Die Saat des Geldes?

Edelmetall-Themen, neue Bullion- und Sammlermünzen, historische Hintergründe, Fachwissen

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Beitrag 15.11.2012, 14:01

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enderlin5 hat geschrieben:Ich habe schon mehrfach die Geschichte gehört, dass manche Kulturen (Stämme) vor jedem Kontakt mit Geld keinen expliziten Tauschhandel getrieben haben. Jeder wurde in seinen Vorhaben von den anderen unterstützt, jeder der gerade etwas hatte, z.B. ein Tier geschlachtet, hat einfach alle an der Mahlzeit teilhaben lassen, ohne dass etwas aufgerechnet wurde. Eine gewisse Arbeitsteilung war dabei sehr wohl möglich, denn jeder hat halt seinen Teil gemacht und wurde für alles andere von der Gemeinschaft mitversorgt, wie es innerhalb von Familien heute oft üblich ist.

Mit dem Kontakt zur Zivilisation und damit zum Geld soll sich dann die Lebensweise ganz plötzlich dramatisch verändert haben. Nun wurde jede kleinste Leistung aufgerechnet und nur gegen Geld irgendetwas abgegeben.

Ich stelle mir vor, dass eine Tauschwirtschaft ohne explizites Geld aus den bekannten Problemen heraus einfach so kompliziert ist, dass eine Gesellschaftsstruktur gelebt werden muss, die ohne genaues Gegenrechnen der Leistungen auskommen kann.
Das gemeinsam Leben war gegeben, auch ich wurde selbstverständlich in das Leben mit einbezogen. Morgen Dach mit Palmwedeln decken, Fischnetze einzuholen.......... Es war selbstverständlich dass du mitgegangen bist. Hast ebenso selbstverständlich dein Essen bekommen.

Geändert hat sich das Leben mir der Erkenntnis, man braucht einen Außenbordmotor.

Die kleine Dorfgemeinschaft musste sich öffnen und brauchte "Geld".

Ich sah das als Anfang vom Ende und so kam es. Man lebt nun in Abhängigkeit und Elend
.
Geld hat für dieses kleine Dörfchen die absolute Abhängigkeit gebracht.

:twisted:
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Beitrag 15.11.2012, 14:15

Duke_78
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Rentenempfänger hat geschrieben:Man lebt nun in Abhängigkeit und Elend
Ist die Abhängigkeit durch Geld tatsächlich grösser? Der einzige der wirklich unabhängig lebt, lebt solitär, wäre aber per Definition dann aber keine Gesellschaft. Ist Abhängigkeit wirklich per se was schlechtes. Menschen sind nunmal soziale Wesen und solziale Geflechte haben immer Anhängigkeiten.
Und Elend? Wenn Du hier eine materielle Verelendung meinst, würde ich sagen, das Gegenteil ist der Fall, denn nun hat man ja den Aussenbordmotor - also mehr Güter! Und ob eine Gesellschaft mit Geld kulturell elender dran ist als eine ohne Geld würde ich zumindest bestreiten.
"Alle Verallgemeinerungen sind gefährlich. Auch diese!"
Alexandre Dumas

Beitrag 15.11.2012, 14:25

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Duke_78 hat geschrieben:
Rentenempfänger hat geschrieben:Man lebt nun in Abhängigkeit und Elend
Ist die Abhängigkeit durch Geld tatsächlich grösser? Der einzige der wirklich unabhängig lebt, lebt solitär, wäre aber per Definition dann aber keine Gesellschaft. Ist Abhängigkeit wirklich per se was schlechtes. Menschen sind nunmal soziale Wesen und solziale Geflechte haben immer Anhängigkeiten.
Und Elend? Wenn Du hier eine materielle Verelendung meinst, würde ich sagen, das Gegenteil ist der Fall, denn nun hat man ja den Aussenbordmotor - also mehr Güter! Und ob eine Gesellschaft mit Geld kulturell elender dran ist als eine ohne Geld würde ich zumindest bestreiten.
Die Abhängigkeit kam mit der gezwungenen Öffnung Schlag auf Schlag.

Die nächste Errungenschaft war ein Generator für die Wasserpumpe und einen "Dorffernseher"

Die Pumpe förderte Süßwasser aus dem Brunnen der aber nun wegen starker Wasserentnahme versalzen wurde. Diesel musste gekauft werden.Und der Fernseher brachte die Menschen zum Träumen. Was gab es doch für schöne Sachen. Man brauchte GELD !

Die jungen Mädchen träumten von den großen Städten und gingen auch dort hin.................

1970 noch standhaft die Dorfgemeinschaft von Kho Pee Pee. Die Bewohner griffen anlegende Boote an.
Dann kam "The Beach".......


