirtschaft.
....
Halte ich ebenfalls für gewagt, auch weil man die in Gänze nicht funktionierende Wirtschaft in der Neuzeit nicht kennt. Sicherlich waren die Kriegsfolgen gerade im und nach dem 2. Weltkrieg besonders für die unmittelbar betroffenen Menschen größtenteils fürchterlich!
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Beitrag 02.08.2015, 21:28

Geldsammler
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das würde ja bedeuten, dass Kriege ausschließlich zur Kaschierung von bevorstehenden wirtschaftlichen Kollapsen angezettelt wurden.
Ich habe "entweder" und "oder" in meinem Satz verwendet. Du beziehst Dich nur auf die Kaschierung. Den Krieg als Ursache einer Wirtschaftskrise (kostet ja nicht nur Geld, sondern auch menschliche Ressourcen) hast Du nicht beachtet. Aber auch Krieg als Ablenkung ist etwas ganz normales. Dann heißt es plötzlich "Patriot" oder "Nicht-Patriot". Was nun für WKI und WKII ursächlich war, kann ich nicht sagen. Dafür fehlt mir das Hintergrundwissen. Aber es ist wahrscheinlich, dass es mit dem lieben Geld zu tun hatte, das ein paar Leute zu gewinnen hofften oder zu verlieren befürchteten. Tatsache ist, dass nach dem WKII Großbritannien sein Kolonialreich komplett verlor und die USA zur Nr. 1 weltweit aufstiegen.

Beitrag 03.08.2015, 06:30

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Ladon
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Ich hab eigentlich nicht auf apokalyptische Szenarios angespielt. Die meisten Zusammenbrüche von Währungen haben nicht unbedingt und direkt mit Krieg zu tun.Zumindest ist das nicht zwangsläufig.

Meine Anmerkung zielt eher darauf ab, dass ich keinerlei Hinweis darauf sehe, warum der Zusammenbruch des Euro ein besseres Geldsystem generieren sollte?
Im Gegenteil nehmen die Leute in der Krise begierig JEDES Zahlungsmittel an.

... wer da den Nährboden für ein - am Ende noch internationales - Vollgeldsystem (oder wie auch immer: ein besseres System jedenfalls, das nicht auf Kredit beruht) sieht, ist mMn schon ambitioniert optimistisch.

P.S.
Der internationale Goldstandard war ein KREDITGELDSYSTEM! Nur ein fester Goldkern diente zur Beschränkung der Kreditgeldmenge. Und das konnte man wie Stabilitätskriterien umgehen.
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 03.08.2015, 08:28

Geldsammler
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Im Gegenteil nehmen die Leute in der Krise begierig JEDES Zahlungsmittel an.
So einfach sehe ich das nicht. Schließlich wird die Währung ja vorgeschrieben und gleichzeitig Schwarzmarktgeschäfte, also Tauschhandel, bei denen bestimmte Artikel Geldfunktion übernehmen, hart geahndet. Das Vertrauen muss man schon erzwingen. Und das ist ein Widerspruch in sich. Klar, wenn man dann sieht, dass das neue Zahlungsmittel funktioniert, dann wächst auch das Vertrauen. Den Pferdefuss sieht in dieser Situation keiner. In Abwandlung von Brecht: Erst kommt das Fressen, dann das Wissen.

Es gibt auch schöne Beispiele (Balkan, Afrika) , wo die Bevölkerung eben nicht das offizielle Zahlungsmittel verwendet, sondern das im Vergleich zu diesem bessere und stabilere: US-Dollar oder Euro.

Alles eine Frage des Pragmatismus. Solange es keine bessere, vertrauenswürdigere Währung gibt, setzt man eben auf die bestmögliche. Und dass Scheine und Münzen - oder im internationalen Zahlungsverkehr Giralgeld – besser als Zahlungsmittel geeignet sind als Zigaretten ist klar.

Falls China und andere Bric-Staaten eine vorgeblich goldgedeckte Währung einführen und diese auch das Vertrauen gewinnen kann, dann eben so. Aber am Schluss dürfte es wieder auf die FIAT-Leier hinauslaufen. Denn die Versuchung ist einfach zu groß, das Geld zu inflationieren.

