Was hat der Südsudan mit Deutschland gemeinsam?

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Beitrag 12.08.2011, 07:59

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Ladon
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Nur weil jemand andere Vorstellungen hat, macht ihn das ja noch nicht zu einem Feind. (Woody Allen)

Weil gestern das Thema mit der Gültigkeit deutscher Verfassungen aufkam, und weil ich weiß, dass hier doch auch einige historisch Interessierte mitlesen, möchte ich im folgende kurz - und ideologiefrei (das schien mir gestern etwas schwierig, auch daher habe ich dieses Thema jetzt separiert) - einen kleinen Blick auf formale Grundlagen des Völkerrechts und "deutsche Verfassungsgeschichte" werfen.

Ausdrücklich ist dies eine Zusammenstellung eines möglichen (!) Argumentationsstranges, keine letztendliche Wahrheit ... Wahrheiten gibt es in der Forschung (egal welches Gebiet) sowieso nicht, sondern nur "derzeitige Erkenntnisstände".
Über dieses Thema KANN man trefflich diskutieren. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass der Thread nicht zu einem Sammelbecken irgendwelcher (!) Parolen und Polemiken verkommen soll und bitte um fundierte und belegte Erwiderungen.

Also ...

Wann ist ein [s]Mann[/s] Staat ein [s]Mann[/s] Staat?
Um auf die Überschrift zurück zu kommen. In jüngster Zeit konnte man am Beispiel des Südsudan sehr schön und anschaulich sehen, dass die Entstehung eines Völkerrechtssubjektes (also eines Staates) ausschließlich darauf fußt, von anderen anerkannt zu werden. Dies ist völlig unabhängig davon, wie sich dieses Staatswesen in seinem Inneren konstituiert hat. Das ist auch naheliegend, weil das Völkerrecht eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Volkes (jetzt nicht Staat!) als in den meisten Fällen unzulässig empfindet. Außerdem wäre in letzter Konsequenz wohl die Hälfte aller Staaten "nicht existent", weil sie bei ihrer Gründung gegen geltendes Recht verstoßen haben - bis hin zu den USA.

Der Denkfehler
Völkerrechtssubjekte "entstehen" durch Anerkennung von außen. Nicht durch einen irgendwie reglementierten Akt im Inneren. Das war immer schon so. Ein Herrscher brauchte auch in Zeiten des Feudalismus die Anerkennung der anderen Herrscher ... sonst ist er bestenfalls Machthaber.
Aktuell sieht man das ganz klar:
Palästina: Besitzt alle Merkmale eines Völkerrechtsubjektes (Gebiet, Volk, sogar (wenn auch eingeschränkt) Staatsgewalt), ist aber kein Völkerrechtssubjekt, weil ihm die Anerkennung durch andere fehlt.
Südsudan: Kein Hahn kräht danach, wie und mit welchen Methoden diesere Staat konstituiert wurde - er ist in dem Moment ein Völkerrechtssubjekt, indem ihm die Anerkennung (und dadurch der Sitz im UN-Gremium) von außen (!) gewährt wird.

Rechtsbrüche
Staaten im Sinne von "anerkannten Völkerrechtssubjekten" entstehen häufig durch den Bruch geltenden Rechts. Jede Unabhängigkeitserklärung ist, so gesehen, ein illegaler Akt und müsste daher nichtig sein ... wenn man die Maßstäbe anlegt, die hie und da an die deutsche Verfassungsgeschichte angelegt werden. Dann natürlich auch rückwirkend - was eine eher befremdliche Geschichtsauffassung darstellt, weil so gesehen in letzter Konsequenz eigentlich noch das Römische Reich existiert, weil die Auflösung durch Franz im Jahre 1806 ein "illegaler Akt" war, weil der Kaiser dazu überhaupt keine formale Befugnis hatte.
Ein Rechtsbruch bei der Konstituierung eines Völkerrechtssubjektes kann mithin kein Grund für dessen spätere Unrechtmäßigkeit sein!

Ein "formallogischer" Ausdruck
Kurz könnte man es auch so zusammenfassen:
Die UN als faktisch existenter Rahmen für die Völkerrechtssubjekte der heutigen Welt gewährt ausschließlich souveränen Völkerrechtssubjekten einen Sitz im Gremium (Vollversammlung).
Daraus folgt direkt: Formalrechtlich ist JEDES Mitglied ein souveränes Völkerrechtssubjekt.
... wer mit Formalismen argumentiert, muss damit rechnen, dass ihm Formalismen entgegen gehalten werden. ;-)

Fazit
Über die "de facto" Gültigkeit der sog. "Weimarer Verfassung" muss man sich keinen Gedanken machen. Die ist einfach nicht gegeben. Wie sieht es aber "de jure", also in staatsrechtlicher Sicht, aus? Das ist eine erheblich komplexere UND erheblich interessantere Frage!

