Realwerte von älteren Goldmünzen

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 08.12.2011, 14:31

DuraAce
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Beiträge: 105
Registriert: 07.04.2011, 18:57
Hallo,

um einen besseren Überblick über die tatsächliche Inflation zu bekommen, wollte ich mal nachfragen, ob jemand weiß was man so mit den "alten" Goldmünzen, sprich Dukaten, 20 Reichsmark etc. so alles kaufen konnte! Vielleicht kann mir jemand da etwas helfen, und weiß mehr.
Also konnte man zb für 20 Reichsmark 1898 eine Monatsmiete für ein normale Mietwohnung bezahlen oder reichte das ganze doch eher nur für einen Wocheneinkauf? Vielleicht hat ja jemand schon mal einen Vergleich selbst aufgestellt.

Ich denke am interessantesten ist ein solcher Vergleich mit Mietwohnungen oder gibt es bessere Vergleichmöglichkeiten? Ich habe mir gedacht das wie folgt zuvergleichen:
Ich möchte (wenn auch grob) wissen, wieviel Gold (oder Silber) vor 100 Jahren benötigt hat um eine bestimmte Wohnung anzumieten, zu Beispiel eine 50m² große Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. (Normale Ausstattung, in Zentrumnähe beispielsweise)

Würde mich freuen wenn sich jemand meldet und mir hilft!
Erfolgreich gehandelt mit: Goldprofi, ackid

Beitrag 08.12.2011, 14:58

Coroner
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 182
Registriert: 21.03.2010, 14:21
Einen Vergleich mit Mietwohnungen habe ich nicht, aber:
mein Vater hat in den 20er Jahren ein Pferdefohlen für 1 Wilhelm II 20 Goldmark (=7,2 g) verkauft;
die Münze habe ich heute noch.
Das heisst, dass damals eine Unze Gold in etwa den Gegenwert von vier Pferden hatte.
Heute kostet ein (Arbeits-)Pferd in etwa 2500€, d.h. die Unze Gold = 10000€. Schön wär's!
Gruss Coroner

Beitrag 08.12.2011, 15:16

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bullionente
2 Unzen Mitglied
Beiträge: 44
Registriert: 14.06.2010, 17:16
darf ich hier kurz einhaken?

Was mich interessiert: waren die Deutsche Reich Goldmark tatsächlich regulär im Umlauf?
Also nicht wie bei den jetzigen BRD-Goldeuro, dass der Materialwert die Nominale massiv übersteigt,
und somit eigentlich nie im Umlauf kommen, sondern nur in der Hand von Sammlern und Anlegern
bleiben...

Beitrag 08.12.2011, 15:17

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Willi Tell
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 323
Registriert: 07.01.2011, 06:30
Wohnort: mal hier mal da
Coroner hat geschrieben:Einen Vergleich mit Mietwohnungen habe ich nicht, aber:
mein Vater hat in den 20er Jahren ein Pferdefohlen für 1 Wilhelm II 20 Goldmark (=7,2 g) verkauft;
die Münze habe ich heute noch.
Das heisst, dass damals eine Unze Gold in etwa den Gegenwert von vier Pferden hatte.
Heute kostet ein (Arbeits-)Pferd in etwa 2500€, d.h. die Unze Gold = 10000€. Schön wär's!
ein Fohlen in den 20er Jahren mit einem Pferd in 2011 kann aber nicht verglichen werden.

Fohlen gibt es heute auch für ein paar Hunderter (natürlich geht es aber auch viel teurer), ein Pferd aber ist mindestens 3 Jahre alt, hat den Verkäufer also 3 Jahre Lang fast die Haare von Kopf gefressen smilie_11 , wurde dann vielleicht noch ausgebildet und eventuell haben von 10 Fohlen eines Jahrganges nur 8 das Pferdealter erreicht, da müsste dann noch 20 Prozent schwund mit eingerechnet werden. Das Pferd muss also teurer sein als das Fohlen, daher funktioniert Dein Vergleich nicht.
uǝɥɔnɐɹqǝƃ ʇnƃ ɥɔnɐ s’uuɐʞ 'ɹɥǝs ɥɔı qǝıl ɹǝqlıs pun ploƃ

Beitrag 08.12.2011, 15:27

Coroner
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 182
Registriert: 21.03.2010, 14:21
@Willi Tell
Willi Tell hat geschrieben: Das Pferd muss also teurer sein als das Fohlen, daher funktioniert Dein Vergleich nicht.
Ist es meiner Rechnung nach ja auch: 31,1 g / 4 = 7,8 g
1 Fohlen = 7,2 g
1 Pferd = 7,8 g

@bullionente
Den Berichten meines Vaters nach war es damals zumindest auf den Vieh- und Pferdemärkten im süddeutschen Raum durchaus Usus in Goldmünzen (Reichsmark, Dukaten, Kronen...) zu bezahlen. Mein WilhelmII weist auch demgemäss deutliche Gebrauchsspuren auf :lol:
Zuletzt geändert von Coroner am 08.12.2011, 17:11, insgesamt 2-mal geändert.
Gruss Coroner

Beitrag 08.12.2011, 15:55

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thEMa
10 Unzen Mitglied
Beiträge: 448
Registriert: 19.10.2010, 15:04
Oder hier für die Zeit um 1900:
http://wiki-de.genealogy.net/Geld_und_Kaufkraft_ab_1871