Beitrag 03.08.2015, 12:55

Louisdor
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Es lässt sich aber der Kreditfunktion im Geldsystem fabelhaft aus dem Weg gehen, indem es vorwiegend
im kurzfristigen Zahlungsverkehr Anwendung findet und nur noch in der weiteren Verwendung akzeptiert
wird, wenn die Verteilung kostenlos geschieht, also der Kredit gänzlich ungedeckt ist. Das Vertrauen
definiert sich lediglich handfest über die (schwindende) Kaufkraft!

Beitrag 03.08.2015, 18:24

Klecks
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@ Bochumer: Zu den Gründen für den WK I gibt es zig weitschwafelige Theorien, die ber im Kern immer auf das selbe hinauslaufen: Die europäischen Großmächte hatten sich in ihrem Kolonialwettlauf weit aus dem Fenster gelehnt, manche zu weit. Da wurden mit Waffengewalt und (wichtig!) auf Pump neue Wirtschaftsräume erschlossen, die oft mehr Geld verschlangen aqls sie wieder einbrachten. Es musste knallen bevor man zu pleite war um sich wehren zu können.

WK II war eine zwangsläufige Folge der Reparationen und Knebelverträge, in die Deutschland gepresst wurde. Deutschland konnte das schlicht und ergreifend nicht leisten und hätte sich früher oder später sowieso gewehrt, egal wer an die Macht gekommen wäre. Hitler hat es verstanden, vor der Eskalation ein gigantisches Konjunkturprogramm anzukurbeln, was ihm die Rückendeckung quer durch alle Bevölkerungsschichten einbrachte. Die brauchte er auch für seinen "totalen Krieg". Das ganze Programm war ebenfalls auf Pump finanziert und wäre binnen weniger Jahre zusammengebrochen. Was allerdings völlig egal war, es diente sowieso nur einen Zweck: Rüstung. Egal ob Volkswagen, Autobahnen oder die z.T. lächerlichen Versuche, vom Öl und anderen Importen autark zu werden (z.B. Holzvergaser), alles diente einzig und allein der Kriegsvorbereitung. Falls du Zweifel hast: Warum hatte der VW als klare Vorgabe ein geländetaugliches Fahrwerk? Warum bestand die Fahrbandecke der Autobahnen aus 1,5m Beton und Autobahnbrücken mussten bis 60 Tonnen belastbar sein - zu einer Zeit, als LKW selten mehr als 3 Tonnen auf die Waage brachten?
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Beitrag 03.08.2015, 18:31

Klecks
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@ Geldsammler: Als nach der Hyperinflation die Reichsmark kam, fragte keine Sau nach der Deckungsquote. Jeder war froh, mit Geld wieder einkaufen zu können statt damit zu heizen.

Nach dem 2. WK waren Zigaretten die Ersatzwährung erster Wahl. Als dann die DM eingeführt wurde, nahmen sie die Menschen begeistert an. Allein mit Ausgabe der neuen Münzen und Scheine war das Vertrauen in das neue Geld da, ganz ohne irgendwelchen staatlichen Zwang. Dass die "Deckung" dieses Geldes, die Wirtschaftsleistung, erst in den darauffolgenden Jahrzehnten geschaffen werden musste, war den Leuten herzlich egal. Sie interessierte nur, dass sie für die bunten Zettelchen endlich wieder was anständiges zu kaufen bekamen.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 05.08.2015, 08:55

Geldsammler
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Hallo Klecks: Unter Zwang verstehe ich natürlich auch, dass man andere Zahlungsmittel und -formen hart bestraft, wie es bei den Schwarzmarktgeschäften der Fall war. Erst mit der neuen D-Mark konnte wieder legal gekauft werden. Klar, dass sie begeistert angenommen wurde. Denn die Verfügbarkeit war ja auch sehr beschränkt. Das heißt, sie eine Inflationierung war nicht abzusehen. Das verstehen die meisten Menschen zwar ohnehin nicht, aber sie spüren es doch.

Dass die Deckung wurscht ist, ist auch logisch. Denn wenn es für das neue Zahlungsmittel im Tausch Waren gibt, dann ist es für den normalen Menschen ganz pragmatisch gesehen auch gedeckt. Bei der DDR-Mark war das eben dann nicht mehr so. Da hat man die D-Mark für die wirklich wichtigen Waren verwendet und sich nach der Wende auch entsprechend drauf gefreut.