Ein (möglicher) Argumentationsstrang ...
Man muss etwas ausholen, um korrekt argumentieren zu können. Beginnen wir also mit der formalen Rechtmäßigkeit der Nazi-Diktatur. Eine schwierigere Frage, als man meinen könnte. In aller Kürze:

1.
Spätestens seit Hindeburgs Tod ist die Nazi-Herrschaft nicht mehr durch die Verfassung gedeckt, ein verfassungsgemäß eingesetztes Staatsoberhaupt existiert nicht mehr.
2.
Faktisch wurde die neue "Staatsmacht" aber anerkannt - sowohl nach außen, wie auch sogar rückwirkend im Inneren. Die BRD-Justiz war dazu aus praktischen Gründen mehr oder weniger "gezwungen", weil ansonsten weite Teile des BGB (und auch des StGB) als illegal (weil von der illegalen Nazi-Staatsgewalt) angesehen werden müssten und eine stringente Weiterführung der deutschen Rechtssprechung nicht möglich gewesen wäre (aber das nur am Rande).
3.
Wenn auf deutschem Gebiet mit deutschem Volk und unter einer (wie auch immer an die Macht gekommenen) anerkannten Staatsgewalt zwischen 1933 und 1945 ein deutsches Völkerrechtssubjekt existierte (was außer Frage steht), muss zwangsläufig das vorherige Völkerrechtssubjekt (in diesem Gebiet mit diesem Volk) "beendet" worden sein, auch wenn der Name (Deutsches Reich) fortbesteht.
4.
Dieses neue, innen wie außen anerkannte Völkerrechtssubjekt ('33-'45) wurde durch "Auslöschung" beendet. Warum das? Weil ein Völkerrechtssubjekt formal und nach allgemein anerkanntem Völkerrecht drei Komponenten aufweisen muss:
a) Staatsgebiet
b) Staatsvolk
c) Staatsgewalt
Im Mai '45 existiert jedoch weder eine funktionierende Staatsgewalt, noch gibt es ein Staatsgebiet (das war bis auf den letzten Quadratmeter okkupiert, also formal IM BESITZ der Sieger).

Im Mai 1945 existiert - so oder so, auf der Basis der Weimarer Verfassung oder der Hitler-Diktatur - ein Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich" in jedem Sinne (formal und rechtlich und faktisch) nicht mehr. Es gibt keinen Staat (= Völkerrechtssubjekt) mehr. Folglich kann im Einklang mit allen formalen Grundlagen des Völkerrechts etwas "Neues" entstehen. Dies ist ja dann auch geschehen und qua Anerkennung im Laufe der Zeit zum souveränen (Von "unabhängig" hat jetzt keiner was gesagt!) Völkerrechtssubjekt geworden. WIE dieses Neue entstanden ist, wie so etwas zu entstehen hat, legt das Völkerrecht nicht fest.

Und JETZT ERST ... an diesem Punkt kann man einhaken und sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker berufen! Dieses Selbstbestimmungsrecht ist unbestritten und beileibe nicht nur die sogenannten "Rechten" hätten sich '89/'90 eine öffentliche Verfassungsdiskussion in Deutschland gewünscht.


Trotzdem macht die Möglichkeit (!), dass der status quo in einem "Unrechtsakt" wurzeln mag, den status quo ante (also den Zustand vor dem gegenwärtigen status quo) nicht zu geltendem Recht!
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 12.08.2011, 08:18

peter
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Ladon soweit ich in der Geschichte zurückblicken kann sind neue Staaten immer nach Kriegen oder durch
Besetzung fremder Mächte oder den Zerfall dekadenter Grossreiche endstanden. Natürlich sind wesentlich Merkmale neustaatlicher Souveränität die internationale Anerkennung/Aberkennung siehe Osttimor .Aber es sollten doch auch wirtschaftliche Aspekte in die Betrachtung mit einfliessen, denn wie überlebensfähig
ist denn ein Staat wie z.B. die Spanische Sahara heute Benin ohne internationale wirtschaftliche Hilfe.
Ok das Freiheitsstreben der Vox Populi ist ein verbrieftes Menschenrecht aber was nützt all die Unabhängigeit,wenn es später nicht zum Notwendigsten reicht und die internationale Hilfe beansprcuht werden muss.

MFG
Peter
peter24

Beitrag 12.08.2011, 08:51

dali
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Vielen Dank für diese Beiträge.
Hatte bei anderen Beiträgen zu ähnlichem Thema manchmal stark zu schlucken.
Als Woodstock- Generation hat man eh zu manchen Themen eine andere Sichtweise.(Krüger-Rand waren damals politisch nicht korrekt). Kaiserreichgold konnte man als Münzsammler jedoch sammeln.
(20 Mark für 60 DM) Das waren noch "goldige" Zeiten.

Beitrag 12.08.2011, 10:35

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peter hat geschrieben:Ok das Freiheitsstreben der Vox Populi ist ein verbrieftes Menschenrecht aber was nützt all die Unabhängigeit,wenn es später nicht zum Notwendigsten reicht und die internationale Hilfe beansprcuht werden muss.
Diese Staaten sind reicher als wir, sie haben nämlich nicht so viele Schulden. Gleichzeitig sind die Menschen dort wesentlich "freier" als hier, es gibt nämlich weniger Staat und weniger Steuern.
Die USA beanspruchen mehr "internationale Hilfe" (in Form eines dauerhaften Aussenhandelsdefizites) als der gesamte afrikanische Kontinent und sie leben auch u.a. auf Kosten des afrikanischen Kontinents. Das geht mittlerweile so weit, daß die eigentlich zurückhaltenden Chinesen die Amerikaner als "schuldensüchtig" und der russische Präsident Putin die USA als "die Parasiten der Welt" bezeichnen.

