Die Weltverbesserer

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 08.02.2017, 08:19

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Ladon
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Ich hätte einen Vorschlag. Oft werden hier ökonomische Theorien heran gezogen und manchmal mit geradezu religiösem Eifer verfochten.
Das ist eigentlich schade, wenn "andere" Meinungen stets abgekanzelt werden (ich sage nur Mises/Keynes - da bekommen die einen Pusteln im Gesicht, wenn die anderen bloß den Namen erwähnen).
Dabei wissen viele gar nicht, was eigentlich diese Theorien besagen.

Vielleicht könnte man hier mal - ohne Angiftungen - so eine Art kleiner "Enzyklopädie" bekannter Ökonomen und ihrer Ideen anfangen?

WAS haben sie wirklich gesagt?
Ein Beispiel: Oft wird Mises heran gezogen, wenn es um das beliebte "nur Gold ist Geld" geht. Tatsächlich hat Mises aber diesen Streit für unwürdig gehalten und ganz deutlich gesagt, dass es nur eine Definitionssache ist, über die man sich eben einigen muss.

Also mir fielen spontan mal diese Namen ein, zu denen man ein wenig was sagen könnte:
Keynes, Smith, Mises, Gossen, Reinhart/Rogoff, Hayek, Eucken, Musgrave, Stein, Tobin, Shiller, Minsky, Platon (!), Romer, Gesell, Galbraith, Menger, Friedman, Buchanan, Schumpeter ...


... es ist mein Traum von einem richtigen info-Thread ;-)
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

Beitrag 08.02.2017, 17:18

Mehrgoldfüralle
Ok ok, ich finde, wenn Platon dabei sein darf, muss Robert Kurz auch dabei sein. Auch die Binswangers dürfen nicht fehlen ebensowenig wie Krugman und Stieglitz. Franz Hörmann und Bernd Senf gehören auch dazu.

Ich halte Silvio Gesells Ideen zur Geldschöpfung für die einzige Möglichkeit, das Geldsystem so zu reformieren, daß es längerfristig funktionieren kann und ohne die zwangsweise Umverteilung von fleissig zu reich, die dem derzeitigen System inne wohnt. Es gilt auch zu bedenken, daß zum Beispiel die Idee mit dem Schwund lang erprobt ist durch die Geldverrufung. Darüber hinaus hat es ein Experiment gegeben in Wörgl in Österreich, das wunderbar funktioniert hat, bis es verboten wurde.

Beitrag 08.02.2017, 17:59

Mehrgoldfüralle
Ganz schnell. Gesell wollte, daß Geld vom Staat ausgegeben wird, nicht von privaten Banken. Er wollte auch, daß Geld nicht verzinst wird, sondern im Gegenteil schwinden sollte, also eine Art Negativzins, was das horten und ansammeln erschweren sollte.

Beitrag 08.02.2017, 20:02

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AuCluster
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Milton Friedman, US-amerikanischer Ökonom

Bekannt wurde er mit seiner These, dass Inflation ausschließlich vom Gelddrucken kommt. Normalerweise bezeichnet man Inflation als die stetige Preissteigerung eines Warenkorbes. Friedman definiert Inflation als Steigerung der Geldmenge.

Daher findet man (auch) in diesem Forum immer zwei Definitionen, was regelmäßig zu Verwirrungen führt.
Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.

Beitrag 08.02.2017, 20:59

Marek
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Hallo,

ein heller Kopf und Weltverbesserer ist definitiv auch Karl Polanyi,
Wirtschaftssoziologe.

Ich kann keine vernünftige, sinnvolle Kurzzusammenfassung formulieren,
darum - ausnahmsweise - :

https://de.wikipedia.org/wiki/Great_Transformation

..., auch wenn ich mit etlichen Details des Artikels
(Z.B.: "Demgegenüber plädierte Polanyi im Schlusskapitel für einen "Sozialismus", der Arbeit, Boden und Geld dem Markt entziehe und demokratisch kontrolliere.")
absolut nicht einverstanden bin.

