Abrieb bei Münzen = Gewichtsverlust?

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 22.05.2011, 08:42

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Kilimutu
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Ladon hat geschrieben:
KRAlex hat geschrieben:... Es sind Partikel in Staubgröße die abgetragen werden.
Genau das ist ja das Erstaunliche - der "sichtbare Effekt" ist bei einer blank polierten Münze doch viel größer.

Wenn ich zusammenfasse, erhärtet sich der "Verdacht", oder? Metall "verschmiert".
Ich denke, dass Beides zutrifft. Abrieb und Verschmieren. Das hängt aber ganz stark von Art und Umfang der mechanischen Beanspruchung ab und von dem Material, auf das sie einwirkt.

Wird die mechanische Beanspruchung durch härteres Material erzeugt, nimmt der Abrieb mit der Härte zu. Wird die mechanische Beanspruchung durch weiches oder weicheres Material erzeugt, nimmt das Verschmieren zu.

Wie stark die mechanische Beanspruchung bei dem Material wirkt, wird wiederum von dessen Elastizität / Spröde beeinflusst.

Plakative Beispiele:

Bearbeitetst Du Deine Goldmünze mit einer deutlich härteren Feile, überwiegt der Abrieb. Trägst Du über Jahre hinweg zwei gleichartige Goldmünzen im Geldbeutel spazieren, die sich aneinander reiben, dann überwiegt das Verschmieren.

Gold ist sehr elastisch (Blattgold), Glas oder Quarz sehr spröde. Wenn Du mit einem Diamanten Glas ritzt, dann siehst Du im Mikroskop einen Graben (also überwiegend Abrieb). Bei Gold siehst Du einen Graben mit Randwällen (also überwiegend Verschmieren).

Gruß

Tom
Letzte Woche war die Atomkraft so sicher wie das Amen in der Kirche - heute ist sie so sicher wie die Renten (Sven Lorig im ARD Morgenmagazin, nach Fukushima)

Beitrag 22.05.2011, 08:53

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Ladon
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@ Kilimutu

Danke, das war nachvollziehbar.
Um die Eingangsfrage damit abrundend und vielleicht sogar endgültig zu beantworten, könnte man also wohl sagen, dass Münzen, die über Jahrzehnte durch Abertausende von Händen (also "weiches Material") gingen eher "verschmiert" sind - was den praktisch nicht festzustellenden Gewichtsverlust (also das Fehlen deselben) erklärt.
Ein Effekt, der - mutmaßlich - beim weichen Gold auch noch stärker ist als bei anderen Metallen.

Ein Experiment (monatelang mit dem Daumen über eine Münze reiben ...) erspare ich mir smilie_02
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Beitrag 22.05.2011, 09:15

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Kilimutu
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Ladon hat geschrieben:@ Kilimutu

Danke, das war nachvollziehbar.
Um die Eingangsfrage damit abrundend und vielleicht sogar endgültig zu beantworten, könnte man also wohl sagen, dass Münzen, die über Jahrzehnte durch Abertausende von Händen (also "weiches Material") gingen eher "verschmiert" sind - was den praktisch nicht festzustellenden Gewichtsverlust (also das Fehlen deselben) erklärt.
Ein Effekt, der - mutmaßlich - beim weichen Gold auch noch stärker ist als bei anderen Metallen.

Ein Experiment (monatelang mit dem Daumen über eine Münze reiben ...) erspare ich mir smilie_02
Leider nicht richtig, denn das Entscheidende bei Münzen spielt sich nicht in den Händen sondern im Geldbeutel ab. Hier finden die hohen Beanspruchungen statt. Vor allem, wenn man ihn in der Gesäßtasche trägt. Oder auch, wenn ein Stück zu Boden fällt. Deshalb die Kratzer und Macken an gebrauchten Goldmünzen. Die meines Erachtens maßgebliche Eigenschaft bei Gold (im Hinblick auf den nicht messbaren Gewichtsverlust) ist seine Elastizität. Diese minimiert den Abrieb und begünstigt das Verschmieren und Verformen.

Gruß

Tom
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Beitrag 22.05.2011, 11:45

MapleHF
... ich hatte mal vor enigen Jahren einen gegossenen kg-Barren Silber, den ich als Briefbeschwerer nutze mit Schleifgummi mattiert - sieht absolut klasse aus.

Auf der Waage hat sich nichts geändert.

MapleHF

Beitrag 22.05.2011, 15:32

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Kilimutu
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MapleHF hat geschrieben:... ich hatte mal vor enigen Jahren einen gegossenen kg-Barren Silber, den ich als Briefbeschwerer nutze mit Schleifgummi mattiert - sieht absolut klasse aus.

Auf der Waage hat sich nichts geändert.