Beitrag 12.08.2011, 10:43

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Ladon hat geschrieben:Und JETZT ERST ... an diesem Punkt kann man einhaken und sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker berufen! Dieses Selbstbestimmungsrecht ist unbestritten und beileibe nicht nur die sogenannten "Rechten" hätten sich '89/'90 eine öffentliche Verfassungsdiskussion in Deutschland gewünscht.
Warum wurde nach der Wiedervereinigung der Art. 146 GG nicht verwirklicht?
Wovor haben unsere Politiker Angst?

Es gibt auch Stimmen, die behaupten, der einseitige Verzicht der Bundesregierung auf die besetzten Ostgebiete des ehem. Deutschen Reichs (Oder-Neiße-Grenze usw.) sei rechtswidrig, weil die Bundesregierung hierzu nicht legitimiert gewesen sei?

Beitrag 12.08.2011, 11:06

tgwg
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Datenreisender hat geschrieben:Gleichzeitig sind die Menschen dort wesentlich "freier" als hier
Freedom is just another word for nothing left to lose (Kris Kristofferson/Me and Bobby McGee)

Beitrag 12.08.2011, 11:36

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Argentum13
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Ladon hat geschrieben:

Spätestens seit Hindenburgs Tod ist die Nazi-Herrschaft nicht mehr durch die Verfassung gedeckt, ein verfassungsgemäß eingesetztes Staatsoberhaupt existiert nicht mehr.
Mit dieser Feststellung verlässt du wohl doch die eigentliche Fragestellung nach der Staatlichkeit und gehst über zur Frage der politischen Legitimität.

Wenn ich nicht irre, gibt es nach dem Tod Hindenburgs ein Gesetz, das das Amt des Reichskanzlers mit dem des Reichspräsidenten in der Person Adolf Hitlers vereint, insofern besteht auch dieses Amt formal weiter.

Zuvor ist bereits mit dem sogen. Ermächtigungsgesetz vom 23.3.1933 die Weimarer Reichsverfassung (WRV) ausgehebelt worden - allerdings das Amt des Reichspräsidenten explizit von den Änderungen ausgeklammert worden.

Interessant ist das Vorgehen der Regierung nach dem Beginn der Kanzlerschaft Hitlers: Sie bewegt sich formal noch im Rahmen der WRV, schränkt diese dann hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen aber weitgehend ein. Aber: Inhaltlich ausgehöhlt besteht formal die Verfassung der WRV während des Dritten Reiches fort. Es gibt dann im Dritten Reich ja keine neue Verfassung, was man eigentlich erwarten könnte (...oder auch nicht).

Der 23. 3. 1933 ist der eigentliche Beginn der Diktatur, flankiert durch eine Reihe von Gesetzen, mit denen demokratische Rechte abgeschafft werden.

Fazit: Deine Aussage, die ich zitiert habe, kann ich so nicht ganz teilen

Ansonsten: smilie_12 @ Ladon für die sachkundigen Ausführungen!

P.S. Interessant ist noch die Frage, inwieweit das Deutsche Reich 1945 (wann: Mit den Kapitulationen?) völkerrechtlich "beendet worden ist - immerhin gibt es noch die Reg. Dönitz, wenige nicht besetzte Gebiete usw. Weiter die Frage, inwieweit sich dann die spätere BRD als "Nachfolgerin" des Reiches begreift und auch durch Wiedergutmachungszahlungen das bekräftigt. Die BRD sah sich ja auch als einzigen legitimen Nachfolger des Deutschen Reiches - in Abgrenzung und im Gegensatz zur DDR.
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Beitrag 12.08.2011, 11:56

tgwg
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Nachdem bei der Fragestellung nach der Staatlichkeit immer wieder auch die Verfassung ins Spiel gebracht wird: Für ein "Völkerrechtssubjektes" (d. h. einen Staat) braucht es keine Verfassung! Insbes. haben Neuseeland, Israel und das Vereinigte Königreich keine Verfassung in unserem Sinne! Dass es sich dabei um Staaten handelt, ist aber wohl unbestritten.

Beitrag 12.08.2011, 17:01

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tgwg hat geschrieben:Nachdem bei der Fragestellung nach der Staatlichkeit immer wieder auch die Verfassung ins Spiel gebracht wird: Für ein "Völkerrechtssubjektes" (d. h. einen Staat) braucht es keine Verfassung! Insbes. haben Neuseeland, Israel und das Vereinigte Königreich keine Verfassung in unserem Sinne! Dass es sich dabei um Staaten handelt, ist aber wohl unbestritten.
Natürlich nicht - das zeigt ja die Geschichte. Z.B. auch das Frankreich des Absolutismus ist ein Staat gewesen mit den bekannten Merkmalen, die hier schon erwähnt worden sind - sogar ein Staat schon im modernen Sinne, anders z.B. das Personenverbandssystem des Mittelalters und noch späterer Jh.

Ein "Verfassungsstaat" ist ja nur die Forderung der politischen Aufklärung, die sich vor allem in den Staaten des Abendlands Zug um Zug durchgesetzt hat - immer mal wieder unterbrochen oder von dieser Zielsetzung gelöst. Man meinte damit natürlich einen demokratisch organisierten mit politischer Partizipation des Volkes, nicht einen, wie er - trotz Verfassung - dann im 3.Reich bestand. Verfassungsstaat wurde von der liberalen Verfassungslehre des 19.Jhs. in D ja auch immer als Rechtsstaat begriffen - unter Einschluss von Grundrechten.