Dass das Gift des FIAT-Geldes irgendwann immer wirkt, versteht keiner. Wozu auch bei einer Warendeckung. Eine langsame Inflationierung fällt den meisten auch nicht auf. Erst im Endstadium tut es eben weh. Wenn die Gewerkschaften nur Lohnerhöhungen fordern, aber nicht die Verminderung der Abgabenquote, dann ist das in heutigen Zeiten genauso dämlich. Aber auch verständlich, weil man so nach außen die Leute reicher macht, ohne dass sie mehr Kaufkraft erhalten.

Und ganz ehrlich: Wenn die offizielle Währung als Zahlungsmittel funktioniert, wozu sollte ich wertvollere und kompliziertere Zahlungsmittel verwenden?

Beitrag 05.08.2015, 11:49

Louisdor
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Der DM wurde über die Zuteilung am Anfang dennoch beträchtliche Kaufkraft verliehen und es gab
zusätzlich Zinsen auf das Geld. Bloß das Wirtschaftswunder war dann doch nicht so dolle, wie es sich
verkaufen ließ und bereits 68 gab es militanten Widerstand, weil das System für viele keinerlei
Perspektiven versprach. Als Ursache wurde ebenfalls die willkürliche Geldschöpfung und Macht
über das Bankensystem erkannt. Das übereifrige bürokratische Einsacken der Handelsüberschüsse
und die Bildung der Goldreserven resultieren aus einer kläglichen Einkommenssituation, wo im
Ausland jeder große Autos fuhr, gab es in Deutschland nur winzige Blechkisten. Das setzte sich in
allen Bereichen fort, ob Möbel aus Presspappe oder die spartanischen Einfamilienhäuser. Der
Deutsche sah und erkannte sich in der Zeit schnell als peinlichen, unterprivilegierten Spießbürger!
Wie sich das Geldwesen in einem neu geordneten politischen Umfeld entwickelt, war für die
Bevölkerung wohl kaum ersichtlich, dafür wurden die Probleme aber unglaublich schnell und
präzise erkannt.

Beitrag 05.08.2015, 13:05

Klecks
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@ Geldsammler: Genau dieser Zwang war aber gar nicht nötig. Die Leute wollten nur in den Laden gehen und mit Geld bezahlen können, von Tauschgeschäften an der Hintetür wollte keiner mehr was wissen. Der Schwarmarkt trocknete von selbst aus, ganz ohne staatlichen Zwang. Die Menschen wollten keinen Zigarettentausch mehr sondern "richtiges" Geld, wo da herkam und wie das entstanden ist, interessierte sie nicht die Bohne.

@ Louisdor: Von welchem Teil der Welt sprichst du? die BRD kann es kaum sein. Klar waren die Autos nicht gerade riesig (witzigerweise steigen heute wieder viele freiwillig auf solche Winzlinge um), genau wie die Häuser. Wenn du aber meinst, im Ausland hätte jeder ein großes Auto gefahren, dann gehst du wohl vom damaligen Hollywood-Amerika aus. Klar, in den Doris-Day-Schnulzen fuhren alle dicke Chevyis und Cadillacs und wohnten in 400 qm-Landhausvillen, da sieht eine Isetta vor dem 5-Zimmer-Reihenhaus natürlich arm aus.
Im Vergleich mit unseren Nachbarn allerdings ist dein Zerrbild vom "peinlichen, unterprivilegierten Spießbürger" leider nicht mehr haltbar. Wenn's den Österreichern und Italienern so viel besser gegangen wäre als uns dann wären die nach Deutschland in Urlaub gefahren, nicht umgekehrt. Wenn du dir die Bilder der deutschen Massen anschaust, die damals alljährlich in Bibione und Rimini eingefallen sind, dann kann es dem Durchschnittsdeutschen so schlecht nicht gegangen sein. Und wenn du denkst, Ende der 60er hätten wir kleine Autos gefahren, dann vergleiche mal einen Opel Kadett mit einem Fiat 500 oder einem 2CV! Noch Anfang der 70er hat Steir Puch in Österreich den Borgwart nachgebaut, das waren kleine Autos.