Liebe Grüße
Marek

Beitrag 08.02.2017, 21:49

Mehrgoldfüralle
Den kannte ich gar nicht :oops: . Klingt hoch interessant. An der Stelle hätte ich jetzt Robert Kurz eingeführt. Kurz argumentiert, daß erst durch die einsetzende Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts die Abhängigkeit der Menschen vom Kapital in Form von "Arbeitsplätzen" entstanden sei. Also eine Art modernen Sklaventums. Durch die Umwandlung von Almende in Privateigentum ist der Prozess verschärft und beschleunigt worden. Um leben zu können mußten nahezu alle Menschen Geld verdienen, da steckt bemerkenswerter Weise "dienen" drin. Entlarvend, finde ich. Geht der neoliberale Raubtierkapitalismus weiter, muss nach dem Boden das Wasser privatisiert werden, dann die Luft. Am Wasser arbeitet Nestle bereits eifrig, in Japan und China gibt es Luftläden in den Großstädten. Gute Geschäfte wünsch ich.

Beitrag 09.02.2017, 07:00

Gladius
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An der Stelle h�tte ich jetzt Robert Kurz eingef�hrt. Kurz argumentiert, da� erst durch die einsetzende Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts die Abh�ngigkeit der Menschen vom Kapital in Form von "Arbeitspl�tzen" entstanden sei. Also eine Art modernen Sklaventums. Durch die Umwandlung von Almende in Privateigentum ist der Prozess versch�rft und beschleunigt worden. Um leben zu k�nnen mu�ten nahezu alle Menschen Geld verdienen, da steckt bemerkenswerter Weise "dienen" drin. Entlarvend, finde ich.
Wo du es so ansprichst fällt auf: Wo der Deutsche sagt "Geld verdienen", sagt zB: der Amerikaner "Make your self some money" oder "Get yourself some money". Wörtlich genommen soviel wie "Mach dir dein Geld selber". Zeigt sowas schon einen grundsätzlichen Unterschied zur Sache "Geld" ?

Könnte mir an dieser Stelle einfach den Unterschied zwischen Keynes und Mises erklären? Das sind die beiden Namen die man wohl am öftesten hört.

Beitrag 09.02.2017, 09:18

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AuCluster
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David Ricardo, britischer Ökonom, 1772 – 1823

Ricardo lehrt, warum eine hohe Staatsverschuldung zu geringen privaten Investition führt.

Der private Investor zögert mit einer Investition, weil er weiß, dass bei einer hohen Staatsverschuldung die Steuern steigen werden und somit wird sich seine Investition nicht rentieren.

Obwohl es keinen empirischen Beweis für diese 200 Jahre alte These gibt, wird uns dieser Lehrsatz quasi jeden Tag von den Medien/Politikern aufs Brot geschmiert. Meistens in etwas abgewandelter Form:

hohe Staatsverschuldung führt zu Altersarmut, belastet zukünftige Generationen, lässt den Sozialstaat zusammenbrechen, weniger Straßenbau, schlechte Universitäten, usw..
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Beitrag 09.02.2017, 17:19