Die Verschriftlichung der Verfassung war aber eigentlich die Regel, von der nur einzelne Staaten abgewichen sind - im Sinne einer gewohnheitsrechtlichen Verfassung, die natürlich durch die begleitende Rechtssprechung so ausgeformt worden ist, als wäre sie kodifiziert. Insofern "haben" diese Staaten also durchaus eine Verfassung.

Auch ein "Unrechtsstaat" wird sich in der Gegenwart schon aus propagandistischen Gründen eine Verfassung geben, auch wenn diese in der politischen Wirklichkeit wertlos ist.
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Beitrag 12.08.2011, 19:20

Jadefuchs
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Dieses neue, innen wie außen anerkannte Völkerrechtssubjekt ('33-'45) wurde durch "Auslöschung" beendet. Warum das? Weil ein Völkerrechtssubjekt formal und nach allgemein anerkanntem Völkerrecht drei Komponenten aufweisen muss:
a) Staatsgebiet
b) Staatsvolk
c) Staatsgewalt
Im Mai '45 existiert jedoch weder eine funktionierende Staatsgewalt, noch gibt es ein Staatsgebiet (das war bis auf den letzten Quadratmeter okkupiert, also formal IM BESITZ der Sieger. :oops:

[b]Die Ausführungen sind ziemlich abenteuerlich [/b]!

Als dt. Truppen im 2. WK die Niederlande besetzten, sind die Niederlande also durch "Auslöschung" untergegangen? Ich kann auch andere Länder wie Polen, Belgien, Norwegen usw. nehmen. Wir können statt der dt. Truppen auch gerne französische oder britische Truppen mit den Ländern X. Y, Z nehmen. Die Auswahl ist richtig groß!! smilie_17

Mit dem Völkerrecht ist dies leider so eine Sache. Wenn wir uns die Verurteilungen bei dem "Nürnberger Kriegsverbrechertribunal" anschauen, landen wir bei den Urteilsgründen bei Begriffen wie "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges". Da es seit 1947 keine derartigen Verurteilungen mehr gegeben hat, können logischerweise derartige "Taten" auch nicht mehr vorgekommen sein. Ansonsten empfehle ich virtuell die Herren Breschnew und George W. Bush als Vorsitzende einer noch einzusetzenden Untersuchungskommission zu berufen. smilie_10

Beitrag 12.08.2011, 20:09

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@Jadefuchs

Ich teile auch nicht die "Auslöschungstheorie".

Begründung: Das Gebiet des Deutschen Reiches ist besetzt - nicht das des ehemaligen Dt.Reiches. In Ermangelung der politischen Repräsentanten unterschreibt Gen.feldmarschall Keitel die beiden Kapitulationsurkunden.
Die politische Gewalt geht - nach der Verhaftung der Reg. Dönitz - durch den Erlass Nr. 1 der Siegermächte auf die Siegermächte über. Diese verwalten - durch das Potsdamer Abkommen genauer geregelt -das Reichsgebiet und das deutsche Volk in den Besatzungszonen (wäre ja auch schlecht, wenn man nur noch staatenlose Besiegte hätte - man muss ja auch ein Volk - neben der polit. und militärischen Führung - verantwortlich machen können *unqualifizierter Einwurf*).
Erst durch eine politische Neuorganisation 1949 (nicht schon durch die Bi- und Trizone) entstehen 2 neue politische Gebilde, die mit wesentlichen Elementen der Staatlichkeit neu ausgestattet werden, z.B. mit einer (sehr) begrenzten Souveränität (Besatzungsstatut). Damit geht im Prinzip das ehemalige Deutsche Reich auf 2 neue Staaten innerhalb des ehemaligen Reichsgebiets über (die unter polnischer und sowjetischer Verwaltung stehenden Gebiete müssen daher formell als Teile des Deutschen Reiches fortbestehen, denn diese Gebiete werden nicht offiziell annektiert und somit vom Reich gelöst.)

M.E. (ist aber nicht maßgeblich) kann daher auch keine Regierung der BRD auf die Gebiete "verzichten", weil diese Gebiete nie hoheitlich zur BRD gehört haben. Der "Verzicht" ist natürlich ein den politischen Verhältnissen geschuldeter Schritt.

Insofern eine ganz andere Politik, als sie der Außenminister Stresemann gegenüber den nach dem 1.WK abgetrennten deutschen Ostgebieten betrieben hat. Hat ihm immerhin den Friedensnobelpreis eingebracht. :D
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Beitrag 12.08.2011, 21:15

defiant2369
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Hallo zusammen smilie_24
Ladon hat geschrieben:..
Im Mai 1945 existiert - so oder so, auf der Basis der Weimarer Verfassung oder der Hitler-Diktatur - ein Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich" in jedem Sinne (formal und rechtlich und faktisch) nicht mehr. Es gibt keinen Staat (= Völkerrechtssubjekt) mehr. Folglich kann im Einklang mit allen formalen Grundlagen des Völkerrechts etwas "Neues" entstehen. Dies ist ja dann auch geschehen und qua Anerkennung im Laufe der Zeit zum souveränen (Von "unabhängig" hat jetzt keiner was gesagt!) Völkerrechtssubjekt geworden. WIE dieses Neue entstanden ist, wie so etwas zu entstehen hat, legt das Völkerrecht nicht fest...