MapleHF
Wenn Du auch nur 1 Gramm Deines Silberbarren abgeschliffen hättest, wäre das ein "Brocken" mit 3*3*3,333 mm oder bei Gold immer noch 3*3*1,67 mm.

Oder die umgekehrte Betrachtung:

Ein "fetter" Kratzer auf einer Goldmünze mit 5 mm Länge, 0,2 mm Breite und 0,2 mm Tiefe bedeutet (wenn es nicht verschmiert sondern abgerieben wird) ein Volumen von 0,2 mm³. Bei einem Gewicht von 19,3 g/cm³ sind es 0,0193 g je mm³ und bei 0,2 mm³ gerade noch 0,00386 g, also 3,86 mg bzw. 3,86 tausendstel Gramm.

Kein Wunder dass das auf Euren Waagen nicht erkennbar ist.

Gruß

Tom
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Beitrag 22.05.2011, 16:28

noname
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Wenn man eine Münze einritzt, wird das Material nicht abgetragen, sondern anders verteilt. Die Umlaufmünzen wurden in Beuteln aufbewahrt. Beim "Klimpern im Geldbeutel" schlagen die Münzen gegeneinander. Es entstehen Vertiefungen und Grate. Oder vom Rand der Haarpracht des aufgeprägten Potentaten wird das Material zum aüsseren Münzrand hin verschoben. Das kann man auch mit verschmieren beschreiben.

Beitrag 22.05.2011, 21:06

mister x
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ich denke das,das gewicht einer goldmünze schon sehr genau
gemessen wird und das gold auch nicht einfach so vom ersten oder zehnten
hand-berührung um z.b. 0,05g weniger wird.
smilie_01

Beitrag 22.05.2011, 21:33

EarlGrey73
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Schönen guten Tag auch!

Es ist ja schön, daß ich bei meinem ersten Wortlaut vielleicht etwas helfen kann. Treibe mich hier schon eine ganze Weile nur lesend auf dieser Seite herum, nu sach ich auch mal was. ;)

Vielleicht kann ich etwas Theoretisches zur Diskussion beitragen. Mein Wissen beziehe ich aus dem Werkstoffkundeunterricht, dem ich 2 Semester lang an der Technikerschule ausgesetzt war. ;) Je reiner Metalle sind, desto weicher und zäher sind sie. Das heißt, je reiner das Metall, desto einfacher verformbar aber auch je reiner das Metall, desto schwerer trennbar. Für mich sind also diese Abnutzungsspuren größtenteils Verformungen und eher weniger Materialverlust.

MfG EarlGrey73

Beitrag 23.05.2011, 17:30

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thEMa
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Vorab folgendes:
ich habe mir mal ein Lot 1RM Silbermünzen ( ich glaube J.9 und J.17) gekauft, wobei die älteren (J.9) schon einen sehr abgenutzten Eindruck machen. Und das läßt sich auch mit der Waage eindeutig nachweisen. Silbermünzen waren halt im Vergleich zu Goldmünzen eben doch noch viel mehr im "Umlauf".

Jetzt zu den Verschleißmechanismen:
Hier haben wir es einerseit mit Umformung und anderseits mit Abrasion zu tun. (Korrosion können wir wohl vernachlässigen smilie_02, bei Silbermünzen spielt die Korrosion aber vielleicht auch eine gewisse Rolle, besonders, wenn sich das Korrosionsprodukt leichter abreibt, als das Metall selbst )

Umformung findet statt, wenn man z. B. eine Münze aufs Bahngleis legt und der Zug drüberfährt. Hier leidet das Motiv erheblich, obwohl so gut wie kein Materialabtrag erfolgt.
Abrasion benötigt eine Art "Schneide", z.B. die Kante eines Schleifpapierkorns, das dann einen Span abschnitzt. Ausserdem könnte auch Material abplatzen, wenn es sehr spröde ist. Fällt für Gold ebenfalls flach.
Materialverlust kann aber auch Auftreten, wenn immer und immer wieder umgeformt wird. Der Mechanismus ist dabei ähnlich, wie wenn man einen Draht durch mehrmaliges Hin- und Herbiegen auseinanderbricht. Ähnliches passiert dann mit den Wällen, die neben einem Kratzer entstehen. Hierbei kommt es aber auf Werkstoff, Temperatur und den zeitlichen Abstand zwischen den Umformvorgängen an.
Bei Metallen unterscheidet man zwischen Warm- und Kaltverformung. (Warmverformung von Stahl: Schmieden, Kaltverformung: Blech abkanten).
Es gibt aber auch Metalle, die sich bei Raumtemperatur warmverformen lassen (Blei zum Beispiel). Das besondere ist hier, dass die Versetzungen im Kristallgitter dieser Metalle, die beim plastischen Verformen auftreten, wieder in einer endlichen Zeit "ausheilen". Das Material ist also nach einer Weile wieder "wie neu".
Fazit:
Da Gold recht gut plastisch verformbar ist, kann man wohl von einer Warmverformung ausgehen. Für einen Gewichtsverlust wird also immer diese "Schneide" benötigt. Und wenn die nicht scharf bzw. hart genug ist, wird Gold immer eher "verschmieren", als abgerieben werden.
Zuletzt geändert von thEMa am 23.05.2011, 20:31, insgesamt 1-mal geändert.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 23.05.2011, 20:03