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Deichgraf
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Ganz schnell. Gesell wollte, daß Geld vom Staat ausgegeben wird, nicht von privaten Banken. Er wollte auch, daß Geld nicht verzinst wird, sondern im Gegenteil schwinden sollte, also eine Art Negativzins, was das horten und ansammeln erschweren sollte.
Das klingt doch schon mal ganz gut.
Mit dem Vergleich zum Negativzins komme ich nicht ganz klar, könnte es mir aber eventuell noch gerade so hindrehen. smilie_08
Wenn man Kredit/Tilgung und Zins als identische "Moleküle" ansieht, nämlich jeweils eine Schuld, die durch Kreditaufnahme entsteht, hätte man nur noch eine Gesamtschuld, die höher ist, als die überlassene (/geschaffene) Geldmenge. Trage ich die eine Schuld ab, kann ich die andere schon nicht mehr (oder nicht vollständig) bedienen.
Wenn der Staat mir Schwundgeld gibt, wäre das zunächst auch ein Kredit, der zu tilgen wäre.
Man könnte das auch (s.o.) Zins oder Geldvermögenssteuer nennen. Dieser Kredit/dieses Geld ist ein Anspruch an den Staat (z.B. auf ein Ticket der Staatsbahn).
Der "Trick" besteht nun vlt. darin, dass die Tilgung nicht am Kreditnehmer (Schuldner) festmacht, sondern am Geld selbst. Das gleiche ergäbe sich, wenn man den Schwund als Steuer auffasst, für diese Steuer.
In einer Variante könnte man das Schwundgeld auch als Geschenk des Staates sehen, etwa auch im Rahmen eines BGE, das "draußen" als Guthaben negativ verzinst wird. Wiederum zahlt den Zins nicht der Beschenkte, sondern das Geld selbst, in welcher Hand auch immer es sich gerade befindet. Tilgung entfiele dann bei dem Geschenk.
Gut, das mag ein kläglicher Anlauf gewesen sein, den Negativzins irgendwie unterzubringen....
smilie_13
Als "automatische" Tilgung der Schuld kann ich es mir besser vorstellen. Das ließe sich virtuell ganz einfach buchen. Am Stichtag zahlt das Geld (nicht der Schuldner!) seinen planmäßigen Tilgungbeitrag, d.h. sein Kurs sinkt ebenfalls "automatisch", der Staat bucht die Tilgung in seine Aktiva und gut ist es. Es gäbe keinen Schuldner mehr, der zahlen oder die Finger heben muss. Die "Steuer" (Schwund/Tilgung/Zins) fiele immer dort an, wo das Geld am Stichtag gerade liegt.
In unserem System zahlt der Gläubiger (Sparer) den Negativzins für Geld, das in der Bank liegt. Das ist sehr merkwürdig. Normalerweise wäre zu erwarten, dass jemand, der sicheres Geld (was die Erfüllung des Anspruchs angeht -mehr ist nicht gemeint) von der ZBK gegen unsicheres der Geschäftsbank tauscht, eine Zitterprämie (Zins) bekommt. - Jedenfalls gäbe es beim staatlichen Vollgeld keinen Grund für eine Zitterprämie.
Einen Zins im Rahmen einer Vorteilsbeteiligung könnte ich mir allerdings vorstellen. Wer einen Kredit vom Staat bekommt und sich damit vorzeitig einen Traum erfüllt, könnte einen Teil an die Gemeinschaft abgeben. Nicht unbedingt über einen Zins, der am Schuldner hängen bleibt, sondern über eine vorn erhobene Gebühr, die nicht mitfinanziert wird (kein Disagio ). Ein Ausfallrisiko hat der Staat eh nicht, da sich der Kredit in Schwundgeld selbst tilgt. Man könne dann natürlich die Tilgung des Schuldners schon als Zins sehen (s. ganz o.).

Ich glaube, ich muss noch mal in Ruhe darüber nachdenken.
:?:

Beitrag 09.02.2017, 18:36

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KROESUS
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Kommt unser derzeitiges system Gsells Ideal nicht recht nahe?

Wir haben ca. 0% Verzinsung auf angelegtes Kapital und einen jährlichen Kaufkraftverlust von ca. 2-3% (5%?)

wer also sein Geld bloss rumliegen lässt,, ob auf dem Konto oder in bar verliert jedes Jahr ein paar % Kaufkraft was einen dazu bringen sollte das Geld sinnvoller anzulegen zum Beispiel um eine Produktionsmaschine zu kaufen

Beitrag 09.02.2017, 19:32

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Deichgraf
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Hm, würde mal sagen: eher nicht, da sozusagen die Inflation nicht in den Aktiva des Staates landet, sondern letzterer davon genau so betroffen ist, d.h. die nächste Staatsanleihe fällt um die Inflation höher aus. (Inflation hier als Preisinflation)
Das aktuelle Szenario ist natürlich eine Entlastung des Staates, der damit länger als Schuldner der Geschäftsbanken durchhält, die aber zu Lasten der Gemeinschaft geht, ob nun Sparer oder mangels Masse auch Nichtsparer.
Die Begriffe Enteignung und Insolvenzverschleppung könnte man hier möglicherweise sinnvoll einbauen.
Das Schwundgeld erkenne ich als einen Beitrag, aber nicht als alleiniges Allheilmittel, um genau diese Probleme zu lösen.
Wenn ich es mir recht überlege, wäre in einem funktionierendem Schwundgeldsystem für private Banken gar kein Platz, außer sie würden nur als riesiger Tresor fungieren. Ich gebe ihr Geld zur Aufbewahrung und nicht als Kredit, wofür Giralgeld entstünde, das die eingelegte Geldmenge verdoppelt.
Dass die passive Geldschöpfung ja nichts mache, ist zu einer Prämisse geworden, die aber auf einer statischen Betrachtung basiert, in der die dynamische Natur des zirkulierenden Geldes überhaupt nicht abgebildet werden kann.
Der Bänker braucht nur den Lehrling mit dem Dienstwagen zum Tanken zu schicken, und schon ist "beides Geld" draußen im Umlauf. Das war es dann mit passiv. Ich will gar nicht daran denken, was passiert, wenn der Tankwart den Schein abends zur Bank trägt.
Sinngemäß ist es auch mit der aktiven Geldschöpfung so. Der Bänker verkauft meinen Schuldschein (Kreditvertrag) an den Inkassomann, und schon ist die Sache ziemlich passiv.
Also mehr als ein großer Tresor darf eine private Bank nicht sein.
Ist sie es doch, gibt es keine Konstellation, die dem Schwundgeldsystem gleichkommt.