Tut mir leid, aber dem muß ich jetzt mal entschieden wiedersprechen: Das BVerfG hat in mehreren Urteilen dargestellt, das das Deutsche Reich nie aufgehört hat, zu exisitieren. Siehe Entscheidung BVerfG 36.1 Grundlagenvertrag vom 31.07.1973:
Der Vertrag regelt die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Seine Beurteilung macht erforderlich, sich mit den Aussagen des Grundgesetzes über den Rechtsstatus Deutschlands auseinanderzusetzen:

1. Das Grundgesetz - nicht nur eine These der Völkerrechtslehre und der Staatsrechtslehre! - geht davon aus, daß das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist; das ergibt sich aus der Präambel, aus Art. 16, Art. 23, Art. 116 und Art. 146 GG. Das entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, an der der Senat festhält. Das Deutsche Reich existiert fort (BVerfGE 2, 266 [277]; 3, 288 [319 f.]; 5, 85 [126]; 6, 309 [336, 363]), besitzt nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbesondere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig. Im Grundgesetz ist auch die Auffassung vom gesamtdeutschen Staatsvolk und von der gesamtdeutschen Staatsgewalt "verankert" (BVerfGE 2, 266 [277]). Verantwortung für "Deutschland als Ganzes" tragen - auch - die vier Mächte (BVerfGE 1, 351 [362 f., 367]).

Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert (vgl. Carlo Schmid in der 6. Sitzung des Parlamentarischen Rates - StenBer. S. 70). Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht "Rechtsnachfolger" des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat "Deutsches Reich", - in bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings "teilidentisch", so daß insoweit die Identität keine Ausschließlichkeit beansprucht. Die Bundesrepublik umfaßt also, was ihr Staatsvolk und ihr Staatsgebiet anlangt, nicht das ganze Deutschland, unbeschadet dessen, daß sie ein einheitliches Staatsvolk des Völkerrechtssubjekts "Deutschland" (Deutsches Reich), zu dem die eigene Bevölkerung als untrennbarer Teil gehört, und ein einheitliches Staatsgebiet "Deutschland" (Deutsches Reich), zu dem ihr eigenes Staatsgebiet als ebenfalls nicht abtrennbarer Teil gehört, anerkennt. Sie beschränkt staatsrechtlich ihre Hoheitsgewalt auf den "Geltungsbereich des Grundgesetzes" (vgl. BVerfGE 3, 288 [319 f.]; 6, 309 [338, 363]), fühlt sich aber auch verantwortlich für das ganze Deutschland (vgl. Präambel des Grundgesetzes). BVerfGE 36, 1 (16)BVerfGE 36, 1 (17)Derzeit besteht die Bundesrepublik aus den in Art. 23 GG genannten Ländern, einschließlich Berlin; der Status des Landes Berlin der Bundesrepublik Deutschland ist nur gemindert und belastet durch den sog. Vorbehalt der Gouverneure der Westmächte (BVerfGE 7, 1 [7 ff.]; 19, 377 [388]; 20, 257 [266]). Die Deutsche Demokratische Republik gehört zu Deutschland und kann im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht als Ausland angesehen werden (BVerfGE 11, 150 [158]). Deshalb war z.B. der Interzonenhandel und ist der ihm entsprechende innerdeutsche Handel nicht Außenhandel (BVerfGE 18, 353 [354]).


Quelle: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv036001.html

Beitrag 13.08.2011, 08:49

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Ladon
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Argentum13 hat geschrieben:...
Wenn ich nicht irre, gibt es nach dem Tod Hindenburgs ein Gesetz, das das Amt des Reichskanzlers mit dem des Reichspräsidenten in der Person Adolf Hitlers vereint, insofern besteht auch dieses Amt formal weiter.
...
Das wäre mir neu, dass dies "explizit" so irgendwo formuliert wurde (Weißt Du, in welcher Form? Gesetz? Anordnung? Erlass? Das würde die Suche vereinfachen.)
Ich forsche jetzt aber mal nicht nach, weil dieses Detail eine Marginalie ist. Der wichtige Punkt ist, dass damit endgültig nicht einmal mehr die Fassade der Verfassungskonformität aufrecht erhalten wurde. Dies ist auch unbestritten - wie gesagt, es gibt ganze Arbeiten (und Gerichtsurteile) darüber, ob die sog. "Nazi-Diktatur" eine "Staatsform" darstellte oder nicht.

@ defiant2369
Vielen Dank für das Zitat. So kann man "trefflich streiten" ;-)

Ich möchte darauf hinweisen, dass niemand je bezweifelt hat, dass sich "deutsche Frage" schwierig beantworten lässt. Niemand stellt in Frage, dass es sich um ein "Rechtskonstrukt" ohne historisches Beispiel handelt. Ich kritisiere allerdings das Zitieren von herausgegriffenen, passenden Mosaiksteinchen. Wie wäre es mit diesem Zitat aus gleicher Quelle:
Der Vertrag kann rechtlich nur gewürdigt werden, wenn man ihn in einen größeren Zusammenhang stellt

Zunächst einmal stellt er einen Schritt dar:
NACH dem Grundvertrag wurden beide Staaten (!) Mitglieder der UN-Vollversammlung.
Das ist aus zweierlei Gründen äußerst wichtig in diesem Zusammenhang:
1. Nur souveräne Völkerrechtssubjekte können dort Mitglied werden.
2. Die sog. "Feindstaatenklausel" (siehe Charta) findet auf Mitglieder des Gremiums keine Anwendung!