aurelian
Nach der metallurigeschen Theoriestunde mal aus der Praxis.

Wenn ich die frühen 1Markstücke(kleiner Adler) aus dem Kaiserreich betrachte auf welchen schon weite Teile des Prägebildes verschwunden sind bestätigt mit das Wiegen einen gewissen Materialverlust.

In diesen Fällen also ganz eindeutig kein "Verschmieren",zumindest nicht ausschließlich.

Das kann bei 200 Stücken(ursprünglich 1kg fein) durchaus schon mehrere Gramm ausmachen.

Ich halte es daher so daß in solchen Lots zwar verkratzte Stücke und Exemplare in normaler Umlauferhaltung enthalten sein dürfen(also ganz überwiegend die späteren "großen Adler"),aber die völlig "weggenudelten Stücke ein Fall für die Schmelzkiste sind.

Beitrag 23.05.2011, 20:16

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Ladon
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Der Abrieb als solcher - also die Existenz von Gewichtsverlust, meine ich - stand bei meiner Eingangsfrage nicht so im Mittelpunkt. Ich hatte mich über darüber gewundert, dass es bei Münzen (Sovereigns im Speziellen) mit deutlich sichtbarer "Abnützung" trotzdem kaum oder kaum messbaren Gewichtsverlust gibt.
Ich glaube die "metallurgischen" Betrachtungen gehen da schon in die richtige Richtung.

Klar dürfte mittlerweile sein, dass es tatsächlich beide Effekte "spürbar" gibt. Ich mutmaße mal, dass bei Gold das "Verschmieren" sogar überwiegt.

Danke an alle, die zur Klärung beitragen konnten.

@aurelian
Irgendwo etwas weiter oben im Thread wird auf einen Artikel zum Gewichtsverlust von Münzen verwiesen. Es gab da wohl sogar Regelungen, wann eine Münze "aus dem Verkehr gezogen" werden soll.
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Beitrag 23.05.2011, 20:30

aurelian
Der Onkel hat da eine intressante Betrachtung verlinkt!

Da in der dortigen Tabelle allerdings im Verhältniss "untergwichtigter"Stücke Au überwiegt stellt sich die Frage ob dies ausschließlich mit normalem Umlauf in Verbindung zu bringen ist oder ob man da anderweitige "Eingriffe"unterstellen könnte.

Ich wage mal zu behaupten daß zu allen Zeiten die Umlauffrequenz von Ag Stücken deutlich höher lag als die von Au Stücken.Zweitere stellten tendeziell eher Hortgeld dar(was natürlich Umlaugf nicht kategorisch ausschließt).
Zuletzt geändert von aurelian am 23.05.2011, 20:38, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag 23.05.2011, 20:35

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Ladon
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Ist 'ne interessante Frage.
Gilt garantiert für Ende 19. und dann auf jeden Fall im 20. Jahrhundert. Davor ... schwer zu sagen.

Gold sei das Geld der Adeligen, Silber das der Gentlemen, sagte man wohl in England.
Also ich hab' da Sovereigns, die sind defintiv abgegriffen (ob nun verschmiert oder abgetragen) - das hat keiner manipuliert.
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Beitrag 23.05.2011, 20:50

aurelian
Selbstverständlich ist auch Au umgelaufen!
Das erklärt "Deine"Verschmierungen und/oder Abtragungen.

Wenn ich aber die Tabelle betrachte welche wohl auf einer sehr großen Anzahl empirischer Daten beruht keimt zumindest ein gewisser Verdacht was die dort betrachteten Stücke betrifft.

Das kann natürlich auch andere Ursachen haben(z.B. detailiertere Massenerfassung bei der Auswertung bezügl.Au)

Tendenziell ist Au immer eher Hortgeld und Ag oder gar AE eher im tägl.Umlauf.

Eine maximale Umlauffrequenz von Au dürfte in byzantinischer Zeit vorliegen.Relativ viele kleine Au Einheiten wurden ausgegeben,aber kaum Ag geprägt.
Alltagsumläufer waren aber Aes Stücke.

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