Beitrag 09.02.2017, 19:54

Mehrgoldfüralle
Nur am Rande: Große Vermögen werden nicht durch Einhaltung von Bill of rights oder jahrtausende alten Geboten erworben, sondern indem man sie ignoriert und sich seine eigenen Regeln schafft.

@Deichgraf

Das mit dem Schwund wollte Gesell einführen, um die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu erhöhen. Bei Bedarf hätte er einfach nach gedruckt, zuviel wollte er einfach verbrennen, buchstäblich. Wir müssen aber bedenken, daß er von Computern und Digitalisierung noch nichts wusste. Dadurch kann heute die Geldmenge feiner und schneller dosiert werden. Meiner Ansicht nach kann auf den Schwund verzichtet werden. Der Kernpunkt ist, daß nicht private Banken, sondern der Staat das Geld erzeugt. Über die Sache mit dem Boden alls Gemeineigentum können wir getrost weiter nachdenken, das hat was für sich.

Beitrag 09.02.2017, 20:22

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Deichgraf
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben: Wir müssen aber bedenken, daß er von Computern und Digitalisierung noch nichts wusste. Dadurch kann heute die Geldmenge feiner und schneller dosiert werden. Meiner Ansicht nach kann auf den Schwund verzichtet werden. Der Kernpunkt ist, daß nicht private Banken, sondern der Staat das Geld erzeugt. Über die Sache mit dem Boden alls Gemeineigentum können wir getrost weiter nachdenken, das hat was für sich.
Genau das meinte ich ja. Den Schwund kann man auch beliebig als Zins, Tilgung, Steuer betrachten. Wichtig ist, dass diese Geldmenge ("virtuell gebucht") wie ein Aktivum beim Staat erscheint, der diese auch herausgegeben hat. Die Steuerung einer stabilen Währung erscheint mir etwas leichter zu handhaben, wenn die Geldmenge sich von allein verringert, so dass über den Zustrom neuen Geldes die ideale Geldmenge schneller erreicht werden kann.
Als Beispiel hatte ich ja die Konditionen bei der Kreditvergabe genannt und einen "Zins" an den Staat nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Wenn das mit Computern ebenfalls erreichbar ist, wäre mir das genau so recht.
Da auch das Schwundgeld nicht den Umverteilungsprozess wirklich unterbinden kann, wäre ich auch in Sachen Reform des Eigentumsrechts dabei, besonders was Grund und Boden angeht.
Ich gehe noch weiter und denke auch an eine Regierung, die, wenn sie schon Gesetze selber herstellt, auch von potenten Interessengruppen ferngehalten werden muss.

Beitrag 09.02.2017, 20:48

Mehrgoldfüralle
Das können wir gut weiter denken. Zuerst möchte ich aber noch woanders hin. Alle volkswirtschaftlichen Modelle, Neoklassiker, Keynesianer, Österreicher, Neoliberale sind krachend gescheitert. Die einen langsamer mit ein bisschen mehr Regulierung, die anderen schneller. Nur mal so zum Beispiel: Überall wo der IWF als Retter aufgetreten ist, waren die Bevölkerungen schlechter dran als vorher. Wer mir einen einzigen Fall nachweist, wo eine Verbesserung eingetreten ist, bekommt eine Silberunze.

Was ich sagen will ist, der Weg führt in die Schei**gasse, wenn wir ihn weiter verfolgen. Egal ob morgen früh oder in fünf Jahren, das Ende steht unweigerlich fest. Also ist es an der Zeit, über Alternativen nachzudenken. Vor allem darf nicht passieren, das nach einem "Reset", wie auch immer der aussieht. der faule Zauber von vorne los geht.