Nun sind wir überdies nicht mehr 1973 ... da hat sich einiges geändert und man kann nicht den Status jener Zeit als immerwährend gültig betrachten. Zum Beispiel dies 1991:
Die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.
Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.


Mehr oder Eindeutigeres kann man sich - formal und in Verträgen - ja wohl kaum wünschen.
Soweit ich weiß wird daher heute (und nicht 1973) der GG-Auftrag der Wiedervereinigung usw. als "erledigt" betrachtet. Das Parlament - als in seinem Selbstverständnis legitimer Vertreter des Souveräns (= Volkes) - hat das GG mit Verfassungsrang für "Deutschland" verankert. Das kann man gefühlsmäßig anders sehen ... aber es geht ja ums Formale.

Ich bin kein Staatsrechtler oder Jurist und kann die DInge nur aus historischer Sicht beurteilen, aber ein Hinweis sei mir noch gestattet:
Ursprünglich und im Kern ging es hier um den "de facto" (!) Fortbestand des Deutschen Reiches. Dieser ist nicht gegeben! Was u.a. auch im verwendeten Zitat durch die Vokabel "nicht handlungsfähig" (auf das Deutsche Reich bezogen) zum Ausdruck gebracht wird.
Von Unrechtmäßigkeit des existierenden Deutschlands auch keine Spur.
Deutschland - schon immer ein schwer greifbares Gebilde ... das haben wir hier auch schon mal diskutiert - weist ab etwa 1950 eine seltsame Konstruktion auf. Auf dem Gebiet eines pulverisierten Staates wurden "Organisationsformen" installiert, von denen einer überdies einen Anspruch auf die Fortführung des "alten" stellt, sich aber auf sein "Hoheitsgebiet" beschränkt.
Das "Vergangene" ist handlungsunfähig.
Soweit dürfte Konsens bestehen, ja?

Zur letztlichen Beantwortung der Frage inwieweit das Deutsche Reich "rechtlich" nach 1945 existierte, kann ein Urteil über den Grundlagenvertrag und dessen Begründung allerdings m.E. nicht herhalten. Logischerweise findet man da entsprechende Zitate - auch des Verfassungsgerichtes, das (siehe oben) als Verfassungsorgan ja gar nicht anders kann, als im Rahmen des Grundgesetzes (also inklusive Wiedervereinigungsgebot usw.) zu argumentieren! Und angesichts der innenpolitischen Lage musste das Ganze auch von der Bundesregierung so fomuliert werden, dass diese Dinge berücksichtigt werden ... eine Frage von "de jure" und "de facto"
Komisch nur, dass der Grundlagenvertrag je nach Bedarf als Nachweis des "Vaterlandsverrats" der Brandt-Regierung, bzw. als Nachweis der Fortexistenz des Deutschen Reiches genutzt werden kann ;-) Aber so ist es wohl in der Sphäre der Staatsrechtler.
Trotzdem sei die Lektüre der hier nicht aufgeführten Begründung anempfohlen (insbesondere Absatz V), die sehr deutlich macht, wie dünn das juristische Eis für das gesamte Vertragswerk war und wie pingelig auf die Verfassungstreue geachtet werden musste.

Denn: Was soll denn das sein, ein "fortbestehender" Staat, der wegen "Desorganisation" "handlungsunfähig" ist? Und auf dessen Gebiet zwei (oder heute eben einer) Staat(en) alle Hoheitsrechte im Sinne der UN-Charta ausüben?

Und zum Abschluss:
Wenn man also das GG heranzieht um den Fortbestand des Reiches juristisch zu begründen (Wogegen nichts zu sagen ist!), dann muss man aber auch akzeptieren, dass IN GENAU DIESEM RAHMEN der "Wiedervereinigungsauftrag" erfüllt wurde. Siehe dazu u.a. die "neue" Präambel des GG.
Naja, dann ist ja auch alles in Butter - und ob das Deutsche Reich nun bis 1991 fortbestand (als körperloses Gespenst im Hintergrund) oder nicht spielt keine Rolle, oder?

Die Geschichte der BRD ist - daran wollte ich nie rütteln - auch die Geschichte der "Rekonstituierung" eines einigen Deutschlands - egal wie man zu "Auflösung" oder "Fortbestand" des Deutschen Reiches stehen mag. Im Rahmen der inneren und äußeren Gegebenheiten ist diese Rekonstituierung formal (!) mit der "Wiedervereinigung" abgeschlossen worden.
Offen bleibt nach wie vor die Frage, wie die "faktische" Auslöschung des Reiches "staatsrechtlich" zu bewerten ist (eine BEWRTUNG kann dabei aber nicht durch das Zitieren eines Organs innerhalb des Systems geschehen).
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 14.08.2011, 20:02

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@Ladon

http://de.wikipedia.org/wiki/Reichspr%C3%A4sident

Zitat daraus:
3. Adolf Hitler vereinigte als Reichskanzler unmittelbar nach Hindenburgs Tod das Amt des Reichspräsidenten mit dem seinen. Durch eine Volksabstimmung vom 19. August 1934 wurde die Vereinigung der Ämter bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei über 95 %, davon 89 % Ja-Stimmen. Hitler verzichtete auf den Titel „Reichspräsident“ und trug fortan den Titel Führer und Reichskanzler.[5]
Ich teile ja deine Auffassung, dass de facto die WRV mit dem 23.3.1933 aufgelöst worden ist [=Beginn der Diktatur]- allerdings erscheint es mir schon wichtig, darauf hinzuweisen, dass zumindest nach außen hin der Schein der Legalität gewahrt werden sollte, also nicht etwa ein "Staatsstreich" stattgefunden hat.