:evil:
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Beitrag 15.11.2012, 14:37

Duke_78
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Hmmm. Klingt mir etwas sehr das Rousseau's Edlen Wilden - wenn doch nur kein westlicher Einfluss (und Geld wären) lebten wir alle glücklich in Kommunen.
Ich für meinen Teil empfinde a) Geld sehr nützlich und b) mein Leben in einem westlichen Gesellschats-System als deutlich vorteilhafter.
Aber das ist jetzt schon sehr weit off-topic.
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Beitrag 15.11.2012, 15:00

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thEMa
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Rentenempfänger hat geschrieben:Die Abhängigkeit kam mit der gezwungenen Öffnung Schlag auf Schlag.

Die nächste Errungenschaft war ein Generator für die Wasserpumpe und einen "Dorffernseher"

Die Pumpe förderte Süßwasser aus dem Brunnen der aber nun wegen starker Wasserentnahme versalzen wurde. Diesel musste gekauft werden.Und der Fernseher brachte die Menschen zum Träumen. Was gab es doch für schöne Sachen. Man brauchte GELD !

Die jungen Mädchen träumten von den großen Städten und gingen auch dort hin.................
Duke_78 hat geschrieben: Ich für meinen Teil empfinde a) Geld sehr nützlich und b) mein Leben in einem westlichen Gesellschats-System als deutlich vorteilhafter.
Aber das ist jetzt schon sehr weit off-topic.
Meine Rede.
thEMa hat geschrieben:Daher gibt es wohl auch kein Zurück mehr für eine Gesellschaft, die einmal mit Geld in Berühung gekommen ist
Ceterum censeo anatocismum esse delendum

Der Zins, sie zu knechten, sie alle zu finden,
ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Beitrag 15.11.2012, 15:12

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thEMa hat geschrieben:
thEMa hat geschrieben:"thEMa"]Daher gibt es wohl auch kein Zurück mehr für eine Gesellschaft, die einmal mit Geld in Berühung gekommen ist


! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !



smilie_24
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Beitrag 15.11.2012, 15:27

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Ladon
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Goldhamster79 hat geschrieben:...
demnach ist die Erfindung (also das "Finden") des Geldes oder irgendeines allgemein akzeptierten Tauschmittels (selten, begehrt, fungibel und haltbar) erst der Schlüssel zur Entwicklung und Handel.
...
Ins "Schwarze" würde ich sagen. DAS ist der Punkt!
Der "Hamster" sprichts gelassen aus ... und doch kommt - oder käme (der Konjunktiv ist hier schon angebracht) - es einer Revolution gleich. Geht doch die konventionelle Geld- und Wirtschaftsheorie (und wieder: ganz EGAL welcher Ausrichtung) eben gerade und meines Wissens IMMER davon aus, dass der MARKT da war und sich in ihm mehr oder weniger zwangsläufig das Geld entwickelte. Aus der hier diskutierten Sicht KÖNNTE es also sein, dass zuerst das Geld da war und dann der Markt.

Ein Dank dem Hamster, dem das so deutlich zu formulieren gelang.
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Beitrag 15.11.2012, 15:48

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thEMa
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Somit ist also der Markt die Henne und das Geld das Ei... smilie_02
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Beitrag 15.11.2012, 15:48

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Goldhamster79
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Danke für die Blumen smilie_17

Nun eigentlich ist es ja fast logisch (trotz des revolutionären Charakters der Aussage).
Ein Markt bedarf zwingend eines Schmiermittels (alle rudimentären Sippengesellschaften würde ich nicht als Markt bezeichen).

In einer derart "urzeitlichen" Stammesform drehe sich der Alltag um die Elementarbedürfnisse des täglichen (Über-)Lebens und nicht darum für einen noch nicht existenten Markt ein Zahlungsmittel zu suchen.

Erst ein allgemein geschätztes Gut mit den typischen genannten monetären Charaktereigenschaften führe dazu, dass ein Handel entstehen kann, weil es erst ein breit-akzeptiertes Schmiermittel darstellen würde. Keine Maschine kann ohne Schmiermittel laufen, somit stellt das Schmiermittel einen unverzichtbar vorausgesetzten Betriebsstoff dar smilie_22

smilie_08

Beitrag 15.11.2012, 18:46

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thEMa hat geschrieben:Somit ist also der Markt die Henne und das Geld das Ei... smilie_02
Erstmal musst Du erklären, was zuerst da war ... ;-)

Es ist das Axiom der ganzen Wirtschaftstheorie, dass zuerst der Markt da war (eben die nun schon vielfach genannten "dörflichen Tauschökonomien") aus dem heraus sich das Geld entwickelt hat.
Scheinbar widersprechen dem aber die Anthropologen, die sagen, dass solche Gesellschaften völlig fiktiv sind. Was bedeuten würde, dass sich das Geld aus anderen "Gründen" gebildet hat. Um den Kreis ziemlich zum Anfang des Threads zu schlagen: Das ist vermutlich die Aussage in dem irgendwo oben erwähnten Buch: Dass Geld einen irgendwie kultischen Ursprung hat. Womit man nahe daran ist zu überlegen, ob "Schuld" (die in allen bekannten Religionen irgendwie in Form einer Urschuld eine Rolle spielt) die Wurzel des Geldes ist.
Das ist schon einigermaßen ... hm ... sagen wir: ungewohnt.