Beitrag 10.02.2017, 07:18

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Ladon
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Deichgraf hat geschrieben:...
Den Schwund kann man auch beliebig als Zins, Tilgung, Steuer betrachten.
...
Ich dachte, gerade nicht?
Die ersten beiden beziehen sich auf eine Schuld; eine Schuld des "Geldbenutzers" - ausnahmslos, denn das Geld selbst soll ja nicht (!) auf Kreditbasis entstehen.
Und eine Steuer ist eine Regulierung, die dem Regulierenden zweifelsfrei Macht gibt. Der Schwund ist keine Regulierung, die wohl Staat und/oder Notenbank träfe, sondern eingebautes "Bußgeld", weil das Zahlungsmittel ausdrücklich nicht dafür gemacht ist, herum zu liegen!.
Schwund ist ein Begriff, der keinen Interpretationsspielraum lässt: Baff. Wertabnahme. Fertig.
Schwundgeld hat damit begrifflich auch kein Problem. Es will gar keinen Werterhalt für sich in Anspruch nehmen; es definiert sich sogar über den Schwund!
Ganz anders das gebräuchliche "Geld" hier und heute, das sog. Fiat-Money. Das nimmt sehr wohl für sich in Anspruch werterhaltend wirken zu können* und jede Geldfunktion des ganzen Währungssraumes für sich in Beschlag.
Für das bestehende Fiat-Geld ist allein der Begriff Schwund wie das Weihwasser für den Teufel.
Schwundgeld "sagt" klar und deutlich von sich: ich bin Zahlungsmittel. Für den Werterhalt nehmt was anderes (Gold ist eine gute Idee!), da braucht man kein Umlaufgeld dafür nehmen. Am besten nimmt was von außerhalb des Systems.
Ich glaube in diesem besonderen Fall hätte eine klare Sprachregelung tatsächlich einmal einen Sinn.


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(*) absurderweise wundert man sich trotzdem, wenn es bei entsprechenden Rahmenbedingungen dann gehortet wird

===============
"Die Weltverbesserer"
war eine peppige smilie_20 "Schlagzeile". Ein Witz smilie_24 - weil sich bestimmt jeder von denen für einen gehalten hat (und der Witz ist nicht mal von mir)

Und genau WEIL es so viele Bücher gibt, sind doch auch viele gelesen worden. Aber nicht alle von jedem. Kann man sich mal austauschen in so einem Pool wie hier.
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Beitrag 10.02.2017, 16:37

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Deichgraf
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Ladon, ich hatte das Gemeinsame herausgestellt und mich darauf bezogen. Gemeinsam ist allen, dass sie ein Anspruch auf Geld sind.
Bei einem Kredit kann es Zins, Disagio, Gebühr heißen, aber es kostet immer Geld, das im effektiven Jahreszins unter einem Begriff zusammengeführt wird.
Auch das Schwundgeld läßt sich in dieser Hinsicht als ein Konto darstellen, von dem der Staat regelmäßig abbucht, bis es leer ist.
Mit dem Begriff Schuldgeld würde ich auch nicht nur das unsrige verbinden. Die Unterschiede bestehen im Schuldverhältnis z.B. Private Haushalte zu Staat vs Private Haushalte+Staat zu Geschäftsbank.
Das Schwundgeld kann durchaus als Schuldgeld aufgefasst werden, da es ein System aus Ansprüchen ist. Wenn ich für den Staat eine Straße baue, habe ich Anspruch auf einen Schwund-Geldschein, für den ich, falls er angefressen sein sollte, Anspruch auf einen neuen mit gleicher Restlaufzeit mir wenigstens vorstellen kann. Wenn ich vom Staat eine Dienstleistung erhalte, zahle ich mit dem Anspruch, und er ist abgegolten. Tue ich nichts, macht der Staat seinen Anspruch geltend und mindert meine Ansprüche um den Schwund. Wenn ich den Restanspruch an einen anderen abtrete, bekomme ich Ware dafür.
Irgendwie muss das ja auch bilanziert werden. Und da würden Forderungen und Verbindlichkeiten stehen. Auch das Schwundgeld ist Buchgeld, das in verbriefter Form die staatliche Bank verlassen kann.

Beitrag 10.02.2017, 17:09

Mehrgoldfüralle
Nein! Gesells Geld ist eben kein Schuldgeld. Es entsteht gerade nicht durch Kredit, sondern wird von Staat, Notenbank, wie auch immer, schuldlos erzeugt. Banken müssen sich das Geld dort leihen und können es weiter verleihen. Man kann sich auch problemlos vorstellen, daß alle Bürger selbst ein Konto bei der Ausgabestelle haben und die Banken dann im Wesentlichen auf den Zahlungsverkehr reduziert werden.