Dass die NS-Bewegung die sogen. "Machtergreifung" politisch als revolutionären Akt gesehen hat, ist eine andere Sache.
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Beitrag 14.08.2011, 20:39

defiant2369
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@Ladon
Ich gebe Dir in einigen Punkten ja recht, aber smilie_16
Und man kann sich auch trefflich darüber streiten, ob das DR nun untergegangen ist (wie eigentlich, wenn doch nur die Wehrmacht, aber nicht die Regierung kapituliert hat smilie_08 ) oder immer noch existiert.
Ladon hat geschrieben:..
Soweit ich weiß wird daher heute (und nicht 1973) der GG-Auftrag der Wiedervereinigung usw. als "erledigt" betrachtet. Das Parlament - als in seinem Selbstverständnis legitimer Vertreter des Souveräns (= Volkes) - hat das GG mit Verfassungsrang für "Deutschland" verankert. Das kann man gefühlsmäßig anders sehen ... aber es geht ja ums Formale...
Das GG wurde von den Volkszertretern als Verfassung deklariert, aber nicht vom Volke, wie es das GG eigentlich vorsieht:
Artike 146:
„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."
Damit das GG auch wirklich als Verfassung dient, müßte es vom auch Volke, also von uns, in einer Volksabstimmung dazu legitimiert werden. Oder eben eine ganz andere Vrefassung.
Aber das ist bis heute nicht geschehen und somit ist das GG nichts weiter, als das, was es seit seiner Niederschrift ist:
Ein Provisorium für die Bundesrepublik Deutschland.
Die Präambel hat keinerlei Rechtsstatus, darum kann da viel drinstehen.

Warum die Volkszertreter das bis heute nicht umgesetzt haben, obwohl es uns vor über 20Jahren versprochen wurde, ist eigentlich ganz klar: Machterhalt um jeden Preis.

Beitrag 14.08.2011, 21:04

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Argentum13
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defiant2369 hat geschrieben:
Warum die Volkszertreter das bis heute nicht umgesetzt haben, obwohl es uns vor über 20Jahren versprochen wurde, ist eigentlich ganz klar: Machterhalt um jeden Preis.
Ja klar, nichts wird von der "politischen Klasse" in D (damit meine ich nicht nur die Regierung) so sehr gefürchtet wie das Volk - es könnte ja "falsch" entscheiden und sich gegen die Projekte der Regierung aussprechen, das wird dann als "populistisch" abgebügelt.

Ich frage mich z.B., warum bei wichtigen europäischen Verträgen, z:B. bzgl einer europäischen Verfassung, das deutsche Volk nicht gefragt worden ist. Meine Auffassung: In grundlegenden Fragen mit erheblichen Auswirkungen auf das deutsche Volk muss der Souverän direkt gefragt werden. In einigen anderen europäischen Staaten wird das ja immerhin praktiziert.


Die Währung ist eine solche Kardinalfrage!

Ich kann mich noch gut erinnern: Umfragen kamen zur Euroeinführung auf 70-75% Ablehnung in der Bevölkerung, der Bundestag stimmt mit den Stimmen aller Blockparteien zu (Gegenstimmen nur von den Kommunisten - PDS). Um noch was zu bewegen, haben politische Freunde und ich Plakate gegen den Euro aufgehängt - die wurden runtergerissen oder schlichtweg ignoriert. Die Argumente der Prof. Hankel, Schachtschneider u.a. lagen ja damals schon auf dem Tisch...weggelacht wurden die....

Nicht mal die Spur von Reue bei den Politikern / Parteien, keine Einsicht in die Fehler, es wird weiter belogen und betrogen wie zuvor.

Mein Vorschlag: Die Regierung weiß nicht weiter - vielleicht sollte sie dieses Mal das Volk fragen...?!!

Tschuldigung wg. meiner emotionalen Reaktion, aber es kommt mir einfach die Wut bei so viel Ignoranz und Arroganz der Macht.
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Beitrag 14.08.2011, 23:10

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Argentum13 hat geschrieben:Die Währung ist eine solche Kardinalfrage!
Die Wiedervereinigung auch?
Argentum13 hat geschrieben:Ich kann mich noch gut erinnern: Umfragen kamen zur Euroeinführung auf 70-75% Ablehnung in der Bevölkerung, der Bundestag stimmt mit den Stimmen aller Blockparteien zu (Gegenstimmen nur von den Kommunisten - PDS).
In Umfragen in Ostdeutschland einige Monate vor der Wiedervereinigung wollten 74 % der Ostdeutschen einen reformierten, eigenständigen deutschen Staat behalten. 72 % der Ostdeutschen wollten am Wirtschaftssystem des Sozialismus festhalten. Dann hat man die DDR mit einer vorzeitigen Einführung der D-Mark zu aberwitzigen Umtauschkursen einfach "gekauft" und sechs Monate später war die Wiedervereinigung.