Ausgerechnet die 68er-Bewegung als millitanten Protest gegen das Geldsystem und mangelnde Wohlstandsperspektiven auszulegen, erfordert schon ein sehr hohes Maß an Halb- bis Unwissen. Die Leute protestierten gegen alte Seilschaften in der Politik, gegen Amerikas Imperialismus, gegen verkrustete Strukturen in Bildung, Verwaltung und Jurikative, gegen veraltete und z.T. diskriminierende Gesetze und dergleichen mehr. Aber definitiv nicht gegen eine fehlende (Wohlstands-)Perspektive. Denn selbst noch Ende der 80er konnte es so ziemlich jeder mit genügend Fleiß und Ehrgeiz zu etwas bringen; vom Maurerlehrling zum Millionär war der amerikanische Traum und in Deutschland reale Möglichkeit.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 05.08.2015, 14:09

Louisdor
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Eventuell hat da Klecks nicht genau hingeschaut. Als der deutsche Mittelstand, Akademiker und
Unternehmer, erst mit Zelten und keinem Wohnwagen über die Alpen in den Urlaub zogen,
standen die anderen mit ganz anderen Geschossen da, wie zum Beispiel den Iso Grifo 7 Litri,
Ferrari GT oder kleinen Jachten und mieteten separate Bungalows. Der einfache Arbeiter machte
lieber Spaziergänge zu Fuß in der Heide oder kletterte im Harz preisgünstig auf den Bergen herum,
was dann in Italien durchaus dem Fiat 500- oder 2CV Fahrer entspricht. Die Unterschiede sollte
man sich trotzdem nicht so schön reden, wie es aus der Fernsehwerbung rüber kommt.

Beitrag 05.08.2015, 14:37

Geldsammler
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Genau dieser Zwang war aber gar nicht nötig. Die Leute wollten nur in den Laden gehen und mit Geld bezahlen können, von Tauschgeschäften an der Hintetür wollte keiner mehr was wissen. Der Schwarmarkt trocknete von selbst aus, ganz ohne staatlichen Zwang. Die Menschen wollten keinen Zigarettentausch mehr sondern "richtiges" Geld, wo da herkam und wie das entstanden ist, interessierte sie nicht die Bohne.
Hallo Klecks. Ich gebe Dir ja insoweit recht, dass die Leute das Denken aufhören, wenn das Vertrauen beim Eintauschen Papier gegen Ware funktioniert und auf diese Weise eine vertrauensbasierte Gelddeckung herrscht.
Du schreibst in einem Absatz, dass der Zwang nicht nötig wäre, gleichzeitig sprichst Du von Hintertürgeschäften, die ja nur deshalb so heißen, weil sie illegal (aber überlebensnotwendig und deshalb moralisch gerechtfertigt) sind. Allein der Begriff Schwarzmarkt bedeutet doch schon einen Zwang. Und sei es nur einen, der durch Propaganda und nicht durch Gesetzte erzeugt wird (Wir kennen das vom "Graumarkt").

Die spannende Frage; Was würden die Privatmenschen machen, wenn der Staat kein Geld zur Verfügung stellt. Diese Frage kann ich auch nicht beantworten. Aber es käme sicher zu interessanten Entwicklungen konkurrierender Systeme, zu einer spannenden Diskussion und zu einem wirklich vom Markt legitimierten System.
Warum eigentlich ist das Geldsystem keine Privatangelegenheit? (Rein rhetorisch, ich weiß)

Beitrag 05.08.2015, 16:20

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Titan
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Geldsammler hat geschrieben:... Was würden die Privatmenschen machen, wenn der Staat kein Geld zur Verfügung stellt. Diese Frage kann ich auch nicht beantworten. Aber es käme sicher zu interessanten Entwicklungen konkurrierender Systeme, zu einer spannenden Diskussion und zu einem wirklich vom Markt legitimierten System.
Warum eigentlich ist das Geldsystem keine Privatangelegenheit? (Rein rhetorisch, ich weiß)
Hallo smilie_24
DER STAAT..hm,hm...das ist zu ungenau formuliert.
Staatsgeld sind nur die Münzen,was ist mit den Geld-Scheinen...
Die Bundesbank,EZB,FED u.a. sind NICHT staatlich.
Wer oder WAS ist DER MARKT,was ein LEGITIMIERTES SYSTEM smilie_08
Schau mal nach wie das Geldsystem in unserer Welt tatsächlich funktioniert...
immer sind da Banken im Spielfeld---meistens Privatbanken---
Die Geschichte zur Diskussion verschiedener Tauschmittel,
sprich: was ist "gutes",was ist "schlechtes Geld",war immer an Glauben gebunden-
und das ist wie "Religion-Opium fürs Volk" (hat was mit K.Marx zu tun)
Es ist auch egal wie ein Markt bezeichnet wird,ob grau,schwarz,frei(schmunzel),
Börse...immer gehören ZWEI Partner zum Tauschen-also Menschen,Käufer und Verkäufer
oder auch Tauschpartner dazu.
Vertrauen zum Geld war immer an ein akzeptiertes Tauschgut gekoppelt und auch an das
Vertrauen der Tauschpartner--sogar ganz privat.smilie_16