Ganz interessant ist auch das hier:
http://www.mittelalter-server.de/Mittel ... reise.html
Hier wurde das Einkommen eines Landarbeiters (damals und heute) als Basis für die Umrechnung genommen. Das find ich eigentlich recht griffig, da es einen guten Eindruck über das subjektive Empfinden von Reichtum oder Armut vermittelt.
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 08.12.2011, 20:05

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Mithras
500 g Barren Mitglied
Beiträge: 968
Registriert: 07.01.2011, 16:21
Wohnort: dort, wo ich die Schuhe ausziehe
@Bullionente: Die 20-RM-Münzen waren "ganz normales Alltagsgeld", sie hatte nur kaum ein "kleiner Arbeiter" je im Portemonnaie, weil der den Lohn täglich oder allenfalls noch wöchentlich bekam, und das war dann "nur" Silbergeld - guckst Du http://de.wikipedia.org/wiki/Goldmark

Der Umrechnungsfaktor: 1 GM = 10,- € kommt für das Ende des 19. Jh. im Durchschnitt auf jeden Fall ausgezeichnet hin.... die für die Zeit direkt vor WK I genannten nur ca. 5,- € sind aber zu niedrig: 7,- € stimmt wohl eher (siehe dazu auch Jürgen Kuczynski's Berechnungen). Ansonsten sind solche Preisvergleiche eine hochkomplexe Sache. Dazu müssen dann u.a. auch hedonische Ansätze verfolgt werden, die zugleich aber Manipulationen Tür und Tor öffnen: "Glaube nur einer Statistik, die du selber gefälscht hast." :wink: ...
Goldigste Grüße,

Euer Mithras, der Goldjunge

Und nicht vergessen: "Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück: Null." [Voltaire, 1694-1778]

Beitrag 09.12.2011, 09:51

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Ladon
Moderator
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Registriert: 17.05.2010, 13:38
Wohnort: Terra
Mithras hat geschrieben:... Dazu müssen dann u.a. auch hedonische Ansätze verfolgt werden, ...
Dazu eine - erläuternde - Anmerkung:
Was gemeint ist, wäre die Bewertung eines "Gutes" zu einer bestimmten Zeit nicht (!) nur nach seinem Aussehen, Nutzen oder Gebrauch. Mir ist mal ein hoch unterhaltsamer Vergleich zwischen Automobilen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und (Haus-)Sklaven in (früh-kaiserlichen) Rom untergekommen:
Es lassen sich bei diesen beiden (ich bin jetzt mal ohne jede Empathie für die menschlichen Schicksale) "Gütern" trotz des augenfälligen Unterschieds eine ganze Reihe von "Parallelen" feststellen, die letztlich einen Vergleich der beiden "Güter" aus finanzieller Hinsicht durchaus rechtfertigen können:
Da ist zum einen das Statusobjekt - der Besitz ist mit Status verbunden, unabhängig vom Nutzen oder der Notwendigkeit des Besitzes. Dann das Vorhandensein einer enormen Spannbreite des Angebots: Von "einfach und günstig" bis hin zu "hoch spezialisiert" oder "extrem luxuriös" und richtig teuer. Es gibt das "Alltagsgut" und den hoch gezüchteten Spezialeinsatz. Das kann man ganz einfach durchaus noch weiter spinnen. Die entsprechenden TATSÄCHLICHEN Güter herauszufinden, überlasse ich hier mal dem Leser ...
Aber weiter: Der Unterhalt kann durchaus die Anschaffungskosten übersteigen. Reparaturen müssen einkalkuliert werden. Am Ende (durch Freilassung, Tod oder Verschrottung) bekommt man nix zurück.
Etc.p.p.
Ein Blick auf die "Preisspanne": Ein einfacher, "gut funktionierender" Sklave ist für 5.000 Sesterzen zu haben. Überliefert ist der Preis eines voll ausgebildeten Gladiators (im 13er Pack) mit 692.308 Sesterzen. Über Gold und etwa den Tageskurs umgerechnet entspricht das ca. 15.000, beziehungsweise etwas über 2.000.000 Euro.

Ein Vergleich des Getreidepreises hingegen wäre völlig falsch, weil Getreide zu jener Zeit an Römer verteilt wurde. Ein Faktor der dann wieder in alle Betrachtungen über Löhne einfließen muss!

Insgesamt eine schwierige Sache, wie Mithras schon sagt.

P.S.
Einer meiner liebsten "Vergleiche" mit diesem Thema ist das Vermögen des Phileas Fogg aus Jule Vernes Roman "In 80 Tagen um die Welt" - also sagen wir mal um 1860 oder so. Mr. Fogg besitzt 40.000 Pfund (20.000 verwettet er, 20.000 gibt er auf der Reise aus). Ein Vermögen, das ihm ermöglicht als Privatier "von den Zinsen" zu leben, mit standesgemäßer Wohnung in London, Diener usw. Es reicht offensichtlich auch, um eine Familie zu ernähren. Diese 40.000 Pfund könnte er sich als "Sovereigns" auszahlen lassen ... kurze Rechnung ... macht knapp 300kg Gold oder etwa 12 Millionen Euro.
... ja, das reicht auch heute noch, um "reich" zu sein und nicht arbeiten zu müssen; egal was sich im Umfeld geändert haben mag. ;-)
Höflichkeit ist keine Schwäche - Empathie ist keine Dummheit - Moral ist nicht moralinsauer

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