Beitrag 15.08.2011, 07:41

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Ladon
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Argentum13 hat geschrieben:
3. Adolf Hitler vereinigte als Reichskanzler unmittelbar nach Hindenburgs Tod das Amt des Reichspräsidenten mit dem seinen. Durch eine Volksabstimmung vom 19. August 1934 wurde die Vereinigung der Ämter bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei über 95 %, davon 89 % Ja-Stimmen. Hitler verzichtete auf den Titel „Reichspräsident“ und trug fortan den Titel Führer und Reichskanzler.[5]
...
Hallo Argentum13,
nix für ungut ... aber das ist ein "typisches" Wikipedia-Problem: Ja, Onkel Adi "vereinigte" die Ämter ... aber (meines Wissens) nur "gefühlt". Das Zitat belegt nichts gegenteiliges. Ich wüsste nicht, dass Hitler irgendwo als "Reichspräsident" gezeichnet hätte.
Insoweit: "Akzeptieren" könnte ich nur einen "Erlass", ein "Gesetz" etc.
Rein formal gesehen wurde einfach kein Staatsoberhaupt - jedenfalls so wie in der "Weimarer Verfassung" vorgesehen! - mehr gewählt.
Ich bin mir sogar nicht einmal sicher, ob eine "formale" Vereinigung der Ämter "Kanzler" und "Präsident" überhaupt rechtlich nach der Verfassung möglich war.

... aber, wie gesagt, das halte ich für eine "Marginalie", weil der Effekt und die grundsätzliche Tatsache sowieso außer Frage steht.
Hinzuzufügen wäre, dass die Frage der völkerrechtlichen "Rechtmäßigkeit" (das habe ich auch schon erwähnt) des Hitler-Regimes durchaus große Bedeutung hat! Die Bundesrepublik hat schließlich weite Teile des NS-Rechts (insb. im BGB) übernommen. Auch hinsichtlich bilateraler Vereinbarungen, spielt die "Rechtsmäßigkeit" der NS-Diktatur eine große Rolle.

In jedem Fall steht - sowohl "gefühlt", wie auch formalrechtlich - die Tatsache außer Frage, dass die "Staatsform" der "Weimarer Republik" (ich verwende einfach die umgangsprachlichen Termini, jeder weiß, was gemeint ist) durch die "Staatsform" des NS-Regimes abgelöst wurde. Was hinsichtlich einer eventuellen "de jure" Gültigkeit der Weimarer Verfassung von Bedeutung ist. Mehr soll damit gar nicht gesagt sein.

Bestreiten wir aber die "völkerrechtliche Rechtmäßigkeit" des NS-Regimes und erachten damit die Weimarer Verfassung als bindend, dann müssen wir auch hinnehmen, dass der 2. Weltkrieg kein "Krieg" war, weil Deutschland keine legitime Regierung aufweisen kann.
... das wird interessant ;-)


@ defiant2369

Ich hoffe, wir sind uns einig darüber, dass "trefflich streiten" als absolut positives "Ereignis" zu werten ist!
...
wie eigentlich, wenn doch nur die Wehrmacht, aber nicht die Regierung kapituliert hat ...
Die Wehrmacht war das letzte einigermaßen funktionierende Glied der "Staatsgewalt", eine zivile Regierung einfach nicht mehr existent, Dönitz war (formalrechtlich gesehen) gar nichts ... weder ein Kanzler, noch ein Reichspräsident hatte irgendein formales Recht einen "Nachfolger" zu BESTIMMEN. Ich glaube mit der Kapitulation eines untergeordneten Beamten (sozusagen als "ranghöchstem" Vertreter der "zivilen" Staatsgewalt) hätte sich wohl niemand zufrieden gegeben.
Wenn der König in der Schlacht starb, musste auch früher schon ad hoc "irgendwer" die "Geschäfte" weiterführen und den Befehl zum Hissen der weißen Fahne geben.
Nein, das "nur die Wehrmacht hat kapituliert" Argument ist sehr schwach (formal und auch wenn man die konkrete Situation betrachtet). Ich würde es daher lieber nicht verwenden.

Zum Verfassungsauftrag die Verfassung vom Volke in freier Entscheidung beschließen zu lassen:
Bitte beachte: Ich schrieb, dass das Parlament IN SEINEM SELBSTVERSTÄNDNIS gehandelt hat! Nämlich, so wie es sich selbst sieht, als LEGITIMER VERTRETER DES VOLKES.
Wir sind uns einig, dass das Volk hier "behumpst" wurde. Die Verfassungsväter wollten etwas anderes. Das ist klar. Aber wir reden hier über Formalitäten. Du zitierst das GG mit der freien Entscheidung ... nun - wieder mal in der Rolle des advocatus diaboli - tue ich so, als wollte ich Dir widersprechen. Dann zitiere ich einfach auch das GG (neue Präambel):
hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben

Tja, schwer was dagegen zu sagen. Von VolksABSTIMMUNG war ja nirgendwo die Rede. In der parlamentarischen Demokratie ist das Parlament, wie gesagt, die legitime Vertretung des höchsten Souveräns. Wenn also das Parlament bestimmt, repräsentiert es (in seinem Selbstverständnis) die (mehrheitliche) Meinung des Volkes.
Formal ist meines Erachtens (leider) nichts dagegen einzuwenden.

Wie gesagt, dass dies der Idee Hohn spricht, ist etwas anderes. Die Chance das beste aus drei Welten - Weimar, BRD und, ja auch da gab es gute Ansätze, der DDR, hätte 1991 in einen neuen Verfassungsrahmen gegossen werden können - zu vereinen, ist kläglich vertan worden ...
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