T.
Beispiel https://vimeo.com/70410563
"Das Leben ist Schwingung.Verändere Deine Schwingungen--
und Du veränderst Dein Leben"
"Die kürzesten Wörter ( ja,nein ) erfordern das meiste
Nachdenken"
Pythagoras von Samos

Beitrag 05.08.2015, 16:26

Klecks
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Ach Luisdor :roll: Klaaaaar. Ganz Italien fuhr Ferari und schipperte mit Yachten durch die Gegend während die armen deutschen Unternehmer mit dem Rucksack über die Alpen geklettert kamen. Wovon träumst du nachts?

Stell dir vor, auch bei uns gab es Leute, die mit dem Mercedes SL übers WE nach Sant Tropez gefahren sind oder mal eben nach Florida zum Sonnen düsten und ihre Yacht vor Monaco in der zwischenzeit dem Hauspersonal überließen. Davon gab es etwa genauso viel wie Ferarifahrer in Italien. Die große Masse der Deutschen fuhr eben mit dem Käfer auf den Campingplatz an der Adria. Das waren aber keine Akademiker und Unternehmer sondern eher solche Leute wie meine Eltern: Er Handwerksgeselle, sie Bürokraft. Der kleine, aber feine Unterschied: Italienische oder französische Handwerker fuhren ÜBERHAUPT NICHT in Urlaub. Die hatten nämlich kein Geld dafür. Im Gegensatz zu uns ach so armen Deutschen.

Ich weiß ja nicht, wie du auf den Schwachfug vom ach so armen deutschen Mittelstand der 60er Jahre kommst. 1966 hatte bereits jeder 5. Deutsche ein Auto (und sei es noch so klein). In Italien wurde das Straßenbild dagegen von der Vespa bestimmt. Auto in Privatbesitz? Nicht mal jeder 20.! Ähnliches gilt für Frankreich, und auch Österreich brauchte noch knapp zwei Jahrzehnte, um auf deutsches Niveau aufzuschließen.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

Beitrag 05.08.2015, 16:47

Klecks
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@ Geldsammler: Die Gesetze gegen den Schwarmarkt gab (und gibt) es natürlich. Es war nur damals kein Zwang nötig, um sie durchzusetzen. Sobald man den Mensch ein paar Zettel in die Hand drückt und sagt "hey, das ist jetzt offizielles Geld, so richtig echt und voll krass was wert" verabschieden sie sich freiwillig von der Tauscherei. Funzt immer wieder, wie zig Währungsreformen weltweit beweisen. So mancher lateinamerikanischer Staat ist schon beim "Peso 4.0" angelangt, "jetzt neu in schön bunt, richtig wertvoll und diesmal aber wirklich, echt Alda, ich schwör!" - und die Leute fallen immer wieder drauf rein.

Was das private Geldsystem betrifft: Titan hat's ja schon geschrieben, das haben wir bereits. Wir haben eine offizielle (also staatliche, wenn du so willst) Währung, den Euro. Und wir haben ein gesetzliches Zahlungsmittel, das Euro-Bargeld (und zwar NUR das Bargeld!). Der Rest ist privat.
Die Geldschöpfung findet durch Privatbanken statt, jeglicher unbare Zahlungsverkehr wird durch Privatbanken abgewickelt, sämtliche unbaren Zahlungsmittel werden von Privatbanken ausgegeben. Kurz: Unser gesamtes Geldsystem wird privat organisiert, verwaltet und betrieben. Das eigentliche Husarenstück ist, dass die privaten Banken es geschafft haben, dieses private System dem Staat (und uns Bürgern) als "sein staatliches" zu verklickern.
Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen.

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