@ Hamster
Nun, dass etwas "logisch" ist, heißt noch lange nicht, dass die Schulwissenschaft (oder auch deren "akademische Gegner", wie im vorliegenden Fall) nicht ganze Theoriegebäude auf falschen Annahmen aufbauen würden.
Der "Mythos" der flachen Erde hat sich seit dem 18. Jahrhundert hartnäckig gehalten, obwohl jeder Altphilologe wusste, dass es Dutzende von im Mittelalter nachweislich weit verbreiteten Schriften gab (unter anderem vom Kirchenvater Augustinus, Thomas von Aquin, Albertus Magnus; von den bekannten antiken Autoren wie Cicero mal ganz abgesehen), die dem eindeutig widersprechen, wohingegen es mehr oder weniger einen einzigen wirklichen "Zeugen" für die "Flache Erde Vorstellung" gab (einen gewissen Indicopleustes, dessen Schriften in Europa im Mittelalter nicht mal bekannt waren)) ... um nur mal EIN Beispiel zu nennen.
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Beitrag 15.11.2012, 21:16

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Der Goldene Kiel
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Ich kann mir drei Formen arbeitsteiliger Gesellschaften vorstellen:

Die Anarchische
Die Despotische
Die Marktwirtschaftliche

Die Eingangsfrage ist ja die, ob es letztere jemals ohne Geld gegeben hat.

Wenn nicht, wären die nächsten Fragen:
* Kann es eine solche überhaupt geben?
* Ist Geld eine Voraussetzung zur Entstehung marktwirtschaftlicher Strukturen?
* Oder entstehen beide parallel zueinander?

Ob die Beantwortung dieser Fragen natürlich die gesamte ökonomische Theorie über den Haufen wirft?
Was würde sich in der modernen Lebensmittelproduktion ändern, wenn die Henne/Ei-Frage endlich geklärt ware?

Beitrag 16.11.2012, 05:44

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Ladon
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Der Goldene Kiel hat geschrieben:...
Ob die Beantwortung dieser Fragen natürlich die gesamte ökonomische Theorie über den Haufen wirft?
Was würde sich in der modernen Lebensmittelproduktion ändern, wenn die Henne/Ei-Frage endlich geklärt ware?
Um ganz genau zu sein, war die Eingangsfrage, ob jemand genaueres über die These mancher Anthropologen weiß, die lautet, dass es keine "dörflichen Tauschökonomien" (ich hoffe dieser Begriff ist mittlerweile klar definiert) gab und gibt oder je gefunden wurden.

Solche dörflichen Tauschökonomien bilden seit dem "Vater der Wirtschaftswissenschaft", Adam Smith, ein Axiom der Ökonomen, das kein Keynes, kein Hayek, kein Marx, kein Friedman ... je in Frage gestellt hätte. Wenn diese Grundannahme zerbröseln würde, dann hätte das schon enorme Auswirkungen.
Allerdings funktionieren "Revolutionen" im Reich von "Akademia" meist nicht ganz so aufsehenerregend und oft langsam. Einstein hat Newton widerlegt und dessen Grundprämisse (eine unabhängige Zeit, die quasi außerhalb des Universums stetig und gleichmäßig vergeht) mit seinen Relativitätstheorien zerschmettert ... und trotzdem lernen die Kinder heute noch Newtons Mechanik, die nachweislich falsch ist.
Einfach weil dessen Formeln einfacher und zugänglicher sind und im Alltag zu durchaus brauchbaren Ergebnissen führen.
Die REALE AUSWIRKUNG ist also, wie Du richtig anmerkst, vollkommen ungewiss!
Andererseits - ich bleib mal bei der Physik - hat z.B. die Quantenelektrodynamik im Laufe von wenigen Jahrzehnten enorme praktische Auswirkungen gehabt und wird in weiten Bereichen der Technik real angewendet (obwohl sie im Grunde kein Mensch wirklich versteht).

Klar bricht weder morgen die Weltwirtschaft zusammen oder schmeißen die Leute alles Geld ins Klo, wenn wir hier irgendwann schlüssig nahelegen können, dass eben nicht das Spiel der Kräfte in einem Markt zur Ausbildung von Geld führte. Aber das grundlegende Verständnis, was Geld und Märkte eigentlich sind könnte sich schon wandeln! Und es könnte schon sein, dass sich damit auch das Verständnis für Krisen und deren Entstehung verändert, was durchaus dann höchst praktische Auswirkungen haben wird.
... aber das ist jetzt sehr viel "könnte", "wäre" und "würde".
Erst einmal muss man die Sache noch viel mehr abklopfen und Material sammeln, bevor man Schlüsse zieht oder sich überlegt was wäre wenn ... das sieht man dann schon, wenn es so weit ist.
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