Ich kann mir vorstellen, daß ein eingebauter Schwund beim Geld nicht leicht zu "verkaufen" wäre. Deshalb denke ich, daß man andere Instrumente nutzen kann, um exorbitante Anhäufungen zu vermeiden. "Vollgeld" ist hingegen leicht zu erklären. Das ist so, wie sich 95 % der Menschen die Geldherstellung ohnehin vorstellen. Die glauben tatsächlich, Staat und/oder Notenbanken machen das Geld, wenn man ihnen die Wahrheit sagt, fallen sie aus allen Wolken.

Beitrag 10.02.2017, 17:14

Mehrgoldfüralle
@Goldfanatiker
Sorry, das ist neoliberaler Unfug. Ein Staat und seine Bürger können in ihrer Gesamtheit ALLES ausgeben, was sie erwirtschaften. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Deutschland zum Beispiel gibt viel zu wenig aus, während die USA weit über ihre Verhältnisse leben.

Du wirst nicht behaupten wollen, die weltweiten Probleme liegen an den ausgabefreudigen Staaten?

Beitrag 10.02.2017, 17:47

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Deichgraf
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Mehrgoldfüralle hat geschrieben:Nein! Gesells Geld ist eben kein Schuldgeld. Es entsteht gerade nicht durch Kredit, sondern wird von Staat, Notenbank, wie auch immer, schuldlos erzeugt. Banken müssen sich das Geld dort leihen und können es weiter verleihen. Man kann sich auch problemlos vorstellen, daß alle Bürger selbst ein Konto bei der Ausgabestelle haben und die Banken dann im Wesentlichen auf den Zahlungsverkehr reduziert werden.
Kein Schuldgeld, aber die Banken müssen es sich leihen, also ein Schuldverhältnis begründen, dann verleihen sie es weiter, bekommen von mir dafür eine Forderung gegen mich in die Aktiva?

Wenn ich in einem Schwundgeldsystem, dem ich nicht irgendwelche speziellen Merkmale unterstelle, einen Kredit vom Staat für die eigene Hütte aufnehme, wird der Staat das Geld nicht schleunigst auf dem Rathausplatz in Form von Schwundgeldscheinen einzusammeln versuchen, sondern aufgrund seines Geldschöpfungsmonopols die Geldmenge erhöhen und ein Schuldverhältnis begründen. Das finde ich auch nicht schlimm. Auch eine variable Vorabgebühr, die in der Geldmenge bereits vorhanden ist, zur Steuerung des Kreditvolumens würde ich nicht pauschal verdammen. Diese Gebühr könnte z.B. in ein BGE fließen. Schlimm ist nur, wenn private Banken ohne Rücksicht auf die Geldmenge privates Buchgeld schöpfen und dafür auch noch Zins verlangen, der in der Geldmenge nicht existiert und in private Hosentaschen wandert.
Wenn hier von einem System mit der Einschränkung, dass der Staat keine Kredite vergibt, oder sie irgendwie anders als durch Erhöhung der Geldmenge beschafft, ausgegangen wird, ... ja dann sagt mir das doch einfach mal.......


smilie_15

Beitrag 10.02.2017, 18:25

Mehrgoldfüralle
@Deichgraf
Sorry, du hast da immer noch einen Knoten drin. Schwundgeld, Vollgeld wird zu Anfang geschaffen in der Höhe der Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft. Das ist dann da. Sinkt die Wirtschaftsleistung, muss Geld vernichtet werden. Steigt sie, wird in dem Umfang Geld gedruckt. Alles Geld, Noten oder Buchgeld, hat die gleiche Qualität. Für die Verwendung kann man Steuerungsinstrumente einsetzen, demokratisch. Baust du ein Haus und der Hausbau ist gerade erwünscht, bekommst du Geld zum niedrigen Zinssatz. Neues Geld entsteht nicht und es wird auch durch die Tilgung kein Geld vernichtet. Wird entschieden, es gibt genug Wohnraum, wieder demokratisch, steigt der Zins. Das sind nur Beispiele.

Stell dir vor, alles vorhandene Geld wäre Bargeld, dann wird´s leichter.

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